Viele Fluggesellschaften definieren sich über den gebotenen Service an Bord. Während es bei einigen Airlines Verpflegung nur gegen Cash gibt, versuchen andere den Spagat zwischen Kostendruck und Erwartungen der Kunden hinzubekommen. Die Krise hat die finanzielle Lage weiter verschärft, Veränderungen gehen daher meist in die Richtung nach unten.
Anhand der Reaktionen von den Passagieren merken wir immer wie emotional dieses Thema ist. Das Vorhaben von Lufthansa demnächst ein Buy on Board-Sortiment auch auf Langstrecken anzubieten hat hohe Wellen geschlagen, dabei sind noch keine konkreten Details bekannt. Sicher ist lediglich, dass Spirituosen nicht mehr zum Gratis-Bordservice zurückkehren werden.
KLM will nicht den Schritt von Lufthansa gehen
Natürlich verkaufen die Verantwortlichen solche Änderungen als positiv oder gar als Realisierung von Kundenwünschen. So wurde beim Kranich die Einführung des kostenpflichtigen Service auf Kurzstrecken kommentiert. Mit der Streichung der inkludierten Speisen und Getränken reihte sich Lufthansa mit ihren Töchtern in diesem Jahr in dem Punkt Economy-Service zu den Lowcostern. Immerhin wird zumindest bei Lufthansa und Swiss eine kostenlose Wasserflasche im Flug verteilt.
Mitbewerber KLM will hingegen an der Gratisverpflegung festhalten. Zwei Manager des niederländischen Carrier äußerten sich gegenüber des Portals aeroTELEGRAPH deutlich. Viele Passagiere steigen am Hub in Amsterdam von der Kurzstrecke auf Langstreckenflieger um, ein durchgängiges Kundenerlebnis sei der Airline wichtig. Außerdem sei der Kontakt zwischen Crew und Fluggästen nicht zu unterschätzen.
Sicherlich ein Grund warum bei Lufthansa noch eine kleine Schokolade gereicht wird. Welchen Effekt eine solche Kleinigkeit hat, wissen manche Air Berlin-Kunden noch heute. Das Schokoladenherz beim Aussteigen wurde zum Markenzeichen.
Einige europäische Airlines wie Finnair oder British Airways sind zumindest kurzzeitig durch die Pandemie wieder zur Freiabgabe von Snacks und Getränken übergegangen. Bei KLM will man weiterhin auch auf den kürzesten Flügen zumindest eine Kleinigkeit anbieten. Auf längeren Flügen innerhalb Europas gibt es ein frisches Sandwich.
Anpassungen auch in der Business Class auf Langstrecken
Selbst auf der Langstrecke wird gebastelt und getestet was in diesem Punkt möglich ist. Mit der Pandemie fielen zahlreiche Serviceschritte weg, einige davon wie beispielsweise die Ausgabe von heißen Tüchern kann man wirklich noch mit hygienischen Aspekten begründen. Weitere Streichungen erfolgten um Kontakte zwischen der Besatzung und Passagieren zu minimieren, so zumindest eine beliebte Erklärung. Dass auf Kostendruck die Crews verkleinert wurden, behalten die Gesellschaften gerne für sich.
Selbst bei den für den hohen Servicestandard bekannten Golf-Carrier wurden Flugbegleiter dauerhaft abgezogen. Auf einem Flug mit Qatar Airways tauschte ich mich mit einer Stewardess diesbezüglich aus. Lediglich das Verteilen von einigen Dingen wie Speisekarten, Erfrischungstücher, Kopfhörer oder Amenity Kits entfällt, diese liegen nun schon am Platz. Dafür muss die Crew alles andere in minimaler Größe stemmen. Es entstehen teilweise enorme Wartezeiten bei vollen Flügen, die Mehrbelastung für die Kabinenbesatzung sei erheblich.
