Kann Lufthansa wieder eine Premium Airline werden?

Lufthansa ist keine Premium Airline mehr! Zu diesem Schluss kommt man aktuell durchaus und wer hier auf der Webseite aufmerksam mitliest, der wird durchaus mitbekommen haben, dass ich auch gerne mal kritisch über den Kranich schreibe. Sei es über den unglücklichen Zustand im Sommer 2022 oder auch den Kundenservice, der die Top Kunden verprellt. Aber kann Lufthansa wieder eine Premium Airline werden oder gibt es nur noch eine Richtung und die geht nach unten? Mit genau dieser Frage will ich mich in diesem Beitrag auseinander setzen und zwar als jemand der die Lufthansa grundsätzlich mag und nun auch fast 20 Jahre Vielflieger bei der Airline ist.

Und genau das ist auch der Punkt, denn in den letzten zwei Jahrzehnten hat Lufthansa durchaus Höhen und Tiefen im Service gesehen und fast 20 Jahre Vielfliegerkarriere bedeutet auch, dass man genau diese Höhen und Tiefen live und in Farbe, direkt am Produkt miterlebt hat. In dieser Zeit habe ich sehr klar festgestellt, dass Lufthansa durchaus eine Premium Airline sein kann und eigentlich steckt es auch in der DNA der allermeisten Lufthanseaten, aber man kann auch leider richtig schlecht und mit deutscher Arroganz unterwegs sein und leider ist das aktuelle Stadium der Lufthansa näher an letzterem, als an allem anderen.

Aber gerade weil ich schon einmal eine sehr beeindruckende Transformation der Lufthansa miterlebt habe, in welcher man die Airline weiter entwickelt hat, in das Produkt investiert hat und sich zur besten Airlines Europas hocharbeiten und auch deutlich abheben wollte, bin ich tief in meinem Inneren auch davon überzeugt, dass man diesen Turn Around, der bitter nötig ist, auch schaffen kann.

Ich schreibe aber auch ganz klar „man kann“, denn bisher hat Lufthansa hier leider noch nicht viel abgeliefert. Auch wenn man nun langsam sieht, dass hier etwas passieren wird, was über Ankündigungen hinaus geht, es ist noch ein weiter Weg und man hat vor allem ein massives Problem aus der Corona Krise geerbt, welches man so in der Vergangenheit nie hatte, denn man hat neben den Problemen im Produkt und dem massiven Investitionsstau auch noch Wachstumsschmerzen durch fehlendes Personal und fehlendes Fluggerät um es auf zwei Kernprobleme herunter zu brechen.

Dabei sehe ich vor allem, dass man nun beim Personal die Weichen stellen muss, um wieder einen Premium Airline zu werden, denn vom den „alten Perlen“ hat man sich leider in den allermeisten Fällen getrennt, da sie zu teuer wurden. Also genau von den Mitarbeitern, die noch wissen, was es bedeutet eine Premium Airline zu sein.

Eine Airline arbeitet immer direkt im Kontakt mit dem Kunden und es steht und fällt hier mit den Mitarbeitern. Es gilt an jedem Punkt der Riese, die Crew macht den Unterschied!  Foto: Lufthansa

Für Lufthansa ist es nun entscheidend, dass man vor allem in das Personal investiert, dieses gut ausbilden und davon vor allem auch genug hat. Dazu kommt, dass man auch die Grundstimmung bei den Mitarbeitern heben muss, denn wenn man ganz ehrlich ist, hat Lufthansa aktuell auch ein Moral Problem. Die Stimmung im Konzern ist leider schlecht und das Management muss es nun schaffen, dass man in Aufbruchsstimmung kommt.

Insbesondere aber auch alte Fehler müssen behoben werden, denn man hat hier eindeutig zu viel gespart, wie selbst der Lufthansa CEO schon zugegeben hat. So braucht es an jeder Lufthansa Station wieder eigene Mitarbeiter (oder wenigstens mal einen) und auch Dinge wie die Abfertigung sollen von Lufthansa wieder selbst übernommen werden. Dies ist so auch in Planung, nur bei der Umsetzung hapert es gewaltig.

Und um das Thema Stimmung in der Belegschaft noch einmal aufzugreifen, man muss auch das permanente Problem mit den Tarifkonflikten unter Kontrolle bekommen. Eine Airline die permanent bestreikt wird, kann einfach nicht premium sein.

Dass der neue Lufthansa CEO, Jens Ritter, nun auch mal auf einem Flug als Flugbegleiter mitgeflogen ist, war sicherlich vor allem eine PR Aktion, aber es ist durchaus auch eine gute Möglichkeit sich einmal mit dem Zustand seiner Airline und der Arbeit seiner Crews auseinander zu setzen, weshalb ich dies persönlich sehr positiv bewertet habe.

