Lufthansa spart in der First Class: Weniger Crew für Allegris

Lufthansa Allegris First Class, Foto: Gastautor Gaitis

Lufthansa hat mit der Einführung der Allegris Kabine auch das First Class Produkt erneuert. Die neue Luxusklasse ist mit Platz für maximal vier Passagiere noch exklusiver geworden. Außerdem müssen alle, die hier sitzen möchten, auch bezahlen. Eine Buchung oder ein Upgrade mit Meilen bzw. eVouchern ist nicht möglich. Bei dem für die First Class zuständigen Personal will man hingegen nicht mehr so exklusiv sein. Die Verantwortlichen wollen die Ratio Crew zu Fluggästen anpassen und das Team verkleinern. Das bereitet nicht nur bei der Belegschaft Sorgen.

Das Wichtigste auf einen Blick:

✈️ Lufthansa reduziert Crews in der neuen Allegris First Class
👩‍✈️ Kritik: Personalvertretung warnt vor Qualitätsverlust und höherer Belastung
⚠️ Probleme: Zusätzliche Laufwege, Service-Mankos und Ausfälle einzelner Suiten

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In den Flugzeugen, in denen Lufthansa eine First Class anbietet, arbeiten zwei ausgebildete Crewmitglieder. Diese kümmern sich um die Wünsche und den Komfort von bis zu acht Fluggästen. In der neuen Allegris First Class können nur noch höchstens vier Passagiere befördert werden, daher soll der Personalschlüssel hier angepasst werden. Eigentlich klingt es nach einem logischen Schritt, da man an der Ratio nichts verändern würde.

Doch ganz so einfach ist die Rechnung nicht. Zum einen gibt es diverse Spitzenzeiten, bei denen eine einzelne Person nicht ausreicht, um den Bedürfnissen der zahlungskräftigen Kundschaft gerecht zu werden. Zum anderen entstehen durch die neuen Suiten zusätzliche Laufwege, um den aufwendigen Service durchführen zu können. Das zweite Crewmitglied, welches normalerweise die Vorbereitungen in der Bordküche übernimmt, würde fehlen.

Die Crews und deren Personalvertretung reagieren in einer Zeit, in der das neue Produkt eingeführt und etabliert werden soll, mit Unverständnis. Der aeroTELEGRAPH zitiert aus einem Schreiben, in dem kritisiert wird, dass die Arbeitszeit am Gast dadurch „massiv reduziert“ wird. Für Lufthansa scheint der Entschluss schon festzustehen, intern werden laut dem Portal bereits verschiedene Modelle für die künftige Servicegestaltung getestet.

Lufthansa verteidigt die Entscheidung

Ein Sprecher der Gesellschaft verteidigt die Entscheidung: Der Schritt war schon von Anfang an so geplant. Außerdem will man auch in Zukunft weiterhin zwei ausgebildete First-Class-Attendants einplanen, eine(r) muss aber dann in den anderen Klassen aushelfen. Laut Lufthansa wurde das Team auf dem Airbus A350 nur vorübergehend vergrößert, um die Übergangsphase von Allegris besser handeln zu können. Im Herbst wird die Größe der Crews daher wieder verkleinert.

Die Mitarbeitenden und deren Personalvertretung sehen das kritisch. Neben den wegfallenden Arbeitsplätzen besteht auch Sorge um die Qualität des Produktes. Dieses hat ohnehin einige Mankos wie die dunkle Doppelsuite, die gemeinsam Reisende nur telefonisch buchen können, fehlende Stauräume für das Handgepäck der Gäste und Servicematerialien oder kleinere Defekte, die die Crew ausbügelt. Aufgrund von größeren Ausfällen würden hin und wieder ganze Suiten ausfallen, die dann gar nicht belegt werden können.

Bald wieder kleinere Crews? Foto: Lufthansa

Lufthansa spart in der First Class: Weniger Crew für Allegris | Frankfurtflyer Kommentar

Die Vertretung der Lufthanseaten kritisiert nicht nur den Abzug des Flugbegleiters und bezeichnet diesen als Qualitätsverlust im Service, der Schritt offenbare einmal mehr die Schwächen in der strategischen Planung. Kritik gibt es auch bei dem Design von Allegris, welches dem Kranich bisher schon genug Probleme bereitet hat. Die Zulassung der Business Class hat deren Einführung deutlich verspätet, die First Class wurde wegen der fehlenden Zertifizierung am Anfang gar nicht erst eingebaut.

