Flugscham bringt nichts! | Vielflieger werden das Klimaproblem lösen

Zumindest medial ist das Klimaproblem allgegenwärtig und auch wenn sich grundsätzlich alle Seiten darauf einigen können, dass wir beim CO2 Ausstoß ein massives Problem haben, gibt es über die Lösungsansätze fast um so weniger Einigung. In der öffentlichen Debatte wird aber gerne mal ein Schuldiger herausgesucht und das sind die Flugzeuge.

Dabei meint man oft, das Problem bei Flugzeugen liegt schon intuitiv auf der Hand, denn die oft mehrere hundert Tonnen schweren Jets stoßen in den wenigen Stunden, in denen sie auf die andere Seite der Erde fliegen, auch Tonnenweise CO2 aus und die rechnerische Jahresbilanz eines jeden Menschen ist hier auch in wenigen Flugstunden pro Jahr erreicht.

Die Folge dieses Gedanken: Es wird öffentlich über Flugverbote diskutiert und ein ganz neuer Gemütszustand wurde geschaffen, der Flugscham. Während man noch vor wenigen Jahren stolz von seinen Reiseplänen erzählt hat, sprechen inzwischen einige Menschen nicht mehr gerne darüber, dass sie das Flugzeug nutzen um in Urlaub zu fliegen oder noch schlimmer eine Dienstreise antreten. Man geniert sich in manchen Kreisen für seine Flüge, so als würde man hier etwas verbotenes oder anstößiges machen.

Was die Debatte in der die Luftfahrt gerne als der Hauptschuldige für das Klimaproblem ausgemacht wird immer wieder ausblendet, ist die Tatsache, dass aktuell die weltweite Luftfahrt für genau 3,1% des weltweiten CO2 Ausstoßes verantwortlich ist und damit per Definition schon nicht „der Hauptschuldige“ sein kann.

Vielmehr ist es so, dass wenn man heute alle Flüge verbieten würde, wäre dies der sprichwörtliche Tropfen Wasser auf dem heißen Stein und würde das Problem noch nicht einmal im Ansatz lösen, mit allen negativen Folgen, die es für unsere Gesellschaft auf der Welt hätte. Wie unangenehm ein Leben ohne Luftfahrt ist, haben wir in 2020 erleben dürfen und dies will vermutlich kaum jemand als dauerhafte Lösung vorschlagen. Mehrheitsfähig wäre es zumindest nicht!

Flugscham kann entsprechend keine Lösung sein und in meinen Augen ist es sogar massiv kontraproduktiv, wenn man Flüge zwar immer noch durchführt, sich dann aber dafür schämt. Der CO2 Bilanz ist nicht geholfen und man selbst ist mit der Situation nicht glücklich.

Mit bewussten, wertgeschätzten und glücklichen Reisen wird man sicherlich viel weiter im Leben kommen, als mit Flugscham und Reisen von denen nur ja niemand etwas wissen soll.

Gibt es etwas schöneres, als den Kindern die Welt zu zeigen?

Die Luftfahrt muss ihren Teil beitragen!

Nun wird man mich vielleicht für die ersten Absätze in diesen Beitrag steinigen wollen, aber klar ist und bleibt, mit Flugscham hat man nichts gewonnen und vor allem keine Lösung gefunden. Klar ist aber auch, dass die Luftfahrt ihren Beitrag zur CO2 Reduktion beitragen muss und dies geschieht auch.

Airlines auf der ganzen Welt investieren aktuell massiv in moderne Flugzeuge, welche oft bis zu 30 Prozent weniger Treibstoff verbrauchen als die Flugzeuge welche sie ersetzen. Dies allein sorgte auch direkt für die Einsparung von 30% der CO2 Emissionen, verlangt aber auch Milliarden an Investitionen.

Die Boeing 777X auf dem Weg zu ihrem Erstflug. Sie wird deutlich weniger Treibstoff pro Passagier verbrauchen als z.B. eine Boeing 747-400. Foto: Boeing

Darüber hinaus investiert man in die Produktion und Entwicklung von synthetischen Kraftstoffen, welche in der Zukunft wohl eine entscheidende Rolle spielen werden, aber auch das Thema Carbon Capture wird von Airlines aktiv voran getrieben. Hier wird wohl ein großer Teil der Lösung liegen: Effizienz, nachhaltige Treibstoffe und Carbon Capture.

