Boeings Probleme sind jetzt auch die Probleme von Lufthansa

Boeing und Lufthansa verbindet einiges, vor allem eine Partnerschaft über Jahrzehnte. So war Lufthansa der erste Kunde für die legendäre Boeing 737 und der Kranich ist aktuell der größte Betreiber der Boeing 747 weltweit. Jeder Flugzeugtyp, den Boeing je gebaut hat, wurde von Lufthansa oder einer ihrer Töchter gekauft und genau dies bereitet Lufthansa aktuell große Probleme, denn man hat bei der Erneuerung der Langstreckenflotte sehr stark auf Boeing gesetzt.

Boeing selbst befindet sich aber in der größten Krise der eigenen Firmengeschichte und ist aktuell mehr mit sich selbst und internen Strukturen, als mit dem Bau von Flugzeugen beschäftigt. Ein absurder Rückstau bei Auslieferungen neuer Flugzeuge und auch bei der Zulassung von neuen Typen ist die Folge. Boeings Probleme sind nun aber auch direkt die Probleme von Lufthansa, denn sie haben zur Folge, dass man in Frankfurt Flugverbindungen auf den Prüfstand stellen muss, die man eigentlich fliegen will, langsamer wächst als es nötig wäre und vor allem das Premium Produkt, was man den Kunden bieten will und versprochen hat, nicht liefern kann.

Alles in allem ist es ein Debakel für Lufthansa, denn insgesamt zusätzliche 15 Boeing 787-9 sollten alleine bereits in Frankfurt stehen und ihren Liniendienst verrichten. Leider kann (und darf) Boeing diese Flugzeuge aktuell nicht ausliefern, was ein Debakel ist. Noch schlimmer ist es aber bei der Boeing 777-9, welche unter anderem der Ersatz für die alternde Boeing 747-400 sein soll, denn das Flugzeug wird inzwischen nicht vor Ende 2026 in Frankfurt erwartet und das, obwohl man es einmal in 2020 übernehmen und damit die neue Allegris Business Class einführen wollte.

Lufthansa muss das Streckennetz auf den Prüfstand stellen

Die Krise bei Boeing und die damit verbundenen verspäteten Flugzeuge führen nun dazu, dass Lufthansa das Streckennetz überprüfen und wohl auch einzelne Verbindungen streichen muss, wie man gegenüber der Tagesschau vor kurzem bestätigte. Dabei spielen wohl insbesondere auch Verbindungen nach Asien eine große Rolle und zuletzt kündigte man sogar an die Flüge nach Peking aufzugeben und das, obwohl China immer einer der wichtigsten Wachstumsmärkte war.

Zwar sieht auch Lufthansa die Erholung der Reiseaktivitäten nach Asien, allerdings geht dieses Geschäft weitestgehend am Kranich vorbei und man hat hier mit den Luftraumsperren über Russland zu kämpfen. Hierdurch entstehen Umwege von bis zu drei Stunden, die Airlines aus China beispielsweise nicht haben, da sie weiterhin den Luftraum über Russland nutzen können.

Diese Umwege, gepaart mit den älteren Vierstrahlern vom Typ Airbus A340, Airbus A380 und Boeing 747-400 die man nun länger betreiben muss als man es einmal geplant hat sorgen dafür, dass die Asien Strecken teils einfach nicht mehr rentabel genug sind und man sich in andere Richtungen orientieren will.

Foto: Lufthansa

Die Luftraumsperren über Russland würden aber auch ohne das Problem von Boeing und den fehlenden Flugzeugen dazu führen, dass man sich in Asien neu aufstellen muss und hier wohl vor allen mit den Partnern der Star Alliance neue Wege findet. Als neuen Wachstumsmarkt hat man den globalen Süden identifiziert und vor allem Südamerika ist hier in das Interesse der Netzwerkplaner geraten.

