Luftfahrt in China hat sich vollständig erholt | Gibt es die gleiche Hoffnung auch für Europa?

Eine Boeing 737 Max von China Southern Airlines.

Die Luftfahrt befindet sich weltweit in einer noch nie dagewesenen Krise und nachdem der Restart der Airlines in Europa erste sehr positive Signale mit sich brachte, sinkt nun schon wieder die Nachfrage und die erhoffte Entwicklung ist noch nicht zu spüren. Dies liegt sicher auch an steigenden Infektionen in Europa, aber insbesondere daran, dass Langstrecken kaum möglich sind und hier wenige Passagiere reisen.

Dem gegenüber kommen gerade sehr positive Signale aus China, wo sich die Passagierzahlen schnell wieder erholt haben und man inzwischen wieder auf dem Nachfrageniveau von 2019 liegt, allerdings nur für den Inlandsverkehr, denn internationale Reisen sind fast nicht möglich.

Nachdem China bereits im Januar von dem Coronavirus lahmgelegt wurde und die Luftfahrt und Industrie hier deutlich früher als in Europa herunter gefahren wurde, stellt sich nun die Frage ob sich hieraus eine Entwicklung auch für die westliche Welt ableiten lassen kann. Könnten wir hier in den kommenden Monaten vielleicht auch eine sehr schnelle Erholung der Luftfahrt sehen?

Situation in China

China selbst ist ein gigantischer Markt. Hier wurden letztes Jahr 611 Millionen Sitze im Luftverkehr angeboten und im August war man bereits wieder bei 86% dieses Angebotes. Bis September soll das Angebot auf Inlandsflügen in China wieder vollständig hergestellt sein. Auch die Nachfrage befindet sich inzwischen wieder auf den Niveau von 2019, sprich es fliegen wieder so viele Personen durch China wie letztes Jahr zur gleichen Zeit.

Allerdings kommt dies durchaus mit einem Preis, denn Airlines in China verkaufen die Tickets aktuell zu enormen Dumpingpreisen. So gibt es hier Tickets mit über 90% Rabatt gegenüber dem Durchschnittspreis oder all you can Fly Tickets. Hiermit hat man in China die Nachfrage massiv stimuliert und die Flugzeuge gefüllt. Spannend wird hier allerdings sein, ob man wieder die Preise vom letzten Jahr durchsetzen kann, denn Flugzeuge welche sich nur durch Preis Dumping füllen lassen, verdienen kein Geld.

Ist eine Übertragung auf Europa möglich?

Grundsätzlich ist der chinesische Markt in weiten Teile sehr besonders, sodass man die Situation leider nicht 1 zu 1 auf Europa übertragen kann. Dies liegt insbesondere auch an den unterschiedlichen politischen Systemen, denn China hat das Virus als besiegt erklärt und das Leben läuft hier weitestgehend normal. Hierbei kam es aber auch schon zu regionalen Lockdowns, wie zum Beispiel in Peking, was die Luftfahrt binnen Stunden zum Erliegen gebracht hat.

Auch ist China ein gigantischer Binnenmarkt, welchen wir so in Europa nicht haben. Nicht nur dass das Land an sich größer ist als Europa, es leben hier auch mehr Menschen. Zusätzlich haben wir in Europa eine Vielzahl verschiedener Staaten, welche alle weitestgehend unabhängig voneinander Regelungen treffen, wohingegen ganz China zentral aus Peking gesteuert wird.

Dennoch hat sich auch die Luftfahrt in Europa recht gut erholt und wenn wir es schaffen sollten eine möglichst hohe Reisefreiheit zumindest innerhalb der EU wieder herzustellen, ist es durchaus denkbar, dass wir in drei Monaten innerhalb Europas eine große Erholung sehen werden.

Das Problem sind die Langstrecken

Das große Problem aller Airlines sind die Langstrecken, welche aktuell kaum gebucht sind. Dies trifft sowohl auf Airlines in der EU, als auch in China oder Nordamerika zu. Dabei haben chinesische Airlines noch den Vorteil des großen Binnenmarktes, während viele Airlines in Europa von den Langstrecken abhängig sind.

Es ist recht klar, dass eine Erholung der Luftfahrt in Europa massiv von der Erholung der Langstrecken abhängt. Auch dass Airlines ein derartig dichtes Netzwerk auf Kurzstrecken in Europa anbieten können wie man es noch vor der Krise kannte, ist ohne die Langstrecken nicht möglich, denn viele Passagiere steigen hier um.

