EU plant wohl kompletten Flugstop für russische Airlines | Lufthansa Flüge drehen vorsorglich um

Foto: Lufthansa

Aufgrund des Einmarsches von russischen Truppen in der Ukraine hat die EU scharfe Sanktionen gegen Russland angekündigt. Hierbei scheint man sich nun wohl auch für die EU sehr zügig zu formieren und wird wohl eine Reihe harter Sanktionen gegen Russland verhängen, welche auch die zivile Luftfahrt in, aus und über Europa massiv beeinflussen werden.

Schon jetzt hat der Krieg in der Ukraine massive Auswirkungen auf die Luftfahrt, denn der Luftraum über der gesamten Ukraine und auch Teilen von Russland ist aus Sicherheitsgründen nicht mehr nutzbar. Nun wird berichtet, dass die EU russischen Airlines die Lande- und Überflugrechte entziehen will, was Airlines aus Russland empfindlich treffen würde.

Als erstes Land aus Europa hat das Vereinigte Königreich russischen Flugzeugen (also allen Flugzeugen, welche russischen Airlines oder Privatpersonen gehören oder ihnen zugeordnet werden können) das Landen und Überfliegen des UK untersagt. Hierauf reagierte man in Moskau mit einem Ban von britischen Flugzeugen und zwar auch solchen, welche britischen Leasing Gesellschaften gehören und für Airlines weit außerhalb von Europa fliegen. Dies macht vor allem Flüge nach Asien teils sehr kompliziert.

Inzwischen sind schon diverse andere Länder der EU dem Beispiel des Vereinigten Königreiches gefolgt und haben russische Airlines und Jets aus ihrem Luftraum verbannt. Darunter Polen, Estland, Lettland, Litauen, Bulgarien, Tschechien, Rumänien und Slovenien. Nun scheint diese Maßnahme wohl eine Sanktion der gesamten EU zu werden.

Zwar steht die Bestätigung der EU noch aus, allerdings wird es bereits von mehreren Nachrichtenagenturen berichtet und man beruft sich auf Kreise innerhalb der EU. Auch der deutsche Verkehrsminister äußerte, dass man diesen Schritt vorbereitet.

Airlines reagieren bereits

Dass etwas im Busch ist, wurde bereits am Mittag des 26. Februar klar, als zuerst KLM Flugzeuge auf dem Weg nach Russland umgekehrt sind und auch Lufthansa hat Langstreckenflüge nach Asien kurz vor oder über Russland umkehren und zurück nach Deutschland fliegen lassen.

So ist LH 718 von München nach Seoul nach vier Stunden Flug über Russland umgekehrt und nach München zurück geflogen und auch LH 716 von Frankfurt nach Tokyo machte über Estland kehrt und landete wieder in Frankfurt. Auch andere Flugzeuge, wie z.B. von AeroLogic, haben geplante Überflüge von russischen Gebieten abgebrochen und sind umgekehrt.

Bis auf weiteres darf man davon ausgehen, dass russischer Luftraum wohl in Zukunft gemieden wird, was zu deutlich längeren Flugzeiten nach Fernost Asien führen wird. So machte LOT Flug 97 von Warschau nach Seoul dies bereits vor und die Flugzeit über die südliche Route verlängerte sich hierbei um über zwei Stunden.

 

Noch härter wird diese Sanktion wohl aber russische Airlines treffen, vor allem Aeroflot, welche fortan nicht mehr nach Europa fliegen kann, was durchaus ein sehr wichtiger Markt für die Airline ist. Somit fallen potenzielle Transitpassagiere weg und man hat durchaus versucht Moskau als Hub nach Asien zu etablieren.

Aber auch Flüge in die USA und nach Kanada werden nun für Aeroflot extrem schwierig, denn man muss hier fast zwingend Skandinavien überfliegen oder absurde Umwege in Kauf nehmen. Dabei ist es fraglich, ob die USA und Kanada nicht auch mit der EU gleichziehen würden und russische Airlines aus dem Luftraum aussperrt.

Delta Airlines aus den USA hat bereits reagiert und man hat dem SkyTeam Partner Aeroflot alle Codeshare Verbindungen gekündigt, wodurch der Zugang zu dem Markt in Nordamerika nun sowieso erschwert wird.

EU plant wohl kompletten Flugstop für russische Airlines | Frankfurtflyer Kommentar

Was in der Ukraine passiert ist abscheulich und jeder der glaubt, dass es ihn nicht betrifft, der wird spätestens wenn er in ein Flugzeug steigt vermutlich doch betroffen sein, denn dieser Konflikt hat massive Auswirkungen auf die Luftfahrt und damit auf jeden von uns. Nicht nur wenn man gerade nach Asien reisen wird, auch Frachtflüge sind hiervon massiv betroffen und es könnten schmerzhafte Parallelen zu den Lieferkettenproblemen der Corona Pandemie entstehen.

Für russische Airlines, allen voran wohl Aeroflot, könnte der Krieg in der Ukraine nun sehr bitter werden, denn neben Flug- und Landerechten wird wohl auch diskutiert, ob man verhindern könnte, dass Ersatzteile aus Europa (also von Airbus) nach Russland geliefert werden dürfen. Wenn die Ersatzteilversorgung nicht sichergestellt ist, steht eine Airline sehr schnell am Boden und auch Airlines aus Russland betreiben inzwischen vorrangig Flugzeuge von Airbus und Boeing.