Leider kann man wohl ohne die Boeing 787-9 viele Strecken nicht wirklich rentabel betreiben, denn immerhin würde eine Boeing 787-9 auf Langstrecken nach Südamerika etwa 25% weniger Treibstoff verbrauchen als ein Airbus A340-300, was ein eklatanter Unterschied ist.

Alte Flugzeuge können nicht gehen und bremsen die Allegris Einführung

Noch problematischer ist, dass die fehlenden neuen Flugzeuge vor allem auch auf den Komfort der Passagiere gehen, denn Lufthansa hatte bei der Erneuerung der Kabine und vor allem bei der dringend benötigten neuen Business Class sehr stark darauf gesetzt, dass man Flugzeuge direkt ab Werk mit den neuen Sitzen bekommt. 40 Jets sollten eigentlich schon mit der Allegris Kabine fliegen, stattdessen sind es gerade einmal fünf aktuell. 

Dass man nun Flugzeuge wie die Boeing 747-400, Airbus A340-300 und auch den Airbus A380 noch eine ganze Weile einsetzen wird, bedeutet auch, dass die alte und bei den Passagieren nicht mehr wirklich beliebte Business Class noch eine Weile fliegen wird. Wenigstens beim Airbus A380 wird man aber eine neue Business Class nachrüsten, wenngleich nicht mit DER neuen Lufthansa Business Class.

Es steht zu befürchten, dass sich durch die Verzögerungen bei den Auslieferungen neuer Boeing Flugzeuge nun auch die endgültige Einführung der neuen Business Class deutlich nach hinten verlagert und zwar um mehrere Jahre, bis endlich alle alten Jets gehen können. Eine Nachrüstung von vielen dieser Flugzeuge war nie geplant und kann nun auch nicht kurzfristig umgesetzt werden.

Gerade die Boeing 747-400 und wohl auch der Airbus A340-300 werden noch eine ganze Weile bei Lufthansa durchhalten müssen. Nur beim Airbus A340-600 ist man aktuell hoffnungsvoll, dass man diesen bis Ende 2025 aus der Flotte entfernen kann und wohl durch Airbus A350 ersetzen wird.

Boeings Probleme sind jetzt auch die Probleme von Lufthansa | Frankfurtflyer Kommentar

Die Situation bei Boeing stellt Lufthansa vor riesige Probleme und sorgt nun nicht nur dafür, dass man nach der Krise wachsen kann wie geplant, sondern man muss vor allem das Netzwerk und auch die Strategie wieder neu evaluieren. Dabei vergeht kaum eine Woche in welcher es nicht neue, schlechte Nachrichten gibt, welche immer wieder befürchten lassen, dass es zu weiteren Verzögerungen bei Boeing kommt.

Mit den nächsten Boeing 787-9 rechnet man bei Lufthansa aktuell erst im kommenden Jahr und die Boeing 777-9 kommt wohl gar nicht mehr realistisch in den bevorstehenden Planungen in Frankfurt vor. Von 2026 ist hier die Rede, was ein Drama in sich ist. Ändern kann Lufthansa selbst hier nur recht wenig und man muss sich weiterhin mehr um Schadensbegrenzung bemühen als alles andere.

19 Kommentare

  1. Zunächst muss ich in einem Punkt widersprechen: der A380 ist kein „älterer“ Vierstrahler. Die Sitzplatzkosten eines A380 sind vergleichbar mit denen eines A350, sofern – und hier liegt das Problem – man den Superjumbo auch vollkriegt.

    Wohl sind die Probleme von Boeing für die ganze Branche mehr als ärgerlich. Jedoch sind viele von Lufthansas Problemen hausgemacht. Lufthansa hat es schlicht und einfach verschlafen, rechtzeitig die Erneuerung der Langstreckenflotte an die Hand zu nehmen! So ist es kein Zufall, dass die meisten anderen Airlines (außerhalb der LH-Gruppe) die Boeing 747-400 oder den A340 längst ausgeflottet und durch moderne Flugzeuge ersetzt haben. Und dass die Erneuerung der Kabinen, insbesondere des Business-Class-Produktes, zu spät und ausgesprochen schlecht in die Wege geleitet wurde, hat Lufthansa ebenfalls gänzlich selbst zu verantworten. Die Schuld für die aktuellen Probleme alleine auf Boeing zu schieben, ist definitiv zu einfach.

