12 Stunden in einer Boeing B737 | Abenteuer oder Zumutung?

Foto: Ukraine International

Es sind nicht gerade viele Passagiere, die zur Zeit auf interkontinentalen Routen fliegen. Konsequenzen sind ausgedünnte Flugpläne, weniger Frequenzen und kleinere Maschinen.

Die A380 stehen still, die B747 sind leer, selbst ein A330 ist noch zu groß. Effiziente Maschinen wie der Dreamliner können die miserable Auslastung auch nicht ausbügeln. Ukraine International wurde in dieser Hinsicht kreativ und greift zu einer außergewöhnlichen Maßnahme.

Die Airline will die Strecke von Kiew nach New York nicht aufgeben, deren B777 sowie B767 sind aber zu groß und daher unwirtschaftlich. Die beiden Großraumjets bieten zwischen 260 und 360 Passagieren Platz- zu viel für die aktuelle Nachfrage. Nächstes Flugzeug eine Nummer kleiner in der Flotte: die Boeing 737.

Das Schmalrumpfflugzeug ist eigentlich für Kurz- und Mittelstrecken gebaut. Manche Airlines leisten sich sogar richtige Sessel für die Kunden der Business Class, bauen ein Entertainment System in beide Klassen ein und statten den Jet mit Steckdosen und Wifi aus. Nicht aber UIA, wie die ukrainische Gesellschaft abgekürzt heißt.

Der Flug soll ab Dezember 2x pro Woche auf diese Art durchgeführt werden. Zu dem eingeschränkten Komfort in der kabine kommt noch ein operationeller Nachteil hinzu. Die 737 schafft die weite Strecke nicht ohne Zwischenlandung, daher wird auf dem Weg ein Tankstopp erforderlich. Dies verlängert die Reisezeit erheblich. Mit dem daraus erforderlichen Umweg über den Flughafen Keflavik auf Island und der Standzeit am Boden sind es auf dem Weg in die USA gut 12,5 Stunden Aufenthalt an Bord:

  • PS231 Kiew 10:00 Uhr – 13:15 Uhr Keflavik
    PS231 Keflavik 14:15 Uhr – 15:35 Uhr New York

Der Rückflug durch die kurze Nacht ist etwas kürzer, der Stopp bleibt:

  • PS232 New York 22:10 Uhr – 8:40 Uhr (+1Tag) Keflavik
    PS232 Keflavik 9:40 Uhr – 16:30 Uhr Kiew

Erinnerungen an das Lufthansa-Routing mit A319 nach Indien

Ähnliches hat bereits Lufthansa gewagt als dem Kranich der Partner für den Flug ins indische Pune weggebrochen ist. Die bei Geschäftsreisenden beliebte Destination wurde jahrelang von PrivateAir im Auftrag von LH durchgeführt. Langstreckenjets können auf dem kleinen Airport ohnehin nicht landen. Die gecharterte Maschine hatte jedoch eine großzügige Bestuhlung mit vollwertiger Business Class und war daher um einiges leichter. Zudem waren Zusatztanks verbaut, die einen Direktflug ermöglichten.

Mit dem Verlust des Luftverkehrsbetreiberzeugnis und der anschließenden Insolvenz der PrivatAir übernahm LH kurzfristig selbst die Operation. Mit einem Airbus A319 der eigenen Flotte ging es ohne Business-Bestuhlung oder Inflight Entertainment und einem Tankstopp auf die 11-stündige Reise.

Immerhin wurde für jeden Gast mit Business-Ticket eine gesamte 3er Sitzreihe zur Verfügung gestellt, mit einem Premium Produkt hatte das aber nichts mehr zu tun.

Lufthansa verbessert die Business Class auf ihrem schlechtesten Flug nach Pune

12 Stunden in einer Boeing B737 | Frankfurtflyer Kommentar

Langstrecken mit einem Single-Aisle sind nichts neues und werden in Zukunft wohl häufiger angeboten. Möglich machen es Flugzeuge mit weniger Kapazität durch eine Business-Bestuhlung und zusätzlichen Treibstofftanks. Auch British Airways und Qatar hatten bzw. haben ähnliche Varianten für kurze Langstrecken, mit dem Airbus A321LR gibt es standardmäßig Flüge zB. über den Atlantik.

