Wie schnell wird sich die Luftfahrt erholen? Nur jeder siebte will bald wieder fliegen.

In den letzten drei Monaten ist die Luftfahrt weitestgehend zum Erliegen gekommen und man ist nur noch einen Flugplan für die Grundversorgung geflogen. So beschrieb der Lufthansa CEO Mitte März den Flugplan auf einem Niveau von 1955 und er könne ihn aus dem Kopf aufsagen.

Jetzt, wo es langsam wieder möglich ist, dass die Menschen reisen, denn Auflagen werden gelockert und Grenzen geöffnet, stellt sich natürlich die Frage, wie schnell sich die Luftfahrt aus diesem Schock erholen wird. Airlines wie die Lufthansa Gruppe wollen nun zwar zügig wieder hochfahren, aber bis September will man dennoch nur 40% des ursprünglichen Angebots fliegen.

40% im dritten Quartal 2020 hört sich im ersten Moment nach erschreckend wenig an, allerdings könnte dieser Plan sogar noch viel zu ambitioniert sein. Nicht etwa weil die Passagiere nicht reisen dürfen, viele wollen aktuell auch immer noch nicht reisen.

Eine Umfrage des Spiegels hat ergeben, das nur 13,4% der Deutschen, also weniger als jeder siebte, in den kommenden drei Monaten überhaupt ein Flugzeug besteigen wollen. Der Grund hierfür ist oft die Sorge, dass man sich an Bord mit dem Coronavirus anstecken könnte und über 60% der Befragten geben dies als Grund an, von einer Flugreise in den kommenden Monaten abzusehen.

Was aus dieser Umfrage sehr klar wird ist, dass die Luftfahrt und Reiseindustrie sehr viel investieren muss um nun das Vertrauen der Kunden in die Sicherheit wieder zu gewinnen. Nicht dass die Passagiere Angst wegen der allgemeinen Sicherheit des Fliegens haben, welche meist irrational ist, sondern man man sorgt sich um Infektionen, was ein ganz neues Feld für die Airlines ist.

Wie schnell wird sich die Luftfahrt erholen?

Wenn man sich die oben genannten Zahlen anschaut, wird schnell der Eindruck vermittelt, dass 40% des ursprünglichen Flugaufkommens viel zu hoch sind, wenn in den kommenden drei Monaten nur 13,4% der Deutschen überhaupt fliegen wollen, sei es aus privaten oder geschäftlichen Gründen.

Allerdings muss man gerade die Zahl von 13,4% der Deutschen, welche in den kommenden drei Monaten fliegen wollen auch etwas differenzierter betrachten, denn auch zu normalen Zeiten, selbst in der Hochsaison, wollen nicht 100% der Deutschen in den kommenden drei Monaten ein Flugzeug besteigen.

Auch wollen die 13,4% der Deutschen in den kommenden Monaten ein Flugzeug mindestens einmal besteigen, was in manchen Fällen deutlich mehr Flüge bedeutet. Es gibt nicht wenige Reisen, welche während der letzten drei Monate aufgeschoben wurden, nun aber nachgeholt werden, wodurch sich bei einigen, meist Geschhäftsreisenden, eine recht enorme Flugaktivität entwickelt.

In 2019 wurden in Deutschland 226,9 Millionen Passagiere abgefertigt, also im Schnitt 18,9 Millionen Passagiere pro Monat oder 56,73 im Quartal. Hiervon sind 40% etwa 22,69 Millionen Passagiere.

Würde man nun vereinfacht annehmen, dass wirklich 13,4% aller Deutschen (also aller Altersklassen, was sicherlich absolut abwegig ist), dann würde man auf 10,98Millionen Menschen kommen. Wenn jeder von diesen einen Hin- und Rückflug antritt, würden wir bei 21,96 Millionen Passagieren in Deutschland in den kommenden drei Monaten herauskommen.

Mit meiner massiv vereinfachten Rechnung, würde man also ziemlich genau 40% der ursprünglichen Kapazitäten brauchen, womit die Annahme von Lufthansa korrekt ist, dass man sich bis September auf 40% des Vor-Krisen Niveaus erholt hat.

Man muss allerdings ganz klar sagen, dass meine Rechnung etliche Variablen außer Acht lässt. So ist die Umfrage des Spiegels alleine keine saubere Umfrage im Querschnitt der Deutschen Bevölkerung, sondern unter Spiegel Lesern. Diese reisen tendenziell mehr als der Durchschnitt, allerdings kann man auch davon ausgehen, dass viele Passagiere mehr als nur zwei Flüge in den kommenden drei Monaten machen werden.

