Warum Inflation zu Abwertungen bei Meilenprogrammen führt

Im Augenblick erleben wir bei vielen Meilenprogrammen Abwertungen, das bedeutet, dass wir für häufig von heute auf morgen mehr Meilen für eine Flugbuchung aufwenden müssen. Zugleich spüren wir alle die Inflation, die viele Länder rund um den Globus erfasst hat. Und ohne Airlines jetzt eine Steilvorlage zu geben, möchte ich Euch kurz vorstellen, wie diese beiden Phänomene zusammenhängen.

Foto: Lufthansa

Eine kurze Geschichte der Meilenprogramme

Die Meilenprogramme wie wir sie heute kennen gehen im Wesentlichen auf das Jahr 1981 zurück. Die Idee der Airlines war, Vielreisende an die Airline zu binden. Als Wert zur Ermittlung des Vielfliegerstatus und als „Währung“ der Programme wurden „Meilen“ eingeführt. Dabei erfolgte die Gutschrift der Meilen distanzbasiert, d.h. mit weiteren Flugstrecken wurden mehr Meilen „verdient“ als mit kurzen Flügen.

Prämienflüge konnte man dann mit „Meilen“ und geringen Geldzuzahlungen kaufen.

Und da sich die tektonischen Verschiebungen zu unseren Lebzeiten nicht merklich auf die geflogenen Distanzen zwischen den Flughäfen auswirken, ergibt sich ein im Wesentlichen geschlossener Kreislauf.

Meilen werden durch Fliegen verdient und für Flüge ausgegeben. Steigen allgemeine Kosten, steigen die Ticketkosten ebenfalls und wenn ein bestimmter Prozentsatz der Einnahmen aus Ticketverkäufen für die „Entstehung“ von Meilen reserviert wird, ist das System im Großen und Ganzen „inflationssicher“.

 

Meilen werden immer populärer

Schon bald nach der Gründung der Meilenprogramme war das Meilensammeln populär. Ab Mitte der 1980er Jahre gab es dann das erste Rewards-Programm für Kreditkarten. American Express startete 1991 das Programm Membership Miles. Bis heute ist Delta ein Transferpartner des Programms (das inzwischen Membership Rewards heißt).

Ebenfalls gibt es seit den 80er Jahren die ersten Co-Brand Kreditkarten, mit denen sich Meilen sammeln lassen. Was für Kreditkartenfirmen den Vertrieb der Karten erleichtern soll, führte in der Welt der Meilen zu einer Art Meilenexplosion.

 

Das führt zu steigenden Meilenständen

Meilen konnten nun unabhängig von der Flugaktivität gesammelt werden. Zumeist hängt die Anzahl der mit einer Kreditkarte gesammelten Meilen von den Kreditkartenumsätzen ab. Und damit wurde auch die Inflation ein Faktor. Dann steigende Preise führen zu steigenden Umsätzen und zu mehr Meilen.

Kreditkartenmeilen entstehen nicht im luftleeren Raum. Zumeist hat jemand die Meilen mit Geld gekauft. Das können Kreditkartenunternehmen oder auch Händler sein, die damit eigene Ziele verfolgen.

In jedem Fall steigen damit die Guthaben auf Meilenkonten an. Und damit die Anzahl möglicher Einlösungen.

Meilenverfall ist nicht gewollt

Immer wieder hört man, dass Airlines den Verfall von Meilen lieben. Das mag vielleicht in einigen Unternehmensbereichen so sein, insgesamt mögen es Airlines eher nicht, wenn Meilen der Kunden ohne Gegenleistung verfallen. Wenn es Kleinstbestände sind, mag es einem Kunden recht gleichgültig sein. Handelt es sich jedoch um eine Menge, die man gut für eine Prämie einlösen könnte, wandelt sich das Bild. Dann nämlich sind Kunden häufig enttäuscht und wenden sich ab, denn sie fühlen sich, als wäre ihnen etwas genommen worden. Und diesen Zustand mögen Airlines nicht, weil sich das meist negativ auf die Kundenbindung auswirkt.

Außerdem zeigen Studien, dass erfolgreiche Einlösungen von Punkten und Meilen die Kundenbindung erhöhen. Denn viele Kunden möchten nach einem Erfolgserlebnis ein weiteres erleben.

