Auch wenn man einen zweiten bundesweiten Look Down in Deutschland unbedingt vermeiden will, die Reisebranche befindet sich bereits mehr oder weniger in einem zweiten Lock Down. Zumindest kommen die Auswirkungen von andauernden, veränderten Maßnahmen wie Einreiseverboten, Quarantäne Maßnahmen oder Drohungen und Beherbergungsverbote einem solchen Lock Down gleich.
Auch Lufthansa spürt dies gewaltig und nachdem man noch Anfang des Sommers Hoffnung auf ein gewisses Maß an Erholung hatte, wurde dies schnell wieder eingedämpft. So wollte man ursprünglich zum jetzigen Zeitpunkt schon wieder 60% des Vorjahresniveaus an Flügen anbieten, aber nachdem man dies schon vor einigen Wochen auf 40% herabsenken musste, muss nun das Angebot auf nur noch 25% herabgesenkt werden – und dies betrifft nur das Angebot.
Bei Lufthansa geht man davon aus, dass selbst der Minimalflugplan mit nur 25% Angebot nicht besonders gut ausgelastet sein wird und man rechnet damit, dass man in den letzten Monaten des Jahres im Vergleich zum Vorjahr weniger als 20% der Passagiere befördern wird und das, obwohl die Wintermonate schon generell schwächer in der Nachfrage sind.
Daher hat sich der Lufthansa Vorstand zu drastischen Maßnahmen entschlossen und man hat die Airline wieder in den Lock Down Modus versetzt, was nun weitreichende Folgen hat.
In einer Mail an die Mitarbeiter sagte Carsten Spohr:
Nach einem Sommer, der uns allen Anlass zur Hoffnung gegeben hat, befinden wir uns jetzt wieder in einer Situation, die in ihren Auswirkungen einem Lockdown gleichkommt.
Zu Beginn der Coronakrise im März, hatte Lufthansa den Flugplan so weit zurückgefahren, dass man circa das Angebot von 1955 geflogen ist. Diesen Winter wird man in etwa auf dem Niveau von 1970 liegen, eine Zeit, in welcher die Luftfahrt noch in den Kinderschuhen steckte. Dies unterstreicht auch, in welcher existenziellen Krise man sich gerade befindet.
125 Flugzeuge werden bei Lufthansa wieder stillgelegt
Durch das Herunterfahren des Flugplanes ist der naheliegende Schritt, dass man die Flotte reduziert. Dies tut auch Lufthansa in einem dramatischen Weg, denn man legt von der jetzt wieder aktiven Flotte fast 2/3 still. So hat Lufthansa aktuell etwas über 200 aktive Flugzeuge im Einsatz, jedoch wird man von diesen 125 Flugzeuge wieder stilllegen und im Winter nur noch 80 Lufthansa Jets fliegen.
Hierbei wird man sich auf die modernsten Flugzeuge beschränken und Vorrang die neuen Airbus A320/321Neo einsetzen, sowie auch kleiner Flugzeuge der Lufthansa CityLine.
Vier zusätzliche Airbus A350-900 für Frankfurt
Auch auf den Langstrecken will Lufthansa möglichst die modernsten Flugzeuge in der Flotte einsetzen, um die Treibstoffkosten so weit es geht zu senken. Hierbei werden ab München schon ausschließlich Airbus A350-900 eingesetzt, allerdings fliegt man ab Frankfurt neben der Boeing 747-8 und dem Airbus A330-300, welche sicher auch im Winter eingesetzt werden, den Airbus A340-300, welcher nicht als treibstoffsparend bekannt ist.
Lufthansa hat daher beschlossen, vier Airbus A350-900 von München nach Frankfurt für den Winter zu verlegen, um hier die Langstreckenflotte mit einem sparsamen Zweistrahler mit hoher Reichweite zu unterstützen. Nun will man aber noch vier weitere Airbus A350-900 aus München nach Frankfurt verlegen, denn diese Flugzeuge werden hier nicht mehr gebraucht.
Mit den acht Airbus A350-900 könnten dann die Airbus A340-300 in Frankfurt komplett ersetzt werden und auch die alten Boeing 747-400 werden vorerst nicht zurück in den Flugbetrieb kommen.
Eingelagerte Flugzeuge werden zum Ersatzteillager
Eine weitere drastische Sparmaßnahme der Lufthansa wird sein, dass man sich bei den benötigten Ersatzteilen für die aktiven Flugzeugen vorrangig den stillgelegten und eingemotteten Maschinen bedient. So kann man die Kosten für Ersatzteile und auch die Lagerhaltung, welche durchaus beachtlich hoch sein können, deutlich reduzieren.
Dies bedeutet allerdings auch, dass man viele jetzt eingelagerte Flugzeuge, bevor man sie wieder einsetzt, sehr aufwändig startklar machen muss. Das zeigt, dass man davon ausgeht, dass man auf längere Zeit viele Flugzeuge überhaupt nicht benötigt.
Geplante Wartungen werden verschoben
Auch wurden alle Wartungen für jetzt stillgelegte Flugzeuge abgesagt, welche für die Wintermonate geplant waren. Hierzu gehörten auch recht aufwändige Wartungen von den alten Boeing 747-400, welche die Lebensdauer der Flugzeuge noch einmal verlängern sollten.