Auch Swiss bereedert die Langstrecken derzeit mit reduzierter Crew. Die Gesellschaft aus der Schweiz will dennoch den Service in der Business Class radikal umkrämpeln und individueller gestalten. Jeder Flugbegleiter betreut künftig eine bestimmte Anzahl von Passagieren persönlich. Gäste entscheiden dann einzeln wann sie essen möchten, Trolleys sollen aus der Kabine verbannt werden.
Das Portal aero.de berichtet von chaotischen Zuständen und viel Kritik von der Gewerkschaft. Flugbegleiter haben frühzeitig Bedenken geäußert und vor der Umstellung gewarnt, nach einigen Testflügen scheint Swiss auch nicht von dem Vorhaben überzeugt zu sein. Ein aufwendigerer Service mit reduzierter Mannschaft gelingt höchstens auf dem Papier.
Lufthansa feilt währenddessen an dem künftigen Servicekonzept und bringt auf der Fernstrecke alte Bestandteile wie den Welcome-Drink zurück. Je nach Buchungslage wird die Kabinencrew an Bord wieder verstärkt, insbesondere Premium-Passagiere sollen davon profitieren.
Kopfzerbrechen über den künftigen Bordservice | Frankfurtflyer Kommentar
Jede Krise bietet auch Chancen, beim Bordservice wurde diese häufig für Kürzungen genutzt. Schon lange wurde bei Lufthansa am Buy on Board experimentiert, die Auswirkungen der Pandemie haben die Umsetzung beschleunigt.
Allen wird man es nicht recht machen können, erst recht nicht mit einem Standardsandwich. Die einzelnen Bedürfnisse können damit nicht alle abgedeckt werden, Passagiere wünschen mehr Abwechslung denn je. Unverträglichkeiten, Allergien und bestimmte Vorlieben können nicht immer berücksichtigt werden, schon gar nicht auf kürzeren Flügen.
Es war interessant zu beobachten, wie unterschiedlich die ersten Reaktionen der Airlines nach Ausbruch der Pandemie waren. Manche Gesellschaften haben selbst in den vorderen Klassen nur noch ein Minimum serviert, auf Kurzstrecken beschränkte sich die Leistung teilweise auf den reinen Transport.
Mit der Rückkehr zum gewohnten Angebot scheinen sich viele Airlines gar nicht so schwer zu tun. Das Zurückrudern zur gewohnten Stärke der Besatzung ist da viel eher ein Problem. Neben den Lohnkosten spart eine Airline für jedes wegrationalisierte Crewmitglied auch entsprechend die Spesen und Hotelkosten, da kommt während einer Flugplanperiode einiges zusammen.
Wann werden die Büro- und Zahlenhengste in Zentralen verstehen, dass serviceorientierte Dienstleistung mit gutem und ausreichendem Personal funktioniert? Nein das Personal ist immer nur eine ungeliebte Kostenstelle.
Es ist nicht ein Kostenthema. Es ist schlicht so, dass der Durchschnittserlös sinkt, wir Kunden nicht bereit sind, einen höheren Preis zu zahlen. Einfache Rechnung
Vielleicht nächstes mal Dein Kauderwelsch nochmal gegenlesen, bevor Du es absendest… 😉
Lieber Robert
Interessante Sichtweise. Sie entspricht vermutlich einem Gelegenheitsflieger, der gerne bereit ist, für etwas mehr Geld besseren Service zu buchen.
Die meisten Gäste sind es nicht; sonst hätte Ryanair keinen Erfolg.
Das für Airlines wichtige Klientel sind Vielflieger, sie machen in der Regel 50% des Gesamtertrages aus. Kein Vielflieger bucht einen Flug wegen der Mahlzeit an Bord; meist gibt sogar sie Travel Policy vor, in welcher Reiseklasse man fliegt. Für Vielflieger sind Flexibilität, das Gesamtprodukt und vor allem Flugplanqualität ausschlaggebend. Wer wirklich viel fliegt, isst insbesondere auf der Kurzstrecke nur selten; zu wenig Abwechslung bietet das Bordprodukt in der Regel. Selbst auf der Langstrecke wird s irgendwann langweilig, wenn man 2-3 mal im Monat den Atlantik überquert.