Nachdem die ersten zehn Maschinen fliegen und sich die ersten Alltagserscheinungen einstellen, kommt der Sparwahn wieder durch. Die Größe der Crews soll wieder reduziert werden, die Fluggesellschaft argumentiert damit, dass dies schon früher so war und die Aufstockung nur vorübergehend eingeplant wurde. Früher war allerdings auch keine First Class in den Airbus-A350-Maschinen, was die Entscheidungsträger wohl vergessen haben…

22 Kommentare

  1. Die Beschwerden, dass bei der First sogar der Stauraum für Servicematerialien bei der Konzeption vergessen und die Arbeitsabläufe der Crew nicht berücksichtigt wurden, runden das desaströse Gesamtbild des Versagens bei diesem Projekt ab. Wie kann das sein?

    Bei Air France erhalten die für die First zuständigen Mitarbeiter vorab noch eine Extra-Schulung für die Spitzengastronomie. Lufthansa denkt noch nicht einmal die Standardabläufe durch und spart, spart, spart…

    Lufthansa ist keine Premium Airline und wird so keine Premium Airline. Ob Allegris oder Senses, ob First oder Business: Mann oh Mann, was für ein Klump!
    Da hilft auch keine rosarote Brille mehr.

    Wirtschaftlich kann das Ganze dennoch erfolgreich sein, wenn man genügend Personen findet, die LH und LX buchen und deren Preise plus Aufpreise zahlen.

      • Als Zielgruppen wurden offenkundig definiert:

        Erstens komplett Ahnungslose mit zu viel Geld, zweitens Geringinformierte mit zu viel Geld, drittens Bequemlichkeit Suchende mit zu viel Geld (und mit der Präferenz für Direktflüge bzw. für möglichst wenige Umstiege), viertens vermeintliches Prestige Suchende mit zu viel Geld und fünftens kurzfristig Buchende, die unbedingt ans Ziel müssen (mit genug Geld).

        Bei Geschäftsreisenden wäre ich vorsichtig.

        Diese müssen im Zweifel ans Ziel, und die LHG hat für viele Ziele das entsprechende Netz und die entsprechende Frequenz. Dass Geschäftsreisenden und Unternehmen die Preise aber „egal“ seien, weil sie die Flüge „absetzen“ können (immer wieder hier zu lesen), stimmt nicht mit meinen Erfahrungen überein. Es wird a) immer genauer geschaut, welche Reisen notwendig sind, welche Kosten anfallen und was genau gebucht wird (Reiserichtlinien).
        Und b) wird sich auch ein Vorstand oder Aufsichtsrat überlegen, ob er bspw. in der First gesehen werden will.

        Rentabel sein kann die Ausrichtung an den oben genannten Zielgruppen.

      • Das (speziell geschulte Mitarbeiter) habe ich nicht bestritten, das ist ja logisch.
        Mir sind die Unterschiede in Art, Umfang und in den Stufen der Ausbildung bzw. Schulung sowohl bei Air France für „La Première“ als auch bei Lufthansa und SWISS für die „First Class“ sehr gut bekannt.
        Dir offenbar nicht.

  2. Allegris – der Sargnagel für die First!
    “Wenn der Feind Fehler macht soll man ihn nicht stören”
    Emirates und Co freuen sich an diesem Churchill Zitat

  3. Blick auf die Fakten:

    Acht Jahre nach der Ankündigung einer neuen Kabine hat man nur 10 Flugzeuge damit in der Luft hat, weniger als 1/10 der Flotte. Überfällig war eigentlich zu diesem Zeitpunkt bereits die Einführung einer neuen Kabine, nicht die Ankündigung einer solchen.
    Teile der Sitze sind immer noch gesperrt, weil nicht zugelassen, Teile der Technik sind deaktiviert (Trennwände in den Business Suiten).
    Probleme und Verzögerungen bei der Zertifizierung (nicht nur bei den Boeings, sondern auch bei den A350 (Trennwände) haben eine Dimension erreicht, die ich so in mehr als 35 Jahren auch nicht ansatzweise bei anderen Airlines erlebt habe.
    Probleme bei der Technik gab es ebenso wie Verschleißerscheinungen bei den neuen Sitzen und bei der neuen Kabine von Anfang an (diese habe ich selbst erlebt).
    Bei der Planung der First hat man weder an die Abläufe des Service gedacht, noch den Stauraum für Servicematerial und Handgepäck eingeplant.
    Der Schwerpunkt im A330 muss wegen der neuen Kabine mit Bleiplatten ausbalanciert werden – in einer Branche, in der seit je her jedes Gramm zählt und die versuchen muss, nachhaltiger zu werden.

