Der Streit zwischen Airbus und Qatar Airways nimmt inzwischen sehr eigentümliche Züge an und ist schon vor einigen Monaten eigentlich durch die Klage von Qatar Airways in London gegen Airbus eskaliert, in welcher man 600 Millionen Euro Schadensersatz vom Flugzeughersteller fordert. Nun hat Airbus die Bestellungen von 50 Airbus A321NEO für Qatar Airways storniert und will diese nicht mehr an die Airline aus Qatar liefern.
Dabei sind die Vorgänge in der Branche durchaus sehr unüblich, insbesondere dass man solche Streitigkeiten, in welchen es um das Vertragswerk und die Qualität von Flugzeugen geht so öffentlich austrägt, sieht man sehr selten. Am Ende könnte hier Qatar Airways aber nun auch als großer Verlierer hervorgehen, auch wenn man vor Gericht gewinnen sollte.
Qatar Airways hat Probleme mit der Lackierung von über 20 Airbus A350
Stein des Anstoßes waren Probleme mit der Lackierung von einigen Airbus A350 bei Qatar Airways. Hierbei scheint sich die Lackierung vorzeitig zu lösen, was sehr unschön ist und laut Qatar Airways auch zu Sicherheitsproblemen führe.
So gäbe es durch die fehlerhafte Lackierung Probleme mit dem Blitzschutz der Flugzeuge und man befürchtet, dass die Struktur der Verbundwerkstoffe durch den Eintrag von Feuchtigkeit geschwächt werden könnte.
Qatar Airways hat daher die Flugzeuge mit einem Flugverbot belegt und Airbus um einen umfangreichen Lösungsvorschlag gebeten. Dies führte nun dazu, dass man zu wenige Langstreckenflugzeuge hat und Qatar Airways musste daher nach eigenen Angaben den Airbus A380 reaktivieren, was man eigentlich nie wollte.
Wie man mit vier Airbus A380 21 Airbus A350 ersetzen kann ist allerdings ein anderes Thema und es drängt sich hier durchaus die Vermutung auf, dass Qatar Airways noch nicht die gesamte Langstreckenflotte benötigt. Allerdings könnte sich dies mit einer weiteren Erholung des Flugverkehrs schnell ändern und Qatar Airways in Bedrängnis bringen.
Airbus bezeichnet die Probleme der Lackierung als „kosmetisch“
Airbus selbst hat die Flugzeuge in Doha inspiziert und man konnte nach Aussage des Herstellers keine sicherheitsrelevanten Probleme feststellen. Die Lackierung würde aber nicht dem entsprechen, was man liefern wollte und hier bedürfe es Nachbesserungen. Man sieht aber hier eher ein kosmetisches Problem, als ein sicherheitsrelevantes.
Auch die von der Europäischen Luftfahrtbehörde entsandten Gutachter sind zu dem selben Schluss wie Airbus gekommen und sie sehen hier keine Probleme in der Struktur oder dem Blitzschutz der Flugzeuge.
Auch andere Airlines, darunter die Lufthansa, hatten wohl vergleichbare Probleme mit der Lackierung des Airbus A350 und alle anderen Airlines haben die Lösungsvorschläge von Airbus angenommen. Keine andere Airline musste Flugzeuge wegen Problemen mit der Lackierung stilllegen.
Qatar Airways verklagt Airbus in London auf Schadensersatz
Qatar Airways war weder mit dem Lösungsvorschlägen von Airbus, als auch mit dem Statement der EASA zufrieden und hat sich daher entschlossen von seinem Recht gebrauch zu machen, Klärung vor einem Gericht zu suchen.
Hierbei hat man nun Klage gegen Airbus bei einem Gericht in London eingereicht, welches sich mit dem Sachverhalt beschäftigen soll. In der Klageschrift fordert man von Airbus einen Schadensersatz von über 600 Millionen Euro.
Airbus zeigte sich davon enttäuscht, dass man keine Einigung erzählen konnte und man war auch offen erzürnt, dass Qatar Airways regelmäßig die Sicherheit von Airbus Flugzeugen öffentlich anzweifelt, denn dies entbehre jeder Grundlage.
Airbus kündigt die Bestellungen von 50 Airbus A321NEO auf
Als weitere Eskalationsstufe hat Airbus nun eine Großbestellung von Qatar Airways aufgekündigt und will keine Airbus A321NEO mehr an die Airline liefern. Qatar Airways hat 50 Flugzeuge des Typs bestellt und will mit diesen eigentlich massiv wachsen.
Airbus sagte in einem Statement, dass man hier voll in seinen vertraglichen Möglichkeiten handeln würde und man betont, dass man keine Flugzeuge an einen Kunden liefern möchte, welcher die Flugtauglichkeit der eigenen Flugzeuge immer wieder in Frage stellt.
Qatar Airways zeigt sich hier bestürzt und vor allem enttäuscht. Man betont, dass die Bestellung der 50 Airbus A321NEO ein absolut anderer und zusammenhangsloser Vorgang zu den Airbus A350 sei. Allerdings hat auch Qatar Airways schon betont, dass man keine Flugzeuge mehr von Airbus abnehmen wolle, bis die Frage der 350er geklärt sei.
Wie ernst es Airbus wirklich mit diesem Schritt ist oder ob es nur ein Druckmittel gegen Qatar Airways ist, um zu unterstreichen, dass man langfristig auf Airbus angewiesen ist, wird sich zeigen. Sollte Airbus nun die Slots der Qatar Airways A321NEO weiter vergeben, wird man diese Entscheidung allerdings nicht mehr rückgängig machen können.
