Während Passagierflüge aktuell kaum noch gefragt sind, steht die Nachfrage nach Frachtflügen hoch im Kurs und hier kann man durchaus noch Geld verdienen. Bis zu dreimal so hohe Preise werden inzwischen für Luftfracht gezahlt, denn aufgrund der Coronakrise sind immer noch einige See- und Landwege nicht im gewohnten Maße zu benutzen und die Nachfrage nach eiligen Gütern, wie Schutzmasken und anderem medizinischen Equipment steigt rasant.
Immer mehr Airlines auf der ganzen Welt fliegen daher nun mit leeren Passagierflugzeugen Fracht durch die Welt. So fliegen inzwischen 17 Passagierjets der Lufthansa für Lufthansa Cargo (zusätzlich zu den 13 Cargo Flugzeugen), American Airlines und United Airlines führen gerade seit Jahrzehnten die ersten reinen Cargoflüge durch und nutzen hierfür Passagierflugzeuge und auch Air Canada fliegt nun reine Frachtflüge.
Um die Kapazität und besonders das Ladevolumen zu erhöhen, baut Air Canada aus drei Boeing 777-300er fast alle Passagiersitze aus. So kann man in der Boeing 777-300er bis zu 89,3 Tonnen Luftfracht befördern, was 9 Millionen Schutzmasken pro Flug entspricht.
Die Besonderheit dieser Fracht macht das schnelle Umrüsten der Passagierflugzeuge zu Cargoflugzeugen erst möglich, denn Schutzmasken sind verhältnismäßig leicht, nehmen aber ein großes Ladevolumen ein. Normalerweise werden diese auch nicht mit Flugzeugen geflogen, sondern per Seefracht versendet, hierfür fehlt aber aktuell einfach die Zeit.
So baut man einen Passagierjet zum Frachter um
Nachdem die Umrüstung der Air Canada Boeing 777-300er zum Frachtflugzeug nur temporär sein soll und man hier schon bald wieder Passagiere begrüßen will, kann man natürlich keinen dauerhaften Umbau zum Frachter vornehmen. Hierbei würde man sonst in die Kabinenwand eine große Ladeklappe einsetzen, den Kabinenboden verstärken und ein Transportsystem für Container im Boden verbauen. Zu guter Letzt würde man noch alle Fenster dauerhaft verblenden.
Da dieser Prozess mehrere Monate dauern würde und man das Flugzeug dann wohl nicht mehr zurück in den Passagierbetrieb bringen könnte, geht Air Canada einen weniger aggressiven Weg und man entfernt nur die Sitze aus der Passagierkabine.
Hierbei hat Air Canada übrigens auch nur die Economy Class und Premium Economy Class Sitze ausgebaut, denn ein Aus- und wieder Einbau der Business Class Sessel ist deutlich aufwändiger und kann Tage dauern. Zeit, die man aktuell nicht hat.
Übrigens verbleiben auch alle Bordküchen, Toiletten, Gepäckfächer und Garderoben in den Flugzeugen, denn auch diese lassen sich nur sehr aufwändig ausbauen.
Auch ist der Kabinenboden zwischen der Passagierkabine und dem Frachtraum nicht auf Hochlasten ausgelegt, weshalb man einen dezidierten Ladeplan erstellt hat, welcher genau festlegt, wie hoch das Ladegewicht pro Sektion in der Passagierkabine sein darf.
Das größte Problem bei dieser Art des Fracht Transportes ist allerdings, dass man keine Systeme im Flugzeug hat, um Luftfracht sicher zu verstauen. Auch kann man diese nicht auf Paletten oder in Containern im Passagierdeck verladen, schon alleine da man diese nicht durch die Flugzeugtüren hindurchtragen könnte.
Stattdessen muss die gesamte Fracht für das Passagierdeck in Kartons oder Kisten verladen und von Arbeitern händisch in die Kabine getragen werden. Dort kann man sie stapeln und wird sie mit Netzen gegen das Verrutschen sichern.
Die Netze werden in den Schienen verankert, in welchen sonst Passagiersitze mit dem Kabinenboden verbunden werden.
Auch die Garderoben und Gepäckfächer in der Kabine können mit Fracht beladen werden. Das Laden der Flugzeuge dauert aufgrund dieser besonderen Situation allerdings länger als bei Frachtern, in welche man fertig gepackte Paletten laden kann.
Air Canada will insgesamt mit drei solcher Notfallfrachtern eine Luftbrücke zwischen China und Canada fliegen. Hierbei plant man aktuell 20 Flüge pro Woche.
Air Canada zeigt, wie man eine Boeing 777-300er zum Frachter umbaut | Frankfurtflyer Kommentar
Not macht bekanntlich erfinderisch und auch wenn Passagierflugzeuge nicht ideal sind um Luftfracht zu transportieren, schließlich wurden sie hierfür nicht gebaut, ist es aktuell wohl die praktikabelste und vor allem schnellste Lösung. Auf der ganzen Welt gehen Airlines diesen Weg und auch die Lufthansa will aus einigen Flugzeugen die Sitze ausbauen um die Frachtkapazität (Ladevolumen) zu erhöhen.
Wir haben in den letzten Tagen regelmäßig über diese Pläne gelesen, ich fand es aber äußerst interessant, bei Air Canada in den Prozess des Umbaus einige Einblicke bekommen zu können. Hoffen wir, dass aber schon bald wieder Passagiere in den Boeing 777-300er von Air Canada fliegen können.
Immerhin fällt dafür das Gewicht der leeren Container weg. So 100% negativ ist das mit der Stückgutbeladung dann auch wieder nicht. Das mit den Netzen ist ohnehin eine gute Idee.
Bei der Gelegenheit fällt mir ein, was es für erstaunliche Nebenjobs am Flughafen gibt (momentan natürlich „gab“). Ein Freund arbeitet seit dem Studium als Ramp Agent (das fiel mir ein, weil er von häufigen Beschwerden über die Netze im Gepäckraum seitens der Zielflughäfen erzählte).