Verbot der Vorkassepraxis bei Flugtickets kommt nicht und wäre auch nicht sinnvoll

Wer ein Flugticket bucht, selbst wenn es „voll flexibel“ und „jederzeit kostenlos storniert“ werden kann, muss dieses bei den Airlines immer direkt bei der Buchung voll bezahlen, auch wenn der Flug und damit die zu erbringende Leistung teils erst Monate in der Zukunft liegt.

Genau an dieser Vorkassepraxis haben sich vor allem die Verbraucherschützer und viele Kunden der Airlines in der Corona Pandemie gestört, denn es hat teils Monate gedauert, bis für nicht durchgeführte Flüge die Rückzahlungen gekommen sind, wenn sie den überhaupt geleistet wurden und nicht ausschließlich Umbuchungen oder Gutscheine angeboten wurden.

In den letzten Wochen gab es einen Vorstoß aus Niedersachsen um ein gesetzliches „Pay as you check-in“-Modell in Deutschland vorzuschreiben. Dieser Gesetzesentwurf ist nun allerdings im Bundesrat gescheitert und wird damit nicht umgesetzt, was vermutlich auch gut so ist.

Dabei sollte man mich hier nicht falsch verstehen. Der Umgang mit Erstattungen der Airlines in den letzten drei Jahren war in vielen Fällen eine Unverschämtheit. Allerdings ist die Abschaffung der Vorkassepraxis bei Flugtickets wohl nicht der richtige Weg um hiermit umzugehen und es wäre wohl auch nicht im Interesse der deutschen Passagiere.

Wie genau soll es überhaupt funktionieren?

Der Vorschlag aus Niedersachsen sieht vor, dass Passagiere erst für einen Flug bezahlen, wenn sie auch für diesen einchecken oder er auch tatsächlich abfliegt. Wenn eine Airline den Flug streicht, dann hat der Passagier hier auch keine Rückforderung, da er ja noch nicht bezahlt hatte.

Dies gilt für den Hin- und Rückflug getrennt, sprich es soll vor jedem Abschnitt der Reise eine Zahlung vorgenommen werden, wenn der Flug genutzt wird.

Auch wenn sich dies im ersten Moment sehr charmant anhört, stellt sich hier doch unweigerlich die Frage, wie dies in der Praxis funktionieren soll?  Was passiert, wenn ein Passagier plötzlich in Dubai, Singapur oder Mexico beim Check-In für den Rückflug nach Deutschland ankommt und die Kreditkarte funktioniert nicht, besitzt nicht das nötige Limit oder man versucht (ganz Deutsch) mit der EC Karte zu bezahlen?

Ich kann mir schon lebhaft die Geschichten ausmalen von Urlaubern, die im Ausland gestrandet sind, da sie nicht für den Rückflug bezahlen konnten. Es kann ja niemand wissen, dass man außerhalb von Europa quasi nie mit EC Karte bezahlen kann.

Daneben stellt sich auch die Frage, wie es aussieht, wenn ein Passagier einen nicht erstattungsfähigen Flug bucht, dieser auch durchgeführt wird und er ihn nicht antritt. In diesem Fall schuldet er der Airline die Zahlung, doch wie und wann wird diese durchgeführt?

In der Praxis würde es vermutlich auf eine Pseudo Abschaffung der Vorkasse herauslaufen. Man würde vermutlich auf die ein oder andere Art und Weise direkt bei der Buchung eine Zahlung leisten müssen, wohl nur nicht an die Airline direkt.

Die einfachste Option wäre wohl, dass die Airline den Betrag für die Buchung auf der Kreditkarte blockt und erst nach dem Flug buchen darf, aber wer will schon über Wochen mehrere tausend Euro auf einer Kreditkarte geblockt haben, was das Kreditlimit der Karte reduziert. Auch dürfen Beträge nicht über Monate auf Kreditkarten geblockt werden, hier machen die Kreditkarten Firmen nicht mit.

Faktisch müsste man vermutlich direkt bei der Buchung eine Zahlung an einen Treuhänder leisten, welcher das Geld just in time an die Airline auszahlt, sobald der Flug gestartet ist und dies auch überprüft. Grundsätzlich eine gangbare Lösung, allerdings wird dies sicherlich zu einer gewissen Kostensteigerung führen, denn der Treuhänder muss für seinen Service bezahlt werden, was der Kunde machen muss.

