Klaus-Michael Kühne ist mit 19 Prozent der Anteile Großaktionär der Lufthansa, in einem Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung hat dieser scharfe Kritik an der Unternehmensführung geäußert. Der Logistikmilliardär bezeichnete die Strategie des Konzerns als angreifbar und fordert einen Kurswechsel. Schon früher hatte Kühne die Markenvielfalt des Konzerns infrage gestellt, doch sein Ton ist nun deutlich schärfer. Lufthansa befindet sich im Umbau, wir werfen einen Blick auf die großen Baustellen beim Kranich.
- Kritik von Großaktionär Kühne: Klaus-Michael Kühne fordert von Lufthansa-Chef Carsten Spohr eine Neuausrichtung der Konzernstrategie und droht, seinen Einfluss auf der Hauptversammlung geltend zu machen.
- Fünf große Baustellen: Veraltete Flotte, ineffiziente Markenstruktur, Pünktlichkeitsprobleme, komplexe Crewplanung und wirtschaftliche Schwäche der Kernmarke belasten den Kranich.
- Langfristige Umstrukturierung: Trotz laufender Spar- und Modernisierungsmaßnahmen wird mit sichtbaren Ergebnissen erst ab 2027 gerechnet, was Geduld von Kunden, Mitarbeitern und Aktionären erfordert.
Einflussreicher Großaktionär
Kühne bemängelte, dass die Kernmarke Lufthansa aufgrund fehlender Flugzeuge und veralteter Kabinenausstattung auf vielen Strecken mit altem Gerät operieren muss. Man habe die Marken vernachlässigt habe, auch beim einstigen Qualitätscarrier SWISS seien Komfort und Standard gesunken. Oft werden keine eigenen Maschinen eingesetzt, Passagiere bekommen bei helvetic oder airBaltic ein ganz anderes Produkt.
Der Unternehmer sieht einen direkten Zusammenhang zwischen der Strategie und dem Aktienkurs: „Bei einer überzeugenderen Geschäftspolitik wäre der Aktienkurs höher.“ Der Unternehmer kündigte an, ein Krisengespräch mit CEO Carsten Spohr und Aufsichtsratschef Karl-Ludwig Kley führen zu wollen, um seine Forderungen zu verdeutlichen. Dabei zeigte er sich entschlossen, notfalls auch seinen Einfluss bei der Hauptversammlung zu nutzen.
Kühne hat viel Macht, denn mit fast 20 Prozent der Anteile bewegt dieser sich nahe an der Mehrheit. Auf den Hauptversammlungen sind oft nur rund 40 Prozent des Grundkapitals vertreten. Man will zwar keinen Streit, aber „wenn es hart auf hart kommt, könnten wir darüber nachdenken, diesen Hebel zu nutzen.“
Die Kritik wird allmählich lauter, Carsten Spohr ist das gewohnt. Intern sieht er die Probleme der Kernmarke nicht in der Markenvielfalt begründet, sondern in der Komplexität innerhalb der Marke, etwa durch veraltete Tarifverträge. Auch externe Faktoren wie die Corona-Pandemie und Verzögerungen bei Flugzeuglieferungen von Boeing hätten die Modernisierung der Flotte ausgebremst. Dennoch klagen Vielflieger über die mangelnde Qualität und auch die undurchsichtige Struktur der elf Marken in der Gruppe.
Fünf große Baustellen
Lufthansa hat ein Qualitätsproblem und steht vor einem radikalen Umbruch, der nicht nur die interne Struktur, sondern auch die Kundenwahrnehmung langfristig verbessern soll. Die Probleme sind hausgemacht, verschärft durch jahrelanges Sparen und eine komplexe Unternehmensstruktur. Der Turnaround erfordert jedoch Geduld, für die Reisenden, die Belegschaft und die Aktionäre. Hier die wichtigen Projekte:
1. Veraltete Flotte und schleppende Modernisierung
Es ist das Thema Nummer 1. bei unseren Lesern, das Produkt ist veraltet, bei der Modernisierung der Premiumkabine kommt man nur sehr langsam voran. Passagiere haben selbst in der Business Class auf Langstrecken nicht immer direkten Zugang zum Kabinengang, immer wieder müssen sich die Kunden mit den teuren Tickets mit defekten Sitzen und Einschränkungen beim Komfort vorliebnehmen. Die Umsetzung des Allegris-Programms verzögert sich massiv und bleibt hinter den Versprechen zurück.
