Liebe Lufthansa: Bitte nehmt Euch kein Beispiel an der Deutschen Bahn

Foto: Lufthansa

Gut, die meisten Menschen würden mir sicherlich bei dem Titel erstmal Pauschal zustimmen. Kaum ein Unternehmen in Deutschland scheint mehr falsch zu machen als die Bahn. Doch in diesem Artikel soll es nicht um bloßes „Bahn-“ oder „Lufthansa-Bashing“ gehen, viel mehr will ich einen Blickwinkel auf die aktuellen Verhandlungen mit der GDL werfen. Und die Frage ist hier besonders: Was sollte Lufthansa auf keinen Fall bei der Deutschen Bahn abschauen?

Die Einordnung des Streikendes: Wer hat „gewonnen“?

Doch damit wir an dieser Stelle erstmal an einem Strang ziehen: Wer hat den Streik den überhaupt erfolgreich beendet? Ist die Bahn der Gewinner, dadurch, dass die Herabsetzung der Arbeitszeit auf 35 Stunden in mehreren Schritten bis 2029 durchgesetzt wurde? Oder ist es die GDL, die mit zahlreichen Streiks und harten Maßnahmen einen Kampf angesagt hat, der nur durch enorme Zugeständnisse der DB enden konnte? Ihr könnt es Euch vermutlich schon denken: Ich denke Letzteres.

Foto: Deutsche Bahn

Wenn wir uns zurück an den Anfang des Jahres denken, dann war eine 35 Stunden Arbeitswoche bei der Deutschen Bahn schlicht undenkbar. Erst die vehementen Streiks, das – tut mir leid – nervige Auftreten von Herrn Weselsky und ständige Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit, haben zum Ergebnis dieser Tage geführt. Das mal eben mehrere tausend Euro zusätzlich an (nahezu) jeden Mitarbeiter fließen, kann man hier nur in einem kleinen Nebensatz erwähnen.

Kann die Lufthansa von der Deutschen Bahn lernen?

Doch gehen wir nun von der Schiene in die Luft. Hier sieht sich Lufthansa mit einer ähnlichen Situation wie die Deutsche Bahn konfrontiert. Zwar wissen wir bisher noch nicht von einem so wortgewandten Streikführer, doch ich mag nicht ausschließen, dass es hier noch den Einen oder Anderen gibt, der sich profilieren möchte. Vielmehr macht mir die allgemeine Stimmungslage im Konzern Sorgen.

Foto: Lufthansa

Es scheint als würden Verdi und Ufo bewusst das Narrativ „Wir gegen Die da Oben“ schüren. Eine solche Geschichte ist sicherlich hilfreich um ohnehin enttäuschte Mitarbeiter zu einem Streik zu bewegen. Die Botschaft? Der Konzern macht Milliarden-Gewinne, die Konzernspitze steckt sich Millionen-Boni ein und die hart arbeitenden Mitarbeiter bekommen davon nichts.

Langzeitfolgen könnte viel schlimmer werden

Ich befürchte nur: So leicht ist es leider nicht. Wie auch bei der Bahn, werden hier die Langzeitfolgen außer Acht gelassen. Sicherlich, die Absenkung auf eine 35 Stunden Woche dürften die meisten Menschen begrüßen, vergessen wird aber, dass hier eine Lücke bei der Besetzung von Arbeit entsteht. Bei aktuellem Fachkräftemangel und sich verstärkenden Problemen in dem kommenden Jahrzehnt, dürfte das zu Lasten der Mitarbeiter von der Deutschen Bahn gehen. Die steigenden Kosten sind bei der vom Staat getragenen Bahn in diesem Fall vernachlässigbar.

Die Lufthansa City-Lackierung unterscheidet sich kaum von der Lufthansa-Livery. Foto: Lufthansa

Anders sieht das beim Kranich aus: Lufthansa wurde mehrmals gerettet, ob das nochmal passiert? Das bezweifle ich stark. Deshalb sollte jedem Lufthanseat klar sein, dass die finanzielle Stabilität zur Arbeitsplatzsicherung im Vordergrund steht. Mit enorm steigenden Aufwendungen für Mitarbeiter wird sich das nicht immer zusichern lassen. Die aktuellen Mondpreise für die enorm profitable Business- und First-Class werden sich nicht ewig so weiter durchdrücken lassen. Und irgendwann hat selbst der Letzte verstanden: Es gibt da draußen auch andere Carrier.

