Wenige Sekunden zu früh: Flug aus Tokio darf nicht landen und startet in Frankfurt durch

Foto: All Nippon Airways (ANA) Boeing 787-9

Ein Zwischenfall in Frankfurt bringt das deutsche Nachtflugverbot erneut in die Diskussion. Am 3. Juli 2025 kam es am größten deutschen Flughafen zu einem aufsehenerregenden Zwischenfall. Flug NH203 der japanischen Fluggesellschaft All Nippon Airways aus Tokio musste kurz vor der Landung auf Anweisung des Towers durchstarten. Der Grund: Die Boeing 787-9 von ANA hätte 18 Sekunden zu früh aufgesetzt und wäre damit während des noch geltenden Nachtflugverbots gelandet.

Das Wichtigste auf einen Blick:

🕒 ANA-Flug musste durchstarten – Landung wäre 18 Sekunden zu früh erfolgt
🔊 Mehr Lärm & Emissionen durch Durchstarten
🚫 Kein Ermessensspielraum: Regel gilt strikt von 23:00 bis 05:00 Uhr

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Was ist passiert?

Der Linienflug NH203 verlässt den Flughafen Tokio Haneda (HND) jeden Abend um 21:40 Uhr Ortszeit und kommt planmäßig am nächsten Morgen um 5:20 Uhr in Frankfurt (FRA) an. Die Flugzeit ist mit fast 15 Stunden ziemlich lang, da der russische Luftraum überflogen werden muss.

Das Star-Alliance-Mitglied nutzt für den Flug Boeing 787 Dreamliner, ein solcher startete auch am 2. Juli 2025 pünktlich, die Flugzeit war leicht kürzer als geplant. Als sich der Jet am frühen Morgen Frankfurt näherte, wurde klar: Der geplante Touchdown hätte um 04:59:42 Uhr stattgefunden und wäre damit 18 Sekunden zu früh für eine Landung während des offiziellen Nachtflugverbots von 23:00 bis 05:00 Uhr.

Obwohl die Crew versuchte, die Geschwindigkeit zu drosseln, ordnete der Tower nur wenige Meter vor dem Aufsetzen das Durchstarten an. Das Flugzeug befand sich zu diesem Zeitpunkt bereits auf ca. 400 Fuß Höhe und war also im finalen Anflug.

Quelle: Fraport

Ein paar Sekunden mit mehreren Konsequenzen

Die Entscheidung, die Landung zu verweigern, führte zu einer Verlängerung des Fluges um 16 Minuten. Die Maschine musste eine Warteschleife fliegen und einen neuen Anflug beginnen. Das führte nicht nur zu mehr Kerosinverbrauch und CO₂-Emissionen, sondern auch zu zusätzlichem Lärm. Ironischerweise ist also genau das passiert, was das Nachtflugverbot eigentlich vermeiden soll.

Die durch den Go-Around erzeugte Lärmbelastung war damit sogar höher als bei einer normalen Landung, da Triebwerke in der Durchstartphase mit deutlich mehr Schub arbeiten. Der Betreiber des Flughafens Fraport bestätigte den Vorfall:

„Zwischen 23:00 und 05:00 Uhr gilt ein Flugverbot. In dieser Zeit sind keine geplanten Starts oder Landungen erlaubt. Ausnahmen gelten nur bei medizinischen Notfällen oder sicherheitsrelevanten Gründen.“

Die Deutsche Flugsicherung erklärte das Vergehen und erläuterte, dass kein Ermessensspielraum besteht. Auch das Hessische Wirtschaftsministerium, das die Vorschriften erlassen hat, verweist auf die strikte Umsetzung des Nachtflugverbots.

Der Fall von Flug NH203 ist kein Einzelfall

In der Vergangenheit kam es immer wieder zu ähnlichen Vorfällen. Erst im Juni musste ein Condor-Flug aus Palma de Mallorca nach Frankfurt-Hahn ausweichen, da die Landung in München nur wenige Sekunden nach Beginn des Nachtflugverbots hätte erfolgen sollen.

