Ich vermisse meine United Airlines Omas!

Wer mich kennt, der weiß dass ich viel mit United Airlines fliege und ich mache es auch gerne. Damit stoße ich nicht bei jedem auf Verständnis, aber ich bin sogar ein Fan des Service bei United Airlines, gerade auf den Langstrecken und hier hatte man eigentlich immer sehr engen Kontakt zu meinen geliebten United Airlines Omas und die hat mir die vergangene Krise nun geraubt.

Nein, es geht nicht darum, dass es auch unter dem fliegenden Personal von United Airlines Tote durch COVID-19 zu beklagen gab, sondern mir geht es darum, dass Airlines sich in der Krise von vielen sehr erfahrene Mitarbeiter getrennt haben und ich dies sehr bedauerlich finde. Die United Airlines Omas sind hier mehr sinnbildlich für viele Bereiche und Airlines, aber auf einem Flug von Frankfurt nach Washington ist es mir gerade wieder schmerzlich aufgefallen, was da gerade fehlt.

Bevor ich nun gleich einen Shit Storm wegen der „United Airlines Omas“ kassiere, will ich diese Begrifflichkeit kurz erklären. Bei United Airlines, wie auch bei allen anderen US Airlines, hat Seniorität eine sehr bedeutende Rolle. Wer lange in der Firma arbeitet, der kann sich seine Routen frei aussuchen und hier wählen die Flugbegleiter mit Begeisterung natürlich die Langstrecken.

Dieser Fakt, gepaart mit keinem festen Renteneintrittsalter hat immer dafür gesorgt, dass man auf Langstrecken Flügen mit US Airlines ein erstaunlich hohes Durchschnittsalter in der Crew vorgefunden hat. Dabei lag dies gerne deutlich über 60 und ich bin schon mit Flugbegleitern in den hohen 70ern geflogen.

Daher kommt auch das Wort „United Airlines Omas“ und ich glaube, dass viele der Damen (und auch Herren) dies noch nichtmal ungerne hören, denn sie umsorgen die Passagiere gerne wie eine Oma, was nichts Schlechtes ist. Wie oft wurde ich schon „Sweety“ genannt oder habe gehört „Oh your still so young, wait till your my age“. Als Mid-dreißiger geht sowas natürlich runter wie Öl.

Warum fehlen die United Airlines Omas jetzt überhaupt?

In der Pandemie haben die Airlines in den USA extrem umfangreiche Programme aufgelegt um die Zahl der Mitarbeiter zu reduzieren und besonders die Mitarbeiter welche bereits ein sehr hohes Alter erreicht haben, haben die Chance oft genutzt und sind mit einem goldenen Handschlag in Rente gegangen.

Während man sich auch von recht jungen Flugbegleitern in der Pandemie getrennt hat, konnten diese inzwischen oft wieder zurück zur Airline kommen. Flugbegleiter welche aber in Rente gegangen sind, kehren nun bei der anziehenden Nachfrage nicht wieder zur Airline zurück.

Dies führt nun dazu, dass das Durchschnittsalter unter den Crews deutlich gesunken ist.

Und warum fehlen mir die United Airlines Omas jetzt?

Es gibt zwei Gründe, warum mir die United Airlines Omas jetzt fehlen. Zum einen sind sie meist fast ausschließlich Langstrecken geflogen und kannten das Produkt hier in und auswendig, was Fluch und Segen sein konnte, zum anderen erinnerten sie sich oft noch an die Zeit als US Airlines weltweit führende Premium Airlines waren.

Ich habe mich schon mit „United Airlines Omas“ unterhalten, welche in der First Class noch Dom Perignon (JA!, den gab es bei United mal vor Jahren in der Global First Class, die es schon lange nicht mehr gibt) ausgeschenkt haben oder noch gelernt haben wie man eine Rinderbraten perfekt an Bord anschneidet und serviert.

