Ryanair Boeing 737 in Weißrussland wegen angeblicher Bombendrohung zur Landung gezwungen

Die Ryanair Boeing 737-800 mit der Registrierung SP-RSM sollte am Sonntag Abend als FR4978 von Athen nach Vilnius in Litauen fliegen. Hierbei verlief der Flug bis in den Luftraum über Weißrussland, kurz vor der Landung in Vilnius normal, bis weißrussische Kampfjets das Flugzeug offensichtlich abgefangen haben und zur Landung in Minsk eskortiert haben.

Weißrussland selbst nennt als Grund für dieses Manöver eine Bombendrohung gegen das Flugzeug, welche man aus Sicherheitsgründen in Minsk untersuchen musste. Da diese Drohung wohl nur Weißrussland vorliegt, wird sie als unwahrscheinlich angesehen und auch von Offiziellen bereits als Vorwand bezeichnet, um den oppositionellen Blogger, Roman Protasevich, welcher in Litauen im Exil lebt, von Bord zu holen.

Der Blogger und Journalist musste als einziger Passagier in Minsk von Bord gehen und sein Aufenthaltsort ist aktuell unbekannt. Nach Berichten zu Folge soll die Aktion gegen den Ryanair Jet von dem weißrussischen Diktator, Alexander Lukaschenko persönlich angeordnet worden sein.

Hierbei ist dies besonders in Europa ein sehr bedenklicher und auch einzigartiger Vorfall. Zwar passiert es regelmäßig, dass Flugzeuge aufgrund von verschiedensten Gründen wie Wetter, technischen Problemen, medizinischen Notfällen oder in extrem seltenen Fällen auch wegen Drohungen gegen ein Flugzeug umgeleitet werden, dass man aber einen Kampfjet losschickt, um einen Flug aus einem EU Staat in einen anderen abzufangen, ist durchaus außergewöhnlich.

Schaut man sich die Flugverlaufskarte von FR 4978 an, sieht man, wie nah das Flugzeug schon an seinem Zielort Vilnius war, als es kurz vor der Grenze zu Litauen abdrehte um nach Minsk umgeleitet zu werden. Vermutlich wäre man schneller in Vilnius gelandet bei einem möglichen Notfall, als in Minsk, was die Version von Weißrussland noch unglaubwürdiger macht.

Aus der EU hat man am Abend des Vorfalls vor allem Bestürzung und den Ruf nach Aufklärung verlauten lassen, aber man hat auch klar gestellt, dass man diesen gefährlichen Eingriff in den europäischen Luftverkehr, wenn sich die Vorwürfe bestätigen, nicht akzeptieren wird. In Brüssel steht die Beratung über den Vorfall heute auf der Tagesordnung.

Von den Vorsitzenden der Auswärtigen Ausschüsse von Deutschland, den USA, Tschechien, Litauen, Estland, Lettland, Polen und Irland, gibt es allerdings schon ein sehr klares Statement, in welchem man auch deutliche Konsequenzen fordert.

So ist es denkbar, dass man den Überflug von Weißrussland verbietet und auch Flüge von und nach Weißrussland aus der EU einschränkt. Hiermit würde man das Land in die Isolation schicken, was das Land vermutlich spürbar treffen würde. Dabei stellt dieser Akt wohl eine Verletzung des Chicagoer Übereinkommen dar, in welchem man Grundregeln für einen sicheren und freien internationalen Luftverkehr definiert hat.

Kritik gibt es aber auch an Ryanair, welche den Vorfall in ihrem aktuellen Statement herunterspielen und nur darauf hinweisen, dass keine Gefahr für Crew und Passagiere bestand, sowie dass das Flugzeug mit Verspätung sicher in Vilnius angekommen sei. Dass dies für einen Passagier nicht gilt, wird komplett ignoriert, allerdings muss man bei aller Empörung sagen, dass es nicht die Aufgabe einer Fluglinie ist, hier die weitreichenden politischen Geschehnisse zu kommentieren, zumal diese sehr einzigartig sind.

Ryanair Boeing 737 in Weißrussland wegen angeblicher Bombendrohung zur Landung gezwungen | Frankfurtflyer Kommentar

Es hört sich an wie in einem schlechten Film, in welchem man dem Drehbuchautor vorwerfen würde, dass dies unrealistisch sei. Einen solchen Stunt würde wohl niemand mit einem Flug innerhalb der EU abziehen. Dass Alexander Lukaschenko unberechenbar ist, hat er schon mehrfach unter Beweis gestellt und hier noch einmal unterstrichen.

Es ist nun wichtig, dass es eine klare Reaktion aus der EU gibt, welche über mahnende Worte hinaus geht. Gerade wenn man sich schon die Wortwahl der Regierung von Litauen ansieht, die dies als Akt der Piraterie bezeichnet, kann man aber auch davon ausgehen, dass es Konsequenzen haben wird, schon alleine um zu vermeiden, dass sich so etwas wiederholt.

Vermutlich wird uns dieser Vorfall noch einige Zeit beschäftigen. Verstörend ist er auf jeden Fall.

6 Kommentare

  1. Weshalb fliegt der Kapitän den viel weiteren Weg nach Minsk zurück, wo er doch schon so nahe an der Grenze zu Litauen war?
    Bei Gefahr ist doch stets der nächst geeignete Flughafen anzufliegen, in diesem Fall der Zielflughafen Vilnius.

  2. Ich hoffe, die EU beschließt heute Abend angemessene Sanktionen: Überflugverbot aller weißrussischen Maschinen, Verbot von EU Flugzeugen über Weißrussland zu fliegen, Ausweisung aller weißrussischen Diplomaten, Schie0ßung aller EU Botschaften, vollständiges Handelsembargo ohne Ausnahmen Dazu weitere Sanktionen gegen Lukaschenko, seine Söhne und alle Regierungsmitglieder. Nur sowas versteht der menschenverachtende Diktator und Putin Clown. Aber wahrscheinlich wird eher vdL beschäftigt sein, einen Stuhl zu finden und dann ihre tiefe Empörung und Besorgnis auszudrücken und die Wirtschaftshilfe wird weiter fließen…

  3. Gerade kommt eine Eilmeldung, dass der heutige Rückflug einer Lufthansa Maschine LH 1487 von Minsk nach Frankfurt wegen einer Bombendrohung nicht starten darf.
    Mal sehen was Weißrussland sich die nächsten Tage noch alles einfallen lassen wird um die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken und den internationalen Luftverkehr zu bedrohen!

  4. Natürlich ist wieder die Kristallkugel gefragt…
    Ich denke nicht, dass das Ganze Chefsache war. Das Ziel, den Blogger unter Kontrolle zu bringen natürlich schon, aber nicht der Weg dazu. Ein Lukaschenko ist viel zu klug, um nicht in 23 Millisekunden die Konsequenzen durchzurechnen.
    Da wird vermutlich eher irgendein Untergebener die Chance gewittert haben, sich beim Chef einzukratzen. Zumindest würde dazu die dilettantische Aktion mit der LH-Maschine passen.
    Klar, Kristallkugel, lassen wir uns von den nächsten Tagen überraschen.

    Aber wie auch immer die Zusammenhänge sein mögen:ein Ding der Unmöglichkeit.

  5. Gestern, am 26.05. hatte ich das Vergnügen mit Belavia von Minsk nach Frankfurt zu fliegen. Der Boykott hat nur zur Folge, dass die Luftfahrtgesellschaften der EU ihre Verbindungen einstellen, Belavia aber fliegt Stand 26.05.21 ungehindert in (fast) alle EU Länder. Ausnahmen sind Stockholm, Riga, Paris.

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