Auch meine Annahme der zu erwartenden Passagiere in Deutschland in den kommenden drei Monaten ist so nicht ganz korrekt, denn gerade in den Sommermonaten hat man einen Passagierpeak, welchen ich komplett außer Acht gelassen habe. Auch sind die 226 Millionen Passagiere, welche 2019 in Deutschland abgefertigt wurden nicht nur Passagiere die hier gestartet sind, sondern auch Passagiere, welche nur in Deutschland umgestiegen sind. Gerade diese sind eine große Unbekannte, denn für Transitpassagiere braucht es auch Zielländer, welche diese Einreisen lassen. Im interkontinentalen Bereich ist dies eine große Unbekannte.

Dennoch taugt es als grobe Abschätzung, dass wir im September genügend Nachfrage haben, damit sich 40% des Angebotes lohnen. Dies ist also nicht unwahrscheinlich, sofern sich nicht noch dramatische Veränderungen ergeben.

Bis September bei 40% und bis Dezember dann 80%?

Nachdem man in Deutschland davon ausgehen kann, dass man in den kommenden drei Monaten die Luftfahrt wieder auf 40% hochfährt, stellt sich natürlich die Frage, wie es dann weiter geht. Naheliegend wäre, dass man annimmt, dass bis Dezember etwa 80% des ursprünglichen Angebots erreicht wären und Anfang 2021 wäre man wieder auf dem normalen Niveau.

Auch wenn niemand wirklich vorhersehen kann wie sich der Markt entwickelt, geht niemand von solch einer schnellen Erholung aus. Es wird vermutlich ab September das Flugangebot weiterhin deutlich ausgebaut, ab ab irgendeinem Punkt wird es nur noch schleppend und langsam gehen. Analysten rechnen damit, dass dieser Punkt bei 60-70% des Angebotes erreicht ist.

Airlines selber gehen davon aus, dass sie erst 2023 wieder auf dem Nachfragniveau von 2019 sind. Auch wenn dies die am als wahrscheinlichsten gehaltene Schätzung ist, kann es deutlich länger dauern oder auch schneller gehen, denn die Entwicklung wirklich vorher zu sagen ist unmöglich und von vielen Faktoren abhängig, sei es in der Politik, Wirtschaft und der Stimmung in der Gesellschaft.

Airlines müssen Vertrauen neu aufbauen

Eine große Unbekannte ist, wie schnell es Airlines schaffen, das Vertrauen der Kunden wieder zu gewinnen, denn dies wird maßgeblich darüber entscheiden, wie viele Passagiere wann fliegen. Klar ist, wer nicht fliegen will, weil er Angst hat, der wird auch nicht fliegen.

Zwar gilt es als äußerst unwahrscheinlich, dass man sich in einem Flugzeug mit dem Coronavirus infiziert, denn der Luftdurchsatz ist hier extrem hoch und das Infektionsgeschehen, besonders in Europa, ist inzwischen so gering, dass eine Infektion generell als unwahrscheinlich einzuschätzen ist.

Dennoch demonstrieren Airlines auf der ganzen Welt, welche Hygienemaßnahmen sie nun bereitstellen, um für die Sicherheit der Passagiere zu sorgen. Während das Tragen von Masken in einem Flugzeug noch in gewisser Weise Sinn macht, ist zum Beispiel der Effekt durch das Verteilen von antibakteriellen Tüchern, Flugbegleitern in kompletten Schutzanzügen oder das Flächendesinfizieren des Flughafenbodens teilweise mehr Show als alles andere.

Allerdings gilt bei den neuen Hygienemaßnahmen auch die selbe Maßgabe wie bei der Sicherheitskontrolle. Wenn der Passagier das Gefühl hat es wird stärker durchgegriffen, dann fühlt er sich sicherer. Oder glaubt wirklich jemand, dass man schon einmal einen gefährlichen Gegenstand gefunden hat, weil man vor einem USA Flug gefragt wurde ob man etwas verbotenes dabei hat?

Wie schnell wird sich die Luftfahrt erholen? | Frankfurtflyer Kommentar

Es steht außer Frage, dass sich die Luftfahrt in einer schweren und möglicherweise noch nie dagewesenen Krise befindet. Daher ist es auch sehr schwer abzuschätzen, wie sich der Weg aus diese Krise verhält.

Die Aussage, dass nur 13,4% der Deutschen überhaupt in den kommenden Monaten fliegen wollen hat mich im ersten Monet sehr schockiert, da es sich nach einem dramatischen Ergebnis anhört, allerdings deutet dies auf einen deutlichen Aufschwung hin. Hätte man diese Umfrage vor zwei Monaten gemacht, hätte man als Ergebnis vermutlich weniger als 1% aller Deutschen gehabt, welche in den kommenden Monaten fliegen wollen.

