Können Corona Tests das Reisen wirklich wieder flächendeckend ermöglichen? | Ist es praxistauglich?

Die weltweite Luftfahrt ist seit fast einem Jahr weitestgehend zum Erliegen gekommen und nicht nur, dass wegen der Pandemie kaum jemand mehr fliegen wollte, es durften ab Mitte März auch kaum noch Menschen. Reiserestriktionen und Grenzschließungen sind nach wie vor ein riesiges Thema und lähmen die gesamte Branche.

Schon seit Monaten fordern vor allem Airlines auf der ganzen Welt, dass Einreiseverbote oder auch ausgedehnte Quarantäneregeln durch ein einheitliches Testprogramm getauscht werden, um so die Reisen wieder zu ermöglichen und auch wirtschaftliche Korridore wieder zu öffnen.

Gerade in den letzten Wochen haben immer mehr Länder auch eine Testpflicht vor oder bei der Einreise eingeführt. Diese aber meist nicht im Austausch gegen Quarantänemaßnahmen, sondern als zusätzliche Sicherheitsmaßnahme. So sehen die neuen Regelungen für die Einreise nach Deutschland vor, dass man je nach Abflugsort, entweder bis zwei Tage nach der Einreise oder teils schon vor dem Abflug einen negativen Corona Test vorlegen muss.

Aber auch viele andere Länder wie England, Irland, die Niederlande, Kanada oder bald auch die USA verlangen schon vor dem Abflug einen negativen Corona Test und auch hier wurde klar gemacht, dass hierdurch aktuell keine Aufhebung von Quarantäneregeln oder Einreisebeschränkungen angemacht sind.

Hierbei erschleicht mich immer das Gefühl, dass die zusätzlichen Tests eher auch dazu dienen sollen, den Aufwand für Reisen in die Höhe zu treiben, denn die Menschen sollen nach Möglichkeit aktuell nicht reisen und daher erfüllen die teils sehr scharfen Testregelungen auch genau diesen Zweck, denn man überlegt sich aktuell wohl sehr genau, ob man eine Reise in ein anderes Land unternimmt, denn gerade durch die Corona Tests, wird die Reise nicht ganz unwesentlich aufwändiger und auch teurer.

Sind flächendeckende COVID Tests überhaupt praktikabel beim Reisen? | Pläne der Airlines

Gerade da ich in den letzten Wochen und Monate immer mehr persönlichen Kontakt mit den diversen Testvorschriften gemacht habe und auch in den kommenden Wochen eine ganze Reihe von Corona Tests machen muss, habe ich mir insbesondere auch Gedanken darüber gemacht, wie praktikabel eigentlich eine Teststrategie beim Reisen ist.

Die Strategie, welche Airlines meist postuliert haben, basierte immer auf der Nutzung von Antigen Schnelltests, welche in wenigen Minuten ein Ergebnis liefern, allerdings auch nicht so sensitiv wie ein PCR Test sind, welche als Goldstandard bei den Tests gelten.

Gescheitert sind die Vorhaben der Airlines immer daran, dass man Antigen Schnelltests nicht als zuverlässig genug einstuft, denn sie bieten nur eine sehr kurze Momentaufnahme des Passagiers und es ist denkbar, dass man im ungünstigsten Fall trotz zwei negativer Schnelltests, vor und nach einem Langstreckenflug, doch schon mit dem Corona Virus infiziert ist und hier nach den Tests und der Ankunft am Zielland infektiös wird.

Die Zielsetzung bei jeder Teststrategie, welche mögliche Quarantänemaßnahmen unnötig macht, scheint die 100 prozentig Sicherheit zu sein. Das Problem hierbei ist, dass es sowohl in der Medizin, als auch bei Sicherheitsbewertungen 100% Sicherheit oder 0% Wahrscheinlichkeit grundsätzlich nicht gibt, außer man unterlässt etwas kategorisch.

Das Unterlassen scheint hier aktuell die Politik in vielen Ländern zu sein, wenn es um die Gefahr geht, welche Reisen auf das Infektionsgeschehne ausmachen. Dabei bietet auch die Quarantäne keine 100%ige Sicherheit, wenn diese nicht überwacht wird, wie es in vielen asiatischen Ländern oder auch Australien der Fall ist, in welchen die Quarantäneüberwachung mit den Sicherheitsvorkehrungen eines Gefängnis vergleichbar ist, zumindest was die Überwachung angeht. Dies soll hier aber gar nicht unser Thema sein.

Delta Airlines hat aktuell einen sehr interessanten Test als Ansatz auf einigen wenigen Flügen nach Italien oder auch in die Niederlande. Hierbei müssen die Passagiere fünf Tage vor der Reise einen PCR Test durchführen, sich in selbstverordnete Quarantäne begeben und vor dem Flug in die Niederlande, sowie danach einen Antigen Schnelltest direkt am Flughafen machen.