    • Ich wills mal so formulieren:
      Probleme durch / mit Boeing haben aktuell alle, aber LH hat da mit Allegris noch ordentlich eins oben draufgesetzt. Die neue Wunderkabine führt darüber hinaus auch bei Airbus zu massiven Verzögerungen

    • Kann mann nur befürworten.Lh hatSeid Jahrzehnten…nach dem Motto geflogen…Die sind abgeschrieben und bringen nur noch Geld.Über die Gesellschaften,über die Mann Damals Gelächelt hat,haben LH längst mit neuem Gerät Überflügelt…Diese Fehler Liegen beim Vorstand,bzw CEO…cullmann,mayerhuber,Weber,ja und auch Spohr

  2. Boeings‘ Probleme sind nicht neu, wissen wir alle.
    „Corporate Criminal“ nannte The Economist das Unternehmen jüngst.
    Lufthansa hätte das Drama seit 2019/2020 kommen sehen.
    Wegen der Pandemie-Ausnahmesituation veränderte sich die Perspektive aufs Geschäft und Wachstum massiv. Vorübergehend. Lufthansa hat seinerzeit starke Management-Fehler begangen. Sowohl was die Allegris-Kabine als auch die Flottenentwicklung angeht.
    Diese Fehler dürfen die Beschäftigten und wir Kunden nun noch mehrere Jahre ausbaden, weil wir ein antiquiertes Bordprodukt in alten Maschinen „genießen“ werden.

  3. Der Artikel biegt leider mehrfach falsch ab.

    Zum einen liegen die fehlenden B789 einfach daran, das LH die Zulassung für diese Frankenstein Allegris Kabine nicht für die B787 bekommt.
    Wenn man ein Produkt entwickelt, das so komplex ist das es Zulieferer, eigenes Management und die Behörden überfordert, dann ist das schwerlich auf andere zu schieben.
    I.B. wenn dann so Späße passieren, das die Kabine in wichtige Teile der Flotte nur mit massiven Umbauten (19! B748i die bleiben) inklusive Ballasttank im Heck genutzt werden kann.
    Das Ding hat die LH letztendlich zu 200% selbst zu verantworten, denn es sind ja nicht nur B789 die deswegen stehen, auch A359 werden wohl wegen der fehlenden F gerade nicht ausgeliefert.

    Die China Thematik hat man so oder so – da wird staatlich unterstützt und die fliegen halt 2000km weniger pro Strecke. Damit ist das halt tot, politisch.
    Wenn man dann natürlich noch mit einer A343, A346, B744 rumfliegen muss, was sonst niemand mehr macht, und die WB Flotte zu rund 60% aus QUads besteht, während der Rest der Welt moderne Twins fliegt, tja. auch selbst Schuld.

    Die Boeing Probleme hat man sich doch zu eigen gemacht, weil man bestellt und nie storniert hat. Niemand hat die LH davon abgehalten, A35K zu kaufen. Die würden schon fliegen.
    Man hätte ja auch raus können aus dein B777x Verträgen, aber da waren halt viel Kompensationen drin. Man kann sich ja überlegen wie das bei der B789 und Max order gelaufen ist.

    Klar gibt es politische Faktoren, China, Luftverkehrfeindlichkeit in Deutschland.
    Aber das die LHG schlecht darsteht, liegt in erster Linie an ihrer verfehlten Flotten und Produktpolitik.