Luftfahrt in China hat sich vollständig erholt | Frankfurtflyer Kommentar

Die Geschwindigkeit in welcher sich die Luftfahrt innerhalb Chinas erholt hat ist durchaus beeindruckend und darf wenigstens etwas Grund zur Hoffnung geben, allerdings sollte man diese Entwicklung auch nicht überbewerten, denn China hat diese tollen Zahlen teuer bezahlt, in diesem Fall mit sensationell günstigen Tickets.

Während man auch in Europa davon ausgehen kann, dass sich die Kurzstrecken schneller erholen werden als die Langstrecken, gehe ich nicht davon aus, dass wir in drei Monaten wieder auch nur annähernd bei dem Niveau des Vorjahres sind.

Insbesondere die Langstrecken haben in Europa enorme Bedeutung und hier sind noch so viele Fragen offen, dass man wohl keine zuverlässige Prognose abgeben kann – auch kurzfristig nicht.

2 Kommentare

    • jein, nicht unbedingt:

      1) vieles spricht dafür, dass Corona in China bereits seit September 2019 oder noch länger umlief. Darauf deuten zB. zunehmende Auslastung der Krankenhäuser und die Auswertung der bei chinesischen Suchmaschinen eingegebenen Suchbegriffe, die sich auf Symptome von Corona beziehen, hin, beides stieg bereits signifikant Ende September 2019.

      2) Ende Oktober 2019 fanden in Wuhan die Militärweltfestspiele (eine Art Olympischen Spiele für Soldaten) statt. Ich war zu der Zeit gerade in China, in einer weit entfernten Provinz und kann mich erinnern, wie groß das aufgezogen wurde, in China, auch weit von Wuhan entfernt, hatte diese Veranstaltung eine große Öffentlichkeit, viel größer als zB. vier Jahre zuvor in Südkorea oder davor in Rio.
      Neben den 9300 Athleten aus aller Welt gab es eben auch 26.000 freiwillige Helfer und schätzungsweise fast 1 Mio Besucher bei gut 300 Wettbewerben, die Stadien waren oft ausverkauft.
      Wenn Corona in Wuhan also schon damals umlief, dann haben diese Helfer und Besucher das Virus bereits Ende Oktober / Anfang November in alle Provinzen des Landes getragen, wo es sich bis zur offiziellen Entdeckung am Jahresende ungebremst verbreiten konnte!

      3) Angesichts der beengten Lebensverhältnisse in chinesischen Städten und ohne jede Schutzmaßnahmen wären dann wahrscheinlich bis zur offiziellen Entdeckung und noch mehr bis zur Ergreifung von Maßnahmen auch außerhalb Wuhan, was ja erst Ende Januar passierte, ganz besonders zum Zeitpunkt des chinesischen Neujahrsfestes Ende Januar, schon sehr viele angesteckt worden. Vermutlich auch viele gestorben, was aber unbemerkt geblieben wäre, da eine Übersterblichkeit nur den Behörden hätte bemerkbar sein können, die diese Zahlen sicher nicht freiwillig veröffentlicht hätten, insbesondere solange niemand das Virus als gemeinsame Ursache dieser Übersterblichkeit erkannt hatte.

      4) es spricht insoweit vieles dafür, dass es nicht die scharfen Maßnahmen der chinesischen Regierung waren, die Corona dann eindämmten und bis auf einzelne lokale Ausbrüche China fast Corona-frei machten, es aber auch nicht gelogen ist, dass China nur eine sehr geringe Zahl von Corona-Fällen hat.
      Sondern dass schlicht und ergreifend bereits vor Entdeckung und jedenfalls vor Ergreifung von Maßnahmen bereits eine Art Herdenimmunität erreicht war.

      5) in Europa haben wir zwar noch immer nennenswerte Zahlen von Infizierten, von denen aber nur ein geringer Bruchteil Symptome zeigt, ein noch viel geringerer Anteil stationär im Krankenhaus behandelt werden muss und wir haben fast keine Corona-Toten mehr, ganz anders als noch vor einem halben Jahr.
      Würde man heute in Europa auf Testen von Symptomfreien verzichten und nur noch die als Corona-Infiziert rechnen, die auch wegen Corona behandelt werden müssen, dann hätten wir offiziell in Deutschland auch nur noch 245 Corona-Fälle.

      6) wenn man also die symptomfrei Infizierten ignoriert, dann wären inzwischen die Zahlen auch nicht viel anders als in China. Wenn man dann noch annimmt, wofür vieles spricht, dass China rund 4-6 Monate zeitlichen „Vorsprung“ hat, insbesondere schon vor Entdeckung viele die Krankheit durchgemacht haben könnten, dann bedarf es nicht unbedingt „chinesischer Propaganda“, um eine inzwischen dort entspannte Situation anzunehmen.

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