Wie ich vom Übernachtungsgast zum Hoteldieb wurde

Die meisten Leser sind häufig und oft auch gerne in Hotels unterwegs, viele lesen daher Reviews und interessieren sich für die Erfahrungen anderer Übernachtungsgäste. In der Regel laufen die Aufenthalte unspektakulär ab, manchmal freut man sich über einen günstigen Preis, das Upgrade auf ein schönes Zimmer und/oder einen zuvorkommenden Service.

So ging es uns vor einer Woche im Gewandhaus Dresden, das Hotel gehört zur Autograph Collection von Marriott, wobei man sich hier überhaupt nicht wie bei einer riesigen Hotelkette fühlt. Das schöne Haus hat etwas von einem Boutiquehotel, die Einrichtung und Ausstattung sind etwas Besonderes. Alles lief gut ab, wir durften schon gegen Mittag in das Zimmer, es gab ein Upgrade, wir haben das nette Spa genutzt und am nächsten Morgen am reichhaltigen Buffet gefrühstückt.

Foto: Marriott

Ein Tag später checkten wir aus, bezahlten die Rate und machten uns auf dem Weg zum Flughafen. Hier sortierte ich dann die vielen Bilder für eine Review und schickte diese an Niko, der mit dabei war und den Beitrag verfassen wird. Wir überlegten gemeinsam, ob es irgendetwas gab, was nicht gepasst haben könnte. Es war aber klar, dass der Aufenthalt nahezu perfekt war und es sich auf jeden Fall lohnt, wieder im Gewandhaus zu übernachten.

Dann kam Post

Drei Tage später war ich wieder Zuhause und im Briefkasten lag Post vom Gewandhaus. Ich war sicher, dass es sich entweder um ein Dankesschreiben oder ein Duplikat der Rechnung auf Papier handelt. Doch der Hoteldirektor hat mir aus einem ganz anderen Grund folgende Zeilen geschrieben:

Ich soll also eine Flasche eines Kosmetikproduktes mitgenommen haben, weil mir diese so gut gefallen haben. Ich hätte außerdem niemanden darüber informiert und soll daher nachträglich den entstandenen Schaden bezahlen. Zum Schreiben wurde eine Rechnung von über 30 Euro angehängt, die ich innerhalb von 14 Tagen überweisen soll:

Ich habe tatsächlich schon einmal etwas aus einem Hotel mitgenommen. Sowohl bewusst als auch ganz ohne Absicht, wobei es sich eigentlich nie um Dinge wie Bademantel, Regenschirm oder gar Haartrockner oder ähnliches handelte. Es waren eher die (Einweg-)Slipper, das Nähset, die Schlüsselkarte oder die kleine Bodylotion, die ich nur zur Hälfte benutzt habe. So etwas habe ich allerdings nie als Diebstahl gesehen (und oft später zuhause doch keine Verwendung mehr dafür…).

Meine Reaktion

Nun saß ich da mit diesem Brief, der dann doch kein Dankesschreiben war. Ich war ziemlich sprachlos über diesen Vorwurf bzw. der Unterstellung etwas gestohlen zu haben weil es mir so gut gefällt. Um ehrlich zu sein, habe ich zunächst den Markennamen aus dem Schreiben gegoogelt um zu wissen, worum es hier überhaupt geht.

Es sind also Kosmetikprodukte aus Großbritannien, die man für ca. 22€ im Online-Handel bestellen kann. An diese Flaschen konnte ich mich sogar noch erinnern, ich habe die Produkte während des Aufenthaltes auch benutzt. Ich hatte jetzt aber Seife, Duschgel, Shampoo oder die Körperlotion nicht in besonderer Erinnerung und gleich nachgesehen, ob diese auf den Fotos der Review überhaupt zu finden sind.

In der Tat standen da vier ca. 300 Milliliter große Flaschen zwischen den Waschbecken und an der Wanne. Ich habe überlegt wie es denn sein kann, dass es bei unserer Abreise nur noch drei sein konnten. Oder ob es vor unserer Ankunft vielleicht auch fünf gewesen sein müssten? Hat jemand vergessen, den Conditioner zu bringen und welches Produkt fehlte denn jetzt konkret?

Ich las den Brief nochmal, der Direktor spricht generell von Kosmetikprodukten und einer Flasche, die im Hotel jetzt fehlt. Ich stolperte erneut über diesen Vorwurf. Dass mir die Produkte so gefallen würden, empfand ich jetzt schon wie eine Unterstellung… Ich war sehr sicher, dass auch Niko nichts eingesteckt hat, dennoch habe ich ihn gefragt und ihn damit vor den Kopf gestoßen. Er erinnerte mich daran, dass wir nur Handgepäck mit uns hatten und wir nach dem Check-Out zum Flughafen gefahren sind. Spätestens dann hätten wir uns schon wieder von einem solchen Produkt in der Größe trennen müssen.