Aber auch wenn die Luftfahrt jetzt wieder hochfährt, sind es extrem schwere Zeiten für die Airlines und die Reisebranche und wie die gesamte Industrie aus dieser Krise kommt, hängt am Ende von der Kauflaune der Passagiere ab.

Daher: „Kauft Flugtickets, wie Ihr Toilettenpapier gekauft habt!“. Auch wenn es sich absurd anhört, Airlines, Hotels und alle in der Reiseindustrie sind nun massiv darauf angewiesen, dass die Nachfrage möglichst schnell steigt.

 

7 Kommentare

  1. Die airlines machen derzeit kollosse Fehler. Menschen die Angst habe krank zu werden fliegen sowieso nicht egal was die airlines machen. Menschen wie ich fliegen nicht solange es dämliche Mundschutzpflicht, abgespecktes catering etc gibt, da ich eine Krankheit mit Todeszahlen in Höhe einer schweren Grippe nicht als übermässig gefährlich erachte. Dh die airlines sollten möglichst schnell zur alten Normalität zurückkehren und den menschen so auch die Angst genommen werden. Mit Tests die sowieso alle fehlerhaft sind lässt sich da nichts bewirken. Mal sehen wie die Leute reagieren wenn es zwar wieder mehr positiv getestete gibt aber kaum noch Tote (wie in jeder Grippesaison und danach sieht es aktuell aus). Impfstoff wird es wie bei der Grippe auch nie geben da sich Viren dafür viel zu schnell verändern. Aber das ist nicht schlimm. Damit lässt sich gut leben.

    • Exakt! Der einzige Grund für mich und meine Familie ist die bei vielen Airlines vorhandene Pflicht zur Vermummung und der erbärmliche Service an Bord und am Flughafen. Dazu kommt noch die Hörigkeit gegenüber den inzwischen nachweislich sinnlosen Maßnahmen der einzelnen Regierungen. So wird das auf lange Zeit nichts mehr. Da der Spiegel nur eine politische Linie mit höchst fragwürdigen Methoden vertritt, stellt sich auch hier die Frage, ob ich deren (Relotius basierten) Analyse Glauben schenken möchte.

  2. Naja,

    bei den ganzen entsprechenden Meldungen ist sicherlich auch ne gehörige Spur Greta-Journalismus dabei mit dem Ziel gegen Flüge generell zu agitieren.

    Denn die Mehrzahl der Deutschen fliegt normalerweise überhaupt nicht.

    Lt Umfrage von 2018 sind nur 47 Prozent der Deutschen überhaupt in den letzten 2 Jahren geflogen.

    (Quelle: https://www.bdl.aero/de/publikation/verbraucherumfrage/)

    Wenn hiervon dann schon wieder über 26% angeben „in den nächsten Monaten“ schon wieder fliegen zu wollen, ist das ja schon fast wieder Normalniveau. Denn von den anderen 74% hätte ein Großteil „in den nächsten Monaten“ vermutlich eh keine Flugreise geplant – bzw es mangelt einfach am entsprechenden Angebot.

    Ist eben immer eine Frage der Interpretation.

  3. Ja solange es die dämliche Maskenpflicht gibt werde ich auch maximal Kurzstrecke fliegen. Und das sparen beim Catering und den Lounges ist eine Frechheit. Nutzt man einfach die Gelegenheit um Geld zu sparen. Und dann gibt es noch die Sache mit den illegalerweise verweigerten Rückzahlungen, jede Airline die mir noch Geld schuldet wird sowieso boykottiert. Das sind aktuell LH, SAS, Finnair und Turkish. Die einzige positive Erfahrung war Air Baltic, Erstattung online beantragt und ein paar Tage später war das Geld da. So sollte es sein!

  4. Das Problem ist das verlorene Vertrauen. Wenn man erst klagen muss, damit man sein Geld für stornierte Tickets zurück erhält, dann ist die Lust neue Tickets zu kaufen, eher gering. Die LH betrügt sogar ihre Statuskunden, die der LH über viele Jahre treu waren. Da soll sich mal keiner was vormachen. Das ganze Brimborium mit Sen, Hon usw. ist eine Illusion für dumme Kunden.

  5. Ein Problem ist auch die coronabedingte Situation an den Zielorten. Wer will bei den ganzen Einschränkungen Urlaub machen? Erst wenn sich die Corona-Situation wieder bessert und ein Urlaub mit weniger Einschränkungen möglich ist, macht für viele Urlaub und Fliegen dann erst wieder Sinn, selbst wenn man bereits Stand jetzt in die Länder wieder einreisen darf. So denke ich, der vor Fliegen und Corona keine Angst hat.

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