Zulassung der Boeing 737 MAX 10 gefährdet

Der Flugzeugbauer Boeing steckt tief in der Krise. Foto: Boeing

Die Geschichte der Boeing 737 MAX entwickelt sich immer mehr zu einer Seifenoper. Seitdem die Boeing 737 MAX 8 und 9 wieder fliegen, ist fast in Vergessenheit geraten, dass Boeing noch zwei weitere Modelle der Reihe in Planung hat. Hierbei handelt es sich um die kleine 737 MAX 7 und das größte Modell der Serie, die Boeing 737 MAX 10.

 

Zulassung der Boeing 737 MAX 10 in der Schwebe | Aktueller Stand

Bevor die beiden Modelle 737 MAX 7 und 737 MAX 10 ausgeliefert werden können, müssen diese von der FAA (Federal Aviation Administration) für den Personenflugverkehr freigegeben werden. Dazu muss Boeing umfangreiche Dokumentationen bei der Behörde vorlegen, die diese dann eingehend prüft. Unvorstellbar, dass bei der Zulassung der neuen Typen Boeing selbst die Prüfung und Zertifizierung übernehmen darf, wie es teilweise bei den beiden anderen Typen der Fall war.

Boeing 737 MAX 10 (c) Boeing

Zulassung der Boeing 737 MAX 10 in der Schwebe | Boeing hoffte auf Zulassung noch im Jahr 2022

Noch Anfang September gab der CEO von Boeing zu Protokoll, dass er eine kleine Chance sähe, dass die beiden Flugzeuge noch in diesem Jahr zertifiziert würden. Die FAA hat nun in einem Schreiben mitgeteilt, dass die bis zur Deadline Mitte September eingereichten Dokumente nicht ausreichend seien und deswegen mit einer Zulassung der Boeing 737 MAX 10 nicht vor Mitte kommenden Jahres zu rechnen sei.

Das ist für Boeing mehr als misslich. Kunden haben sich längst schon an Verzögerungen bei der Auslieferung neuer Flugzeugtypen gewöhnt. Jedoch ist in diesem Fall das Problem kein kommerzielles, sondern ein regulatorisches. Nach den Unfällen der Boeing 737 MAX in Indonesien und Afrika hat der US-Gesetzgeber die Zulassungsvoraussetzungen für Neuzulassungen ab dem Jahr 2023 verschärft (Eigentlich greift die Vorschrift schon seit 2021, aber Boeing wurde für zwei Jahre von der Regelung befreit). Dazu gehört, dass im Flight Deck zusätzliche elektronische Anzeigen verbaut werden müssen.

 

Zulassung der Boeing 737 MAX 10 in der Schwebe | Boeing MAX nicht zukunftskompatibel

Das Design der Anzeigen im Flight Deck ist bei der 737 Serie von Boeing recht einheitlich. Das hat den Vorteil, dass Piloten nicht aufwändig umgeschult werden müssen. Die Ereignisse um die ersten beiden Typen der 737 MAX Serie haben bereits dazu geführt, dass Piloten eine Zusatzschulung benötigen, um die MAX Variante fliegen zu dürfen.

Die Berücksichtigung eines neuen EICAS (Engine Indication And Crew Alerting System) würde jedoch umfangreiche Änderungen an den Flugzeugen bedingen. Ganz zu schweigen von dem Nachrüstungsaufwand bei bereits produzierten Flugzeugen. Hinzu käme, dass die Bedienelemente der Boeing 737 MAX 7 und MAX 10 dann deutlich unterschiedlich zu denen der restlichen 737-Serie wären.

Daher hofft Boeing noch, die eigentlich erforderlichen Änderungen noch abwehren zu können.

Boeing 737 MAX 7 (c) Boeing

Zulassung der Boeing 737 MAX 10 in der Schwebe | US-Gesetzgeber könnte helfen

Boeing wurde bereits durch den Aufschub von zwei Jahren seitens des Gesetzgebers Zeit eingeräumt, die Zertifizierung für die Boeing MAX 7 und MAX 10 zu erhalten. Jedoch hat die Firma es nicht geschafft, diesen Zeitraum für sich zu nutzen.

Ein Abgeordneter der Republikaner versucht nun, eine Verlängerung der Ausnahmegenehmigung bis 2024 in einem Gesetzespaket, das sich eigentlich mit Verteidigungsthemen befasst, unterzubringen und Boeing so zu helfen.

Darüber hinaus hat der Konzern seine Lobbyanstrengungen in Washington deutlich erhöht.

 

Zulassung der Boeing 737 MAX 10 gefährdet | Frankfurtflyer Kommentar

Es wird von Runde zu Runde offensichtlicher: Boeing hat bei der Entwicklung der Boeing MAX-Serie den Anschluss an die neue Zeit verpasst. Statt von Grund auf ein neues Flugzeug zu entwickeln, wurde ein „Steinzeitkonzept“ aus Gründen der vermeintlichen wirtschaftlichen Optimierung lediglich aktualisiert. Dieses Vorgehen fällt Boeing und den Kunden nun auf die Füße.

Da die Flugzeugproduktion jedoch eine Industrie ist, die beim Gesetzgeber besondere Aufmerksamkeit genießt, ist davon auszugehen, dass der US-Gesetzgeber Boeing zur Seite springt und die Anforderungen bei der Zertifizierung so niedrig halten wird, dass auch die letzten beiden Typen der 737-MAX Serie in den kommenden Jahren ihre Zulassung erhalten werden.

Für’s Erste werden United (MAX 10) und Southwest gespannt sein, wann die neuen Flugzeuge endlich zur Flotte stoßen werden.

 

3 Kommentare

  1. Dieses Gesetzt ist doch an sich eine Farce, wenn man den zweit größten Hersteller ausnimmt. Und wenn man es jetzt noch einmal verlängert (was passieren wird) erst recht.

    Was würden die Amis eigentlich machen, wenn die Europäer umgekehrt aggieren würden? Bzw. wenn die MAX10/7 dann keine Zulassung für Europa bekommen würde?

  2. wurde ein „Stainzeitkonzept“ aus Gründen der vermeintlichen wirtschaftlichen Optimierung lediglich aktualisiert.

    Es müsste „Steinzeitkonzept“ heißen.

  3. Wenn für Boeing wieder eine „Sicherheitsextrawurst“ dank intensiver Lobby-Arbeit gebraten wird, ist man als Kunde gut beraten, wenn man mit den Füßen abstimmt und diese Flugzeugmodelle weitgehend meidet. Ich kann nicht nachvollziehen, wieso Boeing sich im Zivilflugzeugbereich immer noch so durchwurschtelt. Statt Lobby-Arbeit ist qualifzierte Ingenenieursarbeit angesagt und das Boeing das kann, zeigen die leistungsfähigen Militärflugzeuge.

Antworten

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.


*


Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.