Bologna statt Berlin: 79-jährige steigt bei der falschen Airline ein

Foto: Easyjet

Im Luftverkehr sind Sicherheitsvorkehrungen, Kontrollmechanismen und digitale Systeme eigentlich auf einem ziemlich hohen Niveau. So zumindest die Theorie. Die Realität kann manchmal ganz anders aussehen, erstaunliche Vorkommnisse verblüffen uns immer wieder. Auch der Fall der 79-jährigen Lena N. aus Schweden gehört dazu: Die ältere Dame stieg kürzlich in Kopenhagen in ein Flugzeug, um nach Berlin zu kommen. Lena landete aber an Bord der falschen Airline und reiste nach Bologna.

Das Wichtigste auf einen Blick:

😳 Boarding-Panne: Eine 79-jährige Passagierin landet versehentlich in Bologna statt in Berlin.
✈️ Sicherheitslücke: Die Seniorin konnte mit easyJet-Bordkarte ein Ryanair-Flugzeug betreten.
🛬 Reaktionen: Flughafen Kopenhagen und Airlines verweisen auf Drittanbieter und prüfen den Vorfall.

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Es ist schon häufiger vorgekommen, dass Passagiere am falschen Ort gelandet sind. Meist waren diese aber selbst das Problem, indem sie den Fehler bereits bei der Buchung gemacht haben und z. B. das falsche Sydney ausgewählt haben. Im ersten Moment erscheint auch die Geschichte von Lena etwas absurd, bei genauer Betrachtung ist sie aber wohl ein Opfer der Schwachstellen bei der Passagierabfertigung. Der Fall beschäftigt jedenfalls die Behörden und die externen Dienstleister, die hier involviert waren.

Falsches Gate, falsche Airline, falsches Ziel

Die Reise begann ganz normal: Lena N. war am 22. Mai pünktlich am Flughafen Kastrup in Kopenhagen (CPH) eingetroffen. Ihr Ziel: Berlin, wo sie ihren Sohn treffen und ihn bei einer UN-Schülerkonferenz unterstützen wollte. Sie hatte ihren Flug ordnungsgemäß bei easyJet gebucht und eingecheckt, passierte die Sicherheitskontrolle und begab sich zum Gate.

Doch was dann geschah, grenzt an einen systemischen Kontrollverlust: Sie schloss sich nach eigenen Angaben  „einer Gruppe von Menschen“ an, die zum Boarding aufgerufen worden war, zeigte ihre Bordkarte vor, wurde durchgelassen und betrat das Flugzeug. Erst in der Kabine wunderte sie sich über das Branding der Fluggesellschaft: Statt easyJet prangte überall Ryanair.

Im Ryanair Flugzeug. Foto: Robert

Die Seniorin nahm zunächst an, die Airlines würden vielleicht kooperieren oder sie sei umgebucht worden. Ihr Sitz war frei, niemand hielt sie auf, und auch beim Boarding gab es also keine Probleme. Lena realisierte das Missgeschick erst eineinhalb Stunden später nach der Landung. Das Schild „Willkommen in Bologna“ muss die Frau wohl geschockt haben.

Sicherheitslücke oder Systemversagen?

Dass ein Passagier trotz gültigem Ticket für einen anderen Flug, mit anderer Airline und anderem Zielort in das falsche Flugzeug einsteigen kann, ist aus Sicht der Luftsicherheit und Passagierkontrolle mehr als nur ein bedauerlicher Einzelfall. Es stellt ein erhebliches Versagen mehrerer Kontrollinstanzen dar. Der Fall wirft mehrere Fragen auf:

Wie konnte Lena mit einer EasyJet-Bordkarte ein Ryanair-Flugzeug betreten? War die Gate-Zuordnung in zu engem zeitlichem Abstand? Wurde der Boardingpass beim Einsteigen nicht gescannt? Das Boarding wurde laut Ryanair von einem Drittanbieter durchgeführt. In der Praxis übernehmen Ground-Handling-Agenturen Aufgaben wie Bordkartenkontrolle, oft unter Zeitdruck und mit begrenztem Personal.

Ryanair verweist in einer Stellungnahme gegenüber der Zeitung Expressen darauf hin, dass die Passagiere selbst verantwortlich seien, das richtige Flugzeug zu besteigen. Auch der Flughafen Kopenhagen erklärte, man nehme den Vorfall „sehr ernst“ und prüfe den Ablauf mit allen beteiligten Parteien. Doch die Verantwortung wird spürbar von einer Stelle zur nächsten geschoben.

Das falsche Sydney: Statt in der Metropole landet ein Passagier in der Provinz

…die Quintessenz ist?

Dass eine betagte Passagierin allein reisend, mit einem gültigen Ticket für einen anderen Flug über sämtliche Kontrollmechanismen hinwegschlüpfen konnte, zeigt, dass die Digitalisierung und Automatisierung des Luftverkehrs nicht vor menschlichen Fehlleistungen gefeit ist. Man kann auch gut erkennen, wie viel Verantwortung in der Praxis an externe Dienstleister delegiert wird, ohne dass es durchgängige Kontrollinstanzen gibt.