Mir fiel es immer schwerer zu fassen, dass ein Hotel hier wirklich so weit geht. Aber gut, wenn etwas aus der Minibar fehlt, der Gast dies aber vergisst beim Check-Out zu bezahlen, wird es nachbelastet. Eine Flasche Cola oder den Schokoriegel aus der Minibar kann man aber auch nicht mit solchen Pflegeprodukte vergleichen, letztere stehen mehreren Gästen zur Verfügung und gehören eigentlich zur (Grund-)Ausstattung.

Ich habe dann eine E-Mail an das Hotel geschrieben und meine Sicht der Dinge dargestellt. Der Forderung, die 30€ zu bezahlen, habe ich komplett widersprochen.

Was würdet Ihr tun?

Der Brief hat mich beschäftigt und ich habe diesen meinen Kollegen gezeigt. Es gab viele Reaktionen darauf, keiner konnte diese Reaktion des Hotels nachvollziehen. Wir haben gemeinsam überlegt, wie ich hier weiter vorgehen könnte und wir haben uns gefragt, was Ihr an der Stelle machen würdet.

Ich war kurzzeitig sogar wütend und dachte daran das Geld zu überweisen. Keine gute Idee und so etwas wie ein Schuldeingeständnis. Gar nicht reagieren ist auch keine Option, schließlich liegt hier eine Forderung vor. Ich wollte meinem Ärger auch Luft machen und dies dem Hotelmanager mitteilen.

Wie würdet Ihr reagieren und wie wäre Euer weiteres Vorgehen? Würdet Ihr dem Hotel schreiben, Euch an Marriott wenden, die Rechnung bezahlen, dem Hotel das vermisste Produkt zuschicken (sofern Ihr es wirklich entwendet habt) oder eine ganz andere Lösung anstreben? Hinterlasst uns gerne Eure Gedanken in den Kommentaren!

Die Antwort des Hotels

Wie ich vom Übernachtungsgast zum Hoteldieb wurde | Frankfurtflyer Kommentar

Im Team waren die Produkte des Herstellers einigen Autoren bekannt, diese sollen beliebt sein – ich wäre wohl nicht der Erste, der Interesse an einem Shampoo oder Seife dieser Marke hätte. Ich würde mir in dem Fall aber lieber einen ungebrauchten und vollen Spender für weniger Geld im Laden holen.

Die Vorgehensweise von dem Hotel überrascht mich sehr, selbst wenn es häufiger vorkommt, dass Gäste eines der Produkte mitnehmen. Ich würde an der Stelle eine der zahlreichen anderen Lösungen bevorzugen, bevor ich einem Gast eine Anschuldigung mache. Man könnte beim Check-out z.B. jemanden vom Housekeeping bitten, nachzusehen ob im Zimmer alles in Ordnung ist, auf kleinere Größen der Pflegeprodukte wechseln oder die Spender festschrauben. Aber selbst dann könnte man sich die hochwertige Kosmetik abfüllen.

Jeder mit Zugang zum Zimmer hätte sich auch schon vor unserer Anreise bedienen können, vielleicht hat man ja auch einfach nur vergessen, die Palette der Produkte wieder zu vervollständigen. Außerdem war gleich zweimal jemand während unserer Abwesenheit im Zimmer und hat eine Aufmerksamkeit gebracht, bzw. die Betten aufgeschlagen. Der Manager hat wohl kaum persönlich das Zimmer unmittelbar vor dem Check-in bzw. direkt nach der Abreise kontrolliert.

Ein solcher Brief war in meinen Augen in jedem Fall unangebracht, die spätere Antwort ist enttäuschend.

13 Kommentare

  1. Es geht auch anders herum.
    Ich hatte einem Hotel einmal einen Schlüssel geklaut. Noch so ein Stück aus der mechanischen Zeit, das aber zu einem Schließsystem gehörte. Nicht ganz ohne Aufwand zu ersetzen, zumal man als Hotel ja schlecht wissen kann, ob der fehlende Schlüssel in der Zukunft missbraucht wird.
    Natürlich versehentlich, war aber geografisch blöd. Hotel in Las Vegas, Der Schlüssel kam dann in München zum Vorschein.
    Hat mir aber niemand den Umbau des Zimmertürschlosses in Rechnung gestellt.

    Hab den Schlüssel auch zurückgeschickt, allerdings gab auch das keine Reaktion.

  2. Mustte auch mal googlen und die angebotenen 300ml (19,6€ direkt beim Hersteller) sind natürlich auch eine Größe, die man durchaus bei einem Aufenthalt auch VERBRAUCHEN kann, oder?

    Das Gewandhaus ruft regelmässig DZ-Raten um die 300€ auf, wieso sollte es da nicht absolut okay seine 0,3 Liter Seife/Tag im Zimmer zu nutzen. Gerade bei mehreren Tagen Aufenthalt

    Wie stellen die sich das denn mit der Logistik vor? Die Zimmermädchen müssen ja immer entscheiden „ist da noch genug drin für den nächsten Gast, reichen 100ml“

    Also diese System ist nicht durchdacht und deutet auf eine völlig verdrehte Einstellung im Managements dieses Hotels der Marriott Grupoe hin. Die sollten sich schämen!

