Wer kennt es nicht: Der Plan ist, nur für einen Tag zu verreisen, doch die Ticketpreise sind unverschämt hoch – und das, obwohl der Flieger nur halb voll ist. Was steckt dahinter? Eine mögliche Ursache ist die sogenannte „Sonntagsregel,“ die Fluggesellschaften seit Jahrzehnten nutzen, um Preisunterschiede für verschiedene Reisetypen zu schaffen. Doch was genau bedeutet diese Regel, warum ist sie für Vielflieger und Fluggesellschaften relevant, und wie können Reisende die Sunday Rule zu ihrem Vorteil nutzen? Dieser Beitrag beleuchtet die Hintergründe, die praktische Anwendung und die Vor- und Nachteile dieser altbewährten Preisdifferenzierung.
Die Sonntagsregel (im Englischen auch „Sunday Rule“), alternativ auch Wochenendregel, entstammt einer Zeit, in der Fluggesellschaften begannen, verschiedene Tarife für unterschiedliche Passagiergruppen anzubieten. Geschäftsreisende sind oft weniger preissensibel, da Unternehmen die Kosten übernehmen und schnelle Rückreisen bevorzugen. Urlaubs- oder Privatreisende hingegen sind preissensibler und eher bereit, ein Wochenende am Zielort zu verbringen, um Geld zu sparen. Um diesen Unterschied auszunutzen, entwickelten Airlines die Sunday Rule: Ein Tarif ist in der Regel günstiger, wenn der Reisende die Nacht von Samstag auf Sonntag am Zielort verbringt.
Die Sonntagsregel wird weltweit bei Flügen angewandt, besonders auf Langstreckenflügen, und hat bis heute Bestand. Während Billigfluggesellschaften aufgrund ihrer preisgünstigen Geschäftsmodelle oft davon absehen, ist die Regel bei traditionellen Netzwerkanbietern wie Lufthansa, Austrian Airlines und SWISS weiterhin gängig.
Wie funktioniert die Sunday Rule?
Die Kernidee der Sunday Rule ist einfach: Passagiere, die über das Wochenende, insbesondere die Nacht von Samstag auf Sonntag, am Zielort verweilen, zahlen oft deutlich weniger. Diese Preisdifferenz ergibt sich, weil die Regel Geschäftsreisende – die typischerweise keine Übernachtung über das Wochenende benötigen – dazu zwingt, einen höheren Tarif zu zahlen.
Nehmen wir ein Beispiel: Ein Geschäftsreisender möchte am Montag von Hamburg nach München fliegen und am Mittwoch zurückkehren. Dieser Aufenthalt entspricht nicht der Sonntagsregel und ist daher oft teurer. Ein Urlauber hingegen, der am Freitag ankommt und erst am Sonntag oder Montag zurückfliegt, erfüllt die Bedingung und profitiert von einem günstigeren Tarif.
Sein Flug sieht so aus:
Das entspricht fast dem Preis von zwei Einzeltickets, da die einzelnen Flüge auf dem Flugticket nicht gebündelt werden:
In den Tarifbedingungen ist das auch so vermerkt:
Würde er erst in der kommenden Woche am Mittwoch zurückfliegen, würde er von einem deutlich günstigeren Flugpreis profitieren.
Die Alternative zur Sonntagsregel ist der Mindestaufenthalt. In den Tarifbedingungen vieler Fluggesellschaften darf der Rückflug nicht vor einem bestimmten Termin liegen. Dieser Termin liegt meist fünf oder sechs Tage in der Zukunft. Auch darüber wird sichergestellt, dass Geschäftsreisende zu teureren Flugtickets greifen müssen.
Welche Vorteile und Nachteile gibt es für Fluggesellschaften und Reisende?
Vorteile für Fluggesellschaften
- Die Sonntagsregel ermöglicht eine differenzierte Preisstruktur, die auf die Bedürfnisse von Geschäfts- und Urlaubsreisenden zugeschnitten ist.
- Da Geschäftsreisende idealerweise das Wochenende zu Hause verbringen wollen und weniger preissensibel sind, können Airlines ihre Erlöse erhöhen.
- Fluggesellschaften können durch die gezielte Preisgestaltung sicherstellen, dass Flüge auch am Wochenende gut ausgelastet sind.
Nachteile für Fluggesellschaften
- Bei der Sonntagsregel handelt es sich um eine Preisdiskriminierung von Geschäftsreisenden. Ein solches Verhalten könnte zu Vertrauensverlust und einem schlechten Image der Fluggesellschaft führen. Praktisch ist dieses Verhalten jedoch seit Jahrzehnten etabliert.
Vorteile für Reisende
- Freizeit- und Privatreisende können von den günstigeren Tarifen profitieren, wenn sie die Bedingungen der Sonntagsregel erfüllen.