Die vermeintliche Sicherheit in der sich die Mitarbeiter bei ihren Streiks wiegen darf also die Tatsachen nicht außer Acht lassen: Die Lufthansa hat sich nur so schnell erholt, weil ein unnatürlicher Reiseboom mit überhöhter Nachfrage vorhanden ist. Sobald dieser abflacht, wird der Mitarbeiterapparat dem Unternehmen wieder teuer zu stehen kommen. Gerade deshalb sollte man nicht den Fehler machen, nun unhaltbare Versprechen zur schnellen Streikeinigung einzugehen. Vielmehr sollte langfristige Stabilität und Arbeitsplatzgarantien im Vordergrund stehen.

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Wie immer ist es beim Thema Geld nicht einfach: Jeder will es haben und die anderen haben es schon gar zu viel. Im Konkreten Fall der Streiks, sollten wir aber von der emotionalisierten Debatte um Vorstandsgehälter absehen. Vielmehr scheint es mir sinnvoll auf langfristige Folgen zu achten. Ich glaube fest daran: Wenn die Lufthansa langfristig stabil sein will, dann wird den Mitarbeitern nichts anderes übrig bleiben als sich mit ihren Forderungen am Riemen zu halten. Utopische Ideen wie eine 35 Stunden-Woche oder Ähnliches lassen sich bei Lufthansa einfach (noch) nicht realisieren.

Was meint ihr zu dem Thema? Brauchen die Flugbegleiter einen ähnlichen Sturrkopf wie Weselsky oder hilft einvernehmlicher Pragmatismus? 

17 Kommentare

  1. Der Autor hat mal wieder nicht verstanden, worum es geht. Der Arbeitnehmer entscheidet selbst, ob er 40 oder 35 Stunden arbeitet. Ist er jung und verdient wenig, wird er mehr arbeitet er mehr. Ist er alt und verdient entsprechend mehr, arbeitet er weniger. Das macht ws doch für das Unterbehmen interessant. Junge, leistungsfähige, gesunde und günstige Arbeiten 40 Stunden und die alten, anfälliger und teuren Arbeiten nur 35 Stunden. So schwer ist das eigentlich nicht zu verstehen.

    • Danke für deinen Beitrag. Allerdings habe ich dies durchaus verstanden 🙂 Vielmehr geht es doch darum, dass viele junge Arbeitnehmer nicht mehr bereit sind den Lohn zu nehmen und lieber weniger arbeiten. Dadurch entsteht eine noch größere Lücke bei den Fachkräften. Das aufzufangen wird also unweigerlich schwieriger.

      • Ich weiß ja nicht, was Du für Leute kennst. Als Chef versuche ich möglichst leistungsbereite junge Menschen einzustellen und meine Personalreferenten finden diese auch.

        Das ist mal wieder typisch. Man versucht Dir etwas zu erklären, wo Du offensichtlich einen Denkfehler hattest. Und statt sich zu bedanken und den Artikel vom Netz zu nehmen, weil er offensichtlich Unsinn war, beharrst Du dann weiter auf diesem Unsinn.

  2. Hmmm, eigentlich kann man die Gedanken des Artikels ja nachvollziehen, nämlich klassisch aus Arbeitgebersicht formuliert: ihr schadet euch selber, wenn ihr zu viel fordert. Das ist nicht sehr innovativ, vor allem wenn man die Erhöhung der Vorstandsbezüge einfach mal so ignoriert (warum eigentlich?), und nicht neu.
    Am Thema der aktuellen Tarifverhandlungen vorbei geht allerdings die Verknüpfung zur Bahn bzw. deren Verkürzung der Arbeitszeit auf 35 Stunden – das ist nämlich kein Thema bei LH.

    • Das stimmt. Ich würde allerdings nicht ausschließen, dass es bald zum Thema wird. Wir sehen das ja in verschiedenen Branchen. War also eher ein Gedankenexperiment dieser Exkurs.

    • Ob Bahn oder Lufthansa,und Streiks und Geld und 35 Stundenwoche.Alle versuchen natürlich das Beste für ihre Mitarbeiter-innen rauszuholen.Die Vorstände bekommen soviel Gehalt wie kein anderer, und bekommen ihren Hals nicht voll. Alles falsche Politik und am Ende müssen das die anderen nämlich wir bezahlen. Es muss endlich Schluss damit sein, und jeder soll sich dessen bewusst sein, auch die Verantwortlichen, und Politiker,das es den Bürgern reicht was hier gerade abgeht.

