Alles neu und besser bei Lufthansa? Nur neue Sitze für 2,5 Milliarden Euro sind nicht genug!

Foto: Lufthansa

Bei Lufthansa gibt es massiven Nachholbedarf was das Produkt angeht und besonders auf der Langstrecke haben viele andere Airlines die ehemalige und einzige 5 Sterne Airline aus Europa abgehängt. Dies liegt besonders auch daran, dass Lufthansa in den letzten Jahren zu wenig in das Produkt investiert hat und vor allem in der Krise aus Kostengründen eher Rückschritte gemacht hat.

Nun hat Lufthansa versprochen, dass ab kommendem Jahr alles besser wird, wenn man in allen Klassen neue Sitze einführen wird, die auch in der gesamten Langstreckenflotte verbaut werden sollen. Dabei will man 2,5 Milliarden in das Produkt investieren, was die größte Investition dieser Art in der Geschichte von Lufthansa ist.

So beeindruckend wie sich dies auch alles anhört und so gut die neuen Sitze auch aussehen, komme ich unweigerlich zu dem Schluss, dass es mit neuen Sitzen nicht getan ist und auch wenn diese entscheidend sind für die Premiumstrategie der Lufthansa, man hat noch weitere sehr strukturelle Probleme, welche man ebenfalls lösen muss.

Dabei will ich das Investment und den Willen zur Transformation bei Lufthansa nicht schmälern, denn das was man bereits von den neuen Sitzen für die Langstrecke gesehen hat ist durchaus beeindruckend und recht positiv. So wird man riesige First Class Suiten installieren, welche tatsächlich mit den top Produkten auf dem Markt mithalten können.

Auch bei den Business Class Sitzen wird sich einiges tun und auch wenn man für jede Bewertung des Sitzes diesen erst einmal in einem Flugzeug verbaut sehen muss, sehen die ersten Grafiken mit der versetzten 1-2-1 Anordnung, bzw. 1-1-1 Anordnung wirklich gut aus, insbesondere wenn man bedenkt, dass es auch noch einer der längsten Business Class Sitze der Welt werden wird, denn einige Sitze werden Betten von 2,2 Metern Länge haben.

Daneben wird es auch Sitze mit einer Tür in der Business Class geben, also quasi Suiten, womit auch die Fraktion der Privatsphäre wichtig ist, hier zumindest gegen Zuzahlung auf ihre Kosten kommt.

Auch in der Premium Economy Class wird man einen aufgewerteten Sitz anbieten und auch wenn er durch das Design nicht den Business Class Look von der Emirates Premium Economy Class bekommt, wirkt der neue Lufthansa Premium Economy Class Sitz durchaus hochwertig. Insbesondere, dass man durch die feste Schale nicht mehr durch das Zurücklehnen des Vordermannes beeinflusst wird, hat bei der Swiss, die den Sitz schon im Einsatz haben, sehr gutes Feedback bekommen.

Und auch in der Economy Class werden die Sitze rundum erneuert. Hier sollte man nicht zuviel erwarten, denn es bleibt natürlich weiterhin eine Economy Class, aber moderne Sitze sind sicherlich angenehm und dazu kommen Dinge wie z.B. eine SkyCouch, bei welcher man drei Economy Class Sitze mit einer Fußstütze zum fast vollwertigen Bett umbauen kann.

Oder auch der freie Nebensitz in der Economy Class soll etwas werden, was man einfach dazu kaufen kann. Auch wenn Lufthansa hier nichts komplett Neues erfunden hat, denn es gibt schon Airlines, die genau das haben, ein gewisses Maß an Innovation ist hier durchaus zu sehen!

Nur neue Sitze machen noch keine Premium Airline aus

Alles was Lufthansa für die kommenden Jahre an Produktverbesserungen angekündigt hat, macht einen sehr guten Eindruck und es werden alle Klassen deutlich aufgewertet und dennoch finde ich, dass dies nicht genug ist um wieder eine führende Premium Airline zu sein, was der klare Anspruch von Lufthansa ist.

Ein großes Problem welches Lufthansa hat, ist das Personal und hier insbesondere die Knappheit des selbigen. Ein noch so guter Sitz wird bei schlechtem oder durchschnittlichem Service nicht besonders positiv aufgefasst, denn wie immer steht und fällt ein guter Flug auch mit der Crew, wie man so schön sagt.

