Lufthansa Business Class (Allegris) im A350 von München (MUC) nach Vancouver (YVR)

Heute ist es wieder so weit, die nächste Gastautoren Review steht in den Starlöchern. Und nicht nur das ist etwas Besonderes, sondern auch die Kabine, die Matthias geflogen ist. Aufgrund von Flugplanänderungen und Verschiebungen, Babysitterausfällen im Privaten und einigen Dingen mehr ist es uns bisher noch nicht gelungen die Allegris selbst zu testen. Damit wir das jetzt aber auf jeden Fall nachholen, hat uns Matthias mit dieser tollen Review auf einen Flug mit der neuen Klasse nochmal extra viel Lust gemacht!

Lufthansa Business Class (Allegris) im A350 von München (MUC) nach Vancouver (YVR) | Buchung

Ich habe den Flug vor knapp einem Jahr als Prämienflug (oneway) gebucht, aus meiner Erfahrung ist eine frühe Buchung die beste Sicherheit für Flugverfügbarkeiten. Die ursprüngliche Strecke ab Paderborn (PAD) war nur über die Hotline verfügbar, wegen der Streichung des Mittags-Zubringers musste ich auf Hannover (HAJ) als Startort umbuchen.

Grund für das München-Routing war die „Sprinter“ A350 (ex Philippine Airlines), die bis vor kurzem auf den Kanada-Strecken ab MUC eingesetzt wurde. Ich wollte das Produkt gerne kennenlernen. Die Ankündigung, Vancouver als erste Allegris-Ziel einzusetzen, hat mich natürlich gefreut. Dem folgte aber die baldige kalte Dusche, dass Vancouver (YVR) ab August wieder rausfliegt und durch andere Ziele ersetzt wird. Parallel änderte sich die Seatmap in der App von der Sprinter-Konfiguration auf die Standard A350 mit der 2-2-2 Konfiguration und 48 Plätzen in der Business Class. Dieser Wechsel der Maschinen hat mich wegen der doch deutlich unterschiedlichen Gesamtzahl an Sitzplätzen ohnehin verwundert, aber es sollte ganz anders kommen.

Kleine Anmerkung: Auf flightradar konnte man sehen, dass die D-AIXR auch die 10 Tage zuvor nur nach Kanada (YYZ, YUL, YVR) geflogen war. 

Lufthansa Business Class (Allegris) im A350 von München (MUC) nach Vancouver (YVR) | Flugdaten

Flugdaten
Flugnr.: LH476
Sitz: 12D (später 2D)
Reiseklasse: Business Class
Konfiguration: 3 First Class (Theoretisch)

38 Business Class

24 Premium Economy Class

201 Economy Class

Buchungsart: Miles&More Prämienflug
Abflug (Tatsächlich): 15:45 (17:10)
Ankunft (Tatsächlich): 16:55 (17:46)
Reisezeit: 9:37 h
Vielfliegerprogramm & Status: Miles&More
Gesammelte Meilen: Prämienflug
Flugzeug: Airbus A350-900
Registrierung: D-AIXR
Alter: 0,7 Jahre
Champagner: Champagne Blanc de Noirs, Ferdinand Bonnet, Frankreich

Lufthansa Business Class (Allegris) im A350 von München (MUC) nach Vancouver (YVR) / Check-In

Von Hannover in München angekommen gingen wir hoch zu den H Gates. Bereits vor der Passkontrolle wurde über Lautsprecher durchgesagt, dass wegen eines Aircraft-Changes der LH476 nicht alle Passagiere mitgenommen werden können und man sich am Gate melden solle. Ich checkte sofort die App, anstatt 2A und 2C hatten wir nun 12C und 12D, also erstmal beruhigend. Der rasche Blick auf aerolopa legte einen Wechsel auf die neue Allegris Business Class nahe, nebenbei hätten bei einem Wechsel auf den Sprinter auch keine Passagiere zurückbleiben müssen. Andere Flugzeugmuster gibt es in MUC ja nicht mehr, außer wenigen A340-600 und natürlich dem A380. Nach der zwischenzeitlichen Passkontrolle wurden uns am Gate unsere neuen Plätze aufgrund des Wechsels zur neuen A350 Generation bestätigt. Ferner verschob sich das Boarding aufgrund der Umstände um 30 Minuten, letztendlich waren es etwa 50. 

Der Aufenthalt in der Senatorlounge war wie immer und wird daher nicht weiter beschrieben. 