Auch wenn man es vor allem in der Politik nicht gerne hört, in der Luftfahrt glaubt niemand wirklich daran, dass Elektro Passagierflugzeuge und Wasserstoffjets wirklich eine bedeutende Rolle spielen werden, wenn man bis 2050 CO2 neutral sein will.

Es werden Vielflieger sein, die das Problem lösen

Ich gehe sogar so weit, dass ich prognostizieren will, dass es Vielflieger sein werden, welche das Klimaproblem lösen werden, wenn es denn abschließend zu lösen ist. Damit meine ich nun aber nicht, dass man durch besonders viele Flüge irgendetwas für das Klima tun könnte, aber ich bin der festen Überzeugung, dass man die Welt, die man retten will auch gesehen (und im besten Fall auch verstanden) haben sollte.

Es wird inzwischen gerne das Argument gebracht „Deutschland müsse als Vorbild dienen“ um das Klimaproblem an zu gehen. Grundsätzlich teile ich auch diese Ansicht, aber wer einmal in China oder Indien war und hier mehr als nur das organisierte Kongressprogramm gesehen hat, dem sollte schnell klar werden, dass die Menschen in diesen Ländern nicht bereit sein werden uns nachzueifern, wenn wir ein Konzept gehen wollen, das auf Verzicht und „dem neuen Mangel im Wohlstand“ beruht.

In diesen extrem bevölkerungsreichen Ländern hat man in den letzten Jahrzehnten gespürt, was wirtschaftlicher Aufschwung bedeutet, nämlich der Schritt aus der bitteren Armut für mehr und mehr Menschen. Dafür macht man genau das, was auch wir vor 200 Jahren gemacht haben, man nimmt keine Rücksicht auf die Umwelt.

Man könnte nun sagen, man wusste es damals nicht besser, aber es war uns genau so egal, wie es den Menschen in jetzigen Schwellenländern egal ist, denn die Alternative ist nicht eine kleine Unannehmlichkeit, sondern bittere Armut.

In Indien kann man, wenn man die Städte etwas verlässt z.B. sehen, welche enorme Bedeutung die kleinen Kohle- oder Ölkraftwerke haben, welche plötzlich auch Dörfer mit Strom versorgen. Hier wird niemand etwas davon wissen wollen, dass man auf diese neuerungene  Lebensqualität verzichten soll um das Klima zu retten und die Erwärmung von 1,5 oder 3 Grad zu verhindern.

Dass man mit der neuen Elektrizität nun ganz zynisch Klimaanlagen betreiben könnte, kommt diesen Menschen sicherlich nicht in den Sinn, aber es ist schlichtweg nicht vermittelbar, dass man nun des Klima wegen hier auf Licht in der Nacht, die elektrische Brunnenpumpe oder auch den Zugang zu Telekommunikation verzichtet. Sind wir mal ehrlich, wir würden es auch nicht machen!

Wenn wir wollen, dass diese Menschen unserem Vorbild folgen, dann müssen wir ihnen etwas anbieten, dass ihr Leben noch besser macht als der aktuelle Zustand. Wir müssen das Dieselkraftwerk mit einer anderen Energiequelle ersetzen, welche günstiger ist und vor allem auch verfügbar und vorzugsweise einfach.

Es ist eigentlich klar, dass wir uns aus der CO2 Problematik nicht durch Askese heraussparen können, sondern wir werden das Problem technisch lösen müssen. Natürlich werden wir vor allem mit Energie effizienter umgehen müssen, aber versuchen die Menschen zu überzeugen dass sie kalt duschen sollen ist genau so wenig erfolgsvorsprechend, wie dem Inder zu erklären, dass er ab morgen bitte wieder im Dunkeln sitzen soll.

Solche technischen Lösungen werden meist nicht im Keller einer Universität eines einzelnen Landes entwickelt, vielmehr sind es internationale Projekte und hierfür werden viele Menschen, VIEL fliegen müssen. Aber auch um jede einzelne technische Lösung die es brauchen wird dann weltweit einzusetzen, wird es viele Menschen geben, die weltweit fliegen müssen.

Ich bin mir sicher, dass es viele Menschen geben wird, die durch die Schaffung, Produktion und Verteilung von technischen Lösungen, maßgeblich an der Lösung der CO2 Problematik mitwirken werden und dass ein Großteil dieser Menschen auch zwangsläufig viel im Flugzeug sitzen werden.

