Neue Lufthansa First- und Business Class: Darum werden der Airbus A350 und Boeing 747-8 nur halb umgebaut

Foto: Lufthansa

Die Sitze auf der Langstrecke bei Lufthansa sind inzwischen in die Jahre gekommen. Dies ist auch beim Kranich kein Geheimnis und man hat vor etwas über einem Jahr angekündigt, dass man nun mit einem riesigen 2,5 Milliarden Euro schweren Investment in das Produkt, die Sitze auf der Langstrecke austauschen will. Dabei soll es in der First-, Business-, Premium Economy und Economy Class komplett neue Sitze geben. Das Problem hierbei ist allerdings, dass bisher noch kein Flugzeug mit den neuen Sitzen fliegt.

Inzwischen hat vor allem die neue Lufthansa Business Class fünf Jahre Verspätung seit der eigentlich einmal für 2019 angesetzten Markteinführung angehäuft und die aktuelle Timeline von Lufthansa rechnet damit, dass die neuen Sitze erstmals im Q2 2024 mit einem Airbus A350-900 fliegen. Nicht viel später soll dann wohl auch eine Boeing 747-8 umgerüstet sein, allerdings werden beide Flugzeuge nicht wie geplant die komplette neue Kabine an Bord haben, sondern nur Teile.

Das Problem, welches Lufthansa hat ist, dass man immer noch von den weltweiten Lieferketten Problemen betroffen ist und in diesem Fall nicht Lufthansa direkt, sondern die Hersteller, welche hierdurch nicht fristgerecht liefern können. Dies sorgt nun zu umfangreichen Verspätungen und noch dazu kommt, dass die neue First Class Sitze wohl auch bei der Zertifizierung zu langsam sind.

Die riesigen Allegris First Class Suiten haben wohl noch nicht alle Zulassungen der Behörden.

Was sich nach einer billigen Ausrede anhört, ist in der Luftfahrt aktuell ein riesiges generelles Problem, denn die Prozesse sind unglaublich kompliziert. Wenn hier teilweise nur kleinste Teile eines Lieferanten fehlen, sorgt dies dazu, dass ein Flugzeug quasi aus der Reihe fällt und es Monate dauert, bis es weiter bearbeitet werden kann.

Dies führt nun dazu, dass Lufthansa Entscheidungen treffen musste und eine dieser Entscheidungen war, dass man Flugzeuge nicht komplett mit den neuen Sitzen ausstattet, bevor man sie umrüstet. Die Begründung in dieser Überlegung ist recht simpel, denn man will die neuen Sitze jetzt so schnell wie irgendwie möglich auf die Strecke bringen, was z.B. beim Airbus A350-900 bedeutet, dass dieser mit neuer Business Class, neuer Premium Economy Class und neuer Economy Class in den Liniendienst gehen wird.

Die neue First Class soll nun erst später nachgerüstet werden und man wird dort, wo die First Class Suiten sein sollen, aus Zulassungsgründen nur eine Reihe Economy Class Sitze installieren.

Verspätete First Class | Bringt Lufthansa vorerst Economy Sitze statt Suiten?

Noch etwas ungewöhnlicher wird das Ganze bei der Boeing 747-8, denn auch hier soll die erste Maschine mit neuer Allegris Kabine in 2024 auf die Linie gehen und umgerüstet werden. Allerdings wird man hier zu Beginn nur die Economy und Premium Economy Class umbauen und die Business Class auf dem Main Deck.

Die First Class und die Business Class Sitze auf dem Oberdeck werden dagegen erst 2026 (nach aktuellem Plan) umgebaut und entsprechend wird man in der 747-8 tatsächlich zwei Jahre lang sowohl das alte, als auch das neue Business Class Produkt im selben Flugzeug fliegen.

Der Grund, weshalb Lufthansa das Oberdeck und die First Class nicht umbaut ist, dass hier die passenden Sitze nicht zur Verfügung stehen. Die Allegris First- und Business Class Sitz sind wohl deutlich schwerer als die aktuellen Sitze und dies würde zu einem Schwerpunktproblem bei der 747-8 führen. Dieses Problem sei wohl schon recht lange bekannt und das Konzept für die neuen Sitze auch schon fertig, allerdings werden diese vom Hersteller deutlich später als einmal vereinbart geliefert und daher rechnet man bei Lufthansa nicht vor 2026 nun mit einem Umbau.

Lufthansa kann die Boeing 747-8 wohl nicht komplett auf die neuen Allegris Sitze umbauen

Interessant bei der neuen Business Class in der Boeing 747-8 ist, dass sich diese im Main Deck wohl unglaublich effizient einbauen lässt. Hierbei wird man mit der neuen Business Class auf dem selben Raum gleich viele Sitze verbauen können, wie bei der aktuellen Business Class. Dies hat im Prozess der Umrüstung durchaus gewisse Vorteile, denn wenn man Flugzeuge kurzfristig tauschen muss, haben immer noch alle Boeing 747-8 die identische Kapazität.

Neue Lufthansa First- und Business Class: Darum werden der Airbus A350 und Boeing 747-8 nur halb umgebaut | Frankfurtflyer Kommentar

Das Allegris Projekt bei Lufthansa ist ein riesiges Unterfangen und gerade die neue First- und Business Class wirkt extrem komplex. Manchmal bekommt man sogar den Eindruck das Ganze sei überkomplex in einer Zeit, in der es immer noch Lieferketten Störungen und vor allem Personalmangel in einem maximal vertakteten Prozess gibt. Verspätungen sind nun die Folge.

Dass man sich bei Lufthansa nun dazu entschlossen hat, halb umgebaute Flugzeuge auf die Strecke zu schicken, ist hierbei nun sicherlich einen Notlösung, denn gerade da man alle Klassen auf einmal modernisieren will, müsste man unter Umständen sonst noch Jahre warten, bis wirklich alles für alle Flugzeuge zur Verfügung steht.

Ganz ungewöhnlich sind solche Verspätungen bei neuen Sitzen übrigens nicht. So hatte z.B. Qatar Airways bei der Boeing 787-9 satte drei Jahre Verspätung, da es Probleme mit dem neuen Business Class Sitz gab und das, obwohl man auf ein „Produkt von der Stange“ gesetzt hat und extra einen Sitz aus einem Joint Venture mit Boeing gewählt hatte. Bei Lufthansa ist es nun aber nicht nur ein Sitz und ein Flugzeug, sonder man muss mehrere Typen und alle Klassen umrüsten, was das Ganze nicht gerade weniger kompliziert macht.

3 Kommentare

  1. Dank an Christoph für die Diskussionen und die Infos. Als Fazit ziehe ich:
    1. die First mit nur drei Sitzen wird noch unbezahlbarer als sie jetzt schon ist. Eine Buchung für Meilen wird nicht mehr möglich sein bzw. nur noch für HONs etc., die man halten will aber nicht mehr für den „Normalbürger“.
    2. Bei unterschiedlichen Sitzen gibt es logischerweise keine freie Sitzplatzwahl mehr, die Kosten werden noch unvergleichbarer. Wie das mit den Buchungsportalen funktionieren soll? Auch hier Buchung nach Meilen undurchsichtiger, wahrscheinlich auch teurer

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