Hinzu kommt das Durchschnittsalter der Flotte, diese gehört zu den ältesten weltweit. Verspätete Investitionen in neue Flugzeuge verschärfen die Situation. Lufthansa hat die Boeing 787 und die neue 777-Variante zwar vor der Pandemie bestellt, durch Produktionsprobleme und fehlende Zulassungen der neuen Sitze kam und kommt es zu massiven Verspätungen. Nach wie vor konnte bisher kein einziger neuer Dreamliner aus der Lufthansa-Bestellung ausgeliefert werden.
2. Komplexität in der Marken- und Betriebsstruktur
Die Lufthansa-Gruppe operiert mit mehreren Airlines, zur Air Dolomiti, Austrian, Brussels, CityLine, Discover, Eurowings und SWISS kam zuletzt City Airlines hinzu. Wetlease-Partner helfen mit zusätzlichem Fluggerät und fremden Besatzungen aus. Diese Zersplitterung führt zu ineffizientem Ressourceneinsatz und Verwirrung bei den Kunden.
Bis 2028 sollen die Marken reduziert werden, Air Dolomiti soll sich nur noch auf Italien fokussieren, dann soll es auch nur noch einen externen Partner geben. Die einstige Regionalfluggesellschaft Lufthansa CityLine soll geschlossen werden, das Vorhaben stößt intern aber auf Widerstand.
3. Unzuverlässigkeit und Verspätungen
Probleme wie unrealistische Umsteigezeiten, eine zu kleine Reserveflotte und übertriebenes Outsourcing bremsen den Betrieb im Alltagsgeschäft. Die Pünktlichkeit liegt im Branchenvergleich auf dem letzten Platz. Zahlreiche Maßnahmen sind angelaufen, so soll z.B. die minimale Umsteigezeit am Drehkreuz in Frankfurt (FRA) im kommenden Jahr erhöht werden.
Auch die Reserveflotte wird noch im Winter vergrößert, es werden u.a. zwei Airbus A380 als Backup eingeplant. Mit der Rückführung einiger Aufgaben ins Unternehmen versucht man Stabilität zu gewinnen, doch die Umsetzung wird Jahre dauern.
4. Überregulierung und intransparente Crewplanung
Die Crewplanung bei Lufthansa leidet unter einem unübersichtlichen Regelwerk mit zahlreichen Vorschriften und Dutzenden Betriebsvereinbarungen. Dies führt zu ineffizienten Einsatzplänen und hohen Leerlaufzeiten. Ein vereinfachtes Regelwerk ist in Arbeit, wird aber frühestens 2026 vollständig implementiert sein. Bis dahin bleibt die Arbeitsorganisation ein erheblicher Kosten- und Effizienzfaktor.
5. Schwächelnde wirtschaftliche Leistung des Stammhauses
Die Kernmarke des Konzerns trägt zwar mit 44 % den größten Umsatzanteil, die operative Leistung von Lufthansa Airlines sinkt aber. Während 2019 noch 1,2 Milliarden Euro Betriebsgewinn erwirtschaftet wurden, droht 2024 ein Verlust. Ein umfassendes Turnaround-Programm soll die Marke wieder profitabel machen, in Zuge dessen soll in etwa jede fünfte Bodenstelle eingespart werden.
Das Sparprogramm läuft, an zahlreichen Stellen wird gebaut und optimiert. Wirklich sichtbare und deutlich spürbare Ergebnisse sind wohl erst ab 2027 oder 2028 zu erwarten. Der Konzern steht damit vor einer Bewährungsprobe, die auch seine interne Strategie und die Rolle der Kernmarke auf den Prüfstand stellt.