Ganz sicher bin ich mir, dass man problemlos mehr Vielflieger finden wird, die aktiv die CO2 Reduktion durch technische Lösungen vorantreiben, als Menschen die sich auf Straßen kleben um dann „privat“ in den Urlaub nach Bali, Thailand oder Mexiko reisen, auch wenn ich jedem Menschen seinen Urlaub gönne!

Flugscham bringt nichts! | Vielflieger werden das Klimaproblem lösen

Es tut mir leid, aber Flugscham ist in meinen Augen eine der dümmsten Entwicklungen in der Moderne. Es bringt einfach nichts, außer Unzufriedenheit und Depressionen. Ich kann nur jeden motivieren, sich diese wunderschöne Welt anzuschauen und sei es nur, dass man auch sieht wie die Welt an anderen Orten aussieht, die man so vehement gerade vor dem Untergang retten will.

Reisen bildet! An diesem Sprichwort ist viel dran, denn man wird nicht nur reicher an Erfahrungen und Eindrücken, es kann auch für einen erwachsenen Menschen wirklich unglaublich erhellend sein, wenn man die Lebenssituation in anderen Ländern einmal wirklich gesehen hat. Dabei meine ich nicht zwingend nur die ärmsten Länder auf diesem Planeten, sondern vor allem die Emerging- and Frontier Market Länder, denn hier wird jeder Klimakampf gewonnen oder verloren, aber auch nicht indem man sich in Delhi, Peking oder Shanghai auf die Straße klebt.

Auch wenn es mir in den Kommentaren nun sicherlich gleich wieder vorgeworfen wird, dass ich hier nur wieder meine eigenen, vielen, vielen Flüge rechtfertigen will. Nein, darum ging es mir wirklich nicht. Ich bin mir der Verantwortung meiner vielen Reisen durchaus bewusst und vielleicht ist das auch das Wichtigste. Man sollte sich bewusst machen was man macht, wenn man ins Flugzeug steigt und sich nicht dafür schämen und es heimlich machen.

12 Kommentare

  1. Ja man muss sich nicht schämen wenn man fliegt. Aber schämen könnte sich der Autor und die meisten der Beiträge. Das hier alle gerne Fliegen sagt ja schon der Name der Webseite. Habe allerdings noch nie so eine Ansammlung von Selbstbetrug und bitte nicht in meinem Vorgarten Mentalität gelesen. Darüber könnte man sich schon schämen, wenn man möchte.

  2. Am 28.01.22 schrieb Daniel Stelter im Handelsblatt:
    Die üblichen CO2-Vergleiche von Bahn und Flugzeug sind irreführend.
    Die Dimension des vernachlässigten CO2-Ausstoßes ist gigantisch, wie eine Studie der Universität St. Gallen vorrechnet. So verursacht die Stahlproduktion für einen Kilometer Gleis 240 Tonnen CO2 und ein Kilometer Bahntunnel 27.000 Tonnen CO2.
    Pro Kilometer Bahnstrecke müssen danach rund 1,2 Millionen Passagierkilometer zusätzlich erbracht werden, damit die CO2-Vollkostenbilanz jener des Flugverkehrs entspricht. Sobald Tunnel gebaut werden müssen, lässt sich das Projekt endgültig nicht mehr mit dem Klimaschutz begründen.

    • Mal ganz abgesehen von den Vogelshreddern…Der Stahl für die riesigen Rotormonster wird in China mit neu errichteten Kohlekraftwerken geschmolzen . Beton hat auch einen tollen eco“Fußabdruck“ .Die Gewinnunung von seltenen Erden für die Mindkollosse setzt z.T. radioaktives Thorium frei-nutzt oft Kinderarbeit !
      PV-Felder auf fruchtbaren Ackerflächen treiben Getreidepreise , also Brotpreise hoch.
      Wieviel liefern diese Anlagen im Winter,speziell ,wenn es schneit ?
      Was ist die eco Bilanz bezüglich Herstellung incl Rohstoffgewinnung,spätere Entsorgung der PV Felder ?
      Von Fotosynthese haben die hochinteligenten Grünen-Politiker nicht viel gehört .Getreide oder andere Pflanzen nehmen CO2 auf .Das C(Kohlenstoff ) benötigen sie zum Aufbau auch für Früchte , die wir zum Leben brauchen .
      O2 (Sauerstoff) geben sie kostenlos an uns ab !
      In Berlin wurden Mengen von großen gesunden Bäumen kräftig beschnitten – weniger Fotosynthese .Den Grund erhahren wir jetzt! Aufstellung von SOLAR Parkautomaten! Licht für die Solarmodule,Die letzten Tage in Berlin haben wir in Berlin normale niedrige Sommertemperaturen .In ÖR Wettermeldungen wird besonders deutlich eine Angst-Höchsttemperatur verkündet , die vielleicht an irgendeiner Messstelle während weniger Minuten erreicht wird !
      Zur Fußball Weltmeisterschaft , wo es Wochen lang SEHR heiß war , hypte niemand die Geld und Angstquelle „Klimawandel“ …Es war ein „Sommermärchen“ im „Jahrhundertsommer“
      Lasst uns fliegen , solange wir dürfen !