Dazu kommt bei Umbuchungen mit Nachzahlungen vermutlich in der Praxis noch das ein oder andere Problem hinzu, denn die Airline muss hier erst prüfen ob und wie viel Geld beim Treuhänder liegt, es müssen Nachzahlungen geleistet werden oder Geld teilweise erstattet werden….. Nicht dass man es nicht lösen kann, aber bis so ein System reibungslos funktioniert, braucht es sicherlich seine Zeit.

Airlines fehlt Planungssicherheit

Airlines haben bei dem Vorstoß aus Niedersachsen sehr schnell damit argumentiert, dass es ihnen an Planungssicherheit fehlen würde, wenn erst beim Check-In die Zahlung geleistet wird. Man muss hier davon ausgehen, dass es deutlich mehr Passagiere gibt, die aufgrund der noch nicht geleisteten Zahlung den Flug nicht antreten.

Auch wenn Airlines hier dann Regressforderungen haben, müsste man diese erst einmal umsetzen und dies alles würde die Kosten steigern und man müsse sie auf die Flugtickets umlegen.

Je nach Quelle hört man hier Preissteigerungen zwischen 4% und 25%. Vermutlich liegt die Wahrheit irgendwo dazwischen.

Ein deutscher Alleingang macht wenig Sinn

Wie immer ist die Luftfahrt eine sehr internationale Branche und bei solch einer Diskussion wird immer sehr schnell vergessen, dass ein deutscher Alleingang wenig Sinn macht. So würden ausländische Airlines vermutlich versuchen den Verkauf von Tickets so weit es geht zu reduzieren und für deutsche Airlines würde vermutlich ein Wettbewerbsnachteil entstehen.

Sicher ist, dass man mit weniger Investitionen in den Luftfahrtstandort Deutschland rechnen müsste und dies kann eigentlich nicht im Interesse von irgendjemanden sein. Eine systematische Veränderung des Prozesses der Zahlung bei Tickets, würde erst Sinn machen, wenn man hier mit der gesamten Luftfahrt und dem Weltdachverband, der IATA, eine neue Regelung schafft. Einen Willen hierzu sehe ich aktuell aber nicht und auch der Leidensdruck ist überschaubar.

Warum braucht es eine solche Änderung der Vorkassepraxis eigentlich?

Das Gefühl, dass man eine solche, neue Regelung braucht ist entstanden, da es zu einer sehr großen Anzahl an massiv verspäteten oder nicht geleisteten Zahlungen von Airlines gekommen ist. Auch wenn es hierbei verständlich Gründe gab, hatte es in vielen Fällen ab einem gewissen Punkt den Eindruck erweckt, dass Airlines die Gelder für nicht durchgeführte Flüge einbehalten wollen.

Die Frage ist aber warum so eine weitreichende Veränderung wie ein „Pay as you check-in“-Modell hierdurch nötig werden sollen. Grundsätzlich sieht der Gesetzgeber schon jetzt sehr enge Fristen für die Erstattung vor. Meist müsste diese eigentlich 7 Tage nach Aufforderung von der Airline geleistet werden.

Vielleicht wäre es einfacher und auch sinnvoller wenn der Gesetzgeber diese Regelungen durchsetzt und hier im Zweifelsfall auch so sanktioniert, dass Airlines (auch internationale Airlines) sich an diese Regelung halten, wenn sie nach Deutschland oder in die EU fliegen wollen?

Warum will man hier eine komplett neue Regelung schaffen, wenn dies nicht nötig ist?

Verbot der Vorkassepraxis bei Flugtickets kommt nicht und wäre auch nicht sinnvoll | Frankfurtflyer Kommentar

Das Verbot der Vorkassepraxis bei Flugtickets wurde immer wieder vor allen medial sehr intensiv diskutiert und es hört sich initial auch nach einer sehr Verbraucher freundlichen Regelung an. Wirklich sinnvoll ist diese Regelung wohl aber nicht und die Umsetzung dieser Regelung würde auch zu massiven Problemen führen.

Ich persönlich finde es daher gut und richtig, dass der Antrag im Bundesrat gescheitert ist, allerdings würde ich mir wünschen, dass der Gesetzgeber die Erstattung dennoch deutlich mehr forciert und Airlines hier bei Verfehlungen deutlich auf die Finger schlägt.

