Lufthansa möchte fast alle Flugzeuge verkaufen

Foto: Lufthansa

Einer der Gründe, warum Lufthansa als eine der am besten aufgestellten Airlines der Welt galt, als man weltweit den Flugbetrieb fast komplett einstellen musste, war die Tatsache, dass Lufthansa alle ihre Flugzeuge gehören. Von den über 760 Flugzeugen der Lufthansa Gruppe gehören 86% der Lufthansa Gruppe selbst und sind bereits bezahlt. Nun könnte sich dies aber drastisch ändern, denn Lufthansa möchte fast die komplette Flotte verkaufen.

So zumindest hat es der Lufthansa Vorstand Carsten Spohr mehr zufällig auf einer online Pressekonferenz mit den Worten „Wenn jemand Interesse an Flugzeugen hat, rufen Sie mich an, ich habe ungefähr 700″ verkündet. Dies hat einige Irritationen hervorgerufen, denn am Anfang der Coronakrise wurde noch vom damaligen Lufthansa Finanzvorstand gesagt “ Wir verkaufen sicher nicht unsere Flotte“.

Grundsätzlich geht es darum, dass Lufthansa gerade die Möglichkeit durchspielt, dass man seine Flugzeuge verkauft und wieder zurück least. Bei diesem Sell and Lease Back wird frisches Kapital in die Kassen gespült, was aktuell dringend gebraucht wird, denn auch wenn die Bundesregierung ein umfangreiches Kreditpaket geschnürt hat, ist Liquidität und dessen Erhaltung aktuell eine der größten Herausforderungen der Lufthansa.

Durch das Verkaufen und sofortiges wieder leasen der Flotte, könnte man eine Menge liquides Vermögen produzieren, allerdings ist das Leasing langfristig meist teurer für eine Airline. Auch stehe Lufthansa aktuell noch verhältnismäßig gut da, da man keine Leasingraten in der Coronakrise bedienen muss. Andere Airlines, wie Turkish Airlines, Singapore Airlines oder auch Air France, müssen auch bei einem eingestellten Flugbetrieb teils immense Leasinggebühren für die Flotte bezahlen. Von Belastungen jenseits der eine Milliarden Euro pro Monat wird hier gesprochen.

Viele Details dazu, welche Flugzeuge man genau verkaufen könnte und für welchen Zeitraum man sie dann zurück mieten würde ist noch nicht bekannt. Allerdings würde sich hier für Lufthansa auch eine Möglichkeit ergeben, einige Flugzeuge schneller als geplant abzustoßen. So hat zwar der Cash Out für viele Flugzeuge schon stattgefunden (sprich sie sind vollständig bezahlt), aber abgeschrieben sind sie noch lange nicht, also in den Büchern werden immer noch Kosten für die Kapitalkosten der Flugzeuge geführt.

Bei einem Leasing Modell kann man die Flugzeuge direkt nach Ende der vertraglich festgeschriebenen Leasingdauer abstoßen und unter Umständen gegen neue Flugzeuge ersetzten. Dies wissen allerdings auch die Leasinggeber und im Allgemeinen lässt man sich dieses Risiko recht gut bezahlen.

100 Flugzeuge weniger bei gleicher Kapazität

Interessant ist hierbei auch eine weitere Aussage der Lufthansa Führung, dass man zwar die Flotte bis 2023 um etwa 100 Flugzeuge verkleinern will, aber die Kapazität soll in etwa erhalten bleiben. Dies bedeutet, dass mehr Sitze pro Flugzeug als aktuell angeboten werden müssen, und dass obwohl man den Airbus A380 mit 508 Plätzen gerade teilweise abschafft.

Bewerkstelligen will man dies mit den neuen Langstreckenflugzeugen vom Typ Boeing 777-9X und dem Airbus A350-900, welche mehr Kapazität bieten als eine Boeing 747-400 oder ein Airbus A330/340. Aber auch durch eine engere Bestuhlung will man die Kapazitäten erhöhen. So verbaut Lufthansa auf der Kurzstrecke inzwischen durch eine effizientere Nutzung der Kabine im Schnitt zehn Sitze mehr pro Kurzstreckenflugzeug.

