Boeing 737 MAX 8 Absturz: Schwere Vorwürfe gegen Boeing und die FAA | Staatsanwaltschaft ermittelt

Letzte Woche haben wir über den dramatischen Flugzeugabsturz einer brandneuen Boeing 737 MAX 8 in Äthiopien berichtet. Dies war bereits der zweite Absturz einer Boeing 737 MAX 8 in nur wenigen Monaten und da die Ermittler deutliche Parallelen zwischen den beiden Abstürzen sehen, wurde dem Flugzeug vorsorglich auf der ganzen Welt Startverbot erteilt. Laut einem Bericht der Seattle Times interessiert sich inzwischen die Staatsanwaltschaft für den Zulassungsprozesses der Boeing 737 MAX 8 und es werden schwere Vorwürfe gegen Boeing und die FAA, also die amerikanische Luftaufsichtsbehörde, laut.

Hierbei geht es insbesondere um das umstrittene MCAS (Maneuvering Characteristics Augmentation System), welches unter Verdacht steht bei beiden Abstürzen eine massive Rolle gespielt zu haben. So hat sich auch der Boeing 737 MAX 8 Pilot, mit welchem ich sprechen konnte, massiv darüber beklagt, dass er über dieses System und dessen Funktionsweise nicht ausreichend informiert wurde und daher im Zweifel auch nicht weiß, wie man dies deaktiviert.

Gravierende Verstöße bei Zulassung der 737 MAX

Laut des Seattle Times Berichtes, kam es bei der Zulassung der Boeing 737 MAX zu gravierenden Verstößen. Diese seien insbesondere dem massiven Zeitdruck von Boeing geschuldet gewesen, denn der direkte Konkurrent Airbus war mit dem Airbus A320NEO bereits auf dem Markt und man war mit einer vierstelligen Anzahl an Bestellungen für das Muster im Hintertreffen gegenüber Airbus.

Daher wollte Boeing in der Zulassung einiges an Zeit gut machen und diese in Rekordzeit durchziehen. Da es sich „nur um eine neue Version“ der bewährten Boeing 737 handelte, sah man hier wohl nur wenige Probleme.

Das Zentrum der Vorwürfe stellt das umstrittene System MCAS dar, dessen Wirkung von Boeing heruntergespielt worden sein soll. So wurde angeblich in der „Sicherheitsanalyse“ für das System bei der Zulassung angegeben, dass der Eingriff in die Trimmung vier mal geringer ist, als es bei den Serienflugzeugen der Fall war.

Boeing scheint diese Problematik bewusst gewesen zu sein, denn Boeing Ingenieure sollen den Ausfall des MCAS Systems als „gefährlich“ eingestuft haben. Mit den möglichen katastrophalen Folgen, die einen Absturz zur Folge haben könnten, hat man offensichtlich nicht gerechnet. Doch auch damit hätte sich das MCAS nicht auf Daten eines einzigen Sensors verlassen dürften, dennoch wurde es so ausgelegt. Dabei ist in der Luftfahrt eigentlich Redundanz das oberste Gebot, allerdings wurde MCAS als nebensächlich eingestuft.

Aber auch gegen die FAA wurden Vorwürfe im Zulassungsprozess laut, denn es soll immer wieder die Anweisung von oben gegeben worden sein, das Verfahren zu beschleunigen um den Terminplan von Boeing nicht zu gefährden. „Eine vollständige und gründliche Gegenprüfung der Unterlagen fand nicht statt.“ sagte ein FAA- Ingenieur zur Seattle Times und schiebt hier den Ball aber auch direkt wieder zu Boeing „Es gab ständig neue Anweisungen, immer mehr Punkte an Boeing zu delegieren„.

Aber nicht nur das MACS sei problematisch, auch andere Systeme seien noch nicht ausgereift und die Zulassung zu schnell erfolgt.

Auch im „Überziehwarnsystem stecken Fehler, die behoben werden müssen“, sagte eine mit den Problemen vertraute Person aero.de. Das Flugzeug „ist nicht lufttüchtig“.

Ermittlungen gegen Boeing und die FAA

Inzwischen soll sich die Staatsanwaltschaft in Seattle massiv für den Zulassungsprozess interessieren und es soll bereits eine Grand Jury einberufen worden sein um festzustellen ob die Beweise für eine Anklage ausreichen.

Hierfür soll die Grand Jury bereits von mindestens einer Person Dokumentationen und Korrespondenzen eingefordert haben, welche mit der Situation vertraut ist. So berichtet es das Wall Street Journal.

Auch für die FAA droht Ärger, denn das Verkehrsministerium als vorgesetzte Behörde überprüft gerade die Zulassung der Boeing 737 MAX Modellreihe und auch den Prozess in welchem die Zulassung erteilt wurde.

Schwere Vorwürfe gegen Boeing und die FAA | Frankfurtflyer Kommentar

Es sind wirklich schwere Vorwürfe, welche in dem Beitrag der Seattle Times erhoben werden und sollten sie sich bewahrheiten, würde dies mit Sicherheit auch für einige hochrangige Personen sehr schwere Konsequenzen haben. Allerdings muss man auch immer bedenken, dass die Ermittlungen hier sicher noch am Anfang stehen und alles nur auf Vermutungen und Indizien basiert.

Wenn man sich bei Boeing allerdings dem Problem wirklich bewusst war und dieses für eine schnelle Zulassung der Boeing 737 MAX 8 vertuscht hat, wäre dies wohl der größte Skandal in der zivilen Luftfahrt seit Jahrzehnten. Immerhin haben die beiden Abstürze bereits über 320 Menschen das Leben gekostet.

Boeing arbeitet gerade an mehreren Systemupdates für die Boeing 737 Max 8 und man will diese bereits in wenigen Wochen bereitstellen können. Hierbei arbeite man sehr eng mit der FAA zusammen und in Anbetracht der aktuellen Ermittlungen und des großen öffentlichen Interesse, kann man davon ausgehen, dass man dieses Update auch nur zulässt, wenn man sicher ist, dass es das Flugzeug wieder flugtauglich macht.

Danke: Aero.de

2 Kommentare

  1. Na, wenn da auch nur 10% Wahrheit dran sein sollten…
    Am Ende wird das hoffentlich die Rolle der FAA stärken, deren Unabhängigkeit offenbar – wie derzeit leider Vieles in den USA – gelitten zu haben scheint.

  2. Bei all den Themen werde ich auch erstmal abwarten bezüglich der 777-9!2-3 Jahre muss auch der Vogel erstmal unfallfrei fliegen, mit klappbaren Flügeln etc. Irgendwie lob ich mir die archvierten „birds“ a la 747-400.
    Bon weekend!

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