Thomas Cook Insolvenz: Wer könnte Condor übernehmen?

Nach der Insolvenz der Condor Mutter Thomas Cook und dem Grounding der Thomas Cook-Flugzeuge stellt sich nun die Frage, wie es für den deutschen Ferienflieger weiter geht. Noch läuft der Flugbetrieb von Condor nach Plan. Schauen wir uns die Situation genauer an, scheint ein Verkauf trotzdem die wahrscheinlichste Zukunftsvariante für Condor zu sein.

Bei Frankfurtflyer sind wir uns uneins, ob Condor auch ohne den Mutterkonzern überleben kann. Denn derzeit ist Condor profitabel und hat im vergangenen Geschäftsjahr einen operativen Gewinn von 43 Millionen eingeflogen. Doch ein nicht unerheblicher Anteil der Einnahmen stammt aus dem Pauschalreise-Geschäft der insolventen Muttergesellschaft, der gerade im sowieso schon schwächeren Winter nun wegbricht.

Hinzu kommt die Verunsicherung der Fluggäste. Schon jetzt erreichten uns viele besorgte Anfragen, was denn mit den gebuchten Flügen passiert. Die Zahl der Buchungen dürften in den letzten Tagen eingebrochen sein. Erinnern wir uns an die Air Berlin Pleite zurück: Dort wurden bis zuletzt Tickets verkauft. Die Zeche zahlte am Ende der Kunde.

Wie Ihr auch weiterhin Condor-Tickets sicher kaufen könnt, erfahrt Ihr in unserem Beitrag.

Als wäre dies nicht alles besorgniserregend genug, hat Condor bei der Bundesregierung einen Überbrückungskredit beantragt. Nach Informationen der Nachrichtenagentur Reuters werden der Bund und die Landesregierung Hessen insgesamt fast 400 Mio. bereitstellen, um den Flugbetrieb bei Condor sicher zu stellen.

Aufgrund der vielen Warnsignale macht es Sinn, sich an dieser Stelle die potentiellen Übernahme-Kandidaten anzuschauen.

Thomas Cook Insolvenz: Wer könnte Condor übernehmen? | Lufthansa

Schon Anfang des Jahres berichtete Christoph, dass dem Thomas Cook Konzern die Zerschlagung droht und Lufthansa ein Übernahme-Angebot für Condor abgeben werde.

Lufthansa-CEO Carsten Spohr kündigte bei der diesjährigen Hauptversammlung ein „unverbindliches Übernahmeangebot“ an. Thomas Cook zog allerdings vor einigen Wochen den Plan zurück, seine Airline-Sparte zu verkaufen und versuchte sich mit Hilfe von Investoren wieder auf die Beine zu stellen.

Dass die Gespräche zwischen Lufthansa und Condor auch danach noch im Hintergrund weiter liefen, liegt im Bereich des Erwartbaren. Offen bekannt ist auf jeden Fall, dass Lufthansa und Condor seit Wochen über ein Codeshare-Abkommen verhandeln.

Die Eurowings-Langestrecke schwächelt, Condor bedient dieses Segment parallel. Ein Szenario könnte also sein, diese Sparte zukünftig stärker von Condor bedienen zu lassen und Eurowings selbst aus diesem Geschäftsfeld zu drücken, um sich mehr auf die europäischen Strecken als LCC zu fokussieren.

Spannend sind für Lufthansa mit Sicherheit auch die Condor-Slots am Heimatflughafen Frankfurt und natürlich die Geschichte. Der Condor Flugdienst gehörte bis zu seinem Verkauf an Thomas Cook über Jahrzehnte zum Lufthansa Konzern.

Es sprechen aber auch einige Dinge gegen eine Condor-Übernahme durch Lufthansa. So verfügt Condor primär über Boeing 757 und 767 in der Flotte, das Durchschnittsalter liegt bei 18 Jahren. Einige Boeing der Flotte haben bereits fast 30 Jahre auf dem Buckel. Hier muss in naher Zukunft erheblich investiert werden.

Eine weitere Herausforderung dürfte im Kartellrecht liegen. Lufthansa dominiert schon jetzt den Langstrecken-Markt ab Frankfurt. Wandern nun auch die Slots von Condor in den Lufthansa-Konzern, wird die Lufthansa-Dominanz nochmals erheblich gesteigert. Es ist mehr als zweifelhaft, ob das Kartellamt da mitmacht.

Thomas Cook Insolvenz: Wer könnte Condor übernehmen? | TUI

Das Handelsblatt berichtet, dass TUI schon Gespräche mit Condor aufgenommen habe. Außerdem gäbe es ein Schreiben an die Arbeitnehmervertreter, aus dem hervorgeht, dass man sich derzeit darauf vorbereite, gewisse Marktchancen die sich ergeben auch wahrzunehmen. Was ziemlich verklausuliert klingt, ist ein eindeutiges Zeichen dafür, dass sich TUI aktiv auf dem Markt umschaut.