Begrenztes Angebot

An diesem Punkt sind Airlines mit steigenden Meilenguthaben „konfrontiert“. Das Angebot an Flügen, ist jedoch nicht leicht zu erweitern. Im Wesentlichen trifft eine steigende (potentielle) Nachfrage auf ein mehr oder weniger gleichbleibendes Angebot. Jetzt könnten Airlines das über Verfügbarkeiten regeln. In der Praxis sind jedoch Meileneilösungen finanziell weniger attraktiv als verkaufte Tickets. Daher gibt es auf den allermeisten Flügen ein begrenztes Kontingent an Meileneinlösungen. Und Kunden, die ihre Meilen wegen Verfügbarkeitsengpässen gefühlt nie einlösen können, werden irgendwann frustriert. Spätestens dann, wenn Meilen aus diesem Grund verfallen (s.o.).

Daher das Gift der Abwertung. Für Kunden, die auf ein Ziel sparen wird der weg ein kleines (oder großes) Stückchen weiter und diejenigen mit hohen Kontoständen können sich dann eben weniger leisten. Für die wenigsten Kunden ist das aber ruinös und so bleiben sie weiter dem Programm und der Airline treu.

Und was ist jetzt mit der Inflation

Zum einen hat Inflation zur Folge, dass mehr Punkte ausgegeben werden. Soweit so gut. Meilenprogramme haben interne Renditeerwartungen. Grob gesagt kalkulieren sie mit einer gewissen Marge. Wenn man annimmt, dass es einem Programm gelingt, Meilen für einen Cent pro Meile zu verkaufen, resultiert das in 500 Euro Einnahmen für 50.000 Meilen. Löst ein Teilnehmer jetzt diese 50.000 Meilen für einen Business Class Flug ein, muss das Meilenprogramm der ausführenden Airline nach Abschluss des Flugs z.B. 300 Euro zahlen. Damit verbleiben 200 Euro beim Meilenprogramm und nach Abzug der eigenen Kosten verbleibt vielleicht ein Ertrag von 50 Euro.

Wenn alle Meilen, die gesammelt werden zeitnah wieder ausgegeben werden und die Inflation niedrig ist, läuft dieser Prozess problemlos weiter.

In einer Welt, in der Meilen jedoch gehortet werden und die Preise schnell steigen, wird das Ganze schwieriger. Sind die Kosten im Meilenprogramm aufgrund von Inflation in einem Jahr z.B. um 10% gestiegen, verringert sich in dem Beispiel der Ertrag nach dem Abzug der eigenen Kosten (im Beispiel oben 150 Euro, inflationiert dann 165 Euro) von 50 Euro auf 35 Euro.

Jetzt möchte das Meilenprogramm die eigene Renditevorgaben jedoch gerne einhalten. Kann es interne Kosten nicht senken, könnte es z.B. mit den Einlösepartnern geringere Einkaufspreise aushandeln. Bei hoher Inflation möchten diese jedoch höhere Preise durchsetzen, von daher ist das ein eher unwahrscheinliches Unterfangen.

Das Meilenprogramm kann die Preise für verkaufte Meilen anheben. Allerdings werden dann nur die Einnahmen aus zukünftigen Verkäufen steigen und eventuell verkauft das Programm dann auch weniger Meilen.

Und dann kommt der Faktor Meilenabwertung ins Spiel. Kostet der Flug statt 50.000 Meilen dann auf einmal 55.000 Meilen, wäre das der Rendite zuträglich. Und diese Erhöhung ist im Vergleich zu eigenen Kostensenkungen oder dem Aushandeln besserer Einkaufskonditionen deutlich leichter zu erreichen.

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Warum Inflation zu Abwertungen bei Meilenprogrammen führt | Frankfurtflyer Kommentar

Durch die Verknüpfung von Kartenzahlungen und Meilen wurde dem Einfluss von Inflation in die Meilenwelt der Weg geebnet. Dieser Effekt wurde sozusagen mit eingekauft, als man Meilensammeln außerhalb von Flügen gestattet hat. Ob das ein Vorteil ist, hängt stark davon ab, wie Ihr Eure Meilen sammelt. In jedem Fall wird sich im aktuellen System das Gewicht weiter von Flugmeilen zu Kreditkartenmeilen verschieben.

Lufthansa verbucht die inzwischen aufgelaufenen 227 Mrd. Miles & More Meilen als „deferred revenue”. Damit wird deutlich, dass Lufthansa bei jeder Einlösetransaktion einen Ertrag erwartet. Wie hoch der ist, ermitteln Lufthansa anhand des historischen Einlöseverhaltens. Bei Miles & More ist übrigens eins sicher: Durch die hohen Zuschläge, sind die tatsächlichen Beförderungskosten zumeist vollständig abgedeckt. Die Einlösung von Meilen manifestiert dann nur noch den Ertrag in den Büchern von Lufthansa. Aber wir dürfen nicht vergessen: Jede Einlösung bringt auch ein Stück Freude, dass sich das Meilensammeln gelohnt hat. Nur eins sollte man nicht: Meilen horden. Als Anlageprodukt sind Meilen in keinem Programm zu empfehlen.