Passagiere dieser Flüge, welche drei Corona Tests absolviert haben, sind zumindest in den Niederlande von Quarantäneauflagen ausgenommen, denn hier ist das Risiko, dass diese tatsächlich mit dem Corona Virus angesteckt sein könnten quasi null, auch wenn die Wahrscheinlichkeit nicht null ist, denn wie oben schon geschrieben, gibt es diesen Wert bei einer solchen Bewertung nicht und wäre wissenschaftlich schlicht falsch.

Dass sich solche extrem aufwendigen COVID Tested Flights wirklich durchsetzen halte ich allerdings für ausgeschlossen und sie werden in den kommenden Monaten wenn überhaupt eine Nebenschauplatz sein, denn sie kommen mit einem enormen logistischen Aufwand.

Aus Interesse habe ich mir vor einigen Wochen die Abfertigung eines COVID Tested Flight nach Amsterdam angeschaut und hier wird den Passagieren empfohlen, drei Stunden vor dem Abflug am Gate zu sein, denn hier wird in einem abgetrennten Raun direkt neben dem Gate der Test gemacht. Auch bei den nur 80 Passagieren auf diesem Flug bildeten sich hier offensichtliche Schlangen und es gab Wartezeiten für die Passagiere.

Wer die überfüllten Gates, gerade vor USA Flügen an vielen Flughäfen von vor der Krise kennt, an welchen man kaum einen Sitzplatz gefunden hat oder teilweise noch nicht einmal ein Durchkommen war, der stellt sich die Frage, wie solche Tests am Flughafen direkt vor dem Flug bei normaler Passagierauslastung ablaufen sollten. Flughäfen haben hier weder die Infrastruktur und noch problematischer den Platz. Man müsste also direkt neben den Terminals recht große Teststraßen in kurzer Zeit schaffen, was ich für illusorisch halte.

Testkapazitäten und Logistik ist ein Problem

Es gibt bereits an vielen Flughäfen in Europa Testzentren, an welchen man Schnelltests oder PCR Tests machen kann, aber auch hier wird schnell klar, dass Kapazitäten hier ein riesiges Problem sind, denn schon jetzt sind die Testzentren an den Flughäfen teilweise mit der geringen Anzahl an Passagieren überlastet, was man in Frankfurt kurz vor Weihnachten sehr gut sehen konnten, als die Wartezeit bis zu acht Stunden betragen hat. Hier haben sich nicht nur Passagiere, sondern viele Menschen einfach vor dem Weihnachtsfest einen Test machen lassen, um sich sicher zu fühlen.

Aber auch zu Lock Down Zeiten im Januar 2021, habe ich schon über eine Stunde in Schlangen gestanden, um einen Test zu in Frankfurt zu machen. Wenn man bedenkt, dass die Passagierzahlen um über 80 Prozent eingebrochen sind, kann sich jeder ausrechnen, wie groß solche Testzentren sein müssten, wenn alle Passagiere getestet werden und man das Reiseniveau von 2019 hätte. Selbst mit Schnelltests ist hier nichts zu gewinnen, denn der Prozess der Probenentnahme ist sowohl bei Antigen und PCR Test identisch und muss sauber von geschultem Personen durchgeführt werden.

Dabei ist die Infrastruktur zum Abnehmen von Tests in Deutschland noch überdurchschnittlich gut und man bekommt die Testergebnisse auch in angemessener Zeit, eigentlich immer in weniger als 24 Stunden. Ganz anders sieht es in anderen Ländern aus, welche überhaupt nicht die Infrastruktur für Tests habe und dies bezieht sich auch auf westliche Länder.

Aus eigener leidlicher Erfahrung, ist es nicht so einfach in den USA überhaupt eine Klinik oder ein Labor zu finden, welches in weniger als 72 Stunden ein Ergebnis liefert und diese sind für Reisende damit absolut ungeeignet, obwohl sie mehrere hundert Dollar kosten.

Können Corona Tests das Reisen wirklich wieder flächendeckend ermöglichen? | Frankfurtflyer Kommentar

Ich gehöre ohne Zweifel auch zu den Menschen, welche sich wünschen würden, dass man durch flächendeckende Tests wieder ohne Einschränkungen reisen kann. Leider wird dies wohl eine Illusion bleiben und so nicht mehr kommen, denn es ist auch nicht wirklich praktikabel, schon alleine da man die Infrastruktur nicht hat und wohl auch nicht so ohne weiteres bilden kann. Sei es das Testzentrum am Flughafen zum Entnehmen der Proben oder gar der Laborkapazität, sollten PCR Tests gefordert werden.