Der entscheidende Punkt aber ist nicht das Verhalten der Airline, sondern der Kunden: Für weniger Ticketpreis wird gleich oder mehr Produkt erwartet. Dass dies nicht aufgeht, ist Grundschulmathematik. Auch Du fliegst in der P Klasse nach Kreta, und freust Dich über Deinen günstigen Flug in Deiner Review; du hättest Edelweiss wahrscheinlich nicht genommen, wenn der Rückflug mit LH über Frankfurt 150€ günstiger gewesen wäre – OS hast du ja auch nicht genommen, weil es teurer war. Damit bist du Dir doch selber Beispiel, dass der Kunde den Mehrpreis für Essen nicht zahlt.
Zum anderen ist das „unbundling“ der Leistungspakete Ausdruck der zunehmenden Individualisierung unserer Gesellschaft: Man zahlt nur für das, was man selber möchte, und zudem noch auf seine Bedürfnisse angepasst ist. Das ist nur mit Buy on Board möglich.
Das Buy on Board – auch Langstrecke – ist damit eine willkommene Abwechslung. Damit hat der Kunde wenigstens die Option, etwas zu erwerben, wenn er will. KL handelt aus meiner Sicht sehr kurzsichtig: Dem Kunden wird keine Wahl gelassen, und dem Kunden, dem das servierte Sandwich nicht schmeckt, wird auch nicht KLM ein gutes Zeugnis ausstellen, dass es zumindest gratis war. Er wird sich das nächste Mal vermutlich am Flughafen etwas kaufen – und das ist entgangener Revenue für KLM.
Bzgl. Deiner Anmerkung zum Crew Complement wäre ich vorsichtig, Meinungen auf der Grundlage von Hörensagen zu posten. Probier den Service von LX mal aus, und berichte hier.
Zum Schluss noch kurz ein persönliches Feedback. Ich habe das Privileg selbst in Europa Business zu fliegen. Und wenn das Essen vorne langweilig ist, das passiert bei LH trotz Tasting Heimat – bin ich froh, wenn ich LX fliege: dann bestelle ich mir auch mal einen Burger bei LX vor den Vorhang. Der ist übrigens echt fein. Und am Airport garantiert genau so teuer.
Was ist denn das ominöse „Gesamtprodukt“, dass für den Vielflieger zählt?
@ Florian (der andere) – Vor allem das Bodenprodukt, in der Luft wird Fliegen nicht schneller, am Boden kann man Zeit gewinnen – effizienter Online Check-In, kurze Wartezeiten am Check-In sofern Aufgabegepäck und an der Security, gut geführte Lounges, klare Kommunikation bei Unregelmässigkeiten, effizientes Bording /Debording und im Falle von aufgegeben Gepäck rasche Delivery. Freundlichkeit in der Kabine, und ja, Bordservice, als ein Baustein, sowie Pünktlichkeit.
Die wenigsten Vielflieger treffen eine Entscheidung für eine Airline aufgrund des im Flieger angebotenen Caterings, sondern aufgrund des Gesamtprodukts, wobei Preis und Flugplan ( und die damit verbundene Flexibilität) die beiden relevantesten Kriterien sind.
Beim Bodenprodukt würde ich auf jeden Fall zustimmen! Was das Essen angeht, zugegeben wird das schnell langweilig, allerdings krieg ich auf der Langstrecke irgendwann einfach Hunger und dann darf es auch gern schmecken. 😉
Danke für das Feedback, dem „you get what you pay for“ schließe ich mich ebenfalls an.
In den Reviews versuche ich durchaus neutral auf das Gebotene zu blicken. Ganz gleich ob ich die Klasse P, C oder auch L gebucht habe, das Ticket mit Meilen oder von dem Arbeitgeber bezahlt wurde. Die Erwartungen orientieren sich an Airline, Serviceklasse, bisherige Erfahrungen und anderen Reviews.
