Lufthansa musste dieses Jahr schon 160 Millionen Euro an Entschädigung zahlen

Ein Airbus A350 der Lufthansa. Foto: Lufthansa

Lufthansa befindet sich gerade in einem wahren Chaos Sommer und auch wenn man gerade verkündet hat, dass man für dieses Jahr schon wieder einen operativen Gewinn erwarte, könnte das Ergebnis wohl deutlich besser sein, wenn man einen stabileren Flugplan hätte. Über 6.000 Flüge musste Lufthansa bereits absagen und dazu kamen noch jede Menge Verspätungen, was auch jede Menge Ausgleichszahlungen fällig machte.

Alleine in diesem Jahr musste Lufthansa bereits 160 Millionen Euro an Entschädigungen an Passagiere auszahlen und man darf befürchten, dass sich diese Summe noch einmal steigern wird bis zum Ende des Jahres, denn es sind wohl noch nicht alle Ansprüche bezahlt oder geltend gemacht.

Bedenkt man dass Lufthansa im zweiten Quartal 2022 erstmals wieder einen Überschuss von 393 Millionen Euro im operativen Geschäft ausweisen konnte, sieht man wie belastend alleine die Ausgleichszahlungen für Lufthansa sind.

Dabei haben Passagiere deren Flüge gestrichen werden oder verspätet sind nach der EU Fluggastverordnung EU261/2004 Anspruch auf pauschale Entschädigungen in Abhängigkeiten der Flugstrecke und der Verspätung.

  • Bis 1.500 Kilometer: 250 Euro
  • Bis 3.500 Kilometer: 400 Euro
  • Über 3.500 Kilometer: 600 Euro

Bei tausenden von teils sehr kurzfristig gestrichenen Flügen und noch mehr betroffenen Passagieren, summieren sich hier die Kompensationszahlungen bei Lufthansa offensichtlich massiv auf.

Lufthansa musste dieses Jahr schon 160 Millionen Euro an Entschädigung zahlen | Frankfurtflyer Kommentar

Den Chaos Sommer 2022 will man bei Lufthansa sicherlich schnell wieder vergessen und aus den Büchern verschwinden lassen. Dass man so hohe Ausgleichsansprüche bedienen muss macht dies aber komplizierter, denn es ist für den Konzern inzwischen durchaus eine belastende Größe.

Dabei finde ich persönlich es sogar gut, dass man Lufthansa nun für den instabilen Flugplan bluten lässt, denn es ist wichtig, dass die Entscheidungsträger schnellstmöglich dafür sorgen, dass solch ein Chaos wie es aktuell herrscht abgewendet wird.

Dazu gehört auch, dass man Streiks in der aktuellen Situation vermeidet und wenn man sich alleine anschaut was der eintägige Warnstreik des Bodenpersonals angerichtet hat, will man sicherlich nicht mehrere Streiktage der Piloten in diesem Sommer sehen.

17 Kommentare

  1. Problem sehe ich bei einer deutschen Firma mit klaren Compliance Regeln „wir halten uns an Gesetze“ eher darin, dass systematisch versucht wird die Passagierrechte zu vertuschen:

    – früher bekam jeder einen gedruckten Flyer zweisprachig mit der Aufklärung auf Flugastrechte – IMHO wäre das auch heute noch ein Mindestmass an „commitement“ zum Rechtsstaat – diese Vorgehensweise wurde aber „auf vielfachen Kundenwunsch“ weg enhanced „Fluggastrecht liegen am Gate in Frankfurt bereit“ (das wurde wohl von einem der hunderten Justiziare so als ausreichend definiert – es kümmert sich aber keiner drum (vermutlich Wettbewerbsrecht, wobei keine der anderen Krähe die Augen auskratzt)

    – Anfragen auf EU261 mit Fristsetzung werden -IMHO absichtlich – ignoriert bzw. verklausuliert abgelehnt. Selbst Schreiben vom Rechtsanwalt lässt man die Frist verstreichen.
    – nach Eingang der Klageschrift werden alle Kosten „ohne Anerkennung eines Rechtsanspruches“ bezahlt (incl. Anwaltskosten, Gerichtskosten, etc.)

