Lufthansa kritisiert EU Luftfahrtpolitik scharf | Wettbewerbsverzerrung, technologiefeindlich und umweltschädlich

Die Rahmenbedingungen sind für Airlines aus Europa nicht einfach und Lufthansa macht in einem Politikbrief deutlich, dass man hierfür auch die EU Luftfahrtpolitik massiv verantwortlich macht, welche Airlines aus der EU eher benachteiligt und noch dazu teils mit den ambitionierten Klimaschutzzielen und deren Umsetzung, teils sogar mehr Schaden verursacht, als ohne politische Vorgaben. Das Stichwort ist hier Carbon Leakage.

Nicht verwunderlich ist sicherlich, dass man vor allem wieder gegen die Airlines vom Persischen Golf schießt, welche einen geografischen und politischen Vorteil in ihren Heimatländer haben. Hier sieht man bei der EU Luftfahrtpolitik viel zu wenig Willen dieses Ungleichgewicht zu regulieren.

Man könnte fast vermuten, dass Lufthansa sogar der Meinung ist, dass man die Problematik nicht bei der EU sieht, denn in den letzten 20 Jahren haben sich Marktanteile massiv zugunsten von Airlines aus dem arabischen Raum verschoben. Auch wenn man diese nicht konkret benennt, geht es Lufthansa primär um Emirates, Etihad Airways, Qatar Airways und Turkish Airlines.

Diese Airlines haben alle eines gemeinsam, denn sie sind im Staatsbesitz und werden auch von den Staaten in denen sie ansässig sind direkt oder indirekt massiv subventioniert. Dabei sieht das Geschäftsmodell der Airlines aber nicht nur vor Passagiere in das eigene Land zu transportieren, wie es vor 20 Jahren bei Staatsairlines noch üblich war, sondern man will Passagiere über die eigenen Hubs aus Europa nach Asien oder in die ganze Welt transportieren.

Damit hat man durchaus großen Erfolg und Lufthansa skizziert hier die anhaltenden Verschiebung von Marktanteilen zu Ungunsten von Airlines aus der EU recht deutlich.

Besonders Qatar Airways wird hier gerne als Beispiel angeführt, denn die Airline hat inzwischen den Markt für Flüge aus Europa nach Qatar komplett übernommen. In einem bilateralen Abkommen hat die EU nun aber Qatar Airways erlaubt, dass man quasi beliebig viele Flüge nach Europa zu beliebig vielen Flughäfen durchführen darf.

Hiervon will man in Doha natürlich auch Gebrauch machen, allerdings nicht um Passagiere nach Qatar selbst zu transportieren, sondern über den Hub hinaus in die ganze Welt.

Dabei sieht man bei Lufthansa nicht nur keinen Willen bei der EU, den eigenen Markt und die EU Airlines hier vor unfairem Wettbewerb zu schützen, sondern man kritisiert sogar, dass die Rahmenbedingungen in der EU es den Airlines sogar noch erschweren hier in den Wettbewerb zu gehen.

Eine Trendumkehr ist nicht in Sicht. Im Gegenteil: Der regu­latorische Rahmen begünstigt diese Entwicklung. Die geplante EU-Klimaschutzpolitik (Fit for 55) behandelt die Erwartung europäischer Netzwerk-Airlines zugunsten eines Level-Playing-Field stiefmütterlich. Folglich profitiert die Konkurrenz sogar noch von asymmetrischen Umwelt-, Verbraucherschutz- und Sozialstandards „made in Europe“.

Dabei würden die Klimaschutzbemühungen der EU keinen oder kaum Effekt erzielen, wenn man hier nicht massiv aufpasst und die aktuellen Entschlüsse im Hinblick auf die zwangsweise Einführung von teurem SAF Treibstoff in Europa würden nur ein Carbon Leakage Problem und unwirtschaftliche Rahmenbedingungen für Europa schaffen, aber faktisch kein CO2 einsparen.

Die deutlich höheren Produktionskosten der Airlines in Europa und damit verbundenen höheren Preise würden die Passagiere direkt in die Arme der Golf Airlines treiben, welche den strengen EU Regelungen nicht unterliegen.

Daneben sieht man aber auch ein generelles Problem in Europa, dass wir zu träge sind bei der Umsetzung von neuen Technologien. Hier nennt man vor allem die Sicherheitskontrollen als Beispiel, welche in den letzten Monaten an vielen Airports in Europa zu Problemen und langen Wartezeiten führten.

So solle man hier den Einsatz von modernen Technologien, wie z.B. CT Scannern, schnell vorantreiben und auch die Verantwortung über die Sicherheitskontrolle den Airports übergeben. Hier können man das Problem des fehlenden Personals und der langen Wartezeiten schneller lösen.

Tatsächlich wird man in Zeiten der andauernden Personalknappheit in Europa nicht umhin kommen dieses Problem mit Technologie zu lösen. Hier darf man sich dann aber in der Umsetzung und Genehmigung nicht beliebig viel Zeit lassen.

Lufthansa kritisiert EU Luftfahrtpolitik scharf |  Frankfurtflyer Kommentar

Lufthansa geht mit der EU Luftfahrtpolitik sehr scharf in die Kritik und dies tatsächlich oftmals auch zurecht. Tatsächlich werden in Europa nicht gerade Rahmenbedingungen geschaffen, welche den Beitrieb einer Airline einfacher oder wirtschaftlicher machen. Leider ist dies teilweise auch so gewollt, wobei man hier die Frage stellen darf ob dies wirklich in unserem Interesse ist, wenn man es einmal zu Ende denkt.

Dabei treffen viele der Aussagen die Lufthansa trifft auch auf andere Bereiche der Wirtschaft in Europa zu und auch wenn man es aktuell noch nicht sieht, wenn hier Fehler gemacht werden, können die Schäden die angerichtet werden massiv sein, daher ist es durchaus verständlich und richtig, dass Lufthansa hier für die eigenen Interessen kämpft und einsteht.

Auch ich sehe viele Entscheidungen, welche in Europa in den letzten Jahren getroffen wurden als sehr kritisch, da sie, auch wenn mit guter Absicht gefällt, teils einfach schlecht gemacht sind oder noch schlimmer durch eine Ideologie getrieben werden, welche zwar in ihren Grundsätzen gut und richtig ist, aber in ihrer strikten Umsetzung ein riesiges Potenzial zum kapitalen Scheitern bietet.