Die Standardprozesse bei Ryanair, easyJet und anderen Billigfluglinien sind auf hohe Frequenz und schnelle Abfertigung ausgelegt. Flüge im Halbstundentakt vom selben Gate sind keine Seltenheit. Doch wenn bei solchen Abläufen nur ein Mitarbeitender unter Druck steht, reicht eine kleine Unaufmerksamkeit, und ein Fehler wie dieser passiert. Bordkarten werden oftmals nicht noch einmal im Flugzeug überprüft, auf den „Headcount“ verzichtet man aus Zeitdruck.

Foto: Robert

Wie ging es nach der Landung in Italien weiter?

Nachdem Lena in Bologna gelandet war, verbrachte sie den Großteil des Tages am Flughafen, versuchte sich zu erklären und stieß jedoch lange auf Unverständnis. Erst auf Initiative ihres Sohnes und nach mehreren Anrufen bei Ryanair wurde sie schließlich in ein Taxi gesetzt, das sie nach Venedig brachte. Dort übernachtete sie in einem Hotel und flog am nächsten Morgen endlich weiter nach Berlin.

Ein kostspieliger und belastender Umweg für eine 79-jährige alleinreisende Frau – und ein ernüchterndes Beispiel dafür, wie wenig Kulanz Airlines und Flughäfen in derartigen Situationen zeigen. Die betroffene Lena zeigte trotz allem Verständnis, äußerte aber einen berechtigten Vorwurf: „Was wäre gewesen, wenn ich keine harmlose ältere Dame, sondern jemand mit bösen Absichten gewesen wäre?“

Bologna statt Berlin: 79-jährige steigt bei der falschen Airline ein | Frankfurtflyer Kommentar

Nicht alles, was digitalisiert ist, ist auch sicher. Zumindest nicht zu 100 Prozent. Die Prozesse sind heutzutage effizient und durchaus zuverlässig, es kommt aber immer wieder zu Ausnahmen. Ich muss selbst an einen Passagier denken, der im Flugzeug zu mir kam und berichtete, dass schon jemand auf seinem Platz sitzt. Ein Glück, denn dadurch fiel auf, dass er eigentlich am Nachbargate hätte einsteigen sollen. Dort war man bereits auf der Suche nach dem fehlenden Gast und hatte dessen Gepäck schon zur Ausladung gebracht.

Ich stand aber auch schon selbst am Gate in New York JFK und wollte nach London. Gleich zwei British Airways Maschinen starteten zur gleichen Zeit nebeneinander, lediglich die Flugnummer war leicht unterschiedlich. An beiden Gates war parallel viel los, das Personal aufmerksam und gut besetzt. Immerhin würde man bei einem Fehler in diesem Fall trotzdem an der richtigen Destination ankommen.

 

8 Kommentare

  1. Warum ist das ein riesiges Problem? Sie ist ganz regulär durch die Sicherheitskontrolle gegangen, also sollte das kein Problem darstellen. Ansonsten würde es ja heißen, die Siko wäre nicht vertrauenswürdig.

    Ich sehe es bei Erwachsenen schon so, dass sie selber verantwortlich sind, wo sie einsteigen und nicht wie kleine Kinder betreut werden müssen. Klar wäre es toll, wenn immer alles gesehen wird, aber Fehler passieren nun mal, auch bei Menschen und Computern. Am Ende wäre das für mich nun ein Skandal, wenn es ein alleinreisendes Kind betreffen würde, denn das steht unter der Obhut der Airline (siehe die Geschichte mit Swiss in Thailand, die etwas seltsam ist).
    Bei anderen Verkehrsmitteln schaut doch auch keiner, ob man richtig eingestiegen ist. Wieso also brauchen Erwachsene beim Fliegen die Betreuung von Kleinkindern?

    • Unabhängig davon sollte die Bordkartenkontrolle am Gate Alarm schlagen.
      Im konkreten Fall könnte ich mir vorstellen, dass sie als ältere Dame bevorzugt einsteigen durfte, das Ganze mit händischer Überprüfung des Tickets.

  2. Was die gesetzlichen Vorschriften sind, da bin ich mir nicht ganz sicher. Jedes Mal, wenn ich in Frankfurt oder München ein automatisches Boarding Gate ins Ausland nutze, frage ich mich, in denn die Airline nicht verpflichtet ist, die Identität der Passagiere zu überprüfen. Anscheinend nicht …

      • Ich bin 2007 mit LH von FRA über MUC nach IST geflogen. Bordkarte wie üblich bereits in FRA erhalten. War sehr überrascht, als mich in München an Bord eine Stewardess ansprach und meine Bordkarte (25 F) sehen wollte. Neben ihr stand ein Gast mit der selben Platznummer 🤷‍♂️. Da er mit seiner Tochter unterwegs war, habe ich sofort einen Tausch angeboten. Hatte einen Moment gehofft, dass der Flug ausgebucht ist und ich ausnahmsweise als Jump im Cockpit sitzen könnte.

  3. Wenn die dame gepäck eincheckt und dann nicht im flieger sitzt müsste easyjet dann nicht das gepäck wieder entladen und den frauenlosen koffer stehenlassen?
    Die haben dann tstsächlich grund sauer zu sein.

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