Mehrere Flüge von Eurowings und Ryanair mussten nach Hannover umgeleitet werden, nachdem die Maschinen wegen kleiner Verspätungen nicht mehr rechtzeitig in Berlin landen durften.

Der Vorfall entfacht erneut die Debatte über die Sinnhaftigkeit starrer Regelwerke. Während Lärmschutz ein berechtigtes Anliegen ist, zeigt der Fall von NH203, dass eine zu rigide Auslegung auch kontraproduktive Effekte haben kann. Es kommt zu höheren Emissionen und mehr Lärm durch das Durchstarten, und Crews werden zusätzlich belastet.

Regeltreu oder lächerlich? Condor kommt 10 Sekunden zu spät aus Mallorca und darf nicht mehr landen

Wenige Sekunden zu früh: Flug aus Tokio darf nicht landen und startet in Frankfurt durch | Frankfurtflyer Kommentar

Da kommen wieder die Gedanken, die es auch schon nach den letzten Vorfällen gab. Regeln sind wichtig und müssen eingehalten werden, das gilt natürlich auch bei leichten Abweichungen. Wo fängt man sonst an und wo hört man auf?

Auf der anderen Seite ist wieder die Frage nach dem gesunden Menschenverstand und den Auswirkungen. Sind 10 oder 18 Sekunden wirklich zu viel und rechtfertigt das eine solche Maßnahme? Auch wenn der Flug von ANA keinen solchen Rattenschwanz hinterhergezogen hat wie die Story von Condor: Den Vorfall hätte man vermeiden können.

Regeln und Realität: Wie seht Ihr das? Sind 18 Sekunden ein Problem – oder übertriebener Regelwahn? Hinterlasst einen Kommentar!

27 Kommentare

  1. In Deutschland ist inzwischen jeder Irrsinn Methode.
    Diese Entscheidung hatte doch nur Nachteile: Mehr Lärm, mehr Kerosinverbrauch.
    Nur noch sture Bürokratie anstatt pragmatische Lösungen.
    Der Gipfel ist der Befehl zum durchstarten kurz vor der Landung.
    Ich glaube so etwas gibt es wirklich nur bei uns in Deutschland.

  2. Es ist so traurig und tut so unendlich weh, dass man mit ansehen muss, wie Deutschland immer wahnsinniger wird und man nichts dagegen tun kann. Neben der Umweltbelastung wird der Crew nach 15 Stunden Flug auch noch ein aufwendiges Durchstartmanöver zugemutet.
    Was müssen die Japaner für einen Eindruck von Deutschland gewonnen haben? Ein insgesamt erbärmlicher Sachverhalt!

  3. Deutschland als ein Irrenhaus zu bezeichnen, ist ein beispielloser Euphemismus und eine infame Beleidigung für jede auch nur halbwegs gut geführte psychiatrische Klinik.
    In Sachen Nachtflugverbot ist alles bis ins Tausendstel geregelt und wird ohne Rücksicht auf Verluste brachial durchgesetzt.

    In anderen grundsätzlichen und viel wichtigeren Themenbereichen lässt man laufen, akzeptiert, toleriert, ignoriert, sieht weg oder setzt bestehende Regeln nicht durch.

    BRD 2025: Was für ein erbärmlicher Clusterfu.k! Die ganze Welt schüttelt nur noch den Kopf über uns oder lacht uns aus. Zurecht.

  4. nicht zu fassen!
    sitze gerade in japan und falls wir jemals diesen level in allen(!)bereichen nochmal schaffen, sollten wir ehal welcher carrier landen lassen!

    „Deutschland ist das neue Italien 🇮🇹
    Hochmütig, aber schon länger nicht mehr exzellent“

    Nicht falsch verstehen ich liebe Italien, nur sind wir germans halt keine Italiener-if that makes sense?!