18 Kommentare

  1. Sehr gut dass es nicht kommt. Manchmal uebertreiben Verbraucherschuetzer.Habe nur ein mal bei Air Asia mein Geld nicht zurueckbekommen in derCovidzeit.Fliege ich nicht mehr mit air asia

  2. Die Gegenargumente wirken für mich etwas konstruiert… Bei fast jeder großen Hotelkette muss ich für eine garantierte Buchung meine Kreditkartennummer hinterlegen, auch wenn die Bezahlung erst beim Check Out erfolgt. Das dient ja eben genau der Absicherung für „no show“. Warum sollte das bei Airlines nicht auch gehen?

    • Aber auch Hotelketten haben ‚Günstige‘ PrePaid Tarife und ich habe hier auch schon mal fast 2 Monate auf mein Geld gewartet.
      Und auch habe ich schon erlebt, das die Hotels dann Summe X Blocken (sie mir also wirklich NICHT zu verfügung steht).

      Das nächste Problem ist/wäre aber, das man das ja gar nicht so durchziehen kann. Wenn ich das Beispiel aus dem Artikel mit den Rückflug nehme: Ich habe doch eine Hin- und Zurückticket. Ich würde also entweder daraus 2 Tickets machen oder müsste für den Rückflug doch schon beim Hinflug zahlen (und hätte evtl. das gleiche Problem wie jetzt auch schon).

    • Genau an Hotels habe ich auch gedacht. Eine solche Regelung macht für mich mehr Sinn. Wenn ich eine Pre-paid Rate wähle, also einen Kredit gebe (+ ggf. weitere Einschränkungen akzeptiere wie keine Umbuchbarkeit und Stornierung), ist diese entsprechend niedriger. Wenn ich eine flexible Rate wähle, dann bezahle ich erst direkt vor dem Flug (automatisiert bei Checkin über Preautorisierung). Wenig bürokratischer Aufwand.

      Ich halte die grundsätzliche Idee für richtig, denn es gibt keinen Grund einen zinsfreien Kredit zu geben. Allerdings muss das Ganze mindestens auf EU Ebene umgesetzt werden und für alle Flüge in die EU gelten, auf deutscher Ebene wäre es ganz klar ein Problem für deutsche Fluggesellschaften.

      Ach ja, die deutschen Urlauber, die so verpeilt sind, wie du beschreibst, die haben oft doch sowieso die Pauschalreise gebucht 😉 Da gibt es meines Wissens übrigens schon heute ein System aus Anzahlung zum Garantieren und Hauptzahlung kurz vor Reiseantritt.

  3. Ne ich finde es wäre sinnvoll diese Praxis abzuschaffen. Genau so wie z. B. mit den Hotels können die Kreditkarten als Sicherheit hinterlegt werden. Die Airlines „arbeiten“ mit dem Geld der Verbraucher, obwohl die dieses Geld in Aktien oder sogar mittlerweile auf das Tagegeldkonto legen können. Dann müssen sich die Airlines halt bei Ihren Banken Liquiditäten verschaffen. Ich würde Änderung nur begrüssen, am Besten auf EU Ebene.

    • Aus wirtschaftlicher Sicht ist die Vorauskasse schon gerechtfertigt. Das Luftfahrtgeschäft ist sehr kapitalintensiv und benötigt hohe Vorinvestitionen, um die Flüge (für die Kunden) überhaupt durchführen zu können. Daher ist es legitim, dass sich die Verbraucher ein Stück weit an diesen Kosten beteiligen und die Fluggesellschaften somit mit dem Geld der Verbraucher „arbeiten“ dürfen. Hingegen müssen bei Annullierungen, Problemen, etc. die geschuldeten Beträge (evtl. inklusiver allfälliger Kompensationszahlungen) sofort und anstandslos den Kunden zurückbezahlt werden. Dort müsste meines Erachtens der Hebel angesetzt werden!

      • Naja… Restaurants müssen auch die ganzen Lebensmittel vorhalten. Sollte da dann auch bei der Reservierung oder beim Eintreten Vorkasse verlangt werden?

        • Restaurants kaufen mehr oder weniger tagesaktuell ein und kassieren dann abends sofort ein; das ist ein anderer Fall. Hingegen ist es beispielsweise auch in der verarbeitenden Industrie üblich, dass ein Kunde Anzahlungen zu leisten hat, wenn hohe Vorinvestitionen anfallen.