  3. Es gibt zwei Wege, mit dem Flugzeug CO2 einzusparen:
    1. Statt alleine im PKW zu fahren (Verbrenner, die auf Langstrecken absolut dominieren).
    2. Über den Winter in den warmen Süden fliegen.
    Was verboten werden sollte, ist dass Umsteiger billiger als Direktflüge sind, weil sie zu unsinnigen Zusatzflügen führen.

  4. Um diese Aussagen der Studie einordnen zu können müsste man die Studie kennen. Ohne Zugriff auf die Studie(Quelle) sind Bewertungen aus zweiter Hand sehr kritisch zu sehen. Wenn bei der Bahn die Infrastrukturkosten(Herstellungskosten, Unterhaltskosten und AfA) hinzugerechnet wurden, lautet die erste Frage: Wurde das beim Flugverkehr ebenfalls berücksichtigt? Wie erfolgte die Ermittlung der Infrastrukturkosten usw..Während meines Studiums habe ich mich im Rahmen einer Seminararbeit mit dem Wegekostenproblem Bahn-/Straßenverkehr beschäftigt und damals war die Ausgangsdatenlage für die Kostenermittlung stark interpretationsbedürftig. Ohne die genauen Rahmenbedinungen und Annahmen der Studie sind für mich solche Studien nicht für Handlungsanweisungen und Deutungen unbrauchbar.

      • @Sebastian: Ich glaube nicht, dass Sie dies selbst geprüft haben. Von daher ist Ihre Aussage wertlos. Im Artikel gibt der Autor die Quelle nicht nachvollziehbar an. Auf der Seite der Uni St.Gallen ist die Studie ohne weitere Angaben nicht zu finden. Ich habe deshalb beim Handelsblatt nach der genauen Quelle nachgefragt. Die Thematik ist zwar für Frankfurt Flyer nicht wichtig, aber ich bin gerne bereit mit Ihnen die Studie zu diskutieren, sobald ich sie im Zugriff habe. Der Hinweis: „Wir reden hier ja nicht von einer Klima-Hillbilly-Gender-Uni sondern von einer der besten weltweit.“ ist nicht nur nicht zielführend, sondern einfach irrelevant für eine wissenschaftliche Überprüfung. Zumal die Bewertung durch Herrn Stelter durchaus von den Aussagen in der Studie abweichen kann. Genau deshalb prüft man Quellen und das ist unterster wissenschaftlicher Standard.

  5. 1.) Ich habe direkt nach der Studie in meinem ersten Kommentar gefragt.
    2.) Es ist keine Studie der Uni St.Gallen, sondern eine Studie der KRBE GmbH(eine Beratunsgsfirma) im Auftrag der Friedrich-Naumann-Stiftung(eine politische Stiftung, die der FDP nahesteht) unter Mitwirkung der Uni St.Gallen. Hier hat schon Herr Stelter einen falschen Bezug angegeben. Ich werde die Studie sichten, ob und welche Teile von der Uni St.Gallen stammen.
    3.) Ich werde mir die Studie in Ruhe ansehen und die Kriterien, Bewertungen, Gewichtungen und Aussagen kritisch hinterfragen.
    4.) Ich möchte nicht als „Nobby“ bezeichnet werden. Diese Bezeichnung toleriere ich nicht einmal im Freundeskreis.

    • Lieber Norbert,
      Das war meine Art der Antwort auf das unnötige Siezen meiner Person. Entschuldige bitte.

      Alles andere empfinde ich als Pedanterie. Einer der beiden Autoren ist Professor der Uni St. Gallen und dort wurde scheinbar ja auch ein erheblicher Anteil der Arbeit dazu beigesteuert. So what?

      Was Du daraus machst, ist selbstverständlich Dir überlassen.

      Übrigens: Wie bin ich an die Studie gekommen? Google hilft.

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