Kurswechsel bei Lufthansa? | Bis zu 17% mehr Gehalt für Flugbegleiter und Tarifvertrag bei Eurowings Discover

Foto: Lufthansa

Lufthansa wird nach den vergangenen Jahren auch gerne mal als Streikhansa oder Bodenhansa betitelt, denn die Airline ist durch mehrere massive Streikwellen gegangen, welche zu unzähligen Flugausfällen und frustrierten Kunden geführt haben. Auch dieses Jahr gab es schon wieder Streiks bei Lufthansa oder auch der Tochter Eurowings.

Grundsätzlich galt oft, irgendjemand Streikt bei Lufthansa immer oder es droht gerade ein Streik, denn es stehen regelmäßig neue Tarifverhandlungen an, was auch nicht zuletzt an den vielen verschiedenen Flugbetrieben von Lufthansa liegt.

Nun hat man es tatsächlich geschafft, sich mit den Lufthansa Flugbegleitern über einen Tarifvertrag zu einigen und auch die Eurowings Discover Piloten bekommen einen Tarifvertrag, welchen die Gewerkschaft Cockpit aushandelt. Damit macht Lufthansa einen deutlichen Schritt auf die Gewerkschaften zu und man könnte schon fast glauben es ist ein Kurswechsel bei der Airline.

Klar ist, dass Lufthansa sich mit den Einigungen, wie schon beim Bodenpersonal, vom „Streik frei kauft“ und man hat wohl endlich verstanden, dass die vielen Streiks dem Unternehmen massiv schaden. Bewegen muss sich hier aber nicht nur die Lufthansa, sondern auch die anderen Tarifparteien!

Bis zu 17% mehr Gehalt für die Lufthansa Flugbegleiter

Für Berufseinsteiger steigen demnach die Gehälter um mehr als 17 Prozent, während in der Endstufe das Gehalt noch um knapp 9 Prozent wächst. Vereinbart wurden 250 Euro mehr Grundvergütung ab dem 1. Januar 2023 sowie 2,5 Prozent mehr ab dem 1. Juli. Für das laufende Jahr waren bereits zuvor fünf Einmalzahlungen von insgesamt 1.200 Euro vereinbart worden. Der neue Tarifvertrag endet zum 31. Dezember 2023.

Damit hat man bei den Flugbegleitern direkt einen überdurchschnittlichen Abschluss erzielt, welcher durchaus fair, vor allem im Branchenvergleich wirkt. Zumindest bis Ende des kommenden Jahres sind nun auch keine Streiks der Flugbegleiter mehr zu erwarten und man hat diesen Abschluss auch ganz ohne einen Streik bei Lufthansa erzielt. Wann hat man das zum letzten Mal beim Kranich geschafft? Zumindest gefühlt noch nie!

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Eurowings Discover Piloten bekommen einen Tarifvertrag

Mit Eurowings Discover hat Lufthansa vor etwas über einen Jahr einen neuen Ferienflieger aus der Taufe gehoben und dabei wurde die neue Gesellschaft wohl nicht gegründet, weil man umbedingt unter einem neuen Markenauftritt nach Punta Cana, Windhoek, Mauritius und Co. fliegen will, sondern weil man mit der neuen Airline die Kosten senken wollte.

Eurowings Discover produziert tatsächlich günstiger als Lufthansa selbst und dies liegt nicht zuletzt auch an den niedrigeren Kosten für das Cockpit. Besonders von der Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit (VC) wurde Lufthansa für die Schaffung von Eurowings Discover mehrfach schwer kritisiert und man fürchtete bei der VC wohl auch massiv um Piloten in eigenen Tarifverträgen bei Lufthansa.

Nun sollen die Eurowings Discover Piloten auch einen Tarifvertrag bekommen, welcher sehr eng an dem von Lufthansa ist. So soll hier auch eine Wechseloption zwischen Eurowings Discover und Lufthansa selbst eingewoben werden.

Ist dies der benötigte Kurswechsel bei Lufthansa?

Lufthansa und die Gewerkschaften befinden sich in einem Teufelskreis, den man recht salopp damit beschreiben kann, dass man bei Lufthansa der Meinung ist, dass die Gewerkschaften überzogene Forderungen stellen, welchen man nicht nachkommen kann und die Gewerkschaften sehen die Gehälter und Arbeitsbedingungen beim Kranich als unzureichend an und sind hier wohl auch inzwischen oft kein einfacher Verhandlungspartner.