- Wer flexibel ist und das Wochenende am Zielort verbringen kann, wird oft mit attraktiven Preisen belohnt.
Nachteile für Geschäftsreisende
- Geschäftsreisende, die eine kurze Reise ohne Übernachtung über das Wochenende planen, müssen oft höhere Preise zahlen.
- Für Geschäftsreisende bedeutet die Regel eine potenzielle Einschränkung, da die Unternehmen in der Regel auf schnelle Rückreisen Wert legen.
Obwohl die Sonntagsregel für Fluggesellschaften sinnvoll ist, gibt es auch Kritikpunkte. Viele Vielflieger und Geschäftsreisende empfinden die Regel als unzeitgemäß, da die Grenzen zwischen Freizeit- und Geschäftsreisen zunehmend verschwimmen. Mit dem Aufkommen flexibler Arbeitsmodelle und der zunehmenden Reisetätigkeit in der Freizeit ist es oft schwer, zwischen den verschiedenen Reisemotiven zu unterscheiden.
Pendler, die regelmäßig von ihrem Wohnort zur Arbeitsstätte fliegen müssen, werden durch die Wochenendregel benachteiligt. Sie bezahlen ihre Flüge häufig aus eigener Tasche und wollen das Wochenende zu Hause verbringen. Wenn sie nicht auf – eigentlich untersagte – Überkreuzbuchungen setzen, zahlen sie den teureren Tarif für Geschäftsreisende.
Billigflieger wie Ryanair oder Eurowings haben sich von der Sunday Rule bereits verabschiedet und bieten Flugpreise an, die unabhängig vom Rückflug sind.
Wie könnt Ihr die Sunday-Rule optimal nutzen?
Für Privatpersonen und Vielflieger, die mit der Sunday Rule vertraut sind, bieten sich verschiedene Strategien, um die günstigeren Tarife bestmöglich auszunutzen. Hier sind einige Tipps:
- Flexibilität bei der Reiseplanung: Wer es einrichten kann, den Aufenthalt über das Wochenende zu verlängern, kann häufig erhebliche Ersparnisse erzielen. Ein längerer Aufenthalt kann sich finanziell lohnen, wenn die Flugkosten dadurch erheblich sinken.
- Nutzung alternativer Flughäfen: Manche Flughäfen bieten aufgrund der Konkurrenzsituation unterschiedliche Tarife. Es kann sich lohnen, Flüge von oder zu nahegelegenen Flughäfen zu prüfen, um von günstigeren Preisen zu profitieren.
- Tarife genau vergleichen: Manchmal gibt es auch ohne Übernachtung am Wochenende Sondertarife oder Promotions. Es ist ratsam, verschiedene Optionen sorgfältig zu vergleichen.
- Cross-Ticketing / Überkreuzbuchungen: Überkreuzbuchungen sind eine Strategie für fortgeschrittene Reisende. Bei dieser Methode buchen Flugreisende statt nur eines Flugtickets gleich mehrere Hin- und Rückflüge, um die Sunday Rule zu umgehen. Teilweise werden dabei Flugsegmente einfach ausgelassen. Trotz der zusätzlichen Flugtickets kann der Preis am Ende des Tages günstiger sein, als wenn man nur ein Ticket bucht.
Frankfurtflyer Kommentar
In Zeiten, in denen Diskriminierung verpönt ist, aber sich alles und jeder diskriminiert fühlt, ist die Preisdiskriminierung durch die Sonntagsregel ein Kuriosum. Ein Kuriosum, das viel zu wenig Aufmerksamkeit bekommt. Flugreisende haben sich daran gewöhnt, dass sie mehr bezahlen müssen, wenn Hinflug und Rückflug kurz hintereinander liegen. Unternehmen, die ihre Mitarbeiter auf Geschäftsreisen schicken, nehmen den Aufpreis billigend in Kauf. Oft haben sie sowieso Sonderkonditionen mit der Airline ausgehandelt und schauen daher gar nicht nach alternativen Flugtarifen.
Bei welcher Flugbuchung wurde Euch schon einmal die Sonntagsregel zum Verhängnis?
Screenshots: matrix.itasoftware.com
Wenn ich extra noch zusätzliche Nächte am Ort verbringen muss, nur um die Sonntags-, bzw. 5/7 Nächte Regel einzuhalten, so spare ich zwar am Flugpreis, gebe das Geld jedoch für Übernachtung + Verpflegung aus. Ein Nullsummenspiel quasi.
Für den Urlaubsreisenden bedeutet es zum selben Preis einen Tag länger am Urlaubsort zu sein. Das ist doch kein Nullsummenspiel: Der Urlauber erhält ohne Aufpreis eine Mehrleistung. Das ist ein eindeutiger Vorteil.