Nun hat Lufthansa durchaus fantastische Mitarbeiter, aber guter Service ist eine personalintensive Angelegenheit und wenn man zu wenig Personal hat, dann ist dies ein Problem! Wenn ich höre, dass manche Langstecken mit fünf Flugbegleitern weniger durchgeführt werden, als man eigentlich mal für den vollen Service vorgesehen hat, dann können die Damen und Herren noch so gut und motiviert sein, sie können das nicht leisten, was sie für eine Premium Airline leisten müssen.

Foto: Lufthansa

Lufthansa hat zwar angekündigt, dass man viele neue Mitarbeiter einstellen will, aber ob es wirklich genug sind, wird man erst in der Zukunft sehen.

Klar ist aber, dass die aktuell Situation des Mangels die Mitarbeiter auch frustriert und dies führt auch direkt zu einem weitern Problem und dies ist durchaus die Stimmung unter den Lufthansa Mitarbeitern. Auch wenn die größte Mehrheit hier immer noch einen sehr guten Job macht, wenn man mit den Lufthansa Mitarbeitern redet merkt man sehr schnell, dass man aktuell nicht besonders glücklich ist.

Dies liegt durchaus an dem aktuell schwachen Produkt was man vertreten muss und auch die letzten zwei schweren Krisenjahre haben schwer an der Moral der Belegschaft genagt und man kann es ihnen nur sehr schwer übel nehmen.

Ich könnte jetzt hier seitenweise über Probleme und Gründe schreiben, aber Fakt ist, dass die Stimmung in der Belegschaft wieder verbessert werden muss und dies geht nicht nur über Gehalt, sondern auch über den Umgang miteinander und vor allem einem Gefühl der Zugehörigkeit. Lufthansa Mitarbeiter müssen wieder das Gefühl haben, dass der Kranich ihre Familie ist und hier ist leider sehr viel in den letzten Jahren (auch vor Corona) kaputt gegangen. Dies ist eine riesige Baustelle, die Lufthansa angehen muss!

Auch am Boden muss viel passieren

Auch wenn eine Premium Airline in der Luft ein sehr gutes Produkt haben muss und die Investition hier absolut nötig ist, auch am Boden braucht es bei Lufthansa eine Serviceoffensive. Und auch hier kommt immer wieder das leidige Thema des fehlenden Personals zum Tragen.

Zumindest wird damit viel begründet, wie zum Beispiel die Tatsache, dass es teils ewig lange Schlangen an Check-In Schaltern gibt und man selbst bei der Business Class gerne mal eine Stunde ansteht oder dass immer noch nicht alle Lounges wieder offen sind.

Um wirklich wieder Premium zu sein, muss Lufthansa hier dringend anpacken und auch wenn hier und da schon etwas passiert, neue Möbel in der Senator Lounge sind halt auch nicht genug.

Man braucht die Kapazitäten in den Lounges um alle Premium Passagiere problemlos unter zu bringen und gleichzeitig könnte man durchaus auch das Produkt den Lounges aufwerten. Daneben braucht es mehr Service Personal, sei es am Check-In, Transfer Desk, der Hotline oder einfach am Gate.

Dass man vier Stunden in einer Schlange stehen muss um umgebucht zu werden weil der Flug gestrichen wurde und man in dieser Zeit auch nicht bei der Hotline durchkommt, ist noch nicht mal der Airline einer Bananenrepublik würdig, geschweigedenn hat es irgendetwas mit premium zu tun.

Auch dass oft nur ein Agent einen Kurzstreckenflug mit 200 Passagieren abfertigen muss und dieser dann noch massiv unter Zeitdruck steht weil er zum nächsten Flieger muss ist einfach nicht akzeptabel. Hier muss kurzfristig gehandelt werden und auch auch Automatisierungen kann man Personal nicht in allen Bereichen ersetzen.

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Bei Lufthansa habe man den Knall nun gehört und der Konzern will massiv in das Produkt investieren. Dabei ist gerade die Investition in die Kabine bitter nötig und genau das Richtige, aber es ist nunmal nicht alles was getan werden muss.

So muss man beim Bordservice wieder massiv aufwerten, aber hier kann man fast so viel Geld für Catering ausgeben, ohne ausreichend Personal wird man hier kein gutes Produkt auf die Beine gestellt bekommen.

