Review: Air France Premium Economy 777-300

Air France bietet neben der Economy Class, Business Class und der sagenumwobenen La Première auch eine Premium Economy an. Inzwischen ist sie auf fast allen Langstreckenflugzeugen verbaut, wobei Air France bei allen Flugzeugen einen nahezu identischen Sitz verbaut hat. Da dieser Sitz – im Gegensatz zum aktuell Lufthansa Sitz – ein Schalensitz ist, wollte ich den Sitztyp gerne ausprobieren, bevor auch Lufthansa auf ähnliche Sitze umschwenken wird.

Air France Premium Economy 777-300 | Daten & Fakten

Flug: AF762

Strecke: CDG-PTP

Flugzeug: Boeing 777-300ER  F-GSQR (Die „Karibikkonfiguration“ mit kleinerer Business Class wird bei Air France nur 777-300 genannt, obwohl es sich um 777-300ER Flugzeuge handelt.)

Sitzkonfigurationen: Business 1-2-1, Premium Economy 2-4-2, Economy 3-4-3

Sitzplatz: 5L (Bulkhead)

 

Air France Premium Economy 777-300 | Check-In und Boarding

Da ich in Paris “nur” umsteigen musste, entfällt die Beschreibung des Check-Ins. Vielleicht ein Wort zum Umstieg in Paris: Die Wartezeiten an den Sicherheitskontrollen vor den Eingängen der einzelnen Gate-Bereicht im Terminal 2 können unerwartet lang ausfallen. So war es auch an meinem Flugtag. Daher erreichte ich aufgrund der etwas knappen Umsteigezeit das Gate 5 Minuten vor Boardingende und betrat als letzter Fluggast die Premium Economy.

Air France Premium Economy 777-300 | Sitz und Kabine

Das Boarding erfolgte über die Tür 2L, die Premium Economy liegt dann auf der linken Seite. Wer rechts abbiegt landet in der Economy Class.

Die Kabine hat 28 Sitzplätze, die in einer 2-4-2- Konfiguration angelegt sind. In der hintersten Reihe (8) gibt es nur Mittelsitze. Bei den Bulkhead Sitzen ist es ganz schön, dass die Monitore fest an der Wand verbaut sind. So haben die Sitze dieselbe Sitzbreite und man muss nicht umständlich Monitore unter dem Sitz verstauen. Aus meiner Sicht ist das ein Pluspunkt.

Auf den Sitzen lagen Kissen und eingeschweißte Decken. Kleine Wasserflaschen am Platz gehörten ebenfalls zur Grundausstattung. Leider habe ich dann einen Blick in die Sitztasche geworfen – sie war sehr dreckig.

Die Sitze sind richtige Brocken. Durch die Schale, in der sich die Sitze befinden, wirkt die Kabine reihenweise in Abschnitte getrennt, denn zwischen den Sitzen ist eine Blende angebracht, so dass ein vollständiger Sichtschutz besteht. Die Sitze sind in hellem Blau mit einer dunkelblauen Kopfstütze gehalten. Alle bieten eine ausfahrbare Beinstütze, die sich jedoch nur für kleine Menschen lohnt.

Was auffällt ist, dass der Sitz nicht die Breite des Fluggastraums nutzt. Neben der Armlehne sind gut und gerne 5-7cm Platz.

Die Kopfstütze ist aus Kunstleder, lässt sich höhenverstellen (um ca. 5cm) und die Seiten lassen sich zur Kopfunterstützung bzw. Halsentlastung nach vorne klappen. Die Rückenlehne ist wie in der Economy Class üblich starr, d.h. es kann keine Lordosenunterstützung o.ä. eingestellt werden. Dafür liegt ein Kissen am Platz, das man entweder als Kopfkissen oder zur Rückenunterstützung verwenden kann. Die Sitzfläche selbst ist weder besonders kurz noch lang, damit also unauffällig. Die Beinunterstützung brachte bei mir nichts, aber man kann sie mechanisch nach oben klappen lassen und dann wieder herunterdrücken.

Direkt neben der Kopfstütze befinden sich eine bewegliche Leselampe und geräuschunterdrückende Kopfhörer. Bei Bedarf kann man diese ausstöpseln und eigen Kopfhörer verwenden. Mein Eindruck war, dass meine Bose QC35i eine bessere Außengeräuschunterdrückung hatten, als die von Air France zur Verfügung gestellten Kopfhörer. Das Modell ist übrigens mit denen in der Business Class identisch. Air France verteilte leider keine „Überzieher“ für die Kopfhörer an Bord. Zusammen mit dem Eindruck der Sitztasche und der Toilette hinterließ dieses kein gutes Gefühl bei mir.