    Hier belastet eine große, angeblicht wichtige deutsche Firma, deutsche Gerichte unnötigerweise und handelt eben genau nicht rechstkonform wie in der Compliance Richtlinie festgeschrieben:

    https://investor-relations.lufthansagroup.com/de/corporate-governance/compliance.html

    Compliance beschreibt alle Maßnahmen, die das rechtmäßige Verhalten von Unternehmen, ihrer Leitungsorgane und ihrer Mitarbeitenden im Hinblick auf gesetzliche und unternehmensinterne Ge- und Verbote gewährleisten.

    Für mich ist das Vorgehen bei EU261 ein klarer Gesetzesverstoß, weil eben erst geklagt werden muss, obwohl die Situation eindeutig ist!

    • Würdest du bei einem (von dir verursachten) Verkehrsunfall deinen Gegner darüber aufklären, dass er sich auf deine Kosten einen Rechtsanwalt nehmen und einen Mietwagen von dir beanspruchen kann? Eher nicht, denke ich. Wieso sollte es dann ein Konzern tun?

      • Autovergleich! Geil! Hinkt ja zum Glück auch gar nicht. Wenn wir unbedingt dabei bleiben wollen, das ist in etwa so als wenn jemand am laufenden Band vorsätzlich Verkehrsunfälle verursacht, sich stets weigert zu zahlen und erst dafür aufkommt wenn Klage eingereicht bzw. das Urteil gesprochen wird.

        • Na der Vergleich hinkt doch noch viel mehr, Florian: Hier ging es um die Kritik, nicht auf Ansprüche hinzuweisen. Mit „stets weigern zu zahlen“ hat das ja nichts zu tun.
          Was du aber ansprichst, ist tatsächlich eine Frechheit. Da bin ich bei dir.

      • Autounfall ist simples BGB (wer einem anderen einen Schaden zufügt) aber EU261 ist schon etwas komplizierter als reine Sachbeschädigung!

        Schadensersatz muss die Airline ja zusätzlich bezahlen, das steht IMHO nicht mal in den Broschüren drin.

        Wenn ich mich nicht täusche, sagt EU261 sogar, dass die Airlines ihre Kunden im Fall eine Annulierung oder Verspätung auf die Rechte hinweisen müssen. BGB hat keinen solchen Hinweis!

        Es gab ja auch schon Zeiten, wo sich LH-Group an alle Regeln gehalten haben, wie ihre Compliance das vorgibt (vor 10 Jahren?), nur hat sich halt herausgestellt, dass die Konkurrenz sich ganz und gar nicht an Vorgaben der Gesetzgeber hält und weder Fristen noch die Wahrheit ernst nimmt.

        Viele, die ich kenne, haben überhaupt keine Lust irgendwelche EU261 Kompensation zu verlangen, geschweige denn einen Anwalt zu beauftragen oder gar zu klagen. Auch wenn man denen sagt, dass nach der Klage in 99% der Fälle bezahlt wird (ausser 2020/21 Pandemie war bei mir teils mit vor Ort-Verhandlung).

        Mit dieser Masche lebt es sich offensichtlich gut, so gut, dass praktisch alle Airline egal was in den Compliance Regeln steht, das so machen!

        Achtung: Airlines wie SAS allerdings erstatten das Ticket, „vergessen“ aber die Gerichts und Anwaltskosten (was rein rechtlich keine Folgen hat, wenn der Schuldner im Ausland sitzt)

        • Inwiefern hat es für Airlines im Ausland keine Folgen, wenn sie Gerichts- und RA-Kosten nicht bezahlen? Solange du einen rechtskräftigen Titel hast, kannst du doch auch (im In- und [EU-]Ausland) vollstrecken.

      • Hallo Simon,

        der Grund ist, dass Artikel 14 der EU-VO 261/04 lautet:
        „Verpflichtung zur Information der Fluggäste über ihre Rechte
        (1) Das ausführende Luftfahrtunternehmen stellt sicher, dass
        bei der Abfertigung ein klar lesbarer Hinweis mit folgendem
        Wortlaut für die Fluggäste deutlich sichtbar angebracht wird:…“

        • Ich gehe davon aus, dass das irgendwo stehen wird und irgendwer auch entschieden hat, dass der Ort klar lesbar ist. – Eine darüber hinausgehende, aktive Hinweispflicht im Verspätungsfall kann ich da aber nicht herauslesen. Und um die ging es doch vorher.

