Ich reise gerne, oft und viel, nutze jede Gelegenheit dafür und manchmal geht es mehr um den Weg, als das Ziel: Fliegen! Ich liebe es zu fliegen und das verbindet uns alle hier. Und wenn ich nicht gerade Urlaub mache, fliege ich auch. Denn diese Leidenschaft ist mein Beruf und ich kenne dadurch auch den Blick von der anderen Seite. Diese Sicht möchte ich an dieser Stelle gerne mit Euch teilen. Heutiges Thema: Drücken oder nicht drücken? Der Rufknopf
Meistens ist er in dem Deckenfach neben der Leselampe, manchmal wurde dieser in die Armlehne integriert, es gibt ihn auch auf der Fernbedienung oder etwas versteckt auf dem Bildschirm. Die meisten Passagiere haben eine richtige Hemmschwelle den Rufknopf für Flugbegleiter zu betätigen. Selbst wer eingesperrt auf einem Fensterplatz auf der Langstrecke sitzt und Durst bekommt macht es ungern. So geht es zumindest mir und den meisten anderen wohl auch.
Den Fluggästen ist es meist freigestellt aus welchem Grund sie diesen Knopf benutzen möchten. Für ein zweites Glas Wein weil man gerade nochmal anstoßen möchte, für ein Wasser weil gerade kein Service stattfindet, weil man etwas kaufen möchte, weil man einen Anschlussflug hat und die Verbindung immer knapper wird, weil der Vordermann die Rückenlehne nicht aufrecht stellt oder weil der Sitznachbar keine Luft mehr bekommt.
Nach Druck auf den Rufknopf ertönt ein Klingeln in der Kabine, je nach Flugphase bekommt die Crew das mitunter zügig mit. Häufig kommen solche „Pax-Calls“ direkt nach dem Start während die Crew selbst noch angeschnallt sitzt und gar nicht aufstehen darf. Der Bildschirm funktioniert nicht, es fehlen Kopfhörer, man braucht eine Kopfschmerztablette. Nach Take off müssen ohnehin viele Dinge erledigt werden, das dauert also bis jemand die ganzen Leuchtknöpfe „abarbeitet“.
In servicefreien Zeiten oder während eines Nachtfluges bekommen die Flugbegleiter das „Bing“ schon eher mit und reagieren meist schnell darauf. Ähnlich schnell geht es in der Kabine mit weniger (belegten) Sitzplätzen wie in der Business Class oder auf schwach gebuchten Flügen.
Wann darf ich drücken?
Auf einem Flug mit United vom US-Festland nach Hawaii habe ich direkt mitbekommen wie es ein Mitreisender gewagt hat diesen besagten Knopf zu drücken. In Lichtgeschwindigkeit reagierte eine Stewardess darauf und schoss den ersten vorwurfsvollen Blick in Richtung meines Vordermannes. Mit einem stampfenden Stechschritt kam die Mitarbeiterin zum Passagier, schaltete den Knopf aus und fragte welcher Notfall den vorliegen würde, denn der Knopf sei „for emergencies only“.
An Bord von Billigflieger WIZZ ist mir aufgefallen dass neben den Knöpfen gleich eine kleine Bedienungsanleitung angebracht wurde. „Hungry? Thirsty? – Push!“ Hier werden einem gleich alle Hemmschwellen genommen, man scheint sich beim Carrier aus Ungarn schier über jedes „Bing“ zu freuen. Klar, denn jeder Snack und jedes Getränk kostet extra, die Besatzung ist angehalten Umsatz zu generieren.
Aber woher soll man wissen welcher Grund ein Klingeln rechtfertigt?
Ich denke die meisten Crewmitglieder haben Verständnis, wenn jemand klingelt und können es gut nachvollziehen wie es ist wenn man von schlafenden Sitznachbarn eingesperrt wird oder aus anderen Gründen den Sitz nicht verlassen kann. Manchmal nehmen die leuchtenden Knöpfe aber Überhand und strapazieren die Besatzung unnötig. Da kann es auch vorkommen dass die vielen Lichter von zentraler Stelle ausgeschaltet werden.
Dies birgt jedoch die Gefahr dass man einen Notfall übersieht. Wobei in solchen Fällen meist schnell hintereinander gedrückt wird bzw. jemand aktiv Hilfe holt. Wenn Gäste viele Wünsche äußern und eine „Klingelarie“ entsteht, kann etwas ernsthafteres durchaus untergehen. Daher ist es ratsam die Taste nur dann zu nutzen wenn man einen guten Grund hat bzw. nicht vom Platz wegkommt weil man beispielsweise mit einem Kleinkind reist.
Unterschiedliches Verständnis – auf beiden Seiten
Ich persönlich habe während eines Fluges in First oder Business Class eine niedrigere Hemmschwelle den Rufknopf zu drücken. Man bezahlt einen guten Aufpreis und darf entsprechend auch mehr Service und Leistung erwarten. Meist brauche ich den Knopf in den vorderen Klassen aber gar nicht.