  5. Der echte Skandal ist vor allem der Missbrauch der Flugsicherung zur Durchsetzung des Nachtflugverbots. Die Flugsicherung heißt Flugsicherung, weil sie den sicheren Flugbetrieb sicherstellen sonst, und sonst gar nichts. Das Nachtflugverbot hat mit der Flugsicherheit nichts zu tun, da geht es nur um Komfort der Anwohner. Die Flugsicherung darf sich um das Nachtflugverbot überhaupt nicht kümmern, nur um die Flugsicherheit. Wenn die Flugsicherung eine Landerlaubnis erteilt hat, dann darf sie diese nicht wegen dem Nachtflugverbot widerrufen, sondern ausschließlich aus Gründen der Flugsicherheit. Ich fordere die Lotsen der Flugsicherung auf, dem Missbrauch ein Ende zu machen und sich ab sofort um das Nachtflugverbot nicht mehr zu kümmern, das ist nicht ihre Aufgabe. Dafür gibt es in unserem Staat andere Behörden und zivile Gerichte, die können sich darum kümmern, wenn sie Langweile haben. Ein Flugzeug nach 14h Flug wegen Nachtflugverbot und 18s nicht landen zu lassen, schafft massive Unsicherheit in der Luft, eine solche Vorgehensweise ist der Flugsicherung unwürdig und kontraproduktiv für die Sicherheit.

  6. Einfache Lösung – flugzeug 18s später ankommen lassen, problem solved.

    An die ganzen Hater da oben: wo zieht ihr denn die Grenze? 1 min zu früh? 10min zu früh? 30min zu früh? Der Fehler war hier ganz offensichtlich nicht das durchstarten, sondern das routing. Vielleicht sollte die Verbindung auch einfach später starten, wenn man sich die durchschnittliche Ankunftszeit so anschaut …

    • Die Grenze ist irrelevant. Wer früher ankommt zahlt halt Strafe, so wie beim Auto auch, wenn man zu schnell fährt. Trotzdem käme niemand auf die Idee, Autofahrer aktiv am zu schnellen Fahren zu hindern. Die Flugsicherung hat sich da komplett rauszuhalten, das Nachtflugverbot haben ausschließlich Behörden und Gerichte zu kontrollieren, nicht die Flugsicherung. Das Nachtflugverbot ist nicht sicherheitsrelevant, nullkommanull!

    • Ja, Felix, Du bist halt ein ganz schlauer, Ich bin auch für einen gesunden Menschenverstand und sage nichts, wenn ein Flieger mehrere MINUTEN zu früh landen will, aber 18 SEKUNDEN, da habe ich extrem Mühe damit.

  7. Normalerweise enthalten Gesetze und Vorschriften in Deutschland einen Passus zur Vermeidung solcher unbilligen Härten. Das ist dann Beurteilungsspielraum der Entscheider vor Ort und kann natürlich im Nachhinein rechtlich überprüft werden. Warum das hier nicht so ist, ist wohl nur im Hinblick auf die jahrzehntelangen Diskussionen rund um FFM zu erklären, aber trotzdem falsch. Diskussionen müssen geführt, nicht vermieden werden

  8. Genau das verstehen alle nicht. Wenn es eine Regel wie „darf auch 5 Minuten früher landen“ gibt, werden die Flieger extra früher losgeschickt.

    Es gibt immer eine starre Grenze. Ohne das funktioniert es nicht.

    Die Frage ist eher, ob man nicht innerhalb der 15 Stunden einfach 2 Minuten hätte langsamer fliegen können.

    • Nein, das Flugzeug hatte eine Landegenehmigung der Flugsicherung, die ihm kurz vor der Landung aus nichtigem Grunde wieder entzogen wurde. Dann darf die Flugsicherung erst gar keine Landeerlaubnis erteilen. Das Verhalten der Flugsicherung in diesem Fall ist meines Erachtens ein gefährlicher Eingriff in die Luftverkehrssicherheit und damit eine Straftat. Die Staatsanwaltschaft Frankfurt sollte ermitteln.

