Die Boeing 737 MAX ist das größte Debakel in der modernen Geschichte von Boeing. Noch nie hat ein Passagierjet des Flugzeugbauers aus Seattle ein so langes Grounding erlebt, denn die Boeing 737 MAX ist bereits seit April 2019 am Boden, nachdem ihr die Behörden auf der ganzen Welt die Flugtauglichkeit abgesprochen haben, als direkte Folge zweier kapitaler Abstürze binnen drei Monaten.
Nun scheint es mit der Wiederzulassung der Boeing 737MAX voran zu schreiten, denn Boeing hat nach eigenen Angaben die Updates an dem Flugzeug abgeschlossen und in Zusammenarbeit mit der FAA, der amerikanischen Luftaufsichtsbehörde, eine Reihe von Testflügen gestartet.
Zusätzlich haben auch die kanadische Luftaufsichtsbehörde erste Testflüge mit der Boeing 737MAX aufgenommen und auch die EASA aus Europa hat angekündigt, dass man in der zweiten Septemberwoche wohl mit eigenen Testflügen an der Wiederzulassung der Boeing 737MAX arbeiten will.
Dabei ist es recht unüblich, dass Aufsichtsbehörden auf der ganzen Welt eigene Testflüge einfordern. Normalerweise wird eine Zulassung an der Musterzulassung der nationalen Behörde des Flugzeugbauers, in diesem Fall der FAA und der hieraus resultierenden Aktenlage abgearbeitet.
Allerdings hagelte es nach dem Grounding der Boeing 737MAX massive Kritik an der Zulassungspraxis von Boeing und der FAA, denn die FAA hat Boeing das Flugzeug quasi in kompletter Eigenregie testen lassen und die Ergebnisse nur durchgewunken. Entsprechend sind die Behörden in Europa, Kanada und vermutlich auch in China sehr daran interessiert, dass nun die Wiederzulassung sauber läuft und verlangen eigene Tests.
Zulassung der Boeing 737 MAX ist noch nicht garantiert
Das man nun Testflüge mit verschiedenen Behörden aufnimmt, bedeutet nicht, dass die Boeing 737MAX auch wirklich bald wieder im Liniendienst mit Passagieren fliegen wird. So hat Boeing vor allem die Steuersoftware überarbeitet, welche im dringenden Verdacht steht, die zwei Abstürze des Typs verursacht zu haben.
Dabei gibt es zwischen der FAA und der EASA wohl noch die ungeklärte Frage, ob ein Softwareupdate alleine überhaupt ausreichend sein kann. Kernpunkt in dieser Diskussion ist wohl, dass die Boeing 737MAX nur über zwei Sensoren verfügt, welche die Geschwindigkeit, relativ zur Luft, messen. Gerade wenn hier ein Sensor ausfällt oder falsche Daten liefert, könnte dies zu massiven Problemen führen.
Die EASA hätte daher vermutlich gerne drei Sensoren an der Boeing 737MAX, wie es auch bei vielen modernen Flugzeugtypen heute Standard ist. Boeing selbst wollte dies wohl vermeiden, denn es wurde umfangreiche Umbaumaßnahmen an allen bereits gebauten und im Bau befindlichen 737MAX bedeuten, was man aus Kosten- und Zeitgründen vermeiden will.
Denkbar, aber sehr unwahrscheinlich sei auch, dass Boeing die Aufhängung der Triebwerke überarbeiten muss um das Flugzeug wieder zu zu lassen. Dies wäre der GAU für den Flugzeugbauer, denn es wäre extrem zeitaufwändig und würde wohl die Leistungswerte der Flugzeuge verschlechtern, was jahrzehntelange Schadensersatzansprüche der Airlines zur Folge hätte.
Boeing 737MAX wird wohl umbenannt
Nachdem das Boeing 737MAX Debakel auch ein Marketing Desaster für Boeing ist, scheint man das Flugzeug heimlich, still und leise umbenennen zu wollen. So hat sich in den Köpfen der Menschen „die MAX“ als der Problemflieger festgesetzt, wobei der Ruf der Boeing 737 an sich gut ist.
Daher spricht man in neuen Meldungen zu den Flugzeug meist von der Boeing 737-8, Boeing 737-10 oder Boeing 737-8200, anstelle von Boeing 737 MAX8 oder 737 MAX200 wie die Flugzeuge ursprünglich benannt wurden.
Boeing 737MAX Wiederzulassung schreitet voran | Frankfurtflyer Kommentar
In den letzten 50 Jahren gab es kein Grounding eines Passagierflugzeuges, welches so lange angedauert hat, wie das der Boeing 737MAX. Es ist nun sicher an der Zeit, dass Boeing hier Fortschritte macht, denn man hat unglaublich viele Recherchen in dieses Projekt gepackt, was auch die Entwicklung neuer Flugzeuge um Jahre zurückgeworfen hat.
Nun bin ich gespannt wie es mit dem Flugzeug weiter geht und auch ob alle weltweiten Luftfahrtbehörden zu den selben Schlüssen kommen. Für das Vertrauen in das Flugzeug wäre es entscheidend, dass nicht nur manche Behörden das Flugzeug wieder als sicher einstufen und andere nicht.
Ohne Änderung der Triebwerksaufhängung, die alleinige Ursache der Flugrobleme darstellt, darf das Flugzeug keinesfalls zugelassen werden, eine Software, oder anfällige Sensoren helfen der bleiernen Ente überhaupt nicht, sicher zu fliegen.
Dafür müßte das Fahrwerk verlängert werden, um mit denselben Triebwerken weiter zurückgesetzt fliegen zu können….oder es müßten kleinere, leichtere Triebwerke in der früheren Position eingebaut werden.Das widerspricht natürlich der Sparmanie von Boeing….
So langsam beschleicht mich das Gefühl, dass Boeing momentan ein größeres Problem mit Qualitätsmanagement hat.
Jetzt gibt es Nachrichten bezüglich acht 787 Rümpfe, die repariert werden müssen. https://www.aerotelegraph.com/probleme-rumpf-boeing-zieht-acht-dreamliner-aus-dem-verkehr
In einem Kommentar (nach Artikelende) erzählte ein User Boeing Ingenieure gehen davon aus, dass Probleme bei der 787 nach 10 Jahren Betriebsdauer auftreten werden. Ist zwar Hörensagen ohne offizielle Quelle aber das ist nicht vertrauenswürdig.
Das mit den zehn Jahren – oder allgemeiner einer nicht allzu großen Betriebsdauer – kann durchaus stimmen, für den A350 allerdings auch.
Die Verbundwerkstoffe sind zwar schon sehr lange im Bereich der Höhen- und Seitenleitwerke im Einsatz, eine ganze Kabine ist aber schon noch einmal etwas Anderes. Beispielsweise stehen da ganz neue Fragen bei der Reparatur kleinerer Schäden. Kompletttausch geht ja schlecht.
Natürlich haben die Ingenieure (sowohl bei Boeing als auch bei Airbus) solche und andere Fragen durchaus bedacht, die Praxis ist dann immer noch einmal eine andere Frage.
Mögen es unbegründete Zweifel bleiben.