Es wirkt schon fast wie ein Komplott! Fünf Minuten nachdem Air Berlin die Börse in einer Pflichtmeldung über die eigene Insolvenz unterrichtet hat, gab Lufthansa hierzu bereits eine Pressemitteilung heraus, in welcher sie ihre Unterstützung in der Umstrukturierung von deutschlands zweit größter Airline bekundete.
Lufthansa befindet sich mit Air Berlin bereits in Verhandlungen über den Erwerb von Teilen der airberlin Gruppe und bietet damit auch die Möglichkeit zur Einstellung von Personal. Lufthansa beabsichtigt, diese Verhandlungen zu einem schnellen und positiven Ergebnis zu führen.
Auch die Bundesregierung hat noch am selben Tag einen 150 Millionen Euro Überbrückungskredit der KFW genehmigt. In einer anschließenden Pressemitteilung sagt Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt zur Irritation vieler Kartellrechtler „Teile des Unternehmens gehen an die Lufthansa.“
Das ganze wirkt nicht nach einem spontanen Plan zwischen Air Berlin, der Bundesregierung und Lufthansa, sondern erscheint fast so, als lägen die Pläne hierfür bereits seit Tagen oder Wochen auf dem Tisch. Die irische Ryanair sieht hierbei schwere Wettbewerbsverstöße und hat bereits Beschwerde beim Bundeskartellamt und der EU Wettbewerbskommision eingereicht.
Unserer Meinung nach ist es offensichtlich, dass die Bundesregierung mit Lufthansa Hand in Hand daran arbeitet, Konkurrenz für Deutschland fernzuhalten“, sagte Ryanair-Marketingchef Kenny Jacobs „Bild“. „Die Tatsache, dass Verkehrsminister Alexander Dobrindt betont, dass hier keine kartellrechtlichen Verstöße vorliegen, bestätigt, dass dies ein abgekartetes Spiel ist.“
Welche Rolle spielt Lufthansa? Was wissen wir?
Es ist recht offensichtlich, dass Lufthansa, Air Berlin, Etihad Airways und auch die Bundesregierung seit Monaten an einer Lösung für Air Berlin arbeiten. Dies wurde auch bereits in mehreren Statements von allen Seiten bekräftigt.
- Bereits letztes Jahr hat Lufthansa überraschend für viele, 40 Air Berlin Flugzeuge, samt Crew übernommen und in Eurowings und Austrian Airlines eingegliedert.
- Anfang des Jahres nahmen erste Gerüchte über eine Zusammenarbeit von Etihad und Lufthansa ihren Lauf. Auch über einen Beitritt von Etihad zur Star Alliance wurde spekuliert. Am Ende wurde „nur“ eine strategische Partnerschaft zwischen Lufthansa und Etihad angekündigt. Erste Codeshareabkommen auf den Flügen zwischen Frankfurt, München und Abu Dhabi, sowie Brasilen wurden geschlossen. Auch Verträge über Wartung und Catering wurden geschlossen.
- Im Mai reiste Bundeskanzlerin Merkel im Zuge ihrer Nahost Rundreise auch nach Abu Dhabi. Am Rande dieses Staatsbesuches fanden wohl auch Gespräche mit Etihad Airways statt, bei welchen auch Lufthansa CEO Carsten Spohr anwesend war. Hier wurde vermutlich über die Zukunft von Air Berlin diskutiert und eine „Deutsche Lösung“ für das Unternehmen befürwortet.
- Kurz darauf, gab Lufthansa offiziell bekannt, dass man Interesse an einer Übernahme von weiteren Unternehmensteilen von Air Berlin hätte, allerdings müsse die „Schuldfrage“ geklärt sein.
- Am Montag dem 14. August beantragte Air Berlin schließlich das Insolvenzverfahren, da die zugesagte Zahlung von Etihad zur Aufrechterhaltung des Flugbetriebes ausgeblieben ist.
