Stellenabbau während der Krise | Nun folgt die Quittung

Mehrere Branchen die von der Covid-Krise stark betroffen waren, haben schnell reagiert und sich von Teilen des zu groß gewordenen Personalkörpers gelöst. Was sich in der Gastronomie schnell bemerkbar machte, zeigt sich allmählich auch im Airline-Business: Es fehlen Mitarbeiter, Ersatz lässt sich nur schwer finden. Das hat Folgen.

Swiss und die ausgepresste Zitrone

So hat sich unter anderem auch Swiss recht schnell von mehreren Hundert Flugbegleitern getrennt, noch im alten Jahr wurden einige um die Rückkehr gebeten. Doch der Personalmangel hat sich schon längst bemerkbar gemacht, bei der Schweizer Airline herrscht schlechte Stimmung. Die Kabinengewerkschaft Kapers hat Buttons an ihre Mitglieder verteilt, die diese Situation symbolisieren soll.

„Die Zitrone ist ausgepresst“ so die Gewerkschaft, auf dem Button daher das Bild einer Zitrone. Die Mitarbeiter müssen verlängerte Dienstzeiten hinnehmen, Langstreckencrews wurden reduziert, die Aufenthaltszeiten vor Ort sind kürzer, Spesen wurden angepasst, Hotels an die Airports verlegt. Die Massnahmen gehen so weit, dass sich Besatzungen beim Bundesamt für Zivilluftfahrt beschwert haben.

Swiss Crew

Einzelne Passagierflüge mussten bereits ausfallen, Crews haben sich unter anderem auch schon im Ausland wegen Übermüdung krank gemeldet. Ein pikantes Beispiel ist das Teilstück von Sao Paulo nach Buenos Aires, dieses folgt auf den langen Flug von Zürich nach Brasilien und einer etwa 2,5-stündigen Bodenzeit. Swiss hat reagiert und will nun in einigen Punkten auf die Mitarbeiter zugehen.

British muss Sommerflugplan kürzen

Personalprobleme machen sich auch in London-Heathrow bemerkbar, der Platzhirsch British Airways muss die Pläne für den Sommer anpassen. Seit April fielen über 1.400 Flüge aus, es fehlen nicht nur Mitarbeiter an Bord. Auch die IT-Abteilungen der Gesellschaft leiden unter dem dünneren Personalkörper, mehrere Pannen verschärften die Problematik.

Laut Medienberichten will man die Routen nach Hongkong und Tokio weiterhin aussetzen, starke Kürzungen sind im Europaverkehr zu erwarten. Oneworld-Partner Finnair soll aushelfen, mit der Airline aus Helsinki wurden Wetlease-Verträge geschlossen. Wie aero.de meldet, werden fünf Prozent der geplanten Sommerkapazität gekürzt.

Kleinere Crews, weniger Service, blockierte Passagiersitze

Mehrere Airlines haben den Service an Bord eingestampft und dies mit reduzierten Kontakten während der Pandemie begründet. Doch man hat nicht nur einzelne Bestandteile gestrichen, sondern auch die Besatzungen zum Teil bis auf das gesetzlich geforderte Minimum gekürzt. Insbesondere auf Fernstrecken mit Premiumklassen sind die Massnahmen für die Passagiere stark spürbar.

Personalknappheit: EasyJet muss Sitze aus Flugzeugen ausbauen

Auf Kurzstrecken erfüllen die meisten Gesellschaften ohnehin nur die erforderliche Mindestanforderung und setzen auf 50 Passagiersitze einen Flugbegleiter ein. Auch easyJet leidet unter Personalmangel und greift nun zu einer besonderen Maßnahme. Der Billigflieger will auf der britischen Airbus 319-Flotte mit jeweils 156 Passagiersitzen eine Sitzreihe blockieren bzw. entfernen. Dadurch kommt man mit nur drei statt vier Crewmitgliedern in der Kabinenbesatzung aus.

Stellenabbau während der Krise | Frankfurtflyer Kommentar

Viele Airlines sind glücklich dass die Nachfrage wieder ansteigt und die Flugpläne wieder voller werden. Doch es hakt an mehreren Ecken. Nach wie vor gibt es überdurchschnittlich hohe Krankenquoten und längere Ausfallzeiten durch Quarantäne. Auch die Kurzarbeit hatte ihre Nachteile, Gehaltseinbußen und Ungleichverteilung der Arbeit sorgten für schlechte Stimmung bei der Belegschaft.

