Frankfurtflyer Kommentar: Möhrentatar als Symbol für das Billig-Catering bei Lufthansa

Business Class Catering auf die billigste Art. Foto: Sebastian

Ich schreibe hier auf Frankfurtflyer.de gerne auch über meine persönlichen Erlebnisse beim Reisen. Manchmal sind es auch nur kleine Details, die mir auffallen und mich dann zu einem Beitrag bewegen. Doch nicht immer ringe ich mich dazu durch, dann auch wirklich darüber zu schreiben. Ein gutes Beispiel dafür ist eine Erfahrung mit dem Business-Class-Catering auf einem SWISS-Flug in der Euro-Business.

Hätte Robert nicht vor Kurzem einen Beitrag über das Thema Food Waste bei Lufthansa geschrieben, hätte ich das Thema wohl niemals herausgekramt. Doch in den Kommentaren zum Beitrag „Food Waste: Lufthansa scannt Mahlzeiten, die an Bord nicht gegessen werden“ tauchte gleich mehrfach das Stichwort Möhrentatar auf.

Neues Trendgericht

Dabei geht es um ein Hauptgericht, welches Lufthansa derzeit seinen Gästen in der Business Class serviert. Moment einmal, wirklich „Möhrentatar“!? Ein derartiges Gericht hatte ich vor gar nicht so langer Zeit ebenfalls auf einem Flug von Düsseldorf nach Zürich. Doch nicht mit Lufthansa, sondern mit SWISS.

Wie kann es sein, dass beide Fluggesellschaften derzeit klein geschnittene Möhren als edles Menü in der Business Class servieren? Jetzt mal ganz ehrlich – und Vegetarier/Veganer vielleicht ausgenommen –, wer von Euch hat jemals in seinem Leben am Boden Möhrentatar zubereitet, in einem Restaurant bestellt oder anderweitig konsumiert?

Foto: Robert

Ich kenne wirklich niemanden und frage mich, wie eine Fluggesellschaft scheinbar konzernweit auf die Idee kommen kann, solch ein Gericht ihren Höchstzahlern zu servieren? Natürlich reitet die Lufthansa-Gruppe seit Jahren auf der grünen Welle und verpasst keine Chance, den eigenen Fluggästen ein progressives Weltbild aufzudrücken. Aber wir reden hier über Möhrentatar – das geht nun wirklich zu weit.

Als mir das Gericht serviert wurde, hatten wir keine Wahl. Ich vermute, dass andere Fluggäste noch die Wahl zwischen unterschiedlichen Gerichten hatten. Auf den ersten Blick vermutete ich so etwas wie Lachs-Tatar. Daher freute ich mich sogar ein bisschen auf das Essen. Der erste Biss war dann wie ein Schlag ins Gesicht.

Seitdem habe ich mich gefragt, warum man so etwas tut. Ja, natürlich kann man mit solch einem Gericht auch alternative Ernährungsgewohnheiten abdecken. Vielleicht sind ja auch Vegetarier oder Veganer unter uns: Seid Ihr zufrieden, wenn Euch kleingeschnittene Möhren serviert werden?

Vermutlich nicht, und so bleibt tatsächlich nur die übliche Antwort übrig: Eine Möhre in kleine Würfel zu schneiden und fein ausgarniert zu servieren, ist einfach billig. So billig, wie das Bordprodukt bei Lufthansa und Co. seit Jahren auf den aufmerksamen Fluggast wirkt.

Möhrentatar als Symbol für das Billig-Catering bei Lufthansa | Frankfurtflyer Kommentar

Lufthansa und die Schwesterfluggesellschaften servieren Möhrentatar als Fine Dining in der Business Class. Mehr kann man den eigenen Premium-Fluggästen nicht zeigen, dass man sie eigentlich nur melken will. Seit Jahren drängt sich mir der Gedanke auf, dass Lufthansa die Menschen am liebsten sind, die ein Ticket buchen und dann nicht fliegen. Der Fluggast selbst ist irgendwie nur ein störendes Element bei der Erreichung der Unternehmensziele.

Tasting Heimat Apfel. Foto: Sebastian

Ich kann mich noch an die Zeiten erinnern, als scharenweise Fluggäste ihren Unmut geäußert haben, als Lufthansa einen billigen Marmorkuchen zum Nachmittag in der Business Class aufgetischt hat. „Tasting Heimat“ weckte die Hoffnung auf eine deutliche Aufwertung des Caterings. Diese Hoffnung überdauerte jedoch nur kurze Zeit, denn schimmelnde Äpfel und billiges Essen holten viele Fluggäste auf den Boden der Tatsachen zurück. Wir wussten zwar, dass „Tasting Heimat“ wieder abgewickelt wird, aber dass daran anschließend jedoch noch mal ein Tiefpunkt gesetzt werden kann – damit hätte niemand gerechnet. Dieser Tiefpunkt heißt nun: Möhrentatar.

Wie steht Ihr zu vegetarischen Gerichten in der Business Class? Möhrentatar – Gourmet oder Griff ins Klo? Schreibt es uns in die Kommentare!

14 Kommentare

  1. Weiß nicht, ob das billig ist.

    Kleine Geschichte aus einer fernen Vergangenheit.

