Dass Lufthansa gerade auf Kurzstrecken innerhalb und ab Deutschland eine marktbeherrschende Stellung hat, dürfte wohl niemanden wirklich überraschen, denn auch Vielflieger beklagen regelmäßig die hieraus resultierenden hohen Flugpreise in Ermangelung von Konkurrenz. Für Condor wurde diese Übermacht von Lufthansa aber zum Problem, denn man war auf die Zubringerflüge der ehemaligen Mutter angewiesen, um die Langstrecken zu füllen. Nun sagt auch das Bundeskartellamt, dass Lufthansa verpflichtet ist, diese Zubringer weiter für Condor anzubieten und man muss sie sogar noch ausweiten.
Eigentlich war das Konzept von Condor immer recht simpel und genial, denn man ist zentral ab dem Hub in Frankfurt zu Sonnenzielen auf der ganzen Welt geflogen. Dabei kann man die Flugzeuge aber nur füllen, wenn man auch Zubringer nach Frankfurt anbieten kann, welche Lufthansa immer gerne bereit gestellt hat, zumindest bis vor wenigen Monaten.
Nachdem Lufthansa in 2020 damit gescheitert ist die ehemalige Tochter Condor wieder in den Konzern zu holen, hat man in Frankfurt beschlossen, dass man nun mit Eurowings Discover einen neuen eigenen Ferienflieger baut. Damit passte die Zusammenarbeit mit Condor nicht mehr in das Konzept, denn warum sollte man den Konkurrenten unterstützen?
Daher hat Lufthansa die Zusammenarbeit mit Condor aufgekündigt und zuerst die Kooperation im Vielfliegerprogram Miles&More beendet und anschließend auch die Jahrzehnte alten Verträge für Zubringerflüge gekündigt, womit Condor für die Langstrecken plötzlich ohne Feeder Flights dastand, was die Wirtschaftlichkeit des gesamten Flugbetriebes in Frage stellte. Von Lufthansa war dies auch genau so gewollt.
Condor wehrte sich gegen das Vorgehen von Lufthansa und der Kranich kassiert nun eine schallende Ohrfeige vom Bundeskartellamt, denn man würde hier seine Markstellung klar missbrauchen. Daher muss Lufthansa weiterhin Zubringer für Condor fliegen und dies deutlich über das Vertragende im Oktober 2022 hinaus.
Aufgrund ihrer marktbeherrschenden Stellung beim Angebot eines Zubringernetzes unterfällt Lufthansa der kartellrechtlichen Missbrauchsaufsicht und hat daher gegenüber anderen Marktteilnehmern besondere Pflichten.
Lufthansa sei die einzige Airline, welche ein Zubringernetz für Condor anbieten könnte und eine andere Airline sei auch nicht in der Lage hier ein entsprechendes Netz in absehbarer Zeit aufzubauen, denn es fehle besonders in Frankfurt an verfügbaren und geeigneten Start- und Landerechten. Diese seien von Lufthansa besetzt und müssten im Zweifelsfall abgegeben werden.
Damit gaben sich die Wettbewerbshüter aber noch nicht zufrieden, denn Lufthansa muss auch über das aktuelle abkommen mit Condor hinaus mehr Buchungsklassen für die Passagiere von Condor verfügbar machen. Dies könnte nun endlich dazu führen, dass die Zubringer auf der Langstrecke von Condor auch endlich in die Business Class gebucht werden können.
Es ist unzulässig, dass Lufthansa über Vorgaben für Buchungsklassen, die Condor ihren Passagieren auf der Langstrecke anbieten kann, die Buchungs- und Preissteuerung für Condor einschränkt.
Condor-Passagiere aus ganz Europa können auf dieser Grundlage weiterhin Zubringerflüge der Lufthansa und ihrer Fluggesellschaften mit Durchgangsticket zum Condor-Langstreckenflug nutzen.
Lufthansa bezeichnete besonders den Zugang zu mehr Buchungsklassen als „völlig industrieuntypische Anpassung“, welche man gerichtlich überprüfen lassen will. Ob man damit erfolgreich ist, ist unklar.
Kartellrechtliche Ohrfeige für Lufthansa | Condor Zubringer müssen ausgeweitet werden | Frankfurtflyer Kommentar
Für Lufthansa dürfte nun klar sein, dass man Condor nicht so bekämpfen kann wie man es gerne gemacht hätte, denn Lufthansa hätte wohl am liebsten die ehemalige Tochter aus Frankfurt vertrieben und auf sekundäre Flughäfen wie Düsseldorf, Berlin oder Hamburg mit den Langstrecken verbannt.
Die Lufthansa Gruppe wird nun die Konkurrenzsituation zur Condor neu bewerten müssen und man wird sich anders von der ehemaligen Tochter differenzieren müssen, als durch den Zugang zu Zubringerflügen. Aus Passagiersicht wäre es wünschenswert, wenn man hier vor allen versucht über das Produkt eine Differenzierung zu erreichen.