    Was habe ich vergessen?
    Schimpft gleich wieder jemand über Lufthansa-Bashing?
    Daran sind also nur Boeing und die FAA schuld?

    Ich mit nicht begriffsstutzig und habe eine gute Auffassungsgabe. So etwas lässt mich aber eher fassungslos zurück.

  4. Bisher wird damit geworben, dass man in der First essen kann, wann man will. Das wird zwar heute schon nie praktiziert, aber in Allegris wird das dann offiziell gestrichen. Wie soll man ohne feste Essenszeiten das Aushelfen in anderen Klassen einplanen?

    • Es gab vor ner Weile tatsächlich ein Video auf YT, da hat der Gast das routinemäßige Eindecken des Tisches abgelehnt und auf Dine on Demand bestanden. Es brauchte zwar etwas Beharrlichkeit, aber er hat sich schließlich durchgesetzt. 🤣

      Ich selbst hatte mal Versucht, für vor der Landung Mittagessen statt des Frühstücks zu bestellen. Nach anfänglicher Verblüffung und Ablehnung erhielt ich dann immerhin zusätzlich zum Frühstück ein vom Abendessen übriggebliebenes Stück Fleisch. LH First Class…

      • als ehemaliger F/CL-FB kann ich bestätigen, das „Dine in demand“ sehr wohl möglich ist. Wenn der Gast VORHER darauf hinweist. Und Mittagessen zum Frühstück geht auch, aber nur wenn es früh genug gewünscht wird. Ad hoc geht leider nicht, denn ein Flugzeug hat keine endlosen Ressourcen, noch einen Kühlraum, auch nicht in der Fürst Class.
        Da muss man schon mal realistisch sein und die Kirche im Dorf lassen.

  5. Typische LH Denke: Früher gab es immer 8 Sitze in der First, nun nur noch 3-4. Also FA halbieren. Prozesse sind aber nicht immer 1:1 halbierbar. Auch nur 1 Toilette geht gar nicht. Zudem müssen nun 3-4 Sitze den Umsatz von früher 8 erbringen. Der Sitz ist aber nicht mal doppelt so gut.
    Wegen weniger Flugbegleitern wird Bestimmt dann bald auch Service am Kunden reduziert….mit blumiger Marketingsprache natürlich.

    Am meisten stört halt der Kunde, der meckert und kostet Geld. Insofern schon mega, die Plätze zu halbieren….😎

    • Die Crews werden tendenziell immer über die Arbeitsbelastung jammern. Hier sehe ich allerdings berechtigte Kritikpunkte.
      Wie Du schreibst, ist diese Denke beim Zusammenkürzen typisch für Schreibtischtäter, die weder von Prozessmanagement noch von der Praxis einen Hauch von Ahnung haben.
      Fluggäste als Zahl oder als Cargo anzusehen, scheint weiterhin eine Spezialität der LHG zu sein.

  6. Bei 8 Sitzen war oft einer leer, welchen man benutzen konnte, sollte ein anderer kaputt sein (dann gabs auch keine last Minute upgrades).
    Bei 3.5 Sitzen gibt es kaum Möglichkeiten für einen kaputten Sitz auszutauschen….
    Denke das würde die meisten bezahlenden Gäste am meisten nerven.

  7. Ich finde das nicht so dramatisch.
    Bei 8 Pax 2 FAs, bei 2-4 Pax reichen 1,2.

    Das mit dem Stauraum-Defizit erscheint schon recht blöd.
    Kommt das daher, dass LH die First mit der Allegris eigentlich mal abschaffen wollte oder nimmt man das eindach in Kauf?

    Ansonsten ist die Menge der Defizite der Allegris schon bitter. Wie Estelle oben schreibt. Und ja, manchmal fliege ich auch noch gerne LH.

    Ich hoffe so sehr, dass endlich die 748 modernisiert werden und man auch die Bestandsflotte der 359 anfängt zu modernisieren.

  8. Den treffenden Kommentaren ist nichts hinzuzufügen. Außer einer Frage: Warum machen der Aufsichtsrat und die Aktionäre das alles seit Jahren mit?

    • Weil es wirtschaftlich viel zu lange recht gut funktioniert hat. Es ist kurzfristig gesehen egal, ob die Kunden sauer sind und der NPS im Keller ist, wenn Kunden noch geflogen sind und gezahlt haben.

      Wer sehen möchte, wohin es langfristig führen kann, wenn ein Unternehmen ausschließlich nach Kosten/ Erträgen/ Yield und durch Controller gesteuert wird, der möge seinen Blick auf Boeing lenken.

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