Besonders ärgerlich für jeden, der jetzt noch reisen muss ist allerdings, dass mehr und mehr PCR Tests vor dem Abflug gefordert werden, zusätzlich zu Quarantäne Maßnahmen. Dies stellt einige Reisen vor enorme Probleme, was offensichtlich aber auch gewünscht ist und wenn ich mir teilweise die sehr unbedarfte Reiseaktivitäten in manchen Teilen der Erde anschaue, braucht es solche Auflagen möglicherweise tatsächlich, um nicht nötige Reisen zu unterdrücken.

Auch wenn ich mir eine einheitliche Teststrategie in Bezug auf das Reisen wünsche, um hier wieder mehr zu ermöglichen, komme ich mehr und mehr zu dem Schluss, dass wir wohl erst bei einer weltweiten flächendeckenden Impfung eines großen Teils der Bevölkerung und damit einem deutlichen Rückgang des Infektionsgeschehen wieder eine Normalisierung der Situation sehen werden. Zum Glück können wir darauf hoffen, dass wir noch dieses Jahr hier besonders in den Industrieländern massive Fortschritte machen werden, was wir auch in der Reisefreizügigkeit spüren werden. Licht gibt es am Ende des nun doch sehr langen und dunklen Tunnels.

18 Kommentare

    • Wenn es nur die 2-3 Stunden wären…. Aktuell sieht eine Reise für mich so aus, dass man am Tag vor dem Flug zum Covid Test anreist und am Folgetag fliegt. Das ist durchaus aufwändig geworden und kostet jedes echt Zeit.

  1. Solange das Fliegen nicht ohne Aufwand zu realisieren ist fliegen wir nicht. Und viele andere Menschen auch nicht.
    Die entsprechenden Urlaubsregionen machen entweder auf oder gehen pleite.
    So einfach ist es – und so traurig eben auch.

    • Was ich nicht verstehe ist: Ich weise einen Test vor, der nicht älter als 3 Tage und negativ ist.
      Kann mich doch in der Zeit bis zum Abflug/Einreise Bestimmung neu anstecken und das Virus frischfröhlich weitergeben — bin ja laut Attest gesund und merke nicht, dass es mich erwischt hat.
      Sehe da absolut nicht durch!

      • Ein PCR Test stellt das Virus sehr früh fest, auch wenn es gerade erst beginnt zu replizieren. In dieser Phase ist man quasi nicht ansteckend. Man geht davon aus, dass ein negativer PCR Test, mindestens 48-72 Stunden sicher stellt, dass man nicht ansteckend ist.

        • Prinzipiell richtig.
          Wenn negativ.
          Nur werden die PCR teilweise in sehr hohe Zyklen gefahren (sog. CT-Wert), die real falsch positive Ergebnisse liefern. Und je höher die Inzidenz desto vermehrt eben ungünstige Ergebnisse.
          Auch falls man völlig immunkompetent mit dem Virus in Kontakt gekommen ist, aber nicht erkrankt, hat der PCR häufig noch einen „positiven“ (also für den Reisenden eher fatalen) Nachlauf.

      • Schade eigentlich, kurzer Schnelltest zwischen zwei Schlückchen Schampus in der Lounge hätte was gehabt. 🙂 Andererseits stimme ich deinem Fazit zu, in der Masse (sowohl der Passagiere als auch der Reisegründe!) ist es nicht praxistauglich. Hoffen wir auf die Impfung!

  2. Dieses ganze getestet macht doch null Sinn. Du stehst in der Schlange mit einem der dann positiv ist, heißt Du müsstest in dem Fall in Quarantäne obwohl negativ bist. Kann ja keiner zu 100% sagen, dass du dich da nicht angesteckt hast.

    Auch dieser Quatsch mit dem PCR Test der nicht älter als 48 Stunden ist. Was ist in der Zeit nach dem Test?
    Hier geht es einzig und allein darum, die Reisen weiter einzuschränken und ich finde es auch gut so.

    Musst nur mal auf Insta gehen, wieviel Vollpfosten da nach Dubai fliegen, zurück kommen und statt Quarantäne, jammern sie rum wie doof es ist und nach 4 Tagen wieder nach Dubai fliegen. Diese Leute müsste man einsperren, sie verursachen ja diese schärferen Regeln, weil Sie sich an nichts halten.

    Wir reisen sehr viel und haben unsere Aktivitäten zum Wohle der Allgemeinheit Richtung Null gefahren seit Anfang 2020.

  3. Gerade kam eine offizielle Meldung der WHO herein, dass der PCR Test keine adäquate Aussagekraft hat und auch nur als Add-on zu sehen ist. Dies ist besonders interessant, weil sich alle geradezu gebetsmühlenartig an deren Notwendigkeit klammern. Wahrscheinlich ein neuer move um jetzt wieder auf das Impf-Experiment aufzuspringen.

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