Aus einer Übernahme der Condor durch TUI würde eine starke Ferienfluggesellschaft hervorgehen, die TUI auch in Deutschland den Einstieg in das Langstreckengeschäft ermöglichen würde.

Dagegen spricht, dass TUI-Chef Friedrich Joussen keine eigenen Airlines haben will. Daher scheint eine Minderheitsbeteiligung, vielleicht auch gemeinsam mit der Lufthansa, eher eine Variante zu sein.

Thomas Cook Insolvenz: Wer könnte Condor übernehmen? | Easyjet

Easyjet wird im Übernahme-Poker derzeit weniger als potentieller Kandidat gehandelt. Die Briten waren die einzigen, die damals im Rahmen der Air Berlin Insolvenz im normalen Verfahren zum Zuge kamen, um zumindest einen gewissen Wettbewerb in Deutschland zu erhalten.

Eine komplette Übernahme von Condor ist eher unwahrscheinlich, da Easyjet im Bereich der Langstrecke selbst keine Erfahrung hat. Hier kooperiert die Airline derzeit lediglich unter dem Label „worldwide“ mit ausgewählten Partnern.

So richtig passt Condor also nicht ins Portfolio von Easyjet.

Thomas Cook Insolvenz: Wer könnte Condor übernehmen? | Ryanair

Ganz ähnlich sieht es auch mit der irischen Ryanair aus. Ryanair hat sich über Umwege zwar ebenfalls Assets im Rahmen der Airberlin-Insolvenz gesichert, indem man sich über Niki Lauda die Airline Niki einverleibte, scheint aber derzeit genug mit sich selbst zu tun zu haben.

Denn mit dem Klima-Konzept der Bundesregierung ist derzeit das komplette Geschäftsmodell von Ryanair zumindest in Deutschland in Gefahr. Außerdem half das Grounding der Boeing 737MAX in den letzten Monaten nicht unbedingt zu einer positiven wirtschaftlichen Entwicklung im Ryanair-Konzern. Und ein Ende ist derzeit noch nicht in Sicht.

Aber vielleicht muss sich der Billigflieger auch genau aus diesen Gründen offen für neue Potentiale zeigen.

Thomas Cook Insolvenz: Wer könnte Condor übernehmen? | Weitere Kandidaten

Airliners.de wirft den deutschen Unternehmer und Airline-Gründer Hans Rudolf Wöhrl in den Ring. Wöhrl war damals auch als heißer Kandidat im Bieterverfahren bei der Air Berlin-Insolvenz im Rennen. Im Bieterverfahren habe er aber vermeintlich keine Chance gehabt. Danach wurde es um Wöhrl jedoch schnell wieder still. Dies änderte sich auch nicht, als die Lufthansa-Übernahme der Niki aus Kartellgründen scheiterte.

Dann wären da noch die Herren von Inavia Aviation, die versucht hatten während der Air Berlin-Insolvenz die Belair zu erwerben und selbständig fortzuführen. Erst im zweiten Anlauf gelang zusammen mit der Düsseldorfer Beteiligungsgesellschaft SBC der Kauf der Belair. Im Rahmen dieses Prozesses wurde auch ein Wetlease für Condor diskutiert. Dazu kam es jedoch nie und Belair ging endgültig Pleite. Schon damals fand man nicht genug Mittel, um einen Neustart zu bewältigen. Die Condor ist da eine deutliche Nummer größer und deswegen scheint ein Einstieg mehr als unwahrscheinlich.

Condor A321

Thomas Cook Insolvenz: Wer könnte Condor übernehmen? | Frankfurtflyer Kommentar

Spekulationen zu diesem Zeitpunkt sind ethisch schwierig. Während viel über Fluggäste diskutiert wird, die eventuell ihren wohlverdienten Urlaub nicht antreten können, stehen für Condor mehr als 3.000 Mitarbeiter. Ihnen ist zunächst einmal zu wünschen, dass ihre Maschinen noch lange abheben und viele happy landings erleben. Sollte dies zukünftig nicht mehr eigenständig möglich sein, dann wenigstens in der sozialverträglichsten Variante.

Für die Condor-Beschäftigten selbst ist im Falle des Falles sicher Lufthansa Wunschkandidat. Immerhin gehörte man ja bis zum Verkauf an die Thomas Cook Gruppe bereits zum Lufthansa-Konzern. In dieser Konstellation bliebe zu hoffen, dass es zu einem Betriebsübergang kommt und sich die Mitarbeiter nicht wie zuletzt bei Air Berlin neu um ihre Arbeitsplätze bewerben müssen.

Lufthansa jedenfalls würde erneut als Gewinner aus einer Airline-Pleite hervorgehen. Besonders da Condor profitabel läuft und das bei der Eurowings eher schwierige touristische Geschäft bedienen kann.