Review: Lufthansa Senator Lounge München (H-Gates, non Schengen)

Lufthansa Business Class (Allegris) im A350 von München (MUC) nach Vancouver (YVR) | Boarding 

Als es endlich anfing, ging das Boarding relativ fix. Wir betraten die Maschine recht früh, was die Möglichkeit für ein paar Fotos eröffnete. Meine Frau und ich setzten uns auf unsere Plätze 12 C und D und fühlten uns auf Anhieb wohl. Neben mir auf 12G saß ein älterer Herr, seine Frau saß anstatt neben ihm nun vor uns auf 11E. Beide waren durch die Umstände nur mittelmäßig begeistert. Als wir es uns gemütlich gemacht hatten und ich die elementaren Funktionen der Sitzbedienung bereit durchprobiert hatte – Kühlung und Heizung funktionieren hervorragend, wären aus meiner Sicht aber wirklich entbehrlich – kam ein Flugbegleiter und bot uns 2 Suiten in Reihe 2 an, da eine Mutter mit Kleinkind auf 12C untergebracht werden sollte und die zweite größere Tochter natürlich möglichst dicht bei der Mutter sitzen sollte. Dieser Aufforderung sind wir natürlich gerne gefolgt und bekamen nun die Business Suite 2D und 2K. Wirklich zusammen saßen wir vorher ja auch nicht, insofern überwiegte der Vorteil der neuen Sitzplätze. Meiner Frau nahm den favorisierten Fensterplatz, ich kam auch gerne mit der Mittelsuite zurecht. 

Lufthansa Business Class (Allegris) im A350 von München (MUC) nach Vancouver (YVR) | Kabine und Sitz

Ein paar Fakten zu der neuen Maschine: In der vorderen Kabine gibt es in der Mitte keine overhead bins, entsprechend großzügig fällt das Raumgefühl aus. Die Gangsitze 4C und 4H haben kein Fenster, in Reihe 10 sieht es nur wenig besser aus. Die Reihe 19, also die vorderste und vom Platz her mit die großzügigste in der Eco, darf aktuell nicht belegt werden, da Airbag-Gurte eingebaut werden müssen, wie mir die Purserin erzählte.

Auch die neue Premium Economy Class machte einen guten Eindruck.

Spannend ist die hoffentlich bald kommende First Class, hier sind aber aktuell nur eine Reihe Economy Class Sitze verbaut, die nicht besetzt werden dürfen.

Die Sitze selbst sind super, großzügig im Platz und bequem. Am meisten erstaunte mich der Fußraum, eine der großen Schwächen aller verschachtelten („staggered“) Sitzkonstruktionen. Sei es in der Swiss oder der viel gerühmten Emirates Business Class, man liegt mit über der Hälfte der Beine in einem engen Tunnel, bei meinen 1,90m Körpergröße muss ich aufstehen, um mich zu drehen. Das gleiche gilt leider auch für die sonst tollen Sitze in den bisherigen 5 Lufthansa Dreamlinern bzw. deren Sitzpendants in vielen anderen Airlines wie Air Canada oder B. A. Der Fußraum bei Allegris ist wirklich großzügig in der Breite bei allen Sitztypen, und selbst auf 12D, dem sogenannten extra Long Bed Seat, war der Tunnel relativ kurz und in alle Richtungen sehr großzügig bemessen.

Der Wechsel auf die Suite verbesserte das Raumgefühl noch einmal deutlich. Mit der breiten Ablage, dem breiten Fußteil und der versenkbaren Armlehne ist das wirklich First Class Niveau. Eigentlich braucht man in diesem Flieger keine First mehr, insbesondere eine mit 3 uneinheitlichen Plätzen, aber das ist ein anderes Thema. Die Bedienung der Sitze und des IFE ist hervorragend über das Tablett zu steuern. Zusätzlich gibt es für die Sitzverstellung noch 2 Knöpfe (ganz flach und aufrecht), die zur stufenlosen Steuerung völlig ausreichen, sowie 2 Knöpfe für die Sitzhärte. Mit Ausnahme von der Sitzheizung /-kühlung funktioniert die Steuerung über das Tablett übrigens erst im Reiseflug und ist sonst gesperrt. Der Monitor ist touchsensibel, in der Suite funktioniert das aufgrund des Abstands aber nur mit der Großzehe. 

Die hohen Trennwände insbesondere bei den Suiten sind aber aus meiner Sicht nicht wirklich der Gemütlichkeit förderlich. Im Gegenteil, man sitzt im Käfig, sieht beim Rollen nicht, was draußen passiert und wo man sich befindet. Versenkbare Trennwände wie in der First sind aus meiner Sicht die wesentlich bessere Alternative. Wenn es früher zu wenig Privatsphäre gab, es ist jetzt fast zuviel des Guten. Konversation mit dem Sitznachbarn ist nur bei den mittleren Sitzpaaren möglich, davon gibt es aber kaum welche und einer der Sitze wird als Extra Long Bed vermutlich sogar aufpreispflichtig. 