Der Komfort ist auf der regulären Europa-Bestuhlung einer B737 oder eines A320 allerdings nach vier bis fünf Stunden Flug vollständig ausgereizt. Selbst in der Business Class mit dem freien Mittelsitz wird ab einem gewissen Zeitpunkt jede weitere Minute zur Qual. Spätestens auf dem Nachtflug ist dieser Mehrwert kaum noch etwas Wert.

Ob Ukraine International das Produkt bis Dezember nochmal überdenkt? Erholt sich die Nachfrage bis dahin und man kann wieder die B767 einsetzen? Oder bleibt diese aus und man stellt die Verbindung ganz ein? Wir dürfen gespannt sein…

 

Danke: aerotelegraph

6 Kommentare

  1. Ich bin öfter mit UIA geflogen und war immer voll zufrieden. Die Flugzeuge sind relativ modern und der Service war immer nett und freundlich. Man kann sogar in der Eco auf kurzen Flügen richtiges warmes Essen günstig kaufen, das bekommt man bei einer möchtegerne 5* Airline für kein Geld, von deren unfreundlichen arroganten Flugbegleitern ganz abgesehen. Dazu ist KBP ein moderner Flughafen. Hoffe UIA wird die Krise überleben die bekommen ja leider keine Staastshilfe.

  2. Wo ist die Sensation? A321 ist ja bei Platzverhältnissen nach meiner Auffassung nicht breiter als 737. und die fliegt ja z.B bei TAP über den großen Teich. Einziger Unterschied hier, dass man ein Zwischenstopp einlegen muss. Ist an sich auch nicht sonderlich ungewöhnlich.
    Die UAI macht also alles richtig.

    • Gerade der 321LR der TAP bietet Passagieren der Economy Class neben der kürzeren Reisezeit auch eine neuere Generation von „High-Comfort“ Sitzen, persönliche Bildschirme für jeden, Steckdose, USB-Port und Wifi mit kostenlosem Messaging Service.

  3. Mit der Lufthansa von Frankfurt nach Pune… Da kommen aber ganz böse Erinnerungen in mir hoch. Den Flug bin ich zweimal geflogen, einmal im A319CJ in der reinen Business Class Ausstattung (sehr angenehm) und einmal in der 737 mit Business und Eco Layout. Aufgrund der Reiserichtlinie meines damaligen Arbeitgebers saß ich leider in einer der hinteren Reihen. Ich erinnere mich noch heute an, einen Startabbruch in Frankfurt, sehr angenehme Mitreisende und nette Gespräche, aber auch an ein sehr unkomfortables Produkt, was dazu führte, dass ich sehr gerädert im Pune ankam. Das fühlte sich halt an, wie von Deutschland auf die Kanaren und zurück an einem Stück.

    Der geplante Flug der Ukraine ist letztendlich nichts anderes als das, was Icelandair bereits seit Jahrzehnten anbietet, nur dass dort das Fluggerät in der Regel eine 757 ist. Ich glaube eher, dass aktuell die Frage ist, überhaupt einen Flug aus der Ukrainer in die USA anzubieten, denn die Alternativen von dort dürften sehr überschaubar sein. Sein oder nicht sein ist hier also die Frage…

  4. 1992 hatte ich das echte Vergnügen, an Bord einer Ladeco 737-300 in Eco von MIA nach SCL zu reisen, mit Stops in BOG und ARI. An den Stops konnte man aussteigen.
    Ich hätte die Wahl gehabt, mit AA per Nachtflug MIA-SCL nonstop zu reisen, aber ich hatte den Tagflug bewusst ausgesucht.
    So habe ich Kuba, Jamaica und Barranquilla gesehen, ebenso wie den Amazonas bei Leticia und auch noch den Titicacasee.
    Ein unvergessliches Erlebnis im besten Sinne.
    Ich bin 192 cm lang und habe mich nicht beengt gefühlt.
    Es waren von MIA bis SCL rund 15 Stunden.
    Bin natürlich auch zurück per Tagflug mit Ladeco 737-300 gereist, via GYE und BOG.

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