    • Der Aspekt mit dem A350 liegt doch auf der Hand. LH will sich natürlich nicht zu stark an einen von zwei Anbietern binden, um sich auch in Zukunft günstige Einkaufspreise zu sichern. Da geraten dann auch Themen wie Sicherheit in den Hintergrund. Populistisch muss man es so ausdrücken: Jede Airline, die weiter bei Boeing bestellt, erfüllt m.E. das Kriterium, eine kriminelle Vereinigung zu sein.

    • Gut zusammengefasst.
      Mit umgebauten A380, einer BC von der Stange (a la AirFrance) und A359 statt B779 wäre die LH heute wirklich besser aufgestellt. Dass man als Airline 2024 noch mit Oldtimern a la B744 und A343 und 346 herumgondelt ist peinlich.

      Allein weil die LH so rückständig bleiben wird, ist das Sammeln von M&M-Meilen einfach unattraktiver geworden. Ich verprasse sie nur noch.

  4. Also in (Südost)Asien vermisst die Lufhansa niemand. Der Innovationsstau ist inzwischen so groß, dass ich mich frage, ob die Lufthansa jemals wieder aufholen kann im Vergleich zu den Wettbewerbern. Schade eigentlich. Vor nicht allzu langer Zeit war es für uns immer etwas besonderes Lufthansa zu fliegen. Heute nur noch, wenn es sein muss. Anstatt Vorfreude nur noch hoffen, dass es nicht so schlimm wird. Aber jetzt erst einmal Sitzplatzreservierungen noch teurer machen.

  5. Die Frage ist ja hätte LH die neue Allegris Kabine damals überhaupt in die neu gelieferten Flugzeuge bekommen, wenn die es Jahre später immer noch nicht auf die Kette bekommen?
    Ich bezweifle das.

  6. Frage:
    Wenn ein Luftraum gesperrt ist, kann man den europäischen Luftraum für Flugzeuge sperren die aus diesem Luftraum bei uns einfliegen wollen?
    Bei Waren etc. wird das über einen Zoll geregelt.

    • Grundsätzlich könnte man dies wohl, aber ich bin mir nicht sicher welche Probleme dies alles mit sich bringt. Ich bin kein Diplomat, aber ich könnte mir da vorstellen, dass man es als Sanktion gegen ein drittes Land sehen könnte.

      Es ist aber definitiv so, dass Airlines aus Asien, die den Russischen Luftraum nach Europa noch nutzen, was vorrangig Airlines aus China sind, einen sehr deutlichen Wettbewerbsvorteil haben. Hier hat KLM neulich mal einen Vorstoß gewagt und gesagt dass man diese Wettbewerbsverzerrung gerne Reguliert hätte. Ob so etwas eine gute Idee ist, kann ich aber nicht sagen.

  7. Wer bei Boeing bestellt hat, ist selbst schuld. Mehr gibt es dazu nicht zu sagen. Und wer bei Boeing auch jetzt noch bestellt, der ist einfach nur dumm. Mehr gibt es dazu auch nicht zu sagen. Lufthansa hätte längst alle Beziehungen zu Boeing kappen sollen, nur noch Airbus und fertig. Mag im Einkauf teurer sein, lohnt sich aber massiv im Betrieb.

    • Also mMn ist die Bauqualität der Kabine bei Airbus um einiges schlechter als bei Boeing. Airbus bekommt es nicht mal hin einen Hersteller für die Kofferfächer zu finden, der immer die gleiche Farbe liefert! Passgenauigkeit auch eher dürftig beim A350. Mag Korintenkackerich sein, aber wenn man auch bei Airbus auf so was nicht achtet und das durch den Qualitätscheck winkt, dann frag ich mich wie es bei allem anderen aussieht…
      Airbus hat sicher auch keine reine Weste, es ist bisher nur nicht an die Öffentlichkeit gekommen.

  8. Die Mitarbeiter entsorgt, die Kunden schlecht behandelt und verprellt und nun eine dubiose Flottenpolitik mit der Streichung von Verbindungen.Eine weitere deutsche Marke, die ihren Ruf ruiniert hat.

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