  3. Mit „…dass hier eine Lücke bei der Besetzung von Arbeit entsteht…“ beginnst Du die Argumentation am falschen Punkt. Diese Lücke ist nämlich schon längst da. LH fliegt z.B. seit geraumer Zeit mit deutlich weniger Personal in der Kabine als die Konkurrenz. Erst neulich hab ich wieder ein YT Video gesehen, in dem von nur einem FB pro Gang in der Business die Rede war. Bei QR, SQ oder EVA zählt man hingegen 5-6 für ca. 30 Passagiere.

    LH muss begreifen, dass es hier nicht länger nur um Kosteneinsparungen gehen kann. Wenn man nicht ausreichend Personal findet, dürfte das an der mangelnden Attraktivität des Jobs liegen. Die Zeiten von „Vor der Tür stehen hunderte, die deinen Job machen würden“ gehören der Vergangenheit an. Ohne ausreichend Personal aber kann man (selbst wenns mal ne neue Kabine gibt) keinen guten Service bieten. Somit werden (zumindest da wo es Konkurrenz gibt) immer mehr Gäste abwandern, was letztendlich tödlich fürs Unternehmen ist.

    Es geht hier aktuell also nicht um ein paar Euro mehr Lohn oder ne Stunde weniger Arbeitszeit, es geht um den Fortbestand von LH. Der Vorstand scheint dies noch nicht begriffen zu haben, hier scheint man aus der bereits ausgequetschten Zitrone noch ein paar Tropfen mehr rausholen zu wollen.

  4. Zitat: „Vielmehr macht mir die allgemeine Stimmungslage im Konzern Sorgen. Es scheint als würden Verdi und Ufo bewusst das Narrativ „Wir gegen Die da Oben“ schüren. Eine solche Geschichte ist sicherlich hilfreich um ohnehin enttäuschte Mitarbeiter zu einem Streik zu bewegen. Die Botschaft? Der Konzern macht Milliarden-Gewinne, die Konzernspitze steckt sich Millionen-Boni ein und die hart arbeitenden Mitarbeiter bekommen davon nichts.„

    Das sehe ich wie der Autor, allerdings mit einem anderen Fazit. Meines Erachtens sollte die Lufthansa ihre Mitarbeiter besser behandeln (Arbeitsbedingungen verbessern, für zufriedenen Kunden sorgen damit diese ihren Frust nicht an den MA auslassen, usw.)
    Ich würde das fast schon mit der Politik vergleichen wollen. Macht die Regierung einen guten Job, werden weniger Menschen anfällig für radikale Parolen. (Das Gegenteil ist gerade zu besichtigen)

    Um den Vergleich mit der Bahn zu bemühen. Verspätungen, schlechte Infrastruktur, zu wenig Mitarbeiter, Millionen Boni für den Vorstand und sehr viel tägliche Frustration der Kunden in Richtung der DB Mitarbeiter. Folge: die Mitarbeiter gehen bei Tarifverhandlungen ans Limit. Weselsky konnte nur soweit gehen weil die Mitarbeiter zugestimmt haben und nicht weil er Irre ist.

  5. Keine Sorge, ist nicht zu vergleichen. Die zahlreichen Spartengewerkschaften könnten freilich gegeneinander antreten. Das wäre in der Tat nicht gut, das vereinigte Königreich hat in den 70er/80er Jahren darunter gelitten.
    Grundsätzlich wissen alle Gewerkschaften, dass eine Firma Gewinn abwerfen muss. Sie wissen auch, dass man die delikate Balance zwischen Akkumulation und Konsumtion nur einmalig zu Gunsten der Konsumtion auslutschen kann. Streiten muss man sich dennoch. Viele Leser hier dürften teilweise harte Verhandlungen geführt haben und dabei die Erfahrung gesammelt haben, dass Zuhören eine wichtige Tugend darstellt.
    Nur in ganz seltenen Ausnahmefällen dient gewerkschaftliche Arbeit der Profilierung von Einzelpersonen. Kennt hier jemand auf Anhieb mehr als genau einen Namen aus dem Lager der Gewerkschaftsfunktionäre?

