Ich reise gerne, oft und viel, nutze jede Gelegenheit dafür und manchmal geht es mehr um den Weg, als das Ziel: Fliegen! Ich liebe es zu fliegen und das verbindet uns alle hier. Und wenn ich nicht gerade Urlaub mache, fliege ich auch. Denn diese Leidenschaft ist mein Beruf und ich kenne dadurch auch den Blick von der anderen Seite. Diese Sicht möchte ich an dieser Stelle gerne mit Euch teilen. Heutiges Thema: Das Notfalltraining
Nach der Einstellung als Flugbegleiter durchläuft jeder neue Mitarbeiter die Grundschulung der jeweiligen Airline. Diese besteht aus mehreren Einheiten, es geht um Kommunikation, Regeln an Bord, dem Servicekonzept sowie vorgeschriebene Trainings für Notfälle und Erste Hilfe. Je nach Gesellschaft dauert ein solcher Kurs mehrere Wochen, bei den meisten Fluggesellschaften wird man währenddessen auch in die Luft geschickt.
Dort kann man zum ersten Mal hinter die Kulissen blicken und erste Erfahrungen sammeln. Auf dem Papier und im Lehrsaal mag vieles einleuchtend sein, in der Realität hat man für die meisten Dinge jedoch kaum Zeit. Auf der anderen Seite werden Abläufe, die im Unterricht noch schwer vorstellbar erscheinen an Bord plötzlich ganz nachvollziehbar. Die Routine kommt schnell, insbesondere wenn an einem einzelnen Arbeitstag gleich mehrere Flüge absolviert werden.
Schwere Notfälle kommen zum Glück selten vor. Um nicht aus der Übung zu kommen, müssen wir bestimmte Dinge jedes Jahr trainieren. Dabei wird vieles wiederholt, einige Inhalte sind neu. Die Trainingsabteilungen haben dafür unterschiedliche Konzepte, die Auffrischung dauert mehrere Tage. Da Unfälle fast immer auf eine ganze Verkettung von mehreren Fehlern zurückzuführen sind, werden solche Fehlerketten analysiert und teilweise auch simuliert.
Kommunikation ist alles
Als Teilnehmer wird man mit unterschiedlichen Situationen konfrontiert, deren Verlauf nimmt fast immer einen anderen Weg. In Einheiten wie „Crew Ressource Management“ sind Fehler sogar erwünscht, da dadurch Lerneffekte entstehen. Nicht selten passieren Fehler bei der Kommunikation untereinander, daher nehmen bei Trainings dieser Art auch Piloten teil damit die Crew vollständig ist.
Das „Emergency Training“ oder der „Recurrent“ bezieht sich stark auf den Flugzeugtypen, auf den man lizensiert ist. Die Übungen finden auf Simulatoren statt, in denen es auch mal raucht oder ordentlich wackelt. Einige Kollegen spielen Passagiere, die auf Flugzeugsitzen Platz nehmen. Sie beobachten diejenigen, die die Rolle der Crew übernehmen und sind manchmal selbst Teil einer Übung.
Dort ist auch das gesamte Equipment aus den echten Flugzeugen verstaut, es gibt Galleys, Öfen, Trolleys, Toiletten und alles was man für ein realitätsnahes Training braucht. Im Notfall muss dabei der Schalter von freundlich und serviceorientiert umgelegt werden. Passagiere erhalten dann plötzlich Anweisungen oder auch lautstarke Kommandos.
Die größte Gefahr während des Fluges ist wohl eine Rauchentwicklung bzw. Feuer. Diese Situationen sind äußerst zeitkritisch, eine falsche Entscheidung kann fatal enden. Das Löschen eines realen Feuers und der richtige Umgang mit einem Feuerlöscher zählt daher zu den Anforderungen der zuständigen Behörden.