Auch am Boden steht und fällt es mit dem Personal und auch wenn ich höre, dass man Millionen in bessere digitale Prozesse investieren will, kann man damit zwar viel auffangen, aber ich habe gerade bei Lufthansa eigentlich wenig Hoffnung, dass man hier ohne Mitarbeiterkontakt wirklich auskommt. Dafür müsste man ja dem System Befugnisse geben und da tut man sich bei den Mitarbeitern schon schwer.

Lufthansa hat schon einmal gezeigt, dass man willens und in der Lage ist das Produkt zu verbessern und zu investieren. Leider ist man bis zu dem wirklich vielversprechenden Endergebnis ein paar mal falsch abgebogen und dann ist Corona gekommen. Hoffen wir mal, dass diesmal alles anders und besser wird, ich habe den Glauben an die Lufthansa zumindest noch nicht verloren.

21 Kommentare

  1. Sehr gut geschrieben! Vielen Dank! Der Service ist die nächste große Baustelle, die dringend angegangen werden muss. Die Nudeln mit Sauce Tage in der Eco müssen vorbei sein. Das ist und war gelinde gesagt eine Frechheit. Auch der Service in der Business gehört aufpoliert. Wenn das Menü nur alle Jubeljahre mal gewechselt wird und dazu noch die Qualität fragwürdig ist, sollte schnell, sehr schnell, gehandelt werden.

  2. Es liegt leider nicht nur an der Anzahl der Mitarbeiter, sondern auch an deren Einstellung… Wenn ich nach 3 Monaten Wartezeit auf eine Rückfrage zu 2 offenen Vorgängen die Antwort bekomme, ich soll die beiden (in der Mail angegebenen) Vorgangsnummern getrennt in 2 Mails an den Customer Service schicken, damit man das leichter einzeln an die Sachbearbeiter weiterleiten kann, sagt das schon alles über die Motivation.

    • Immerhin hast du eine Antwort erhalten.
      Für ein Downgrade von München nach Oslo von Business (P) in Economy (Y) wurden mir nach mehrmaligen Nachfragen 18€ angeboten. Als ich dann nach der Berechnungsgrundlage gefragt habe, habe ich als Antwort erhalten, dass der Y Tarif teurer als P ist und daher keine Kompensation vorgesehen ist. Der Fall ist somit geschlossen – und ich bekomme auch keine Antwort mehr 🙂

  3. Wenn ich schon eine gefühlte Ewigkeit auf den Apéro warten muss, so tue ich dies doch lieber auf einem bequemen Sitz — mein Hintern dankt es mir!

    Auf einen komfortablen Sitz auf Platz 4A (Stübli) hoffend, verbunden mit der Aussicht auf das seit Monaten bestende Wartelisten-eVoucher-Upgrade, fliege ich frohen Mutes und voller Zuversicht nächste Woche ab Chicago mit SWISS zurück in die Kälte.
    Gruss aus Florida bei 78°F

    • Viel Erfolg mit dem Voucher, Rene! Lufthansa verfolgt ja momentan die Strategie, möglichst viele der im Umlauf befindlichen Voucher verfallen zu lassen. Selbst bei komplett freier Kabine wird die Warteliste da oft nicht berücksichtigt oder möglichst spät abgearbeitet. Ich drücke dir die Daumen, dass es bei SWISS besser läuft.

  4. Hauptsächlich muss am Bodemservice gearbeitet werden. Wenn es kein Premiumboarding gibt oder man zusammen geschissen worden wenn man danach fragt, oder unfreundlich daran erinnert wird, dass der alte Koffer label entfernt werden muss, dann ist das aug low cost Airlines Niveau… mit hohem Preis..
    Amenity Kits gehören in der Business Class aug der Langstrecke auch nicht Kehr automatisch dazu und nicht mal auf Verlangen erhältlich. So spielt man die langjährige Treue Kundschaft (hon) zur Konkurrenz nach middle erst, wo man alles hat.

  5. Super vielen Dank für die Ausführungen, wir können noch ein Bsp. geben:
    First Class von EZE nach FRA 747-8 Sitz 1K war defekt, Massagefunktion ließ sich nicht ausschalten, gesamte Sitzbeleuchtungen hatten einen Wackelkontakt an/aus, an/aus und das bei einem Nachtflug von 13 STD. Die Crew hat sich redlich bemüht die Probleme zu lösen, leider erfolglos (Danke hierfür an die Crew). Sitz 1A war knochenhart hier hat das Luftpolster versagt. Flynet ging zu keiner Zeit!
    Von LH die von der Crew informiert wurde kam einfach keine Reaktion, es kann nicht sein, das wir extra noch den Service einschalten müssen/sollen damit eine Entschädigung veranlasst werden kann.

