Lufthansa sollte schon 40 Allegris-Flugzeuge haben

Lufthansa arbeitet schon gefühlte Ewigkeiten an der Erneuerung der Kabinen. In diesem Jahr konnte dann endlich das langersehnte Allegris-Produkt eingeführt werden. Insbesondere die Erneuerung der Business Class war überfällig. Mit Allegris wurden aber auch die anderen Klassen aufgefrischt bzw. neu entwickelt. Inzwischen sind fünf Allegris-Flugzeuge unterwegs, ursprünglich hätten heute jedoch schon über 40 Langstreckenjets mit den neuen Sitzen ausgestattet sein sollen.

Das Dilemma begann eigentlich schon vor Jahren, als sich Verzögerungen bei der Entwicklung der neuen Boeing 777 abzeichneten. Lufthansa wollte die neue Business Class ursprünglich mit der neuen Triple Seven-Variante einführen. Aus den ersten Verzögerungen wurden dann Verspätungen von mehreren Jahren. Ob Boeing die nächste 777-Generation nun 2025 ausliefern kann, ist fraglich, da dieser Termin wieder auf der Kippe steht.

Lufthansa wollte das modernisierte Bordprodukt dann mit den anderen neuen Maschinen einführen, die bereits bestellt waren. Darunter auch mehrere Boeing 787, die aber ebenfalls auf sich warten lassen. Noch immer konnte kein einziger neuer Dreamliner an den Kranich ausgeliefert werden. In Frankfurt sind nach wie vor nur die Exemplare stationiert, die nicht für LH bestimmt waren, aber kurzfristig vom Konzern übernommen werden konnten.

Letztendlich wurde Allegris dann mit der Auslieferung der neuen Airbus A350-Tranche veröffentlicht, aber auch dort mussten Verspätungen verkündet werden. Eigentlich hätten schon letztes Jahr zehn neue A350-900 nach München kommen sollen, der erste Allegris-A350 kam jedoch erst im Frühling 2024. Die Sache hatte dann noch einen weiteren Wermutstropfen: Die neue First-Class-Kabine ist bzw. war noch nicht zertifiziert und konnte nicht in die ersten Jets eingebaut werden.

Allegris Aktuell | Neuigkeiten rund um die Lufthansa Business Class (September)

Diese Genehmigungen sind ein weiteres großes Problem, weshalb Lufthansa heute nur fünf statt 40 Allegris-Flugzeuge hat. Viele Bestandteile der neuen Sitze konnten nicht abgenommen und zertifiziert werden. Ein Drama, denn einige der modernen Jets sind schon lange fertig produziert, dürfen aber nicht abheben.

Lufthansa sollte schon 40 Allegris-Flugzeuge haben | Frankfurtflyer Kommentar

Hätte, hätte … Hinterher weiß man immer mehr. Wenn die Verantwortlichen das gewusst hätten, hätten sie sicher vieles anders entschieden. Vermutlich hätte man mit dem heutigen Wissen auch keinen Airbus A340-600 oder A380 Superjumbo während der Pandemie in die Wüste geschickt, um diese dann später aufwendig und teuer zu reaktivieren.

Wahrscheinlich hätte man sich eher für einen etablierten Sitz entschieden und diesen etwas modifiziert, anstatt ein komplett eigenes Produkt zu entwickeln, bei dem jede Schraube und Klappe neu genehmigt werden muss.

So oder so – die neue Triple Seven ist immer noch nicht da und wird vermutlich auch nächstes Jahr nicht mit Passagieren abheben. In diesem Punkt haben Lufthansa und die anderen Kunden des neuen 777-Modells keinen Einfluss.

Ich kann und will Allegris nicht schlechtreden, aber man muss auch feststellen, dass man mit einem anderen Kabinenprodukt heute wesentlich weiter wäre. So würden schon mehrere 787 für Lufthansa fliegen, Austrian Airlines hätte die fünf „Hainansa“-Sprinter und wäre ebenfalls deutlich fortgeschrittener. Zeitgleich hätte man auch schon mit der Umrüstung der Bestandsflotte beginnen können. Wann Lufthansa mit dem Allegris-Retrofit beginnen kann, weiß wohl nur der liebe Gott.

8 Kommentare

  1. Hätte, hätte, Fahrradkette reicht einfach nicht mehr, um ein Unternehmen erfolgreich zu führen.

    Die Verzögerungen bei der B777-9 und auch die ein oder andere Verspätung bei den A350 und die Lieferschwierigkeiten bei den B787 betreffen alle Airlines, nicht nur Lufthansa. Trotzdem schafft es quasi jede Airline außer Lufthansa in einem Großteil der Flotte inzwischen Sitze mit direktem Gangzugang zu haben. Selbst Airlines wie Air China, Thai Airways, KLM, British Airways, die man früher mal belächelt hat, haben es irgendwie in der Bestandsflotte hinbekommen.