    Da führte die Fahrt durch Kerala. Unterwegs kam uns eine Kuhherde mit bunt bemalten Hörnern entgegegen. Vom Guide wollten wir wissen, was es mit der Bemalung auf sich hat.
    „Die kommen jetzt zum Schlachthof.“
    Kuhfleisch in Indien essen fanden wir mit unserer pauschalen Vorbildung sehr merkwürdig. Dass in Kerala auch viele Katholiken wohnen, erfuhren wir erst später. Aber richtig lustig war die Antwort auf unsere erstaunten Blicke.
    „Das ist für die armen Leute. Die können sich keine Gemüse leisten.“

  2. Über Geschmäcker lässt sich natürlich streiten – und natürlich macht ein Lachs-Tartar jetzt mehr her ( und wäre mir persönlich auch lieber )
    Aber in der aktuellen Zeit – wo ein Karrottentartar im 3-Sterne Eleven Maddison Park eines der signature Gerichte ist – würde ich da jetzt nicht so abfällig darüber herziehen wie es in dem Artikel gemacht wird.

    ( Das das ganze jetzt natürlich nicht mit dem Gericht aus der Sterneküche identisch ist ist ja klar – aber das trifft auf Lachs- oder Thunfischtartar im Flieger ja auch zu )

  3. Der Preis der Zutaten eines Essens ist mir total egal. Für mich zählt: Es muss schmecken, gesund sein und einen möglichst niedrigen CO2-Abdruck haben. Das Karottentartar hat mich in allen drei Punkten überzeugt. Insgesamt hat sich das Kurzstrecken- Catering enorm verbessert. Neulich bekam ich ein Pasteis de Nata als vollwertige Nachspeise, keinen Industriekuchen wie früher.

    • Natürlich Detlev, deinen Vorlieben allen Ehren, das kannst du haben, wenn Du dein Essen für dich selbst besorgst oder kochst und bezahlst, aber wenn Du Premium Preis für den Ticket bezahlst und dafür ein Öko Essen bekommst, dass Du dir für 3€ zusammenstellen kannst, dann stimmt grundsätzlich was nicht mit der Lufthansa und das ist offensichtlich und kein Geheimnis: sie kriegen die echten Kostentreiber (Personal) nicht im Griff und optimieren fast Cent-weise am Kunden und sparen am Produkt.

    • I agree. I found Lufthansa doing better job than 2 years ago. It cannot compete with Aegean which provides a full decent meal for sure, but it’s way better than SAS, SWISS, KLM, and BA. I just had several LH Biz flights and as a carnivore I still tried some innovative veggie appetizer but they did taste healthy and refreshing. And LH’s bread & butter is quite good quality from my point of view.

  4. Also ich fand den gut, aber klar es null Premium. Und als Vorspeise noch akzeptabel, aber als Hauptgericht fühlte ich mich verarscht und gemolken.

    Leider kriegt LH echt nicht die Kurve….
    Leider SEN Lounge letzte Woche Dienstag 19h in T1A auch miserables warmes Catering: Curry Wurst, Bockwurst, Reis, Gemüse Curry hieß die warme Auswahl, Milchreis zum Dessert. Arm und billigst. Zudem keine Zeitschriften und Toiletten ungeputzt. So war das noch nie zuvor.

  5. Ich finde das durchaus richtungsweisend. Allerdings mag ich rohe Möhren pur nicht. Im cole slaw jedoch durchaus und so würde ich dieses Möhrentartar zumindest probieren.

  6. Ich finde das Karottentartar sehr schmackhaft und zusammen mit den anderen Speisenänderungen auf den Mittelstrecken total gelungen.

    Ich esse lieber etwas Hochwertiges aus einfachen Zutaten als um jeden Preis etwas, das auf den ersten Blick teurer, aber qualitativ minderwertig ist.

  7. Tja, Spohrhansa geht wohl munter weiter, wobei ich sagen muss, dass das Essen auf meinen Flügen nach und von Neapel in der Business Class ganz ok war, es gab sogar jede Menge Avionik zu trinken. Ich beobachte vor allem den Niedergang der Getränke in der Business Class Lounge in Frankfurt, anstatt Winzersekt oder Cremant, gibt es jetzt billigen Prosecco und Perlwein (!!!!!) mit massenhaft zugesetzter Kohlensäure, ganz übel.

  8. Ich finde das Möhrentatar eine absolute Verarsche. Aber scheinbar lassen sich gern viele verarschen. Daher wird die Lufthansa weiterhin ihre Kunden verarschen und Geld aus der Tasche ziehen. Wenn Man Möhren als Schmackhaft und hochwertig empfindet, dann verdient man es auch als Hase behandelt zu werden.
    Wenn die Mütter und die Großmütter ein Gericht als gesund und schmackhaft bezeichnet haben, so war das immer ein Euphemismus für „scheiß‘ Gericht für Arme“. Dieser ist scheinbar vielen als Reflex anerzogen worden.
    Erinnert mich an den Briten bei „Asterix bei den Legionären“, der den Fraß, was man ihm vorwar, immer aufgegessen hat und die Finger abgeleckt hat „Wonderful!! Splendid!!“.
    Dass dies auch noch als „Bremen“ Tasting Heimat verkauft wird, passt wie Topf auf Eimer. Die Lufthansa beweist wieder einen tollen Sinn für schwarzen Humor.
    PS: müsste der Begriff „Tatar“ nicht langsam verpönt werden, wie „Zigeuner-Schnitzel“ und so..

  9. jaaaa! von BER nach MUC war es noch interessant „das wird gern nachgefragt“, nach dem Umstieg nach FRA „oh“, dann weiter nach Cork gab es noch ein zweites Gericht zur Auswahl (was mit grünem Spargel), davon war nur ein Gericht geladen. Wenigstens mein Begleiter bekam es, alternativ gab es Möhrentartar. Erinnere mich an das Roastbeef mit eingelegtem Gemüse aus Tasting Heimat – nur ohne Roastbeef. Gruß an all die glücklichen Business-Gäste mit Möhrenallergie!

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