  3. Staune eher, dass da die Flaschen mit 300 ml einfach so herumstehen und nicht irgendwo festgemacht sind in der Dusche etc. Klar, früher standen die kleinen Mini-Flaschen da und heute sind auch die großen Häuser teilweise auf die nachfüllbaren Flaschen umgeschwenkt.
    Man stelle sich aber vor, wie viele überweisen das einfach ungefragt…

    Das Nähzeug von Molton Brown ist übrigens gut und praktisch. So in einer kleinen Plasteschachtel und die Fäden schon immer in eine Nadel eingefädelt. Also Augen auf und falls Du an Molton Brown Gefallen gefunden hast: das Bülow Palais in Dresden hat es auch im Zimmer zu stehen.

  4. Ein ähnlicher Fall, aber mit anderen Ingredienzien…

    Ich war vom Hoteldirektor anlässlich der ITB persönlich für ein paar Tage in einem FirstClass-Hotel in Dubai (!!!) eingeladen (eingeladen!!!) Obwohl ich damals selbst in DXB (Mirdiff) lebte.

    Es zerbrach mir dummerweise ein Zahnputzglas.
    Ein Glas aus Glas gewissermassen, nicht mit Goldrand und Edelsteinen.

    Prompt stand ein indischer Boy vor der Tür, der mir eine Rechnung über 25 Dirham präsentierte.

    Ich werde nie vergessen, wie sich der Direktor drehte und wendete und herumdruckste, so peinlich war es ihm….. Noch dazu bei einem expliziert eingeladenen Branchen-Kollegen.

    • das ist natürlich was anderes, wenn Gegenstände in der Benutzung kaput gehen. so manche ein Rockstar hat im Drogenrausch ganze Suiten zertümmert, aber ein Glas kann immer mal kaputt gehen. Dass die „Replacement“ Preise eine Marge änalog des Hotelstandards haben, sollte klar sein (6,5€ ist natürlich ein stolzer Preis, wenn du als Branchenkenner weisst welcher Billigstkram normalerweise eingekauft wird).

      Inwieweit ist so ein Glas überhaupt im Verständnis eines erhaften Hoteliers nicht Teil des“üblichen Gebrauchs“ – so wie durchgelegens Bett, Vorhänge oder Duschbrausen. Das wird halt im Lauf der Miete genutzt und geht irgendwann kaputt? Oder soll derjenige, der den Vorhang als defekt meldet, den dann bezahlen?

      Also schon was anderes als die Verbrauchsmaterialien!

  5. In Asien wurde ich gebeten beim Auschecken so lange zu warten bis das Zimmermädchen kontrollieren konnte ob ich nichts vergessen habe.Fand ich toll, da Stoffhasen der Kinder und Handykabel die „angeborene“ Eigenschaft haben vergessen zu werden. Aber jetzt weiß ich, daß der Service nicht mir galt sondern wir kontrolliert wurden ob wir etwas „geklaut“ hätten. Wieder eine Illusion perdue. Aber le ton fait la musique. So ist es eine two way street. Bzgl. Gewandhaus: beim nächsten Mal alle Flaschen leer machen und leer stehenlassen!

      • Das ist sowieso ein Punkt. Soll ja so nachhaltig sein. Klar, spart Plastik. Aber seitdem ich die großen Spender habe, nutze ich auch deutlich mehr Duschgel als vorher. Wo ich vorher wegen der kleinen Größe sparsam war (auch mit der Sorge, dass die nicht auffüllen), bekommt jetzt jedes Köprerteil frisches Duschgel verpasst.

        • genau das ist es ja was uns so beschäftigt: die Flasche mitnehmen kostet 30€, die Flasche dort lassen aber alles rausnehmen (nutzen vor Ort, oder abfüllen) ist erlaubt?
          Sollen sie für ihrer wertvollen Toiletries eine Spender hin machen, den man genau 4 mal drücken darf – danach muss man sich an der Rezeption rechtfertgien, wieso man denn sovile von dem wertvollen Zeuchs brauchen könnte.

          Kopfschüttel

  6. Ich hoffe das Hotel hat aus dieser Diskussion die nötigen Schlüsse gezogen. Der Unterschied zwischen den Dummen und den Gescheiten ist ja bekanntlich dass die Dummen die gleichen Fehler immer wieder machen, die Gescheiten immer neue… 🙂

  7. Meine Erfahrung mit den großen Flaschen ist, dass oftmals der Pump-Mechanismus versagt – den Schnabel um 90 Grad drehen hilft manchmal, ansonsten nur das Aufdrehen. Offenbar gehört zwar das Auffüllen zum Standard des Housekeepings, nicht aber der Funktionstest der Spender, und das leider auch in der gehobenen Hotellerie…

  8. Als wir noch jung und dumm waren, machten wir uns manchmal den Spass, das Salz im Streuer eines Restaurants gegen Zucker auszutauschen, oder bei den damals noch gängigen Zuckerstreuern Salz hineinzutun. Wenn ich bedenke, was für kranke Hirne heute herumlaufen, waren mir im Hotel die kleinen verschlossenen Müsterchen schon lieber, als die Nachfüllflaschen.

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