Ob Spohr und der Aufsichtsrat die Kritik Kühnes ernst nehmen und Änderungen vornehmen, bleibt abzuwarten. Fest steht jedoch, dass Kühne für seinen entschiedenen Führungsstil bekannt ist und bereit scheint, Druck auf die Lufthansa-Führung auszuüben, um die Geschäftspolitik grundlegend zu verändern.
Eines wurde zuletzt immer wieder betont: Man will nicht am Kunden sparen. Lufthansa soll wieder ein Qualitätscarrier werden, das sollen in erster Linie die Fluggäste spüren. Doch genau von diesen wird weiterhin Geduld abverlangt.
Die Herausforderungen von heute sind die Erfolge von morgen. Ohne Leidensdruck geschieht nun einmal nichts. Da stellt die Lufthansa keine Ausnahme dar.
Der Haken: die Umkehrung gilt auch. 🙁
Ist doch schön wenn sich einer kümmert. Warum kein Wechsel des Vorstandsvorsitzenden? Da liegt doch das Problem. Zu lange im Amt, zu viel Glaube an die eigene Unfehlbarkeit und eine ja-sager Truppe um ihn herum !
ENDLICH reagiert die Kapitalseite und erkennt, dass SparSpohr nur kurzfristige Sparziele verfolgt und keine langfristige Strategie hat!
„denn mit fast 20 Prozent der Anteile bewegt dieser sich nahe an der Mehrheit.“
Du solltest mal vorher googeln was „Mehrheit“ ist, 20% in einer Hand ist viel und bedeutet Macht, aber „nahe dran an der Merhheit“ ist das nicht, sondern weit weg!
Doch er befindet sich damit bei der Hauptversammlung sehr nahe an der Mehrheit der Stimmrechte. Hier nehmen normalerweise nicht mehr als nennenswert mehr als 40% Teil.
Ich vermeide Lufthansa so weit als möglich. Er soll Spohr rausschmeißen!
Herr Kühne darf davon ausgehen, bei HVen ca. 45% der anwesenden Stimmrechte zu stellen. Damit ist die Sperrminorität locker übersprungen und die Stimmrechtsmehrheit ist nicht fern.
Muss er nicht, weil es genau so von Kühne im Interview in der FAZ gesagt wird. Ich denke Kühne wird das Abstimmungsverhalten bei LH gut genug kennen, wenn er soetwas sagt.
Es ist schon traurig wie lange es gedauert hat, bis da mal jemand wach wurde. Bezeichnenderweise ein Unternehmer ‚alter Schule‘ der auf Machen steht und nicht auf irgendwelche Powerpoints. Ich drücke die Daumen…
Kann ich allem zustimmen.
Ich habe der Lufthansa schon vor einiger Zeit als HON den Rücken gekehrt . Selbst Air Europa ist in allem besser als die die LH. Außer man fliegt First Class , da ist noch das einzige brauchbare Produkt der LH . Die Situation der LH Aktie spiegelt das Desaster der LH wieder .
Recht hat er
Endlich haut einer (der Großaktionär) auf die Pauke. Bei LH muss sich was ändern – Die Problemkinder sind bekannt. Spohr und seine Mannschaft (Vorstand) muss kurzfristig handeln, ansonsten müssen sie ausgetauscht werden.
Kühne wird ihnen bestimmt in der nächsten Hauptversammlung den Marsch blasen. Es wird bestimmt interessant für uns Leser und Beobachter etc.
Warum der Kühne sich sowas wie LH ans Bein bindet hab ich nicht verstanden … Luftfahrtgeschäft ist schon immer sehr zyklisch… langfristig verdient man kaum Geld damit….
Und der Spohr geht vielleicht als Totengräber der LH in die Geschichte ein!
Das wird man dann aber erst rückblickend bewerten…
„Die Pünktlichkeit liegt im Branchenvergleich auf dem letzten Platz.“
Ist damit die Lufthansa die unpünktlichste Fluggesellschaft weltweit? Der Satz ist so nicht verständlich.