So verzweifelt kehren russische Fluggesellschaften mit internationalen Flügen zurück

Foto: Rossiya

Die russischen Fluggesellschaften Aeroflot, Rossija und co. mussten vor wenigen Wochen alle Auslandsverbindungen einstellen. Derzeit findet lediglich Inlandsflugverkehr und ein Shuttle nach Weißrussland statt. Doch das soll sich in wenigen Tagen ändern. Die russischen Fluggesellschaften unternehmen einen verzweifelten Versuch, wieder internationale Flüge durchzuführen. Eine wichtige Rolle spielt dabei der Ferienort Sotschi.

Der Angriff auf die Ukraine hatte zahlreiche Sanktionen zur Folge. Sanktionen, die auch den russischen Flugverkehr getroffen haben. So wurde der Luftraum der EU und vieler weiterer Staaten komplett für alle russischen Flugzeuge gesperrt. Maschinen, die derzeit im Ausland sind oder sich über die Grenze wagen, droht die Beschlagnahmung. Dieses Schicksal ereilte mittlerweile schon fast 80 russische Flugzeuge, die sich die Leasinggeber bereits zurückgeholt haben.

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So verzweifelt kehren russische Fluggesellschaften mit internationalen Flügen zurück | Ägypten und Türkei

Eine aussichtslose Situation, so könnte man meinen. Doch die Russen haben einen Plan entwickelt, wie sie zumindest ausgewählte Ziele weiter ansteuern können. Destinationen, wie Ägypten, Armenien, Israel, Kasachstan, Usbekistan und die Türkei sollen ab dem 7. April 2022 wieder angeflogen werden. Nicht direkt von Aeroflot, da auch dort den Flugzeugen die Beschlagnahmung droht, sondern durch die Tochter-Fluggesellschaft Rossija.

Rossija ist in den 90er Jahren aus der großen Aeroflot ausgegründet worden und operiert seitdem eigenständig. Die staatliche Fluggesellschaft ist primär im Linienflug im Inland und Ausland unterwegs. Daneben führt sie aber auch Flüge für die russische Regierung durch. Zur Flotte zählen einige Airbus A319/A320 und Boeing 737-800 für die Kurz- und Mittelstrecke, sowie die 777 für die Langstrecke. Selbst neun 747 gehören zur aktuellen Flotte. Nicht zu vergessen aktuell 46 Flugzeuge vom Typ Suchoi Superjet 100, die bei dieser Geschichte eine ganz zentrale Rolle spielen.

So verzweifelt kehren russische Fluggesellschaften mit internationalen Flügen zurück | Neuer Hub Sotschi

Diese Rolle spielt auch der ehemalige Ausrichtungsort der olympischen Winterspiele Sotschi. Am internationalen Flughafen Adler (AER) soll ein Hub eingerichtet werden, von dem die internationalen Flüge in insgesamt sechs Länder stattfinden werden.

Doch warum ausgerechnet Sotschi? Denn Sotschi ist doch eigentlich die Lieblings-Feriendestination vieler Russen. Hier fliegt man eher hin, als von hier weg. Aber Sotschi liegt ziemlich weit im Süden Russlands und damit näher an den geplanten Zielen als andere Flughäfen in Russland.

Und das ist in dem Fall wichtig, denn Rossiya kann lediglich die Suchoi Superjet 100 ins Ausland schicken, da diese nicht geleast sind. Sie gehören der Fluggesellschaft bzw. dem Staat. Leider hat die Superjet 100 nur eine Reichweite von maximal 3.000 Kilometern und kann daher nicht von Moskau oder Sankt Petersburg zu allen Zielen eingesetzt werden.

So verzweifelt kehren russische Fluggesellschaften mit internationalen Flügen zurück | Frankfurtflyer Kommentar

Verzweifelte Situationen können durchaus kreative Ansätze hervorbringen. Einfach die Länder mit den Flugzeugen bedienen, die man noch nutzen kann. Und die Größe des Landes wird dann durch einen strategisch klugen Abflugort kompensiert.

Vielleicht keine so schlechte Entscheidung. Denn wenn man den Russen den Urlaub wegnimmt, bietet sich durchaus auch ein Potential, dass die Stimmung im Land kippt.

Doch vielleicht auch etwas zu kurz gedacht. Denn ewig können die Suchoi Superjet 100 auch nicht eingesetzt werden, da es irgendwann an Ersatzteilen mangeln wird. Die Liste der Zulieferer ist lang und ziemlich international. Da stammen Flugsteuerungssysteme aus Deutschland, Fahrwerke aus den USA, Frankreich und Kanada sowie Sensoren aus der Schweiz. Die Versorgung dürfte wohl nicht mehr gesichert sein.

Spannend, wie sich das weiter entwickelt und ob der Autor mit seiner Schreiberei sein russisches Visum aufs Spiel setzt. 🙂

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Quelle: OMAAT

7 Kommentare

  1. Wenn China Transit erlaub nehme ich an, dass es dann ebenfalls diverse Kooperationen gibt um Touristen nach Thailand und Vietnam zu bringen.
    Not macht erfinderisch.

  2. Schauen wir einmal, wie das Ganze weitergeht.

    Klar, bitterernste Angelegenheit.

    Was aber die mittel- und langfristigen Konsequenzen angeht, erinnert mich das sehr an Kindererziehung. Man muss drei Ecken weiterdenken und auch dann weiß man nicht, was man am Ende erreicht.

    Ich fand es beispielsweise bemerkenswert, dass durch den Krieg Desertec wieder großen Rückenwind erhält. Jetzt mit anderer Prämisse. Keine Solarthermik mehr, direkte Photovoltaik und kein Stromexport, stattdessen Wasserstofferzeugung mit Transport per Pipeline.

  3. Ein bisschen weniger oder keine Verzweiflung täte vor allem dem Artikel gut.
    In außergewöhnlichen Situationen kommt es zu außergewöhnlichen bzw kreativen Lösungen wie auch angemerkt wird. Und dann ist es nun mal so, dass sich bei weitem nicht alle Nationen dem US Sanktionen Diktat beugen. Es werden sich auch interessante Kooperation ergeben.

    • Hast schon recht.
      Beispielsweise besitzt der Staatsfond von Qatar Beteiligungen an Rosneft, aber auch an Daimler. Nur einmal als Beispiel. Solche Interessenskonflikte gibt es en masse. Und die sind ja sogar gewollt und stellen eine Basis für die Stabilität Europas dar, Stichwort: Montanunion. China steht wirtschaftlich genauso zwischen den Fronten und kann durchaus nicht einfach Investitionen abschreiben.
      Da sind überall kreative Lösungen gefragt, nicht nur im Luftverkehr.

  4. Wir können doch schon jetzt sehen, wie die Türkisch Airlines oder die Arabischen fleissig nach Russland fliegen. Dieses nutzen schon sehr viele um mal weg zu kommen und zur Urlaubszeit wird es bestimmt noch mehr Flugaktivitäten in diese Richtung geben.
    Bin eher gespannt ob Putin auch in den Urlaubsländern die Medien im Griff hat und den Russen Ihr gewohntes Bild von der sogenannten Befreiung gezeigt wird. Oder werden diese dann auf einmal heim kommen und eine andere Sichtweise haben? 🧐 spannend bleibt es weiter.

    • Typischerweise hast Du auch in Dubai und co. immer mindestens einen russischen Sender, der „exzellentes“ Heimatprogramm sendet. Und (diese Einschätzung darf ich mir anmaßen): Der typische russische Tourist interessiert sich während seines Urlaubs nicht für fremdsprachige Nachrichten.

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