Das Spannende am Air France Premium Economy Sitz ist, dass er in einer Schale verbaut ist. Wenn man den Sitz zum Schlafen oder Loungen verstellen möchte, löst man über einen Knopf an der Armlehne die Arretierung. Dann kann man den Allerwertesten nach vorne bewegen und die Rückenlehne folgt einem. Dabei gleitet sie am Inneren der Schale Stück für Stück nach unten. Die Sitzfläche gleitet dabei auch ein Stück nach vorne, aber nicht im selben Maße, wie sich die Rückenlehne senkt. Dadurch verliert man im Endeffekt etwas Sitzflächen. Da die Rückenlehne starr ist, gibt einem Air France die „Knickpunkte“ beim Sitzen vor. Das muss nicht zwingend für jeden passen und bequem wird es dadurch auch nicht automatisch.

Sobald ich mich bewegt habe, rutsche die Sitzfläche übrigens wieder in Richtung Ausgangsposition, ohne dass die Rückenlehne sich bewegte. Deshalb musste ich bei Bewegungen im Sitzen immer aufpassen, meine Sitzfläche nicht aus Versehen zu halbieren.

Insgesamt kann man es (nicht) drehen und wenden wie man will – der Premium Economy Sitz bei Air France ist nicht sehr bequem und komfortabel. Gerade für Nachtflüge bietet er aus meiner Sicht keinen allzu großen Komfortgewinn und würde das Schlafen nicht erleichtern.

Das nächste große Thema bei der Premium Economy ist der Sitzabstand. Der ist am Bulkhead etwas größer, aber nicht wirklich zufriedenstellend. Für einen Bulkheadsitz fällt das Plus recht gering aus. Der einzige Vorteil, den der Bulkhead Sitz hat, ist dass der Reisende am Fenster (wenn die Beine lang genug sind) auf den Gang gelangen kann, ohne den Reisenden am Gang zu wecken oder zu stören.

Das Tablett für das Essen befindet sich in der Armlehne und kann mit einer Lasche herausgezogen werden. Da es sich in der Mitte umklappen lässt, kann man mit ein wenig Geschicklichkeit aufstehen, ohne das Tablett in der Armlehne versenken zu müssen. Bei den anderen Sitzen in der Premium Economy befindet sich das Tablett am Vordersitz und kann auch dort hälftig umgeklappt werden.

Etwas weiter unten an der Armlehne befindet sich ein USB-Port zum Laden von elektronischen Geräten. Während des Starts und der Landung ist das allerdings nicht erlaubt.

Vorne an der Armlehne befindet sich eine Universalsteckdose für größere elektronische Geräte sowie die kabelgebundene Fernbedienung für das Entertainmentsystem.

 

Fun Fact: Die Sitze in den hinteren Reihen haben Airbags in ihren Anschnallgurten. Am Bulkhead haben sie das nicht.

 

Air France Premium Economy 777-300 | Entertainment

Zur Unterhaltung der Passagiere legt Air France ein Bordmagazin aus. Das ist jedoch nicht halb so interessant wie das, was sich auf dem 11 Zoll Screen vor der eigenen Nase abspielt. Hier trägt Air France dick auf und bietet über 250 Filme, dazu noch Serien, TV-Shows, Musikalben. Daneben gibt es noch die Air France Play App, in der man sich nach Anmeldung mit Name und Buchungscode Zeitschriften und Magazine auf sein bevorzugtes Device herunterladen kann.

Der Monitor begrüßte mich mit den Worten „Hope you had fun“. Eigenartig. Im Normalfall würde dort „Einjoy your flight“ stehen, aber Air France wollte die Erwartungen anscheinend nicht zu hoch schrauben. Oder man hoffte, dass die Passagiere bisher Spaß hatten, weil auf dem Flug keiner mehr dazu kommen würde. Schräger Humor der Airline.

Bevor man jedoch das Entertainment System nach eigenem Geschmack nutzen darf, gibt es erst ein Sicherheitsvideo. Gesprochen wird abwechselnd auf Französisch und Englisch, wobei zweitere Sprache mit einem deutlichen französischen Akzent intoniert wird. Im Anschluss an das Sicherheitsvideo folgt noch ein Video zur korrekten Maskennutzung und -entsorgung. Während des Flugs gab es mehrere Ansagen, dass Masken wieder aufzusetzen seien.

Neben der Flugkarte haben die aufgefrischten Boeing 777-300ER bei Air France auch zwei Außenkameras. Gerade bei Start und Landung macht es natürlich Freude, diese Bilder auf dem Bildschirm zu haben. Ein schönes Feature ist, dass man sich die Karte auch bei Filmen als Picture-in-Picture (PiP) ansehen kann.