Wenn die Crew noch mit dem Service in der Kabine beschäftigt ist, warte ich bis ich an der Reihe bin. In den servicefreien Zeiten würde ich dann drücken. In der First Class habe ich es auch schon außerhalb des Service erlebt dass die Präsenz der Besatzung so hoch war, dass ein Drücken zu keiner Zeit notwendig war.
Andererseits wurde mir – ebenfalls auf einem Flug in der First Class – erläutert, dass man als Mitarbeiter angehalten ist den Fluggästen ein Maximum an Privatsphäre zu geben und so wenig wie möglich durch die Kabine laufen soll. In dem Fall ist es explizit gewünscht zu drücken. Bei Airlines, die Suiten mit verschließbaren Türen verbaut haben, bleibt einem kaum etwas anderes übrig als zu klingeln. Oder wie bei Emirates in deren neuen First Class einen Videoanruf mit der Crew zu starten um Wünsche zu äußern.
Generell sollte man mit der Ruftaste immer sparsam umgehen und diese nur nutzen wenn einem nichts anderes übrig bleibt. Meist hat man die Möglichkeit aufzustehen und sich das zu holen was man braucht. Gleichzeitig eine gute Gelegenheit sich die Beine zu vertreten.
Aber auch in dieser Situation hatte ich selbst schon Hemmschwellen, dann wenn z.B. die Bordküche mit Vorhängen von der Passagierkabine abgetrennt wurde und ich das Gefühl habe zu stören. Wie man es macht…
Ask the Flight Attendant ✈ | Frankfurtflyer Kommentar
Am liebsten verzichte ich selbst ganz darauf diesen Knopf zu drücken. Obwohl ich im Flugzeug selten gut schlafen kann, meistens am Fenster sitze und immer viel trinken will. Daher versuche ich schon vor Abflug genug zu trinken und zusätzlich eine Wasserflasche mit an Bord zu nehmen. Ich versuche nicht zu vergessen dass es ein Flugzeug und kein Restaurant oder ein All Inclusive Hotel ist.
Wenn ich doch noch etwas brauche, aber gerade niemand zu sehen ist, kann man auch durchaus eine Weile warten. Oder einfach in die Galley gehen. In den letzten Jahren kamen zunehmend Self-Service Stellen mit Snacks und Getränken. Mit der Pandemie verschwanden diese zunächst, sind aber wieder auf dem Vormarsch.
Negative Erfahrungen habe ich schon auf beiden Seiten gesammelt. Als Passagier, der das Gefühl bekommen hat, dass weder Klingeln noch der Gang in Richtung Galley angemessen ist. Aber auch als Flugbegleiter wenn Gäste den Knopf mißbraucht haben und ständig wegen jeder Kleinigkeit den Rufknopf drückten. Unterm Strich sind beide Situationen eher selten, die mit Abstand meisten Passagiere nutzen die Funktion mit Bedacht. Die meisten Crewmitglieder reagieren auch überwiegend verständnisvoll und hilfsbereit.
Etwas am Thema vorbei, aber mir ist bei Qatar Airways in der QSuite etwas passiert. Ich hatte den „do not disturb“ Button gedrückt und die Stewardess hat mich einfach ständig „gestört“. Sie hat es nur gut gemeint und wollte Getränke auffüllen/ mir andere Dinge anbieten… Aber man fragt sich dann schon, wofür dieser Knopf da ist.
Den kann man wirklich auch thematisieren…gibt mehrere Airlines mit einem DND-Knopf. Selbst in Economy wo das dann auf dem Bildschirm angezeigt wird. Auch DND-Aufkleber im Amenity Kit sind mir begegnet- sollten am Sitz angebracht werden, hätte ich aber als FB auch mißachtet LOL
Vielen Dank für die Hinweise und deine Überlegungen, Robert! Ich überlege mir auch hin und wieder, ob und aus welchem Anlass ich den Knopf drücken soll, ob den Flugbegleitern das Lämpchen lieber ist als ein Besuch in der Galley.
Sehr guter Artikel, als Crewmitglied ein dickes Lob und Dankeschön! Es gibt Situationen, die rechtfertigen den Gebrauch des Rufknopfes, und es gibt Passagiere, die missbrauchen ihn, wie immer liegt die Wahrheit in der goldenen Mitte. Sehr gut beschrieben und eine gute Orientierung für Reisende, die sich nicht sicher sind. Und: solange man freundlich gegenüber seinem Flugbegleiter ist, kann man eigentlich nichts falsch machen!
Jeder Druck auf den Knopf ist eine verpasste Gelegenheit für einen netten Plausch mit der Kabinen-Crew. Alleine deshlb bin ich mit dem Knopf SEHR zurückhaltend.