Für Qatar Airways war der Airbus A321NEO ein strategisch wichtiges Flugzeug, denn man will hiermit viele neue Strecken in Afrika und Asien erschließen, sowie auch neue Ziele in Europa direkt anfliegen. Sollte man die A321NEO nun nicht mehr bekommen, ist die einzige Alternative die Boeing 737MAX, welche zum einen nicht so schnell lieferbar sein wird und zum anderen auch eine geringere Reichweite als der Airbus A321XLR hat.
Diese Entscheidung von Airbus könnte Qatar Airways und die strategische Planung nun über Jahre durcheinander bringen.
Sicher ist, dass es absolut unüblich ist, dass ein Flugzeugbauer die Bestellungen einer Airline storniert. Airbus tat dies zuletzt bei der japanischen Skymark Airline, welche sechs Airbus A380 bestellt hatte, aber insolvent war. Hier wollte man vermeiden, dass man auf gebauten Flugzeugen für eine insolvente Airline, welche die Flugzeuge nicht bezahlen kann, sitzen bleibt. Man machte aber einen Deal mit ANA, welche Skymark Airlines übernommen haben und damit auch drei der sechs bestellten Airbus A380.
Qatar Airways veröffentlicht ein Video der beschädigten A350
Interessant war vor allem die Reaktion von Qatar Airways auf die Stornierung seitens Airbus. So hat man ein Video veröffentlicht, in welchem man die massiven Schäden an der Lackierung der Airbus A350 zeigt. Hiermit will man deutlich machen, dass es Sicherheitsbedenken seitens Qatar Airways bei den Airbus A350 gibt.
Dabei sehen die Beschädigungen am Lack der Airbus A350 von Qatar Airways wirklich besorgniserregend aus, allerdings kann man aus diesen Bildern nicht beurteilen, ob sich hier irgendwelche Sicherheitsbedenken ableiten lassen. Sicher wird die Performance der Flugzeuge schlechter und man muss hier teils massiv nachbessern, aber ob es wirklich die Flugzeuge strukturell beeinträchtig oder den Blitzschutz beschädigt hat, lässt sich hiermit nicht beurteilen.
Leider ist dieses Video eine weitere Eskalationsstufe, denn die Bilder sind sehr beeindruckend und sollen sicher Druck auf Airbus und die öffentliche Wahrnehmung machen, allerdings sind sie genauso nichtssagenden, denn beurteilen können den Zustand der Flugzeuge nur Profis vor Ort und nicht der durchschnittliche Passagier anhand eines YouTube Videos.
Rosenkrieg zwischen Airbus und Qatar Airways | Frankfurtflyer Kommentar
Es sind außergewöhnliche Vorgänge zwischen Qatar Airways und Airbus, welche sich hier gerade abspielen. Insbesondere ist spannend, dass man nicht nur am Verhandlungstisch und vor Gericht versucht die Sache zu klären, sondern auch in der öffentlichen Wahrnehmung. Dass man Probleme mit Flugzeugen öffentlich zur Schau stellt ist mehr als ungewöhnlich und eigentlich kann es hier keine Gewinner mehr geben, denn es kostet in der breiten Wahrnehmung nur Vertrauen in Airbus A350 Flugzeuge, aber auch in die Flugzeuge von Qatar Airways.
Es scheint inzwischen auch so zu sein, dass es hier verletzte Egos im Management gibt und man wird das Gefühl nicht los, dass Airbus sehr klar machen will, dass man bei Qatar Airways am längeren Hebel sitzt. Nachdem es nur zwei Hersteller für Passagierflugzeuge gibt, müssen große Airlines fast zwangsläufig bei beiden Herstellern kaufen, um die Abhängigkeit von einem Flugzeugbauer zu vermeiden.
Sollte Qatar Airways von Airbus über Jahre keine Flugzeuge mehr bestellen und abnehmen können, da Airbus dies verweigert, müsste Qatar Airways große Mengen an Flugzeugen bei Boeing unter Druck kaufen und diese müsste man dann auch entsprechend teuer bezahlen.
Ich bin gespannt, wie es zwischen Airbus und Qatar Airways weiter geht. Die Stimmung scheint eisig zu sein und der Vorgang selbst ist beispiellos.
Meine persönliche Kristallkugel …
Qatar befindet sich in ähnlichen finanziellen Schwierigkeiten wie Etihad. So richtig Gewinn erwirtschaftet hat Qatar wohl sowieso noch nie, bis zur Blockade Qatars (des Emirates) spielte das aber keine Rolle.
Das Emirat hat der Blockade zwar getrotzt, allerdings zu einem erheblichen Preis. Das Emirat Qatar besitzt keinen Tiefseehafen. Normalerweise war das kein problem. Der nächste Tiefseehafen ist auf dem Landdweg nicht so weit entfernt.
Ohne Landweg blieb nur der Weg mit kleinen Schiffen nach Salala im befreundete Oman. Dort wurde dann umgeladen. Ein erheblicher Aufwand und Zeitverlust, den manche Waren sehr übel nehmen.
Ziemlich zeitgleich mit der Blockade endete ja die wirklich großzügige Preispolitik Qatars (der Fluggesellschaft). Kann Zufall sein, ich würde eher auf Umverteilung der gelder innerhalb des Emirats tippen.
Und wenn Geld knapp ist, muss man suchen …
Ein ganz klein wenig erinnert mich das Ganze an den abstrusen Streit zwischen SCO und IBM.
Gute & interessante Zusammenfassung, danke dafür.