Letzteres ist natürlich heute alles nicht mehr relevant, aber wenn man sich als Flugbegleiter noch erinnert, was an Bord von Flugzeugen mal alles geboten wurde, dann ist man unter dem aktuellen Angebot zumindest extrem bemüht mit den aktuellen Gegebenheiten einen top Service zu bieten. Und das schafften die United Airlines Omas meist und auch wenn sie natürlich ganz amerikanisch nicht so formal wie Singapore Airlines Flugbegleiter waren, sie waren meist schnell und aufmerksam und das ohne dabei bemüht zu wirken (Ausnahmen bestätigen die Regeln)

Inzwischen ist nun das Durchschnittsalter der Crews auf den United Langstrecken deutlich gesunken und auch wenn der ein oder andere dies nun vermutlich als etwas Positives sieht, denn die United Airlines Omas haben nicht umbedingt den besten Ruf (…sie konnten auch sehr bissig sein), haben sich in meiner Beobachtung besonders zwei Stereotypen herauskristallisiert.

  • Die jungen „Mid-Dreißiger“ die nun ab und an in den Genuss einer Langstrecke kommen
  • Die „Mid-Fünfziger“ denen es an Motivation mangelt

Man sollte nun nicht alle über einen Kamm scheren, denn in jeder dieser Gruppe gibt es ganz fantastische Flugbegleiter, aber es sind nunmal die, die nicht so fantastisch sind, welche immer auffallen und genau die stellen für mich das Problem dar.

Bei United Airlines sind quasi alle Flugbegleiter auf alle Flugzeugmodelle geschult, welche man in der Flotte hat, was auch viel Sinn macht, denn auch die Langstreckenflotte fliegt immer wieder innerhalb der USA auf Kurz- und Mittelstrecken.

Das Problem hierbei ist allerdings, dass die Flugzeuge auf Kurzstrecken offensichtlich komplett anders bestückt sind und vor allem auch, dass der Service komplett anders läuft. Dies führt dazu, dass die jungen „Mid-Dreißiger“ gerne absolut verloren im Service sind, einfache Dinge wie Servietten erst suchen müssen, die Getränkeauswahl nicht kennen oder auch einfach mal Teile des Service vergessen.

„Wie, ich muss bei den Essen noch etwas zusammenbauen? Da muss Soße übers Fleisch?“

„Wein…. Ja haben wir! Rot und Weiß ….. oh da gibt es verschiedene?“

„Zu der Eiscreme gibt es wieder Toppings? Hat mir niemand gesagt!“

Dabei kann man nun natürlich argumentieren, dass es hier an Schulung fehlt. Ich würde diese Feststellung durchaus unterschreiben, aber ich sehe vor allem auch ein Problem darin, dass die Flugbegleiter dieser Gattung einfach zu wenig auf Langstrecken fliegen und daher das Produkt nicht kennen und viel vergessen. Die United Airlines Omas, welche hier immer viel aufgefangen haben, fehlen einfach.

Ein fast noch viel größeres Problem sind aber die „Mid-Fünfziger“ denen es an Motivation mangelt! Auch hier darf man nicht alle gleich setzten und es gibt fantastische Flugbegleiter in dieser Gruppe bei United Airlines und anderen Fluggesellschaften, aber die, welche herausstechen, sind einfach nur unterirdisch wenn man an diese gerät.

In dieser Gruppe gibt es Kaliber, welche das Produkt in und auswendig kennen, aber einfach keine Lust haben guten Service zu bieten. Dabei sind mangelnde Umgangsformen fast noch das kleinste Problem.

Wer nicht versteht was mit „Drink?“ „First Choice, Second Choice?“ oder „done?“ gemeint ist, der fliegt einfach nicht genug mit US Airlines, aber das können die einzigen sechs Worte auf einem 10 Stunden Flug sein.

Genau so eine Dame hatte ich auf meinem letzen Flug und wenn man beim Service in der Business Class „gefragt“ wird ob man noch etwas trinken will, indem man das leere Glass vom Tisch nimmt, schüttelt und einen Fragend anschaut, ist eigentlich schon klar wohin die Reise geht. Mein „Oh, Yes some more Diet Coke please, Thank You!“ wurde dann auch nur noch mit einem Augenrollen quittiert.

Mein Highlight war aber, als man doch noch mehr als sechs Worte gefunden hat, um mich anzuschnauzen, dass ich gefälligst schneller durch die Bordküche laufe, wenn ich von der Toilette kommen. Dieses Verhalten hat mich so beeindruckt, dass ich mich zum ersten Mal seit sehr langer Zeit über einen Flugbegleiter beschwert habe, aber das ist noch einmal ein anderes Thema.