Man kann allerdings auch davon ausgehen, dass die Zeiten der großen Business Class Kabinen mit bis zu 100 Sitzen vorbei sind und man eher mehr Economy Class Sitze auf der Langstrecke verbauen wird. Dieser Trend hat sich schon nach der letzten Krise angedeutet, denn die Firmen sparen inzwischen vermehrt an den Reisekosten, weshalb die teure Business Class nur noch seltener gebucht wird.

Lufthansa möchte fast alle Flugzeuge verkaufen | Frankfurtflyer Kommentar

Es ist interessant, dass Lufthansa nun einen 180 Grad Kurswechsel vollzieht und doch einen Großteil der Flotte verkaufen will. Es wird schon spekuliert ob es mit den hohen Zinssätzen für die Staatshilfen zusammen hängt, denn Lufthansa will von diesen staatlichen Hilfen so wenige wie möglich abrufen und dies nur bei Bedarf tun.

Ganz unkritisch ist dieses Verkaufen des Tafelsilbers, wie ein sell and lease back gerne bezeichnet wird, auch nicht zu sehen, denn es deutet immer auf keine gute wirtschaftliche Situation hin. So hat auch die Air Berlin in wirtschaftlich schweren Jahren ihre Flotte verkauft und zurück geleast. Gerade die hier teilweise sehr ungünstig und langfristigen Leasingverträge waren wohl eine enorme Belastung für die Air Berlin. Hoffen wir, dass es Lufthansa besser macht.

4 Kommentare

  1. Interessante Frage, ob kleinere Fluggesellschaften (LH würde ich jetzt eher nicht dazu rechnen) vom Leasing profitieren oder lediglich rein finanziell darauf angewiesen sind.
    Klar wollen und müssen die Leasingfirmen auch Geld verdienen. Dafür erhalten sie günstigere Einkaufskonditionen bei den Herstellern.

  2. „denn Lufthansa will von diesen staatlichen Hilfen so wenige wie möglich abrufen und dies nur bei Bedarf tun.“
    > Wenn LH das Geld nur bei Bedarf nutzen will, frage ich mich, wieso es so hoch ausfallen musste bzw. wieso es nicht dafür genutzt wird, die Tickets zu erstatten.

    • LH hat übrigens völlig unbeobachtet von der Presse die Stornorichtlinien für anulierte Flüge überarbeitet Erstattungen wurden ersatzlos gestrichen, es gibt nur noch direkte Umbuchung oder der unbeliebte unfelxible Gutschein, hier wird europäisches Recht mit den Füßen getreten!!!

  3. Es scheint sich derzeit ein interessanter Trend zu etablieren, wonach Fluggesellschaften ihre Leasingraten einfach aussetzen. Normalerweise würde dies den Verlust der Flugzeuge bedeuten. Nur, würden damit dann auch die Kosten für die Aufbewahrung der Maschinen auf die Leasinggeber übergehen, und es gibt absolut keine neue, solvente Leasingnehmer auf dem Markt, die die Maschinen kurzfristig übernehmen würden. Darum müssen die Leasinggeber derzeit in den sauren Apfel beissen und auf ihre Forderungen verzichten.
    Dies wird allerdings nur so lange gehen, bis der Verkehr wieder zunimmt. Dann werden die Leasinggeber ganz sicher wieder sehr schnell auf ihre Forderungen bestehen. Zur Zeit sind darum Leasingnehmer oftmals nicht wirklich schlechter gestellt. Allerdings haben sie ein Damoklesschwert über sich hängen, da die Lage sich wahrscheinlich sehr vielschneller ändern wird, als sich ihr Kassenbestand wieder füllen dürfte. Darum sind Gesellschaften, die nicht beliehene Maschinen haben immernoch besser gerüstet.

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