Gesteuert wird der ganze Sitz über ein Tablet.

Lufthansa Business Class (Allegris) im A350 von München (MUC) nach Vancouver (YVR) | Catering und Service

Hier hat Allegris natürlich keine besondere Stellung, daher halte ich das Thema Essen kurz. Die Vorspeisen waren gut (Vitello tonnato bei mir, Burrata bei meiner Frau), die Hauptspeise bei mir okay (Short Rib wegen extremem Zähneklebens schwer essbar, aber sehr leckeres Kartoffelpüree und Gemüse), bei meiner Frau eher mies (versehentlich vegetarisches Zürcher Geschnetzeltes bestellt, Rösti ist nichts für eine Flugzeug-Bordküche und wurde vorsorglich in Soße ertränkt). Alles andere wie gewohnt, außer dass es für die Business Suite Gäste noch eine kleine Extrakarte gab. Meine Meinung dazu: Das macht das ganze noch heterogener und komplizierter, tut das den Flugbegleitern nicht auch noch an! Der Kostenfaktor dürfte recht überschaubar sein, die Snacks allen Passagieren der Business anzubieten.

Und damit zum eigentlich wichtigsten Thema, den Flugbegleitern und Service: Die Damen und Herren hatten wirklich viel zu tun, die Passagiere auf die neu zugewiesenen Plätze umzusetzen. Da gab es wohl auch viel Missmut. Als sich die sehr nette Purserin zu Beginn des Fluges für die Unannehmlichkeiten entschuldigte, schaute ich sie recht verwundert an. Ich flog in der neuesten Maschine mit dem neuesten Bordprodukt und das auch noch in einer Suite, anstatt auf 2C in der hinreichend bekannten alten Bestuhlung. Des einen Freud ist des anderen Leid, das galt insbesondere für die Passagiere, die am Boden bleiben mussten. Aber ich hatte wirklich nichts auszustehen und konnte mit der Purserin und ihren Kolleginnen viele interessante Gespräche führen. 

Lufthansa Business Class (Allegris) im A350 von München (MUC) nach Vancouver (YVR) | Frankfurtflyer Kommentar 

Ich persönlich bewerte diesen Flug mit einer glatten 1 mit leichtem Punktabzug für das Essen, aber das hat nichts mit der neuen Allegris Business Class zu tun. Mit dem Produkt hat man nicht nur aufgeholt, sondern ist ganz weit vorne, was Sitz, Raumgefühl, Bedienbarkeit und IFE angeht. Das tolle Team von Flugbegleitern hat ein übriges dazu geleistet, diesen Flug zu einem Erlebnis zu machen. Dabei hatten die Flugbegleiter viel Stress mit dem Aircraft Change, der Konzern macht es ihnen momentan nicht leicht. Wenn ich in einem fast 10-stündigen Flug nicht schlafe, ist das außergewöhnlich und der Begeisterung geschuldet. Das Gegenteil bei meiner Frau: Sie hat den halben Flug geschlafen, das ist ein Adelsschlag und kommt eigentlich nie vor. Das unterstreicht aber die unterschiedlichen Ansprüche. Die meisten Passagiere haben eben andere Prioritäten an einen Flug als wir flugbegeistertes Volk, man will zusammen sitzen und kennt sich mit 5 unterschiedlichen Sitztypen wenig oder gar nicht aus. Wenn eine kleine Reisegruppe über das halbe Flugzeug verteilt wird, macht das nicht unbedingt glücklich. Lufthansa folgt hier ja nur einem allgemeinen Trend, nämlich die Flieger auf Geschäfts- und Alleinreisende zuzuschneiden. Das Grunddesign der Kabine ähnelt ja sehr der Polaris Business Class, außer dass man aus dem Pärchensitzen in der Mitte einen weiter Privacy-Sitz geformt hat. Wer drei Laptops gleichzeitig im Flieger bedienen muss, mag das toll finden, für mich ist speziell dieser Sitztyp, der zu allem Überfluss mal von der rechten und mal von der linken Seite zu begehen ist, eine Fehlentscheidung. Die hohen Bordwände mag ich auch weniger, aber das ist Geschmacksache. Was hatten wir für schöne „Party“-Flüge oben im Jumbo, auch auf den alten Sitzmodellen. Die neuen Sitze selbst sind Weltklasse, an alles andere wird man sich gewöhnen. 