          • Moment mal steht alles dort:

            Artikel 14 — Verpflichtung zur Information der Fluggäste über ihre Rechte
            Das ausführende Luftfahrtunternehmen stellt sicher, dass bei der Abfertigung ein klar lesbarer Hinweis mit folgendem Wortlaut für die Fluggäste deutlich sichtbar angebracht wird: „Wenn Ihnen die Beförderung verweigert wird oder wenn Ihr Flug annulliert wird oder um mindestens zwei Stunden verspätet ist, verlangen Sie am Abfertigungsschalter oder am Flugsteig schriftliche Auskunft über ihre Rechte, insbesondere über Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen.“
            Ein ausführendes Luftfahrtunternehmen, das Fluggästen die Beförderung verweigert oder einen Flug annulliert, händigt jedem betroffenen Fluggast einen schriftlichen Hinweis aus, in dem die Regeln für Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen gemäß dieser Verordnung dargelegt werden. Ferner wird allen von einer Verspätung um mindestens zwei Stunden betroffenen Fluggästen ein entsprechender Hinweis ausgehändigt. Die für die Kontaktaufnahme notwendigen Angaben zu der benannten einzelstaatlichen Stelle nach Artikel 16 werden dem Fluggast ebenfalls in schriftlicher Form ausgehändigt.
            Bei blinden oder sehbehinderten Personen sind die Bestimmungen dieses Artikels durch den Einsatz geeigneter alternativer Mittel anzuwenden.

            Also was diskutieren wir hier rum, wird einfach irgnoriert wie andere Speedlimits ignorieren. Frechheit siegt, das war schon immer so!

            Strafe für Nicht-Aushändigen fehlt udn zwar nicht 500€ sondern 5000€/Flug zahlbar an die Staatskasse

  2. Ver.di sollte den Teil der Kosten übernehmen müssen, den die Gewerkschaft wegen des Warnstreiks verursacht hat! ….. und heute ist MUC an der Reihe.
    Happy Landing !! (sofern man überhaupt weg kommt).

  3. Die Kosten dürften viel höher sein, wenn erst ein mal der Berg an Forderungen abgearbeitet/prozessiert wird. Selber haben meine Frau und ich derzeit Forderungen von etwa 2000 Euro allein von innereuropäischen Flügen seit Ostern offen, die älteste ist seit 3 Monaten in Verzug.

    @Jimmy und Kommentare: Die EU Fluggastrechteverordning schreibt den Gesellschaften vor, von sich aus die Passagiere auf ihre Rechte aufmerksam zu machen, und auch stets bei „Abweichungen“ die Begründung zu liefern. Leider tut dies kein Unternehmen. Genau darauf habe ich mich bereits mehrmals erfolgreich bei Ausgleichszahlungsforderungen berufen, nähmlich dass kein befreiungswürdiger Tatbestand angegeben wurde, wodurch dieser dann auch nicht mehr vorliegen kann, ohne entsprechende Dokumentation vorzulegen. Die Beweislast liegt nun bei der Gesellschaft, die mit der Vorlager eines Beweises in der Regel damit einen anderen Verstoss belegen würde.

    • @Jakob: genau das ist mein Verständnis aber weil es Wettbewerbsrecht ist, kann eigentlich nur ein Mitbewerber hier was bewirken, Verbraucherverbände ggf aber die sind schon seit Jahren auf verlorenen Posten.
      Was hülfe wäre eine EU261 Änderung, die den Airlines Strafen bei Nichtbeachtung aufbrummt und zwar saftige – dazu zusätzliche Strafen/Gebühren für die Durchsetzung per Klage.
      Ich glaube schon, dass man das hin brächte, aber vermutlich fehlt hier der Wille in der EU

  4. Die Entschädigungszahlungen könnte man anders aufsetzen, wenn nicht alle Fluggesellschaften bereits Vorkasse bei der Buchung machen würden. Machen wir Reisende ja bei Hotels auch nur bei aktiver Entscheidung.
    Solange diese Vorkasse (=Kredit) standardmäßig eingesammelt wird, tut mir keine Airline leid, die Leistung verspricht, vorab kassiert und bei Nicht- oder Schlechtleistung hinterher Entschädigung (=Prämie für den Kredit) zahlen muss.

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