Die Gewerkschaften sehen sich dann immer dazu gezwungen, dass man zum Durchsetzen der Forderungen streiken muss und der Lufthansa Vorstand fühlt sich so in die Ecke gedrängt, dass man keinen anderen Ausweg sieht als immer neue Flugbetriebe zu gründen, um die Gewerkschaften zu umgehen. Und die Gewerkschaften sehen hierhin dann schon wieder den nächsten Streikgrund. Ein Teufelskreis aus dem man sich in den letzten Jahren nicht hat lösen können.

Lufthansa lässt aktuell ofensichtlich spürbar von seinem sehr harten Kurs gegenüber den Tarifparteien ab und nicht nur dass man sich mit den Flugbegleitern und den Eurowings Discover Piloten ganz ohne Streik hat einigen können, auch beim Bodenpersonal wurde der letzte Tarifabschluss von Beobachtern als „Freikaufen“ von Lufthansa aus dem Streik gewertet.

Dazu soll man das neue Projekt CityLine 2.0, bei welchen man mit einer wieder neuen Gesellschaft 40 Kurz- und Mittelstrecken Flugzeuge aus der Lufthansa Mainlinie in eine neue günstigere Gesellschaft ausgliedern wollte, auf Eis gelegt. Dies kann man schon fast als Friedensangebot sehen.

Nun müssen sich aber auch die Gewerkschaften bewegen und mit Lufthansa langfristig tragbare Tarifverträge aushandeln. Ob man dies bei den Gewerkschaften schon verstanden hat, darf man bezweifeln, denn nachdem Lufthansa die Gewinnerwartung für dieses Jahr erhöhen konnte, teilte die UFO mit:

Wir freuen uns mit der Lufthansa, denn wo viel ist, kann auch viel verteilt werden.

Klar! Wenn es dem Unternehmen gut geht, sollen auch die Mitarbeiter profitieren, aber man sollte die verbesserte Gewinnprognose nicht überbewerten. Auch mit einer Gewinnprognose von spektakulär klingenden 1 Milliarden Euro in 2022 hat Lufthansa nur eine Marge von 3-4 Prozent, was für den Konzern zu wenig ist, um anstehende Investitionen zu finanzieren und damit eigentlich keinen Anlass gibt zu behaupten, dass es „VIEL“ zu verteilen gäbe.

Kurswechsel bei Lufthansa? | Bis zu 17% mehr Gehalt für Flugbegleiter und Tarifvertrag bei Eurowings Discover | Frankfurtflyer Kommentar

Ich habe schon oft gesagt, dass Lufthansa ein Personalproblem hat. Damit meinte ich nicht, dass man zu wenig Personal hat (was aktuell der Fall ist), sondern eher, dass die Beziehung zwischen der Firma und den Mitarbeitern an vielen Stellen einfach krankt.

Man merkt es bei der sehr schnellen Streikbereitschaft der Mitarbeiter, denn bei Lufthansa scheint niemand mehr ein Problem damit zu haben dem Arbeitgeber mit einem Streik nachhaltig zu schädigen und dies schlägt sich natürlich auch in der Grundstimmung nieder.

Zufriedene Mitarbeiter arbeiten besser, effizienter, zufriedener und vor allem sehen sie keinen Grund zum Streiken. Die Probleme bei Lufthansa sind sicherlich mannigfaltig und beide Seiten haben durchaus valide Argumente, aber man muss es nun schaffen den Teufelskreis der Dauerstreiks zu durchbrechen und es könnte sein, dass man hier nun endlich den ersten Schritt gegangen ist.

9 Kommentare

  1. Wenn die Mitarbeiter bei LH & Co unzufrieden sind, dann ist das ein Führungsproblem und auch eine Folge der unsinnigen „divide et impera“-Haltung des Managements, das durch Neugründungen die Belegschaft spalten und die Löhne drücken will. Vermutlich haben die Verantwortlichen bei ihrer Ausbildung beim Thema Personal nur den Bereich „Kosten“ gehört und sind schnell wieder eingeschlafen, als es um „Motivation“,“Servicequalität“ und „faire Bezahlung“ ging. Statt Boni haben die Manager Mali verdient mit massiven Kürzungen ihrer Bezüge bis das Unernehmen wider vernüftig läuft. Nach wie vor gilt bei LH & Co „too many chiefs and not enough indians“.