Die Bedienung des Entertainment Systems erfolgt entweder über eine Fernbedienung oder per Touch Screen.

Was die Auswahl an Filmen angeht, gibt es jedoch ungeahnte Einschränkungen: Nicht jeder Film, dessen Plakat gezeigt wird, ist auch tatsächlich verfügbar. Zudem gibt es viele Filme nur in einer Auswahl von Sprachen oder im Originalton mit französischen Untertiteln. Und das, obwohl die Filme in mehrere Sprachen synchronisiert wurden.

Bei den Serien sind jeweils drei Folgen verfügbar.

Air France Premium Economy 777-300 | WiFi

Bei Air France fliegt das Internet mit. Und das Beste ist, dass der Basistarif (Messenger) für alle Passagier an Bord gratis ist. Damit kann man Textnachrichten verschicken, aber keine Fotos oder Videos live aus dem Flugzeug verschicken. Aber die Möglichkeit, wenigstens per Messenger mit Menschen in Kontakt zu bleiben ist einfach nur positiv.

Gegen Entgelt kann man natürlich auch mehr Bandbreite erwerben. Eine Stunde kostet dann 8 Euro, der ganze Flug 30 Euro. Auf diesem Flug funktionierte das Wifi nicht so richtig, deswegen hätte es auch für Dagobert Duck nur den Messenger Pass gegeben.

Wer sich ins Bord-Wifi einloggt, kann mit seinem Gerät auch den Flug tracken und ein paar Daten zum Flug abrufen. Außerdem lässt sich die Website von Air France gratis checken und man kann auch einen Blick in die eigene Buchung werfen. Das ist z.B. bei Anschlussflügen sehr praktisch, da man hier z.B. das nächste Gate schon im Flugzeug in Erfahrung bringen kann. Leider funktionierte auf diesem Flug nur der Messenger Dienst.

Air France Premium Economy 777-300 | Catering

Einen Welcome Drink gab es nicht, ebenso wenig eine Menükarte. Der Service startete ca. 30 Minuten nach dem Start. Das Essen wurde in bester Economy-Manier auf Tabletts gelegt und dann verteilt. Nachfragen, was es überhaupt gäbe, nahm die in meine Gang arbeitende Flugbegleiterin schlecht gelaunt auf und antwortete mit dem fast schon klassischen „Chicken or Pasta.“ Kein Scherz, auf diesem Flug war das tatsächlich die Auswahl. Ich entschied mit für das Hühnchen. Das war auch konsequent, denn wer hofft, mit Pasta eine vegetarische Mahlzeit zu erhalten, hat leider Pech. Die Vorspeise – Leberpastete – war bei allen Essen dieselbe. Wer also 100% vegan oder vegetarisch essen möchte, müsste das als Sonderessen vorbestellen.

Wenn es auf dem Foto zwar nicht sonderlich lecker aussieht, war das Essen – gerade für ein Economy Class Essen – richtig gut. Auch der begleitende Champagner (Champagne Pannier) war auch nicht zu verachten. In der Galley konnte ich später den Champagner selbst immer wieder nachfüllen. Das ist für hinten im Flugzeug durchaus ungewöhnlich und weit über dem Durchschnitt.

Die Tabletts wurden nach dem Essen in einer vertretbaren Zeit wieder eingesammelt. Danach sah man für einige Zeit niemanden mehr von der Crew in der Premium Economy Kabine zum Arbeiten. Dafür holten sich die Flugbegleiter die übriggebliebenen Business Class Essen von vorne in ihre Galley, um sie dort zu essen.

Kurz vor der Landung wurden noch Papiertaschen mit einem kleinen Snack verteilt. Darin befand sich ein Trinkjoghurt, ein Muffin und ein kleines Baguettebrötchen mit Edamame und Pesto. Die drei Dinge waren ganz lecker und waren auch dringend nötig, denn die Snacks in der Galley waren schon seit einiger Zeit vollständig abgegrast.

Snackbox

In der Galley gab es eine Snackbox und ein Tablett mit Getränken. Passagiere konnten dort Plastikbecher mit dem Getränkt der Wahl befüllen oder einen Flugbegleiter nach etwas fragen, was dort nicht stand. Das wurde dann schnell hervorgeholt und ausgehändigt. So gibt es z.B. Bier nur auf Anfrage. Dabei war es schön, dass sich Air France für französische Weine und holländisches Bier und nicht andersherum entschieden hat.

Snacks sollten mitgenommen und am Platz verzehrt werden. Als Snacks wurden Cracker, Müsliriegel, Plätzchen und Kinderschokolade angeboten.