          • Nicht mal nur in der Industrie. Die meisten Handwerker wollen inzwischen bereits bei Auftragserteilung eine nicht unerhebliche Anzahlung. Gerade erst wieder erlebt, wenn es um einen größeren Posten geht.

          • Ach man kann das schon machen, dann muss eine dritte Partei zur Finanzierung bei den Airlines zwischen geschaltet werden. Das ist dann eine Bank. Man sollte aber wissen, dass so etwas Geld kostet und die Airlines es natürlich auf die Kunden umlegen werden, sprich Preise steigen.

            Wo der große Vorteil für den Verbraucher ist, sehe ich da nicht.

  4. Daneben stellt sich auch die Frage, wie es aussieht, wenn ein Passagier einen nicht erstattungsfähigen Flug bucht, dieser auch durchgeführt wird und er ihn nicht antritt. In diesem Fall schuldet er der Airline die Zahlung, doch wie und wann wird diese durchgeführt?

    -> einfach mal den Spieß rumdrehen wie während Covid.
    ‚Schwierige Lage‘
    ‚Prozesszeiten vom System‘
    ‚Wir arbeiten dran‘

    Und dann einfach mal Bearbeitungsgebühren von 10 bis 30% abziehen, so lange bis sich auf der Gegenseite ein Anwalt einschaltet. Das wäre die Sprache und Methodik die Airlines mal erfahren sollten.

  5. Aber die Bahn macht es doch nicht anders? Da muss ich auch bei Buchung zahlen, ohne wenn und aber. Wieso regt sich da keiner auf? Schon sehr seltsam.

    Und jedem steht es frei einen Flug auch ein paar Tage vor Abflug zu buchen. Das ist dann eben teurer. Für die Vorkasse bekommt man halt Rabatt, was bei Hotels auch so ist.

    Was ich mir vielmehr wünschen würde, dass die Tickets nicht so restriktiv sind. In den USA gibt es ja inzwischen oft keine Change fee mehr. Das wäre für mich viel sinnvoller.

    • Es gibt übrigens Firmenverträge bei der Bahn und auch bei Airlines, welche eine Zahlung teils erst Wochen nach den eigentlichen Flügen und Fahrten verlangen. Das sind aber besondere Konstellationen und man muss hier im Zweifel auch Sicherheiten bieten. Für Private wohl alles andere als praktikabel.

  6. So lang Unternehmen, wie die Lufthansa ihren Zahlungsverpflichtungen bei Stornierungen und Verspätungen nicht nachkommen, ist die Abschaffung der Vorkasse die einzig richtige Option.

    Aber ja, das gilt nicht nur für Fluggesellschaften sondern auch die Bahn.

    Und hey, alles gar nicht so tricky. Hotel-Industrie und Autovermietungen machen es vor. Jetzt zahlen oder später vor Ort. Der Kunde entscheidet und übernimmt die Risikobewertung für sich.

    Das Problem wie üblich: Die Damen und Herren, die uns regieren, denken zu kleingeistig und engstirnig. Statt über das Große und Ganze nachzudenken, kommt am Ende nur eine Bevormundung der Bürger raus. Die dann im Endeffekt keinem Gericht standhält.

    • Ich finde tatsächlich die Gesetzliche Abschaffung der Vorkasse bei Flügen als ungeeignet, wenn es darum geht, dass Airlines keine Erstattungen leisten oder zu spät.

      Warum will man so ein Ungetüm, deren Folgen nicht überblickt werden und das sich vermutlich über Jahre nicht Umsätzen lässt, wenn man die Instrumente eigentlich nicht hat. Warum müssen Lufthansa, TAP, oder Air France bei verspäteter Zahlung nicht einfach mal 50.000 oder 500.000 Euro Strafe zahlen. Wenn sich die Airline weigert, wird sie als Zahlungsunfähig eingestuft und das AOC ist weg. In den USA funktioniert es sehr gut so die DOT Vorgaben durchzusetzen, auch gegen ausländische Airlines.

  7. Nein es wäre sogar sehr sinnvoll die Vorkasse abzuschaffen, wenn die Airlines sich dann einige Jahre in allen Punkten rechtskonform verhalten haben, DANN kkönnte man wieder über Vorkasse (mit Sicherungsschein) für unflexible Tickets reden – vorher nein.

    Und die Probelem sind konstruiert.

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