Lufthansa CEO Jens Ritter als Flugbegleiter in der Economy Class. Foto: LinkedIn

Mit dem Personal ist es aber nicht getan, denn Lufthansa muss auch in das Produkt investieren und hier allem voran die Kabine, respektive die Sitze erneuern. Dabei hat man diesen Schritt auch schon verkündet und alle Klassen sollen neue Sitze auf der Langstrecke bekommen.  Leider ist hier bis auf die Ankündigung noch nicht wirklich viel passiert und es ist wohl auch das erste Mal in der Geschichte der Airline, dass man wirklich alle Reiseklassen auf einmal neu einführt.

Bisher hat man immer in den letzten 15 Jahren eine neue First Class, dann eine neue Business Class und zuletzt überhaupt die Premium Economy Class eingeführt. Natürlich hört es sich erst einmal charmant an, nun alles auf einmal zu erneuern, denn dann ist es geschehen, aber dieses Mammut Projekt birgt so viele Fallstricke, dass man hier nun jahrelange Verspätung angehäuft hat und sogar brandneue Flugzeuge, die man dringend braucht, in die Wüste stellt, da die neuen Sitze noch nicht da sind.

Ich mache mir allerdings nicht wirklich Sorgen, ob diese Sitze kommen. Ich bin mir sicher, man wird irgendwann die komplette Langstreckenflotte umgebaut haben, allerdings wäre es für die Kundenzufriedenheit deutlich besser, wenn es schneller als später passiert.

Mit Allegris soll auch ein neuer aufgewerteter Bordservice kommen, welcher wohl auch Personal intensiver ist. Dafür soll in der Business Class z.B. ein extra Flugbegleiter mitfliegen. Man hat hier bei Lufthansa also schon einiges verstanden, ob man es auch umsetzt, wird man sehen.

Auch am Boden muss viel passieren und hier will Lufthansa vor allem auf Self Service Automaten für die Economy Class und Premium Economy Class, was hier eigentlich auch akzeptabel ist und gut funktionieren kann. Wichtig ist hier nur weiterhin, dass auch Mitarbeiter verfügbar und ansprechbar sind.

Für die Premium Klassen steht und fällt es wieder mit dem Personal und hier muss man durchaus ansetzen. Aber auch Themen wie die Lounges sind akut und hier wird nun auch investiert und Lounges in Frankfurt, Düsseldorf oder Newark werden renoviert. Es passiert also schon etwas, nur der Forschritt ist aktuell noch langsam.

Kann Lufthansa wieder eine Premium Airline werden? | Frankfurtflyer Kommentar

Zu Beginn meiner Vielfliegerkarriere bei Lufthansa war die Airline eigentlich gar nicht mal so gut. Man hatte ein sehr großes Streckennetz und war oft aus Deutschland heraus konkurrenzlos, aber das Produkt, insbesondere in der First und Business Class war einfach veraltet. Ich liebte zwar die alten, blauen First Class Sessel, aber wirklich privat waren sie nicht und wenn ich hier nur an den Bildschirm denke, der kleiner als ein heute übliches Smartphone war.

Sie kam dann aber, die Produktoffensive und mit dem Airbus A380 kam auch die neue First Class. Davor hat man mit dem First Class Terminal in Frankfurt und den First Class Lounges auch am Boden ein extrem hochwertiges Produkt geschaffen, was damals unzweifelhaft zu den besten First Class Boden Services der Welt gehörte.

Kurz nach der neuen First Class ist dann mit der Boeing 747-8 (oder eigentlich mit zwei Airbus A330-300 in München) die neue Business Class eingeführt worden, welche zwar auch damals nicht Weltklasse war, aber ein riesiger Schritt nach vorne, gerade im Vergleich mit den „Rutschen des Grauens“ wenn sich noch jemand erinnert.

In den folgenden Jahren hat Lufthansa immer wieder das Produkt verbessert und auch in den Service investiert. Auch wenn man es in dem aktuellen Stadium der Lufthansa gerne vergisst, man hat sich damals sehr viel Mühe gegeben. Ein befreundeter Flugbegleiter brachte es mal auf den Punkt: „Was da plötzlich alles mit an Bord gekommen ist, um auszulegen oder den Gästen anzubieten, da merkte man schon, die meinen das mit dem besser werden ernst“.

Den Höhepunkt hat man wohl, als man Ende 2017 erreicht, als Lufthansa überraschend als erste Airline in Europa einen 5. Stern verliehen bekommen hat. Man kann sich nun natürlich darüber streiten ob Lufthansa wirklich zu diesem Zeitpunkt schon eine 5 Sterne Airline war, aber man war auf einen guten Weg und konnte sich wohl als Premium Airline bezeichnen.