Klar ist, dass Condor in den kommenden Jahren deutlich aufholen und gerade mit den Airbus A330-900neo sogar auf einigen Flügen dem Kranich selbst Konkurrenz machen wird.
Detail am Rande: der VC-Chef (Stefan Herth) sitzt im Aufsichtsrat von Condor.
Für einen Streik beim Wettbewerber verantwortlich zu sein…
Wird sicher formalrechtlich in Ordnung gehen, ein wenig merkwürdig klingt diese Konstellation in meinen Ohren schon.
Die Gewerkschaft kann keinen Streik ohne Zustimmung der Mehrheit der Mitglieder durchführen. Condor könnte genauso ein Streik treffen, auch wenn oder obwohl der VC-Chef im Aufsichtsrat sitzt. Der Aufsichtsrat ist nach dem Aktienrecht nicht für das operative Geschäft verantwortlich, sondern der Vorstand. Insofern ist diese Konstellation nicht nur formalrechtlich in Ordnung, sondern überhaupt nicht zu beanstanden.
Gut und wichtig für DE, aber die Entscheidung ist schon interessant – ich mache mich von einem Dritten wissentlich abhängig und dann muss der Dritte auch den Service noch ausweiten….
Würde doch bedeuten, wenn ich nun einen Langstrecken-Ferienflieger ex MUC gründe, gehe ich zur LH und die müssen mir dann einen Feeder anbieten, weil es sonst keiner kann und weil mein Geschäftsmodell sonst nicht gehen würde…aber das geht bestimmt dann nicht, weil ich das ja vorher wusste…. Komische Logik.
Diese Vereinbarungen wurden ja getroffen, als LH kein Dritter für Condor war, sondern Condor im LH Konzern. Oder irre ich mich da?
Der Vertrag zwischen Condor und Lufthansa für die ProRata-Zubringerflüge gilt bereits Jahrzehnte. Bis 1997 war Condor direkte Tochter der Lufthansa und bis 2019 indirekt weiterhin.
Von 1997 bis zum Jahre 2019 gehörte Condor zum Neckermann Reisen/Thomas Cook-Konzern an dem Lufthansa neben Karstadt/Quelle selbst beteiligt war. Bis dahin war das Abkommen kein Problem.
Seit ca. 2012 versucht der LH-Konzern aus der Tarifbindung der Lufthansa-Passage herauszukommen und neue Flugbetriebe zu gründen, die niedriger dotierten Tarifverträgen unterliegen. Viele Beispiele sind Migration Germanwings nach Eurowings, SunExpress Deutschland, Eurowings Discover, Lufthansa Cityline 2, Air Dolomiti, Eurowings Europe Wien,
Die neue LH-Airline Eurowings Discover ist der direkte Konkurrent der Condor, der mit ehemaligen Lufthansa-Passage-Flugzeugen und ehemaligen Lufthansa-Passage-Strecken den Markt beherrschen will.
Verliert die Condor die Zubringer, hat Eurowings Discover als direkte Lufthansa-Tochter einen monopolistischen Vorteil und Condor einen erheblichen Nachteil für sein gewachsenes Geschäftsmodell.
Die Logik des SENflyer ist daher nicht richtig. Condor hat sich nie von Lufthansa abhängig gemacht, sondern vielmehr ist das Geschäft über Jahre so gewachsen. Die Lufthansa will jetzt zu ihrem eigenen Vorteil, das Abkommen einfach kippen, was zur Folge hätte, dass von Randflughäfen nur noch Eurowings Discover gebucht werden kann.
Dann folgt eine dicke Preiserhöhung, da es keine Konkurrenz mehr gibt.
Dies kann in keinem Interesse sein.
Exzellent. Und da Condor nun viele USA Ziele anfliegt mit besseren Gerät als Lufthansa wird es zu einer richtige Konkurrenz die zu fallenden Preisen auf den Strecken und besseren Service führen wird. Genial.
Das Problem bei den USA Strecken von Condor sind aber gerade in der Konkurrenz für Lufthansa, dass sie nicht ganzjährig und alle nicht täglich geflogen werden. So scharf ist da die Konkurrenz nicht und man zieht schon auf andere Personenkreise.
DE hat doch gerade angekündigt, die meisten USA-Ziele auch im WInter anzufliegen und nein bei 3 mal wöchentlich ist es nicht nur für Privatreisende interessant!
Unabhängig davon, wann die Vereinbarung getroffen wurde: Lufthansa hat, wie es auch in dem Artikel auch steht, ein faktisches Monopol für Inlandsflüge. Condor kann somit keine eigenen Zubringerflüge anbieten. Insofern geht der Kommentar von SENflyer an den Fakten vorbei.