Bei Lufthansa kann man vermutlich aktuell einfach noch nicht planen, wann man welche Flugzeuge wieder im Betrieb benötigt und es ist sehr wahrscheinlich, dass die Jets aktuell nach einer Wartung wieder in Storage gehen würden, wo sie zum Neustart für den Flugbetrieb erneut eine Wartung benötigen würden.
Lufthansa legt Verwaltung quasi komplett still
Ein weiterer Schritt um die Lufthansa in den Lock Down Modus zu versetzen, ist die (fast) komplette Stilllegung der Verwaltung. So werden hier wieder alle Mitarbeiter, welche nicht unmittelbar für das operative Geschäft benötigt werden, wieder zu 100% in Kurzarbeit geschickt.
Hierdurch benötigt man alleine im Hauptsitz der Lufthansa in Frankfurt, dem Aviation Center, nur noch etwa 30% der Flächen, wodurch das Gebäude weitestgehend stillgelegt wird. Auch andere Büroflächen in Frankfurt werden aufgegeben. So wird der Konzern die von Lufthansa gemieteten Büros über dem Fernbahnhof am Flughafen, dem Square, vollständig aufgeben und hat daher die Mietverträge gekündigt, bzw. wird sie nicht verlängern.
Auch betriebsbedingte Kündigungen sind nicht ausgeschlossen
Nachdem klar ist, dass Lufthansa drastisch kleiner werden muss, ist auch klar, dass Personal die Airline verlassen wird. Hierbei will man zwar so weit es möglich ist auf betriebsbedingte Kündigungen verzichten, allerdings schließt man diese mittlerweile nicht mehr aus.
Von den aktuell etwa 130.000 Mitarbeitern weltweit will man nach Möglichkeit 100.000 an Bord behalten, wobei hier nicht klar ist ob dies möglich ist und die Entwicklung der Situation bleibt abzuwarten.
Lufthansa verliert 500.000 Euro pro Stunde
Weiterhin bleibt Lufthansa in der aktuellen Situation hochgradig defizitär und man verbrennt nach eigenen Aussagen etwa 500.000 Euro pro Stunde. Damit hat man die Kosten im Vergleich zum Frühjahr schon deutlich senken können, denn hier belief sich der Verlust auf über eine Millionen Euro pro Stunde.
Aktuell hat Lufthansa noch etwa 6,3 Milliarden Euro, welche sie aus den Staatshilfen abrufen kann und man bezifferte die Liquidität auf etwa 10 Milliarden Euro. Mit diesem Geld ist zwar sichergestellt, dass Lufthansa ohne eine Insolvenz über den Winter kommt, was viele andere Airlines nicht von sich behaupten können, dennoch ist die finanzielle Situation enorm angespannt.
Auch wenn sich die Situation weltweit bis Mitte 2021 wieder einigermaßen stabilisiert, geht man bei Lufthansa inzwischen davon aus, dass es bis Mitte oder Ende des Jahrzehnts dauern wird, bis man sich von dieser Krise erholt hat. Eine genaue Prognose traut man sich aber noch nicht zu.
Lufthansa geht in Lock Down Modus | | Frankfurtflyer Kommentar
Es wird ein harter Winter, darüber sind sich viele Politiker und Wirtschaftswissenschaftler aktuell einig. Besonders hart wird der Winter auch für die Luftfahrt, welche sich nun in einem zweiten Lock Down befindet. Lufthansa musste auf diese Marktsituation reagieren, jedoch war ich tatsächlich schockiert von dem Umfang der Maßnahmen, welche man für nötig erachtet hat.
Hoffen wir, dass es nach dem Winter wieder deutlich bergauf geht, denn klar ist, dass die Branche das nicht mehr ewig durchhält und dies gilt für alle in der Reisebranche.
Der aktuelle Artikel im Manager Magazin lässt tief blicken: wenig Bereitschaft in der Belegschaft, wirklich etwas für den Erhalt des Arbeitsplatzes zu tun, quer durch alle Positionen im Unternehmen. Dazu Regelungen aus den 90ern, mit denen du im Jahr 2020 quasi nicht Überleben kannst.
Das gepaart mit den jüngsten kundenunfreundlichen Entscheidungen- wird sehr spannend für die Zukunft
“ So werden hier wieder alle Mitarbeiter, welche nicht unmittelbar für das operative Geschäft benötigt werden, wieder zu 100% in Kurzarbeit geschickt.
Hierdurch benötigt man alleine im Hauptsitz der Lufthansa in Frankfurt, dem Aviation Center, nur noch etwa 30% der Flächen, wodurch das Gebäude weitestgehend stillgelegt wird“
Bedeutet ja irgendwie, dass 70% der Mitarbeiter in der Hauptverwaltung für das operative Geschäft nicht benötigt werden. Was die Frage aufwirft, was diese denn dann den ganzen Tag tun außer sich selbst zu verwalten? Was irgendwie typisch Konzern wäre.
Oder ist gemeint für das „aktuelle“ operative Geschäft?
Wahrscheinlich liegt die Wahrheit in der Mitte…
Das bedeutet das die Büros nicht benötigt werden, aber es gibt ja noch Home-Office.