  6. Vielen Dank für die interessante Diskussion. Vorweg zur Klarstellung – ich bin Arbeitgeber im Mittelstand. Bei Lohnerhöhungen gilt bei uns die Regel, dass diese durch Produktivitätsgewinne wieder aufgefangen werden sollten/müssen. Nun ist das weder bei der LH noch bei der Bahn in großem Stil möglich. Das bedeutet, dass die Kosten fast komplett durch höhere Ticketpreise aufgefangen werden müssen. Bei der Bahn als Quasi-Monopolist mit Staatsanteil mag das eher möglich sein, bei der LH im internationalen Wettbewerb deutlich schwieriger, was mittelfristig zu einer schwierigen Unternehmenslage führen kann. Um Kunden aber trotz höherer Ticketpreise zu binden, braucht es daher wichtige Argumente (Produkt & Service, Zuverlässigkeit, etc.). Nachdem die Gehaltsverhandlungen mit massiven global beachteten Streiks geführt wurden, ist m.E. zumindest die Zuverlässigkeit temporär beschädigt. Würden die Gewerkschaften neben den Gehaltsinteressen der Mitglieder über den Tellerrand hinaus verhandeln und dabei die vor genannten Punkte (Investition in Produkt & Service etc) verbindlich weiterentwickeln und mit der LH dann festschreiben, könnte trotz höherer Löhne eine Win-Win-Situation entstehen. Aktuell bleibt bei mir nach den massiven Streiks einfach das Gefühl, dass egoistisch rein für kurzfristige Gehaltssteigerungen gestreikt wurde und erhebliche Kollateralschäden in Kauf genommen wurden. Als vielfliegender Passagier hat es mich erhebliche Nerven gekostet und das schlechte Gefühl, als Druckmittel missbraucht worden zu sein, bleibt bei mir. Verständnis für ein schlechtes Gefühl bei den Mitarbeiter bei den wohl sehr hohen Vorstandsboni habe ich durchaus, hier braucht es ganz sicher auch eine Korrektur.

  7. Ich möchte auf 2 Punkte eingehen:

    Die unten gegen die oben:

    Aus meiner Sicht lösen das die oben zum Teil selber mit aus. Der Lufthansa Vorstand bekommt für die Corona Zeit Bonuszahlungen in Millionenhöhe (mein letzter Stand) während die Mitarbeiter auf doch einiges verzichtet haben. Bei der Bahn genehmigt sich der Vorstand auch eine ganz komische Regelung für den Bonus. Für Ziele die man überfüllt erhöht sich der Bonus aber es gibt keinen Abzug für Ziele die nicht erreicht werden. Sorry aber wer so etwas macht muss sich nicht wundern wenn es irgendwann Leuten reicht.

    Leistungsbereitschaft junger Menschen:

    Bei der Diskussion wird viel zu wenig drauf eingegangen warum das so ist. Was bringt es den jungen oder sich mittelalten so bis 40 noch eine sehr hohe Leistungsbereitschaft zu haben?
    Eine hohe oder immerhin eine gute Rente? Glaub niemand dran.
    Eigentum? In den Städten und Umgebung können sich das nur noch die Topverdiener oder Leute mit Unterstützung der Eltern leisten. Wen ich in der Generation meiner Eltern schaue welche Berufe sich alles Eigentum leisten konnten und wer es sich heute nicht mehr leisten kann, dann ist das krass. Ein Lokführer oder Flugbegleiter kann sich das nicht mehr leisten.

    Also warum mehr arbeiten? Was für einen Anreiz hat es? Schafft den Leuten Anreize, dass es sich lohnt mehr zu arbeiten. Ich bin mir sicher, dass es dann auch genügend machen.

  8. Vergiss auch nicht die Einkommensteuer! Jeder zusätzliche Euro wird dann mit ca. 40% besteuert, zieht man dann noch die restlichen Abgaben ab, geht aus jedem € „Mehrarbeit“ nicht mal die Hälfte in die eigene Tasche!
    Ich mag das aktuelle Steuersystem sehr, aber sein Hauptnachteil ist genau das: Die ersten (und „einfachen“) Stunden Arbeit bringen ca. 80¢ pro 1€ netto und die letzten (und schwierigsten) Stunden nur 40¢-50¢ pro 1€!
    Stichwort: „Anreiz“!

    Ich würde mir wünschen, dass es irgendwie nicht nur von dem Gesamteinkommen, sondern auch von der (Gesamt)Arbeitszeit abhängig gemacht wird und dass es dann (ab einem Punkt und bis zu einem gewissen Einkommen) steuerliche Entlastungen gibt, für Menschen, die mehr Stunden arbeiten. Und dass vor allem echte (vom Chef angefragte/angeordnete) Mehrarbeit steuerlich anders behandelt wird.

  9. Vielleicht sollte man auch den Arbeitnehmern einen Tarifvertrag zur Sicherheit geben. Ein trauriges Bild der LH Mutter, einer seiner Töchtertern einfach so durch den luftleeren Raum fliegen zu lassen. Oder denkt man schon daran, mal ausprobieren, wenn nicht ist es einfacher die Arbeitnehmer loszuwerden. Ein Armutszeugnis!

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