Bei allen Problemen die diese Krise mit sich bringen denken wir natürlich vor allem an alle betroffenen Personen in den Gebieten.

11 Kommentare

  1. Die Auswirkungen auf die Airline-Industrie sind in dreifacher Hinsicht bitter:

    1. Höhere Kerosinpreise
    2. Zarte Erholung im Passagiergeschäft nach Ostasien/Südostasien/Australien erhält einen Dämpfer
    3. Das momentan hochprofitable Cargogeschäft (welches im Gegensatz zum Paxgeschäft auch mit Ländern wie Japan, Singapur oder Korea gut lief) erhält einen Dämpfer.

    Für alle Punkte 1-3 gilt, dass sie SAS und Finnair am härtesten treffen und Lufthansa am zweihärtesten. (Lufthansa hat unter den drei großen Eurocarriern das größte Standbein im Asiengeschäft. Zudem hat Deutschland null Erdöl vorkommen. Von der geografischen Lage her ist Lufthansa etwas weniger betroffen als eine Finnair oder SAS).

    Von seiner geografischer Lage her profitieren wird Turkish. Die großen Gewinner jedoch sind Qatar, Ethihad und Emirates: Sie haben erstens die beste geografische Lage (nur ein vernachlässigbar kleiner Anteil ihrer Flüge führt durch Russland) und zweitens sind sie im Besitz von Staaten, welche ihren Staatshaushalt aus Öl- und Erdgaseinnahmen finanzieren – und Öl und Gas sind so teuer wie seit langem nicht mehr).

    • Nach Südostasien und Australien fliegt man so gut wie nicht über Russland, jedenfalls nicht von Mitteleuropa. Insofern gibt es da kein Probelem. Das Problem sind Japan und Korea bzw. China.

      • Erinnere mich an einen Flug mit SQ 26 im September 1987 von BKK nach FRA damals über den Aralsees und südlich an Moskau vorbei. Damals mussten wir noch den Umweg von Polen über die Tschechoslowakei machen (wegen DDR).
        China dürfte auf dem Rückflug Nonstop schwierig werden, wir benötigten 1988 in der 747-200 von Peking mit Tankstop in Sharjah genau 18 Stunden. Hin über den Golf und Indien Nonstop in 11:45 Std. Bin gespannt ob nach Japan wieder Anchorage infrage kommt.
        Hoffen wir dass man bald eine friedliche Lösung findet 🙏.

  2. Ich sehe die Lage zwar bei weitem nicht so kritisch wie John, allerdings wäre auch in meinen Augen eine Nummer kleiner vielleicht die bessere Lösung gewesen.

    Es geht darum, dass die Passagierluftfahrt ja für hunderte zivile Zwecke interessant und teilweise auch unentbehrlich ist. Die Frage der jetzt zweifellos höheren Kosten ist natürlich nicht lustig, aber doch eher sekundär.

    Aus meiner Sicht hätte es ein Überflugverbot für Privatflugzeuge fürs Erste getan. Dort drin sitzen die Verantwortlichen der aktuellen Misere und auf öffentliche Flugzeuge werden diese Verantwortlichen aus – sehr gut nachvollziehbarem – guten Grunde keinesfalls umsteigen.

    So etwas kann eine Angie machen, aber kaunm ein Oleg Deripaska. Nur mal als Beispiel.

    Weiß schon, es ist leicht mit klugen Ratschlägen um sich zu schmeißen, wnen man sie nicht verantworten muss.

    • Kostenfrage sekundär? Die Airlines fliegen seit zwei Jahren defizitär!

      Zwischen Airlineprofiten und Ölpreisen besteht ein negativer Zusammenhang, der statistisch robust ist.

      Der Ölpreis ist nahe einem 7 1/2 Jahreshoch. Und Russland hat noch nicht auf die Sanktionen reagiert (d.h., zum jetzigen Stand fliessen russisches Öl und Gas weiter). Russland hat in den letzten Jahren nicht zuletzt aufgrund hoher Gas- und Ölpreise ordentliche finanzielle Puffer aufgebaut und kann längere Zeit sowohl mit aktiven Sanktionen als auch eigenen, reaktiven Effekten leben.

      Drastische Konsequenzen für die europäische Airlineindustrie sind nicht mal das größte Übel, von dem Experten ausgehen. So erscheint eine große Finanzkrise in Folge der Verwerfungen an den Rohstoffmärkten möglich.

      Bitte versteht all das nicht politisch. Ich respektiere vollkommen, dass Christophs Blog nicht politischer Natur ist.

      Ich rede hier nur von wirtschaftlichen Konsequenzen und äußere mich in keinem Wort dazu, ob die Sanktionen politisch gerechtfertigt sind oder nicht.

  3. Danke vor allem für die Karten, sehr eindringlich.
    Das ist ja schon fast wie zu Zeiten des Kalten Krieges, wenn Russland nicht mehr überflogen werden darf.

    • Nein, man rechnet immer mit der direkten Flugstrecke.

      Es gibt auch schon ältere Beispiele, z.B. von Flügen die einen Technischen Stop hatten, auch hier gab es immer nur Meilen der direkten Strecke.

  4. Die längeren Flugstrecken nach Asien (ca. 2 Std.) und teurere Spritpreise werden bestimmt bald auf diesen Stecken die Flugpreise merklich steigen lassen.

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