Am Boden kann eine Evakuierung die letzte Rettung sein, sie birgt allerdings auch hohe Risiken. Jedes Flugzeug muss bei einer Evakuierung innerhalb von 90 Sekunden leer sein, auch dann wenn nur die Hälfte der verbauten Notausgänge zur Verfügung stehen oder das Licht ausfällt. Zur Zulassung eines Typs gehören Tests, an Bord befindet sich dann auch die maximal zulässige Anzahl der Fluggäste. Im Airbus A380 waren es damals 853 Passagiere, die in 78 Sekunden durch acht verbliebene Türen rutschten!
Nachdem gelöscht, evakuiert, gerutscht und gerettet wurde, stehen auch schriftliche Tests auf der Agenda. Fehler dürfen dort nicht mehr passieren, das Training muss sonst wiederholt werden.
Medicals kommen häufiger vor
Medizinische Notfälle treten wiederum laufend auf, vom leichten Kreislaufzusammenbruch über eine Geburt bis hin zum Herzinfarkt, Schlaganfall oder Tod ist im Flug schon alles vorgekommen. Einer Erste Hilfe-Schulung muss sich jeder Fahrschüler unterziehen, das Training für uns ist in etwa vergleichbar. Der größte und wohl wertvollste Unterschied ist jedoch die jährlich stattfindende Auffrischung. Die stabile Seitenlage oder Regeln der Herz-Druck-Massage geraten so nicht in Vergessenheit. Diese und weitere Übungen finden zum Teil auf engen Flugzeugsitzen, im engen Kabinengang oder am Boden der Bordküche statt.
Während eines Fluges steht uns kein Notruf zur Verfügung um einen Rettungswagen zu rufen und jemanden ins Krankenhaus zu bringen. In der Situation spielen uns aber andere Faktoren in die Hände. Zum einen vergeht oft wenig Zeit bis die Crew etwas von einem medizinischen Notfall und auftretenden Symptomen mitbekommt und kann zügig erste Maßnahmen einleiten. Zum anderen ist die Chance hoch, dass unter 200 oder 300 Gästen auch ein Arzt oder fachkundiges Rettungspersonal mitfliegt. Je nach Position des Flugzeugs ist eine außerplanmäßige Zwischenlandung am sinnvollsten.
Ask the Flight Attendant ✈ Heute: Emergency! | Frankfurtflyer Kommentar
Notfälle werden also regelmäßig durchgearbeitet und geprobt, vorhandenes Wissen wird aufgefrischt und erweitert. Auch in diesem Bereich ist Corona sehr präsent, derzeit wird nur in kleinen Gruppen mit Maske trainiert, es gelten Abstandsregeln und ein „Schreiverbot“. Manche Stewards und Stewardessen fliegen während der Pandemie wenig bis gar nicht, was diese wiederkehrenden Schulungen noch wertvoller macht.
Viele Kollegen haben Bauchschmerzen und Lampenfieber wenn sie nur an diese Tage im Jahr denken. Andere freuen sich sogar darauf, denn die Trainings können auch für den Alltag „am Boden“ nützlich sein. Einige vom fliegenden Personal haben sich beispielsweise nach solchen Schulungen einen Feuerlöscher für zuhause angeschafft oder bei medizinischen Notfällen im privaten Umfeld oder auf der Strasse ziemlich professionell reagiert. Dank der Erfahrungen in der Schulung kann man eher einen kühlen Kopf bewahren und vorhandenes Wissen abrufen.
Das ist einer der Gründe wieso ich mich in der Luft immer gut aufgehoben fühle. Check-In, Boarding und dann im Sitz zurücklehnen und den Flug genießen, weil die Crew gut vorbereitet wurde und wichtige Tests regelmäßig wiederholt werden.
Gruß
Alex
Hallo Christoph,
seit einiger Zeit verfolge ich mit sehr großem Interesse deine immer interessanten Berichte und Informationen rund um das fliegen, da ich auch immer wieder gerne fliege.