- Vermutlich wird Lufthansa 50 weitere airberlin Flugzeuge unternehmen.
Wie kritisch ist diese Situation einzustufen?
Ich bin weder Jurist, noch sind mir alle Einzelheiten bekannt, daher möchte ich hier nur meine persönliche Einsätzung abgeben. Zwar wirkt die Situation deutlich arrangiert, dennoch ist davon auszugehen, dass auf allen Seiten sehr kluge Köpfe an diesem Konstrukt gearbeitet haben und man sicherlich davon ausgeht, dass man sich im legalen Bereichen bewegt.
Ich persönlich bin auch froh, dass man diese Insolvenz ganz offensichtlich vorbereitet hat und so ein Grounding der airberlin vermieden hat. Immerhin fliegen in der Ferienzeit täglich 80.000 Passagiere mit Air Berlin. Auch nur ein zwei- oder dreitägiges Grounding wäre eine mittlere Katastrophe gewesen.
2001 hatten wir mit der spektakulären Swiss Air Pleite eine sehr ähnliche Situation in der Schweiz, welche man sicherlich tunlichst vermeiden wollte.
Lufthansa hat schon in den vergangen Jahren gezeigt, dass man über Zukäufe wachsen möchte. So hat man z.B. die Swiss, Austrian Airlines und Brussels Airlines zu 100% übernommen und scheint mit dieser Strategie auch sehr erfolgreich zu fahren. Daher ist natürlich auch der Wunsch nach der Übernahme des größten deutschen Konkurrenten, durchaus nachvollziehbar.
Auf diversen Social Media Kanälen wird Lufthansa daher auch gerne die Schuld an der Pleite von airberlin zugeschoben. Dies ist so sicherlich nicht richtig. Zwar hat Lufthansa nichts getan um airberlin zu stärken, allerdings wurden die unternehmerischen Fehler bei airberlin gemacht, welche zur prekären Lage und der endgültigen Insolvenz führten.
Dass Lufthansa nun große Teile von Air Berlin übernehmen wird und das Ganze, inklusive der jetzigen Insolvenz geplant war, könnte sich durchaus als sehr positiv erweisen. Die Motivation der Bundesregierung ist sicherlich, möglichst viele der deutschen Arbeitsplätze zu erhalten, wogegen die Motivation der Lufthansa wohl die Expansion durch Teilübernahme eines Konkurrenten ist.
Besonders die über 8.000 airberlin Mitarbeiter könnten hiervon profitieren, da sie dadurch wenigstens Aussicht auf einen weiterhin gesicherten Arbeitsplatz haben. Und auch die Gehälter der nächsten Monate wurden bereits abgesichert, was sicherlich eine Erleichterung für die betroffenen airberliner darstellt.
Die Kosten der Insolvenz werden die Eigentümer tragen müssen, allen voran Etihad Airways, welche sicherlich bei weitem nicht ihr Investment aus der Insolvenzmasse erhalten werden. Auch den 150 Millionen Euro Kredit, für welchen der Steuerzahler letztendlich einsteht, wird man wohl nicht mehr vollständig bedienen können.
Die Situation ist alles andere als schön! Aber vermutlich ist es tatsächlich die beste Lösung! Ewig konnte man die hoch defizitäre airberlin einfach nicht am Leben erhalten. Und wenn ich mir die Alternative aus einem Grounding und anschließender Übernahme durch die Spaßvögel aus Dublin vorstelle, bevorzuge ich die aktuelle Situation.
absolut Deiner Meinung. Das Vorgehen macht Sinn, ganz im Gegensatz zum damaligen Swissair Debakel, wo die Airline absolut ungeordnet unterging. Und dass nicht nur Lufthansa, sondern auch Qatar und vermutlich weitere Airlines nun um die Mitarbeitenden von Air Berlin buhlen ist ja schon mal ein ermutigendes Zeichen