    Lufthansa hat hingegen nichts hinbekommen. Das Gejammer, dass andere Schuld sind, muss jetzt mal ein Ende haben. Lufthansa hat die Flottenplanung während Covid vermasselt und man hat auf das falsche Produkt mit Allegris gesetzt.

    Jemand sollte dafür bei Lufthansa die Verantwortung übernehmen. Schildbürgerstreiche nach fast 8 Jahren Vorbereitung wie Maschinen plötzlich mit Bleigewichten loszuschicken, muss ein Ende haben. Ein glaubhafter Neuanfang ist nur möglich mit Entlassung des verantwortlichen Vorstands plus des gesamten Teams, das für Allegris verantwortlich war. Ansonsten wird es für immer eine Lachnummer bleiben.

    Falls Lufthansa den Mut hat die Teams zu ändern und diesen gigantischen Fehler mit Allegris sich einzugestehen, wird das Problem zwar nicht über Nacht besser, aber ich wäre bereit der Airline zu vertrauen, dass es mittelfristig besser wird und ihr mit neuen Buchungen eine Chance geben.

    Man muss halt nur mal was start die nächsten 10 Jahre an Allegris zu werkeln ohne dass Kunden davon profitieren.

  2. Wäre der Vorstand bei Lufthansa kompetent, hätte man das Projekt bereits vor einem Jahr beerdigt und einen Standardsitz genommen. So wird massig Geld, welches man angeblich ja nicht mehr verdient, in ein kaum zukunftsfähiges Produkt versenkt, welches später auch enorme Wartungskosten verursachen wird, weil es die Sonderteile dann nicht günstig am Markt gibt. Klassischer Managementfehler sich massive Fehlentscheidungen nicht eingestehen zu können – dies zieht sich durch den ganzen Konzern. Und hat leider keine noch immer Konsequenzen.

    • Wäre das so einfach, hätte man es vielleicht auch gemacht. Aber hätte man vor einem Jahr sich für einen Standard Sitz entschieden, hätte man diesen vermutlich noch nicht geliefert bekommen.

      • Stimmt schon, aber langfristig bleibt es doch ein Desaster, weil man jetzt eh für diverse Modelle andere Sitze braucht oder was basteln muss. Da sind auch Jahre verschwendet worden bzw. einfach nichts getan worden. Die 747-8 hatte man schließlich auch schon vor fünf Jahren in der Flotte. Wobei ich mich auch frage, wie eine Entwicklungsabteilung so unfassbar unfähig sein kann und die Gewichtsgrenzen für die verschiedenen Flugzeuge nicht kennt. Dies deutet auf massive interne Kommunikationsprobleme bei Lufthansa hin. Wie schnell sowas in die Hose geht sieht man gerade bei Intel – vom Markführer zum Übernahmekandidaten in fünf Jahren. Nur ist Lufthansa im dreigeteilten Markt in Europa zu groß um aufgespalten zu werden. Ich sehe da schon wieder Rettungspakete kommen…

        • Lufthansa H A T massive interne Kommunikationsprobleme. Alles wird von A nach B nach C geschoben weil niemand eine Entscheidung treffen will. Hat was von Beamten Mikado.

  3. Was leider im Artikel garnicht zur sprache kommt:
    Allegris krankt ja nicht nur an der Zulassung, sondern auch am Gewicht.
    Beim A330 braucht es angeblich 1,5t Ballast im Heck, bei der B748 wohl immer noch 700kg.

    Die Alegris hält die ganze Flottenmodernisierung auf, genauso wie das hin und her bzgl. der F. Erst wollte man keine F mehr, darum gibt es diese erste Alegris Reihe, dann doch wieder, jetzt hat man quasi F, Business + Suiten die quasi wie eine F sind, und gefühlt 100 verschiedene Varrianten.
    Bzw. man hat sie nicht, weil F gibt es ja noch nicht, und der Rest, ach egal.

    Wie sich diese Komplexität dann auswirken wird, wenn das Produkt altert, oder IT Probleme auftreten, ich will es garnicht wissen.

    Aber eigentlich könnte die LH soviel weiter sein, hätte sie nicht so ein wahnsinnig komplexes Produkt entwickelt, das scheinbar keiner mehr beherrscht.
    Man muss sowas halt auch zugelassen bekommen.
    Und jetzt steht man da, kann es in einen wesentlichen Teil der Flotte nur mit schwierigkeiten Nachrüsten (B748) in einen anderen Teil garnicht (A380) und hält die ganze Flottenerneuerung auf.

    Werksneue A350 und B789 stehen abgestellt rum, anstatt das Edelweiss bereits mit den A359 fliegt, und AUA bereits die B789 mit der Hainan Kabine hat.

    Das ist ein riesen Fail für den Kranich, und das kostet richtig Geld.

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