Einige Gesellschaften haben sich nicht nur von Flugbegleitern und Piloten getrennt, auch in den Planungsabteilungen, beim Catering oder in der IT wurde abgebaut und macht sich auf verschiedene Arten bemerkbar. Leidtragende sind in erster Linie Passagiere und Bestandsmitarbeiter. Der Service bleibt häufig reduziert, es fehlt an Stabilität und Zuverlässigkeit in der täglichen Operation. Doch der Ball kommt zurück- wenn Kunden ausbleiben, oder man diese wegen fehlendem Personal gar nicht erst befördern kann.

9 Kommentare

    • Meinst du das trägt zu den Personalproblemen erheblich bei? Ich hätte ja vermutet, dass es nur eine sehr kleine (wenn auch laute) Gruppe ist.

      • Ich bin mir auch nicht sicher wie viele wirklich die Kündigung bekommen haben oder nur freigestellt wurden, was durchaus etwas anderes ist.

        Aber ja da gab es Fälle und grundsätzlich ist es auch Okay einen Mitarbeiter zu entlassen, der seine Arbeit wegen seiner eigenen Entscheidung nicht mehr vollständig ausüben kann.

  1. Wie schnell sich die Welt ändert.
    Erinnert ein wenig an „Sei nett zu Deinen Mitarbeitern, es könnten Deine Vorgesetzten werden.“
    Mittelfristig sehe ich die Lage aber nicht dramatisch. In den nächsten Tarifrunden wird sich die aktuelle Lage zugunsten der Mitarbeiter auswirken. Natürlich müssen wir als Passagiere dafür aufkommen, wer sonst. Der Wettbewerb wird aber kaum beeinflusst, weil eigentlich alle Gesellschaften gleich betroffen sind.

  2. Zumindest bei LH und Turkish Airlines erfolgt bei den Flügen nach Buenos Aires mit Zwischenstopp in Sao Paulo regelmäßig ein Crewwechsel in Sao Paulo. Für die Crews bedeutet das Flug FRA bzw. IST – GRU, Layover, Flug GRU – EZE – GRU, Layover, Flug GRU – FRA/IST. Würde mich wundern, wenn dass bei Swiss anders wäre.

  3. LH kriegt ja schon seit Wochen kein Catering auf Europastrecken hin. Heute früh schon wieder erlebt. Dadurch geht ihnen natürlich auch Umsatz verlohren.
    Auf dem Weg zum Flugzeug konmte ich ein bisschen mit dem Fahrer plauschen. Der erzählte mir, dass derzeit 60 Fahrerstellen unbesetzt sind. Als Mitarbeiter mit 16 Dienstjahren verdient er gerademal 14 Euro brutto die Stunde. Neuangestellten würden aber 17 Euto geboten um sie anzulocken. Darum kündigen jetzt noch mehr Bestandsmitarbeiter, da man ihnen nicht den höheren Lohn gewähren wolle, und zwar viel mehr als neu hinzukämen.
    Könnte also noch eine Weile dauern, bis sich alles wieder einpendelt.

  4. Überall fehlt doch das Personal, das war schon vor Corona so , als wir mal mit der LH in Paris fest saßen und auf eine Ersatz Crew gewartet haben . Wir haben natürlich unseren Anschluss Flug nach Singapur verpasst . Von da an buchen wir von Berlin aus nur noch Iberia ( hier gibt es auch noch einen vollen Service , übrigens sehr gutes Abendessen, vor 3 Tagen in der Business) . Da wir auf Lanzarote und in Berlin wohnen , sind Iberia und Qarar unsere erste Wahl . Danke an Christoph,für den Tipp mit dem Gepäck , beim umsteigen in Madrid .
    Noch zum Personalmangel , ich finde der ist extrem in den mittlerweile wieder sehr gut gebuchten Hotels angekommen . Keine tägliche Zimmerreinigung ( 5 Sterne Hotel ) , auch im Frühstücks Restaurant, habe ich gerade erlebt ,das die Tische nicht abgeräumt wurden , gestern Abend sagte mir eine Mitarbeiterin, das sich für die Abendschicht die Hälfte der Mitarbeiter krankgemeldet haben , sie glaubt wegen Arbeitsüberlastung. Ich glaube nicht das sich da kurzfristig etwas ändern wird , wo sollen den die Mitarbeiter herkommen ??

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