  9. Ich bin mir nicht sicher, was unterhaltsamer ist: Der Fall als solcher oder die ganzen Stammtischparolen und fundierten Einschätzungen der Experten für jegliche Sachlagen hier in den Kommentaren.

    • Immer wieder ein Vergnügen, bestimmte Kommentare zu lesen 😉. Und dazu noch der Hinweis im Text, dass die Flugzeit deshalb so lang ist, weil der russische Luftraum überflogen werden muss 🤔.

  10. Regeln sind Regeln, so einfach ist das. Man stelle sich das nur einmal als Analogie im Straßenverkehr vor. Da heißt es auch nicht: „Vor dem Kindergarten beschleunigte ich auf 40 statt 30 km/h, um schneller aus der Gefahrenzone zu kommen“, oder „Ich habe doch nur 0,1 Promille über die festgelegte Grenze getrunken“. Zumal ich jeden, der hier „Irrenhaus“ und „Bürokratie-Wahnsinn“ schreit, einmal sehen möchte, wenn das Finanzamt ihm 50 Cent zu viel abnähme und bei der Steuer aus Praktikabilitätsgründen aufrundete. Freut euch, dass ihr (NOCH) in einem Land lebt, in dem im Grunde gleiches Recht für alle gilt und ihr euren unsäglichen Schwachsinn in jedes Forum blasen könnt.

    • Danke für Deine beiden Beispiele:
      Sowohl bei der Messung von Geschwindigkeiten als auch bei der Messung des Grads der Konzentration von Alkohol im Blut gibt es eine gewissen Ungenauigkeit bzw. einen Toleranzbereich.
      Im Fall des Nachtflugverbots muss ein solcher aus meiner Sicht festgelegt werden.
      Das Vorgehen eines Finanzamts als ein Beispiel anzuführen, warum Du noch gerne in diesem Land lebst, sagt sehr viel aus. Und darüber, inwieweit bei uns noch ohne Konsequenzen die Meinung geäußert werden kann, gibt es sehr interessante Studien.

        • Boah, Felix…
          Es war so klar, dass Du jetzt mit diesem Blödsinn kommst und eine rechte Gesinnung unterstellst.
          Vielleicht steigst Du mit der Untersuchung des Instituts für Demoskopie Allensbach von 2023 ein und arbeitest Dich dann weiter durch die umfangreicheren Studien?

          • Naja, aus welcher Ecke kommt denn immer der Vorwurf, “man dürfe ja etwas nicht mehr sagen”? Dass ich da eins und eins zusammenzähle und auf 2 komme, ist nun wahrlich nicht mein Fehler.

            Danke für die Studie, ich habe da in der Schnelle nur den Artikel der ZEIT dazu gefunden. Dabei geht es ja eher “um das Gefühl” nicht alles sagen zu können, unabhängig von realen Konsequenzen. Ein Zusammenhang mit Bildungsabschlüssen wird da auch aufgezeigt. Ich komme schon wieder zu Unterstellungen, Entschuldigung dafür: Viele der Menschen, die da angeben, nicht frei Ihre Meinung und außerhalb zu dürfen, empfinden bereits Widerworte als Konsequenz. Sie haben keine Lust auf die Diskussion, deshalb wird gar nicht erst die Diskussion eingegangen.

            Wir entfernen uns aber hier ganz stark vom ursprünglichen Thema, daher sind das meine letzten Worte dazu. 🙂

    • Also erstens gibt es genau diese Messtoleranz, so dass man mit 3 km/h zu schnell eben keine Strafe bekommt und zweitens darf kein Polizist mich am Weiterfahren hindern oder mir mit Führerscheinentzug auch nur drohen, nur weil ich etwas zu schnell gefahren bin, er darf mir ein Bußgeld schicken, das war es dann auch. Hier hat die Flugsicherung aber das Flugzeug aktiv am Landen gehindert, das ist unzulässig.

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