  6. Es braucht im Premium eine Food-Strategie!!!Nicht das Lafer bei SQ die Antwort wäre, es geht um die Produktqualität!Senator Hotline kennt keine Qualität mehr, Antworten auf Beschwerde gibt es nicht mehr, esmacht zu 50% den Eindruck bei der Belegschaft das es ihnen egal ist!
    Im Elfenbeinturm haben die null Idee was da wirklich bewegt werden muss!
    Auf den Wettbewerb, welches es nur interkont gibt!
    Gude Nacht LH ich traue denen keinen turnaround zu!

  7. Vielleicht denkt neben all den richtigen Kritikpunkten das Publikum auch mal an die kontinuierlichen Verschlechterungen im Preis-Leistungsverhältnis, mit all den Kürzungen im Service bei gleichen oder gar steigenden Preisen. Neben dem Catering seien hier exemplarisch nur die wiederholten Verschlechterungen bei den Gepäckregeln oder der Sitzplatzvergabe genannt. Da nähert sich diese Möchtegern-Premium-Airline eher dem Niveau von Ryan Air, statt dem echter PremiumCarrier (und das schreibt ein langjähriger Senator).

  8. Es hat hier ja schon etwas Rituelles: Ein Beitrag zur LH erscheint und los geht das Gedresche auf die wohl schlechteste Fluggesellschaft der Welt. Tipp: Einfach nicht mehr fliegen. Nur komisch: es machen immer noch viele

    • @Brügge Jürgen: Nee, nee, so einfach ist das nicht mit dem Gedresche (auf Neudeutsch „bashing“), aber beim einstigen deutschen Vorzeige-Unternehmen liegt mittlerweile so viel im Argen, dass ein positiver Turnaround immer unwahrscheinlicher wird. Ich folge daher Ihrem Rat und fliege konsequent alles, nur nicht LH, auch wenn es innerlich weh tut…

    • Weil es am deutschen Markt so viele Alternativen gibt, die noch nicht dem LH Konzern gehören? Es gibt einfach keine hinreichende Konkurrenz am Markt. Ab Düsseldorf ist die Situation so ungünstig, dass man kaum genug Verbindungen zu den deutschen Hubs FRA und MUC bekommt, und meist nur mit EW. Darum muss LH die ja sogar für zwangsweise Condor weiter anbieten. Es gibt 4-5 x am Tag einen KLM Flug nach AMS und 3-4 x am Tag einen Flug nach LHR mit BA, 2 x am Tag nach DBX usw.; mit dem Angebot kann man real nix anfangen.

    • Ich stimme dem Artikel auch zu – es kommt IMMER auf die Crew an. Gerade gestern wieder eine ex A380 Crew im 333 gehabt. Die haben sich mit dem vorhandenen Material sehr bemüht das beste draus zu machen. Angesprochen darauf dankten sie (was ja grotesk ist, dass der Pax die Crew auf die gute Mangelverwaltung anspricht) und waren aber gleichzeitig auch sehr frustriert. Es gibt keinen PE pre flight Minue-Cocktail mehr. Auf dem Flug nahm man halt einfach den guten O-Saft aus der C. Was macht man aber wenn für 42C nur 32 Snacks geladen sind. Es liegt viel im Argen…. Nicht nur Hardware, sondern auch planbare Software und viel wichtiger ist die Motivation im Betrieb wieder hochzubekommen.

  9. @Thorsten. danke für die berechtigte geografische Präzisierung: Ja, richtig, innerdeutsch kommt man an LH bzw. an deren Ablegern meistens nicht vorbei, aber inländische Kurzstrecken fliege ich sowieso aus Gründen der Ökologie und Zeiteffizienz (inkl. Anreise, Checkin bla bla bla) so gut wie gar nicht. Mein „Boykott“ bezieht sich auf Mittel- und Langstrecken, wo sich nicht nur beim Bordprodukt die Spreu vom Weizen trennt… jüngstes Beispiel: Mein nächster (Direkt-)Flug von NY nach FRA wird nicht mit LH oder Condor absolviert, sondern mit Singapore im A380 und ordentlichem Service, z.B. großzügige Gepäckregelung selbst in Economy, anständiges Catering, zeitgemäßes Entertainment, bequeme Sitze, engagierte Crew etc.

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