Auch wenn es z.Z. noch einige Restriktionen gibt, so habe ich mir vorsorglich schon mal günstige Flüge mit LH ab SXB für im Jan. 2022 nach SIN und April 2022 nach DXB gebucht, mit der Option zur kostenlosen Umbuchung oder Storno. Für im Herbst 2022 plane ich EZE.
Auf Grund deiner und der Kollegen Anregungen habe ich mir inzwischen eine neue Kreditkarte angeschafft und 15.000 Meilen auf meinem M+M Konto erhalten, für ein nächstes Hight-Light, „Intercontinenal Flug in der Business Class“.
Aber dafür muss ich bestimmt noch einige Zeit warten um die notwendigen Punkte, 55.000 oder 80.000 Meilen zu erreichen! Also bin ich immer gespannt auf deine oder den anderen Mitgliedern im Forum zusätzlichen Möglichkeiten Meilen zu sammeln.
Mal eine etwas private Frage an Dich:
Was machst du beruflich, dass du sehr oft fliegen musst und damit fleißig Meilen sammelst, um dir dann u.a. „die Träume“ zusammen mit deiner Patnerin First Class mit Meilen zu fliegen zu realisieren?
Danke für eine ev. Rückantwort.
VG Peter
Lieber Peter,
ich antworte dir mal eben im Auftrag von Christoph. Über seinen Beruf möchte und darf Christoph hier auf dem Blog leider nicht im Detail schreiben, daher halten wir das Thema komplett raus. Ich kann dein Interesse total verstehen, da stehst du definitiv nicht alleine dar.
Liebe Grüße
Nicole
Der deutsche YHBU gewissermaßen…
Ich stelle mir das übrigens sehr schwer vor, sich regelmäßig öffentlich zu äußern und dabei zu vermeiden, im dritten Nebensatz versehentlich unerwünschte Informationen mitzuteilen.
Naja fast. Ganz so anonym sind wir ja doch nicht unterwegs. Natürlich ist es schade – gerade wenn man schlicht und ergreifend nicht darf.
Lieber Robert,
Du wirst es mir hoffentlich nachsehen, dass ich hier bei deinem Beitrag eine Frage an #Christoph gerichtet habe.
Trotzdem, danke für deine vor Ort beruflichen Informationen, zur Sicherheit beim Fliegen!
@Peter M.: https://frankfurtflyer.de/ueber-uns/
!!!!
Liebe Nicole,
Danke für deine Antwort zu Christoph.
Habe dafür absolut Verständnis und wünsche euch, bald 3, alles Gute und immer schöne und gute Flüge, beruflich für Christoph und dir.
PS: Übrigens, komme ich auch aus der gleichen Region wie du!
4 😊
Ach ja,bald 4 !!
Viel Glück
Vielen Dank für den Bericht. Vielleicht für den einen oder anderen auch interessant: Lufthansa unterhält für jeden der hilft, ob Laie oder Arzt, eine Haftpflichtversicherung und kann so persönlich nicht verklagt werden. Auf amerikanischen Airlines ist das anders. Dort werden die Ärzte erkannt, weil sie sich am tiefsten in die Sitze ducken beim Fragen ob ein Arzt an Bord sei.
Ein deutscher Arzt ist dort übrigens auch kein Arzt. Also Vorsicht, sonst kann ein Flug mit den Amis zum finanziellen Bankrott werden. Lufthansa hat bereits vor Jahren einer US-Amerikanerin, deren Mann an Bord einen Herzanfall hatte, Dank eines deutschen Kardiologen an Bord (welch Zufall) überlebte und in Frankfurt in der Uni folgenlos weiterbehandelt wurde, wegen emotionaler Belastungen auf dem Flug eine Millionenentschädigung gezahlt. Auf einer US-Airline wäre der Kardiologe jetzt ein Fall für Harz iV. So geht Dankbarkeit im amerikanischen way of life.