Über Matthias: Ich bin ein 53-jähriger Arzt aus Höxter / NRW, habe mit 17 meine Privatpilotenlizenz gemacht (ruht aktuell allerdings aus privaten und zeitlichen Gründen) und seit jeher eng mit der Fliegerei verbunden. Seit Ende 2018 bin ich Senator, vorher etliche Jahre FTL. Mit der neuen Statusregelung wird der Erhalt schwierig werden, da ich ausschließlich privat fliege (wobei dieser Flug wegen eines Kongresses in Vancouver ausnahmsweise mal eine „dienstliche“ Komponente hat).

6 Kommentare

  1. Vielen Dank, Matthias, für diesen wirklich schön formulierten Beitrag und die damit verbundene Produktvorstellung. Ich bin jetzt äußerst gespannt und freue mich —wenn es sich einmal ergibt — darauf, die neue Kabine auch zu testen. Mit dem „zuviel Privacy“ war mein Eindruck in Hinblick auf die F.

  2. Klasse, vielen Dank für den schönen, authentischen Bericht.
    Sitz, Fußraum und Steuerung machen einen guten Eindruck.
    Den Fußraum in den 787 der LH finde ich ok, Swiss (Thron) ist für mich mit 1,91 wirklich schwierig.

    Ich teile deinen Eineruck sehr, dass das ganze Produkt zu kompliziert ist. Und würde jeder Crew weniger Stress mit einem homogeneren Produkt wünschen.

    Auf die Suiten (Business Plus) hätte die LH verzichten sollen, nachdem sie entschieden hat, dass doch eine First Class kommt. Aber gut, so hat man noch mehr Upselling-Optionen.
    Leider wird es noch oft enttäuschte Gesichter geben.

  3. Vielen Dank für den tollen und informativen Artikel – in Lufthansa Sneaker 😉 Hoffe das ich auch bald mal in den Genuss komme diese zu testen, sieht leider aktuell aber nicht danach aus.

    • Hallo Namensvetter, was möchtest Du testen, Allegris oder die Lufthansa Sneaker 😂? Letztere habe ich mir mehr als Gag bestellt, die sind aber so bequem, dass ich schon 2 Paare davon habe. Eigentlich sollte ich jetzt Geld dafür bekommen …. 😉

  4. Wir waren am selben Flug, auch 2 x Prämienticket in C. Kann bzgl. den Bemühungen und Leistung der Crew nur zustimmen. Hätte mir aber etwas mehr (man möge mich kritisieren) Status entgegenkommen bei der Sitzvergabe gewünscht. Aber gut es war ein kurzfristiger Equipment change.
    Für einen Tagflug hat es gut gepasst alles einmal auszuprobieren. Aber es zeigte sich sehr schön wie für eine hohe Anzahl an Gästen die Konfiguration der Sitzplätze bei Allegris eher nicht den Freizeit, Ferien, Urlaubs, Familien Fluggästen entspricht. Die Purserin 1 bat auch um Feedback zum Flug und Sitz diesbezüglich, weil intern augenscheinlich nur von unumstößliche Euphorie aller Kunden ausgegangen wird. Aus dem Gespräch mit der Purserin konnte ich mitnehmen, dass die fehlende Herzlichkeit und der zuvorkommende Servicegedanke der Crew ggü. Kunden ein bekannter Punkt ist und man daran arbeite dies zu verbessern. Beide Punkte waren anscheinend auch Thema eines kürzlichen Konzern Purser calls oder so. Wenn ichs richtig verstanden habe.
    Zum Erlebnis selber, kann ich wie beschrieben bestätigen. Meine Zusammenfassung zum Sitz. Bluetooth Verknüpfung praktisch auch für die eigenen Kopfhörer. Tablet nett aber es ist dann nicht immer klar wie man den Bildschirm bedient. Wo man was machen kann. Also für mich war es jetzt nicht der „burner“. Die Videos zur Sitzbedienung ist wertvoll wenn man die Sitz voll auskosten will. Komfort passt. Der Classic Sitz, den ich hatte, war gefühlt merklich offener und eher mit heutigen zu vergleichen, wenn auch nur ein Einzelsitz. Ich denke erst bei einem zweiten Flug könnte ich den neuen Sitz voll ausnutzen.
    Zum Kontrast, beim Rückflug, war die Crew auch herzlich aber nicht sehr abgestimmt, eher Konfus. Jede Mahlzeit haben sie mir 2 Mal gebracht, weil trotz aufschreiben es beim ersten Mal die Falsche war. Purser bemüht aber irgendwie passte etwas nicht beim Zusammenspiel.

  5. Also ich kann dir gute Bewertung des Essens nicht bestätigen. Ich hatte auch das Vitello tonnato von Frankfurt nach Astana. Es sah schon strange aus und so war es leider auch.

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