Air France Premium Economy 777-300 | Service

Ich habe kurz überlegt, den Punkt leer zu lassen, habe dann aber dagegen entschieden. Der Service ist im besten Fall als unaufdringlich zu bezeichnen. Die Flugbegleiter geben sich alle Mühe, nicht in der Kabine gesehen zu werden.

Als ich ins Flugzeug einstieg, bin ich noch kurz auf die Toilette gegangen. Die sah aus wie nach einem Rückflug von PMI mit drei Kegelclubs an Bord. Und das schon vor Abflug. Es gab keine Papierhandtücher (Spoiler: Das änderte sich auch während des Fluges nicht.), Papier lag auf dem Boden und es wirkte einfach nur unhygienisch.

Vor Abflug wurden noch schnell die Kits Sanitaire, also kleine Briefchen mit OP-Maske und Desinfektionsgel verteilt. Dazu gab es noch ein eingeschweißtes feuchtes Tuch. Ein netter Touch.

Die Amenity Kits wurden bereits 3 Stunden (!) nach Abflug verteilt. Und schlafende Passagiere wurden einfach übergangen.

Den ganzen Flug über versuchte sich die Crew in einem unaufdringlichem Service. Flugbegleiter traf ich fast ausschließlich in der Galley an.

Einmal machte einer den Fehler und blieb kurz vor dem Business Class Vorhang stehen. Diesen Augenblick habe ich genutzt, um darauf hinzuweisen, dass meine Kopfhörer nicht funktionierten. Er versprach sich drum zu kümmern und ward nie wieder gesehen.

Im Wesentlichen beschränkte sich der Service also auf das, was getan werden muss. Darüber hinaus fanden kaum Interaktionen zwischen Crew und Passagieren in der Premium Economy statt.

Air France Premium Economy 777-300 | Amenity Kit

In der Premium Economy verteilt Air France ein unisex Amenity Kit. Die Artikel stecken in einem kleinen dunkelblauen Etui. Enthalten ist eine Klappbürste, eine Zahnbürste mit Zahnpasta und ein paar Socken. Qualitativ sind die Produkte sicherlich kein Renner, aber insgesamt können sie helfen, das Flugerlebis aufzuwerten. Im Vergleich gefällt mir das Amenity Kit in der Premium Economy von Lufthansa besser, da dort brauchbare Pflegeprodukte enthalten sind.

Zum Vergleich kommen hier Fotos vom Business Class Sitz im Flugzeug:

Air France Premium Economy 777-300 | Frankfurtflyer Kommentar

Das leckere Essen und die breite Auswahl beim Entertainment werden mir von diesem Flug positiv in Erinnerung bleiben. Deutlich schlechter fand ich den fast nicht existenten Service sowie den Sitz der Premium Economy Class.

Lufthansa wird demnächst ebenfalls auf Premium Economy Sitze in Schalen wechseln. Ich hoffe, dass die Sitze bei Lufthansa dann bequemer sind als bei Air France.

Insgesamt hat Air France in der Premium Economy auf der Langstrecke viel Potenzial gezeigt, aber irgendwie immer noch deutlichen Platz für Verbesserungen gelassen. Das fängt bei der Sauberkeit der Flugzeuge an und setzt sich beim Service oder dem Ausbleiben desselben fort.

Bei dem Preisabstand, den Air France oft zwischen Premium Economy und Business Class hat (oft nur 100-150 Euro je Flugrichtung bei einem Returnflug), würde ich mich lieber direkt für die Business Class entscheiden. Dort ist der Sitzplatz dann deutlich komfortabler.

 

Alle weiteren Beiträge des Tripreports:

Mit Air France in den Südwesten der EU | Planung

Sitzplatzauswahl und Cash Upgrades bei Air France / KLM

Review: Air France Lounge Frankfurt Terminal 2

Review: Air France/HOP Economy Class Embraer 170/190 (AF1619/AF1218)

Review: Air France Premium Economy 777-300

Review: Air France Lounge Pointe-à-Pitre (PTP)

Review: Air France A320 Economy Class AF600

Review: Air France Lounge Cayenne (CAY)

Review: Air France Business Class A330 AF867

Review: Yotel Air Charles de Gaulle Lounge (Priority Pass)

Resumee: Mit Air France in die Karibik

1 Kommentar

  1. Puh, ich bin ja vor vielen Jahren zum letzten Mal AF geflogen und das lässt in mir jetzt nicht gerade den Wunsch nach Wiederholung aufkommen. Und die Crews haben sich anscheinend auch nicht geändert.

Antworten

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.


*


Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.