5 Kommentare

  1. Da niemand weiß, wieviel EuroCent pro Meile das Meilenprogramm an die Fluggesellschaft für einen Meilenflug zu bezahlen hat, ist dieser Artikel mehr oder weniger sinnlos.

    Das du 50.000 Meilen mit einem Gegenwert von 500 Euro berechnest, ok …
    Aber woher kommt denn die 300 Euro Erkenntnis ???

    • Mit Verlaub: Der Artikel käme sogar komplett ohne illustrative Zahlen aus.
      Ich kenne tatsächlich nicht den Preis zu dem Meilenprogramme ihre Meilen verkaufen. Alleine schon von „dem“ Preis zu sprechen wäre falsch. Denn es gibt eine Vielzahl von Preise. Als Anhaltspunkte können z.B. Preise herangezogen werden, zu dem M&M Meilen an kleine Unternehmen verkauft (ca. 3 Eurocent pro Meile) oder den Preis den American Express für Mileage Plus Meilen während der Corona-Pandemie gezahlt hat.
      Aber weiter mit den unbekannten Zahlen. Denn die 50k für einen Business Flug dürften in den wenigsten Meilenprogrammen zutreffend sein. Macht aber nix. Geht um die Illustration.
      Die nächste Unbekannte sind die Preise, die Airlines für Meileneinlösungen aufrufen. Ein Indikator für die Preise können z.B. die Meilenkaufpreise in verschiedene Programmen und dann die Meilenwerte für Einlösungen in ebendiesen sein. Und die Annahme, dass die Airline, die Meilen verkauft im Falle der Einlösung keine Verluste machen darf. Aber soviel dürfte klar sein: Die Preise dürften deutlich unter den Cashpreisen liegen, die Verbraucher für die Flüge zahlen.
      Und noch eine Unbekannte steckt im Artikel: die konkrete Zahl der verfügbaren Plätze für Einlösungen. Aber auch die braucht man nicht zu kennen. Vielleicht sei der Hinweis erlaubt: Die Anzahl der für Einlösungen verfügbaren Plätze in der interkontinentalen Business und First Class steigt nicht um 10% pro Jahr.
      Die internen Rediteziele der Meilenprogramme kenne ich auch nicht. Aber auch hier gilt: Brauche ich für den Artikel nicht.
      Der bleibt auch ohne konkrete Zahlen valide.
      Nur noch ein letzter Hinweis: Das Meilenprogramm zahlt nicht pro eingelöster Meile an die Airline. Da gibt es Verträge, die den Betrag je Platz festlegen (die aber nicht konstant sein müssen, sondern variabel sein können).

  2. Das beschriebene „Dilemma“ der Airlines, Kunden zu verlieren kann man ganz einfach beheben. Einfach mal anfangen Service zu liefern und wieder Normalität in die Meilenprogramme einkehren lassen. Allerbestes Negativbeispiel bleibt auf lange Zeit die Lufthansa. Deren Meilen und auch die eVoucher sind nahezu nutzlos, da nur einlösbar zu Zeiten wo kein Normalsterblicher fliegen kann. Und Menschen mit Kindern, die eine Ferien-Bindung haben haben auch nahezu null Möglichkeiten die Meilen zu nutzen. Von den sinnlosen eVoucher ganz zu schweigen.

    • Hi würde ich so nicht bestätigen.
      Es ist nur etwas Planung notwendig. Bin letztes Jahr mit 4 Personen in C nach Asien mit M&M gereist. Wenn man spontan mal 4 Plätze zur Ferienzeit haben möchte… das wirst du nirgendwo finden. Plane Jahr in voraus und die Welt sieht besser aus. (Nicht rosig, aber besser)
      Aber allgemein, was LH und M&M angeht, gebe ich dir recht.

  3. Interessanter Artikel. Spannend wäre eine Inflationsrate zu ermitteln, die sowohl die teuerer werdenden Reward-Flüge, als auch das schwerer werdende Sammeln von Meilen berücksichtigt. Meine These: da liegt M&M und co. deutlich über der EZB ;-))

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