Von diesen wirklich guten Ansetzen ist nicht mehr viel zu sehen, aber ich bin der festen Überzeugung, dass Lufthansa es wieder einmal schaffen kann, sich zu der Premium Airline zu entwickeln die man sein will. Dies bedeutet nicht, dass man die weltbeste Airline sein wird, aber schlicht und ergreifend eine sehr gute Airline.

ABER der Weg ist nun weit und man muss schnell arbeiten, denn der Abstand zur Konkurrenz, auch in Europa, wächst und die aktuellen Verspätungen, vor allem bei den neuen Sitzen, aber auch der anhaltende Personalnotstand, machen es Lufthansa wirklich schwer. Aber vielleicht läuft es ja doch wie versprochen und ab Mitte 2024 geht dann alles sehr schnell und in 2025 sehen wir schon wieder eine ganz andere Lufthansa.

Mich zumindest würde es freuen noch einmal eine Lufthansa zu sehen, bei welcher die Mitarbeiter mit Stolz ihr Produkt dem Kunden zeigen. Und JA! liebes Lufthansa Management, da sind die Passagiere dann auch dauerhaft bereit mehr zu bezahlen. Aber dass Lufthansa soviel besser sein muss wie man teuer ist, genau diese Aussage stammt vom aktuellen CEO der Gruppe, Carsten Spohr.

6 Kommentare

  1. ich finde schon dass man alle Lufthansa-Netzwerk Carrier über einen Kamm scheren darf, egal ob Langstrecke oder Kurzstrecke. Es ist jeweils ein Markenauftritt und für die „Lowcost Variante“ in der EU wurde damals die Germanwings später Eurowings auserkoren.

    Wenn LH auf den EU Strecken ein andere Produkt wollte, müssten sie das anders vermarkten. Das tun sie aber absichtlich nicht!

    Es fehlen weiterhin einfachste Dinge auf Kurz oder Langstrecke, wie Steckdosen, Kissen oder Amenity kits wie früher.

  2. So lange Hr Spohr Rekordgewinne verzeichnen kann, wird sich nicht wirklich etwas ändern. Und das Volk bucht ja auch nichts anderes: vor einigen Wochen mit LH nach Südamerika unterwegs gewesen: beide Flüge (BUE und SAO) in C und Y+ total voll. Warum sollte man da was ändern? So lange man den Michel mit extrem überteuerten Preisen ab DE abzocken kann und niemand auf andere Airlines ausweicht? Apropos Kundenservice: war am 6.Dezember vom Schneechaos ab MUC betroffen. C-Klasse Ticket… am 4.12. eine Mail: „Flug gestrichen“. Danach Funkstille. Selbst als wieder Flieger gingen – keine Umbuchung, kein Anruf, nix. Bin dann mit KLM geflogen. Der Laden ist von Spohr u.a. einfach kaputtgespart worden.

    • Ich kann es natürlich nicht beurteilen da ich nicht an Bord gewesen bin. Bei sehr vielen Interkont Flügen sind inzwischen aber mehr Gäste anderer Nationalitäten als Deutsche an Bord. Und die haben entweder keine Erfahrung oder denken immer noch das LH so gut ist wie sie mal war. Unabhängig davon gibt es immer noch genug Deutsche die, aus was für Gründen auch immer, lieber LH fliegen als irgendwo umzusteigen, obwohl letzteres vom Preis-/Leistungsverhältnis meist die bessere Option ist.

    • 👍👍👍👍👍 Das sagen wir als Belegschaft schon lange. Deswegen ist auch das Arbeitsklima – ich sage es mal ganz vorsichtig – grottenschlecht, unter aller Sau.

    • stimme dir zu mit dem Michel: es ist einfach viel zu viel Geld locker – eine Rezession wird nur von den Wissenschafttlern vorhergesehen, kommt aber offensichtlich nicht (bis jetzt). Befeuert wird das Umsichwerfen von Geld in Deutschland von der Politik „alles muss teurer werden“ (=dann ist es „nachhaltig“) und Medien, die auf das Mitleid der deutschen Kunden pochen (Gastro Ust, Corona und überhaupt Wirtshaussterben)

      Funktioniert offensichtlich super, weil es scheint dass die Menschen ihren Verstand abgegeben haben.

      Dass die Flüge voll sind, liegt beim LH-G Netzwerk aber nicht nur an den deutschen Micheln, sondern an den vielen vielen feeders aus ganz Europa. Der Haupteil der Mrd-Gewinne dürfte aber vom deutschen Michel stammen!

      @Sven: was hat die Kundeschaft aus ganz Europa mit eurem Betriebsklima zu tun?

      • @Jimmy: Ich glaube, da hast du was falsch verstanden. Nicht die Kundschaft aus aller Welt. Es ging um Spohr! Es bezog sich auf
        @Peter. „…Der Laden ist von Spohr u.a. einfach kaputtgespart worden.“

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