Dafür sind Reviews da. Schildern was man erlebt und bekommt und wie man das empfindet. Genau das halte ich selbst für hilfreich bei eigenen Buchungen.
Persönlich halte ich BoB ebenfalls für die bessere Entscheidung, da so die Palette erweitert werden kann. Auf den LX-Burger bin ich selbst gespannt, ich hoffe daher demnächst auf ein ähnliches (warmes) Angebot bei LH.
Es ist mir bewusst dass kaum jemand einen Flug bucht, weil es da eine Jausenplatte oder Kuchen von Dallmayr gibt. Wir haben dennoch viel Spass daran darüber zu berichten 🙂
Die Reduzierung der Crew ist in der Tat ein heikles Thema, Du darfst aber versichert sein dass mich diesbezüglich nicht auf Hörensagen berufe.
„you get what you pay for“ muss aber wirklich nicht gelten! Im Frühsommer hatte ich kurzfristig einen Flug mit Condor von Düsseldorf nach Kreta. Obwohl ich weniger als 18 Stunden vor Abflug gebucht habe (man musste nur vor 23 Uhr – Mitternacht in GR – buchen um die Reiseanmeldung für Griechenland bestätigt zu bekommen), konnte ich meine Menüauswahl von „Condor à la carte“ noch nutzen. Condor schafft es hier 12 verschiedene Gerichte anzubieten, welche jeder Gast individuell auswählen kann. Teilweise bekommnt man ab DUS Flüge in der BC ab 79 Euro – meist um die 99 bis 119 Euro – pro Richtung Rund um das Mittelmeer. Ein durchaus attraktives Angebot, und vom Preis unter Eurowings als auch Lufthansa, mit einer Leistung an Bord deutlich da drüber. Nur schade, dass man mit Condor keine Meilen bei Miles&More mehr sammeln kann.
„you get what you pay for“ muss nicht gelten, ist aber das was ich erwarte. Wenn alle nur 79€ bezahlen würden, dafür neben dem Transport einen freien Nachbarsitz und ein vorbestelltes Essen erhalten würden, geht die Rechnung nicht auf. An Meilen gar nicht erst zu denken.
Ja, die Möglichkeit von Vorbestellungen. Logistisch sollte das mit den heutigen Möglichkeiten nicht so schwer sein. Klar gibt es Unentschlossene und natürlich Bürger, die mit der Technik überfordert sind. Aber wenn – sagen wir einmal – 70% der Fluggäste bereits ihre Wünsche vorab äußern, wäre doch für Alle schon viel gewonnen.
Mag sein, dass ich irgendwelche Fallstricke übersehe.
Als Geschäftsreisender hat man manchmal knappe Termine, da reicht es nicht mehr für Essen am Flughafen. Und da ist es eine nette Geste, wenn einem an Bord jemand eine Breze oder ein Stück Kuchen in die Hand drückt. Um Kulinarik geht es da nicht, sondern dass man sich in diesem Moment nicht mit Speisekarten, Kreditkarten etc. befassen möchte. Es möglichst einfach für den Gast zu machen. Ich brauche keine Gourmet-Erfahrung in 45 Minuten, sondern etwas gegen den kleinen Hunger.
Was die Crews betrifft: Meines Wissens wird deren Anzahl durch die Sicherheitsvorschriften determiniert und nicht durch das Serviceangebot.
Das gesetzliche Minimum für Langstreckenflugzeuge liegt bei 1-Deck-Flugzeugen bei nur 6-8 Flugbegleiter.
Für eine Business Class in der Grösse von 50 Sitzen braucht es für einen regulären Service schon mindestens 4 Leute.
@ Florian (der andere) – ich bin absolut bei Dir, das Catering darf auch schmecken, insbesondere auf der Langstrecke. 😊😊😊
Ups, hatte ganz „der andere“ vergessen. Jetzt schaut es nach Selbstgespräch aus.