Auch hier fehlten die United Airlines Omas, denn auch wenn sie nicht die Purser waren, sie hatten gerade solche Kollegen meist fest im Griff. Sätze wie „Denke immer daran, die Gäste zahlen deinen Kredit auf das Haus“ oder „Unser Service ist schon seit Jahrzehnten nicht mehr premium, dann sollten wenigstens wir premium sein“ können die Grundeinstellung in der Crew massiv zum Guten beeinflussen.

Ich vermisse meine United Airlines Omas! | Frankfurtflyer Kommentar

Was einfach fehlt und an manchen Stellen nicht zu ersetzen ist, ist Erfahrung. Erfahrung ist etwas, was man auch nicht mit viel Schulungen, höheren Gehältern oder anderen Dingen ersetzen kann, sie wird einfach über die Jahre aufgebaut.

Nun bin ich mir sicher, dass es auch unter jüngeren Flugbegleitern bei United Airlines schon sehr bald einige mit viel Erfahrung auf der Langstrecke gibt, welche guten routinierten Service bieten werden, aber für mich steht diese Geschichte die ich hier beschreibe mehr Sinnbildlich für die gesamte Branche.

Man hat sich gerade der erfahrenen Mitarbeiter entledigt, welche naturgemäß teurer sind als jüngere Kollegen, weshalb ich diesen Schritt verstehe, aber die Branche wird wohl auch noch länger unter genau diesem Schritt leiden. Nicht nur dass nun die sehr erfahrenen Kollegen alle weg sind und nicht wieder kommen, man hat sich da massiv verkalkuliert und eine große Anzahl an neuen Mitarbeitern eingestellt, welche (und das ist kein Vorwurf) über absolut keine Erfahrung verfügen.

Solch ein frischer Wind kann einer Branche auch immer sehr gut tun, sicher ist aber, dass es das Erlebnis an Bord bei vielen Fluggesellschaften deutlich verändern wird. Ob zum Besseren wird man sehen, ich habe da aber meine Zweifel, wenn man hier nicht aktiv eingreift.

6 Kommentare

  1. …ich vermisse die UA945 Crews…
    Die waren ganz früher mal in Paris stationiert – die Basis wurde dann geschlossen und die sind dann rüber zu den Frankfurtern – die Basis wurde aber jetzt auch geschlossen.
    Die waren immer gut drauf und man kannte sich halt auch vom sehen.

    • Oh, das ist leider nicht nur bei UA so. Aber es stimmt und ich weiß, was du meinst.

      Bei BA ist das leider ähnlich und die Mixed fleet Crews, da weiß man wirklich oft nicht, was man bekommt.

  2. Es ist halt schon so, dass die Einstellung zum Beruf darüber entscheidet, ob ich mit vollem Einsatz bei der Sache bin. Diejenigen, welche mit Herzblut dabei waren, sind gegangen (worden) und wurden durch junge, dynamische und günstigere Leute ersetzt, welche zudem noch optisch etwas hergeben müssen. So sieht man(n) u.U. lockerer über etwaige Patzer hinweg.
    Früher bestellte ich nach dem Essen einen Single Malt und es wurde ein solcher serviert.
    Heutzutage wird zuerst eine Auswahl präsentiert, vom Scotch über Whiskey bis Bourbon.
    Was sagt mir das? Es wird diesbezüglich nicht mehr ein Minimalwissen vermittelt. Man lässt also den Kunden auswählen, er wird dann schon zum Richtigen greifen.

    LX hat übrigens das Anforderungsprofil weiter gesenkt: Nur noch 2 Sprachen, jede weitere von Vorteil. Grösse: mind. 155 cm … usw

    PS: Soeben Mail von UA betr. Menüwahl für Flug zw. TPA und ORD erhalten.
    Bei LX wurde dieser Service zwar gross angekündigt, ist jedoch zw. Chicago und ZRH leider dann doch nicht verfügbar.

  3. Genau mein Erlebnis gerade in Biz Class vor FRA nach ORD.
    Hinflug ein Purser Ende 30, super motiviert und aufmerksam und auf dem Rückflug eine Kollegin die mir das Essen hinknallte und die Zähne nicht auseinander bekam…

  4. I’m quite sure she did NOT say „…your still so young….“ Perhaps she DID say “ …you’re still quite young…“
    Sorry – once a teacher, always a teacher!
    But the gist of the article I agree with fully!

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