    • Ich stimme dir hier weitestgehend zu, dass man im LH Management seit Jahren nicht verstanden hat was es mit einem Unternehmen und der Kultur im Unternehmen macht, wenn man ständig neue Flugbetriebe gründet, neue Marken schafft, usw.

      Auch der ständige, sehr öffentliche und in aggressivster Rhetorik geführte Streit mit den Arbeitnehmervertretern ist natürlich eine Katastrophe für die Stimmung in der Firma und die Firmenkultur. Gerade hier ist es aber in meine Augen zu einfach, immer nur die bösen Manager zu sehen und nicht auch die Gewerkschaften bei denen ein Streik schon der normale einstig in Verhandlungen geworden ist. Gerade in der Luftfahrt wurden den Gewerkschaften ja schon mehrfach der Streik untersagt, da man Forderungen hatte, welche man garnicht haben durfte, wie z.B . der Versuch durch Streiks Einfluss auf die Firmenpolitik zu nehmen um Macht zu sichern. Gerade die Piloten haben sich hier durchaus schon mal ein Blaues Auge geholt und das zu recht!

      Und dieses ständige schimpfen auf Vorstandsgehälter kann ich nicht mehr hören, zumal absolut Substanzlos! Wer Geld verdingen will, der sollte nicht Vorstand bei Lufthansa werden, zumindest nicht im Vergleich zu anderen DAX/MDAX Unternehmen. Auch auf Boni dürfen die LH Manager im Vorstand wohl aktuell nicht hoffen, dafür geht es der Airline sicher nicht gut genug. BTW: Alle im Vorstand haben sicher auch andere Optionen, aber bisher verlassen die Ratten das Schiff nicht ;).

  2. Ist eigentlich nicht verwunderlich: Die deutschen (oder gar auch die eingesammelten aus dem Rest von Europa) bezahlen dich gerne für die ach do arme Lufthansa das doppelte wie 2019.

    Solange der Kostendruck (die bösen Kunden waren ja bisher daran schuld Stichwort „wir brauchen“… ) offensichtlich weg ist, kann man schon mal großzügig sein

    • Eigentlich kann sich Lufthansa diese Gehaltssteigerungen gerade nicht leisten. Wenn man mal auf die lächerliche Marge schaut, steigende Finanzierungskosten und die Schulden die man noch in der Bilanz dank Covid vor sich herschieben muss, dann wird einem schon anders. Finanziell ist Lufthansa nach wie vor in einer tiefen Krise.

      • Den Vorwurf substanzlos zu argumentieren weise ich entschieden zurück! Ich muss dir hinsichtlich der Vorstandsbezüge sehr deutlich widersprechen. Vor nicht gar so langer Zeit nach Tarifauseinandersetzungen wurden für die Mitarbeiter die Bezüge um rd. 5 % erhöht, während die Vorstandsbezüge um über 10 % erhöht wurden. Das passt nicht zusammen. Das die Gewerkschaften nicht auch ihren Anteil an der Konfrontation haben, habe ich nicht bestritten, aber die Lohndrückungsstrategie wurde von der LH bis auf die Spitze getrieben worden und es wird Zeit, dass das Management andere Signale an die Belegschaft gibt. Geld hilft nur vorübergehend gegen unschönes Arbeitumfeld.
        Nur zur Erinnerung: Während Corona-Krise wurden Probearbeitsverhältnisse z.B. bei der Lufthansa Technik aufgelöst (nachdem man unmittelbar vorher noch „Werbeprämien“ ausgelobt hat), Auszubildende nach Beendigung der Ausbildung nicht übernommen etc.. Die Lufthanseaten waren mal Hanseaten, aber „hire and fire“ ist keine Eigenschaft hanseatischer Kaufleute. Übrigens haben nicht nur die Vorstände andere Optionen. Es gibt auch LH-Mitarbeiter, die sie nutzen.
        Wenn sich die LH die Gehaltssteigerungen nicht leisten kann, wille sollen dann Unternehmskäufe oder Käufe von Anteilen (ITA) dann funktionieren. Übernahmen kosten erst ein Mal Geld.

    • Netto Löhne vergleichen macht überschaubar wenig Sinn, da sie von individuellen Situationen massiv abhängig sind und so bei gleichem Brutto sehr unterschiedlich sein können.

    • Dem ist sicherlich nicht so! Umgerechnet auf den Stundenlohn liegt das Einstiegsgehalt aktuell schon etwas über 20 Euro, also deutlich über dem Mindestlohn.

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