Aus Kundensicht wäre eine Übernahme durch die Lufthansa wohl die schlechtere Lösung. Die Übernahme würde zu weniger Wettbewerb und wohl zwangsläufig zu steigenden Preisen führen. Aber das Kartellamt hat in solch einem Fall ja noch ein Wort mitzureden.

Dass vom Bund und dem Land Hessen 400 Mio. Euro Kredit zur Überbrückung zur Verfügung gestellt werden, kommt überraschend. So ist das Thema „Fliegen“ im Rahmen der aktuellen Klima-Debatte doch einer der ausgemachten Bösewichter. Wir drücken den Condor Beschäftigten die Daumen, dass diese Summe genug Spielraum ermöglicht, die harten Winter-Monate zu überstehen und sich neu aufzustellen.

Was denkt Ihr? Hat Condor allein eine Chance? Oder: Wer wird sich die Fluggesellschaft einverleiben?

Alle Artikel zur Thomas Cook Insolvenz könnt Ihr hier nachlesen.

3 Kommentare

  1. Die Frage ist nicht nur, wer könnte Condor übernehmen. Auch eine Übernahme der TC Airlines als Ganzes erscheint möglich.

    Angeblich soll die gesamte Airline-Gruppe profitabel sein (obwohl ich der Aussage eines Users im VFT, der Condor als das „Filetstück“ bezeichnet hat, nicht widersprechen würde).

    Es scheint, als diskutiert man in Deutschland vorwiegend „deutsche“ Lösungen. Übernahme durch die Tui. JV mit Tui und LH. Übernahme durch FR. Übernahme durch U2. usw. Aber wie oben bereits impliziert, es muss nicht unbedingt zu einer Heraustrennung und DE-spezifischen Lösung kommen…

    • TUI Chef Joussen hat gesagt, er hat kein Interesse an einer Übernahme der Condor. Glaube ich ihm, er will ja am liebsten die Fluggesellschaften auslagern und an einem entstehenden großen Ferienflieger eine Minderheit halten. Das kann sich aber genauso gut auch auf die nicht-deutschen Fluglinien ausweiten lassen. Mit den TC Airlines zusammen hätte man zumindest in Deutschland, Skandinavien und den Beneluxländern direkt einen riesigen Anteil an Touristenflügen in die Sonne.
      Aber auch für LH würde eine Beteiligung viel Sinn machen. Die Aktionäre murren nicht so laut, weil es keine direkte Übernahme ist, man kann die EW Langstrecke auslagern in eine Gesellschaft, die Erfahrung damit hat, touristische Langstrecke profitabel zu betreiben und ist so ein Sorgenkind los, gleichzeitig bekommt man das mit Condor gewünschte Codeshare Abkommen mit Sicherheit hin und kann auch die Kurz- und Mittelstrecke zwischen dem Touristikflieger und EW mehr abstimmen, was auch ein wichtiger Beitrag sein kann, um EW profitabel zu machen. Ausserdem verdient LH sehr wahrscheinlich auch nicht zu schlecht daran, die Condor Langstrecke zu feeden, was in so einem Projekt nochmals ausgeweitet werden könnte.

  2. Eine Verteuerung der Preise muss nicht zwangsläufig schlecht für die Kunden sein.
    Klar, ein 19EUR Flug nach Mallorca oder Mailand (-Bergamo) ist aus Kundensicht natürlich mega geil… Geiz ist Geil prägte Generationen, wir sind heute bereit fürs neuste iPhone viele Hundert Euro hinzublättern doch eine gute Matratze für gesunden Schlaf will keiner und hier wird oft das günstigste genommen – mit langfristig fatalen Folgen. Das Fleisch zwar Bio, doch die billigsten Vollei-Nudeln aus Legebatteriehaltung dazu… unsere Gesellschaft ist so heuchlerisch.
    Fliegen muss Kostendeckend sein, denn sicherer Flugbetrieb kostet! Fragen wir mal bei Boeing, die Sicherheitsfeatures im Cockpit aufpreispflichtig angeboten haben.
    Ich bin 23, fliege gerne (oft wöchentlich) – an FFF beteilige ich mich nicht, doch finde den Grundgedanke gut. Teuere Ticketpreise = geringere Nachfrage = weniger Passagiere = weniger Flüge = weniger Umweltbelastung. Ich nehme mich hier auch nicht aus, ich fliege öfter innerdeutsch als ich im ICE sitze, weil es oft billiger ist und der Arbeitgeber via. Firmenreisebüro und Reiserichtlinien eh bestimmt. Deshalb wünsche ich die Condor wieder zurück bei der Lufthansa Gruppe, insbesondere verspreche ich mir eine bessere Miles&More-Integration, auch als ConnectingPartner wäre Condor geeignet.
    LG

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